Zu den Anforderungen an ein nach § 64 Abs. 1 S. 2 EStDV erforderliches amtsärztliches Gutachten zum Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall
Leitsatz
1. Aus der Verwendung des Begriffs „amtsärztliches Gutachten“ in § 64 Abs. 1 S. 2 EStDV folgt nicht, dass der Amtsarzt sich in einem nach Form, Inhalt und Umfang wissenschaftlichen Anforderungen entsprechenden Gutachten zur Zwangsläufigkeit der Aufwendungen äußern müsste. Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift sowie aus dem Vergleich mit der ebenfalls den Anforderungen des § 64 Abs. 1 S. 2 EStDV genügenden „Bescheinigung“ eines Medizinischen Dienstes einer Krankenversicherung ergibt sich, dass auch ein amtsärztliches Attest ausreichend ist.
2. Sind Vorauszahlungen auf Aufwendungen im Krankheitsfall geleistet worden, deren Zwangsläufigkeit nach § 33 Abs. 4 EStG i.V.m. § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 1 S. 2 EStDV vor Beginn der Heilmaßnahme in qualifizierter Form nachgewiesen werden muss, sind auch die im Zeitpunkt der Erstellung des qualifizierten Nachweises noch nicht verbrauchten vorausgezahlten Beträge nach § 33 EStG zu berücksichtigen, wenn sie mit den Kosten für nach Erstellung des qualifizierten Nachweises erbrachten Behandlungen verrechnet werden.
Gesetze: EStG § 33 Abs. 4; EStG § 11; EStDV § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStDV § 64 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung.
Die Kläger wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie sind Eltern der am geborenen M und der am geborenen D. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die Klägerin erhielt bis August 2013 Elterngeld.
Das Kind M ist seit Geburt schwerbehindert. Der Grad der Behinderung (GdB) wurde auf 100 mit den Merkzeichen G, RF und H festgestellt. Ab Februar 2011 ließen die Kläger ihr Kind im Naturheilzentrum B (im Folgenden: NB) behandeln. Das NB ist eine Gesundheitseinrichtung, die von zwei Heilpraktikern betrieben wird. Die bei M durchgeführten Behandlungen umfassten u.a. Einzelleistungen wie Akupunktur, Ganzkörperregulationsbehandlung, Ernährungsberatung, medico-mechanische Behandlungen, klangtherapeutische Anwendungen, Aromaöl-Inhalationen, Atemtherapie, Pflanzen- und Kräuterinfusionen, Applikationen von Pflanzensamen und von Edelstahlkugeln zur Stimulation, Farblichttherapie, aber auch die Mitbehandlung der Eltern und Großeltern. Die Kläger überwiesen jeweils vor Erbringung der Leistungen Beträge an das NB, die so entstandenen Guthaben wurden nach Erbringung der Leistungen in den erteilten Rechnungen verrechnet. Im Jahr 2013 überwiesen die Kläger insgesamt 16.800,00 € vorab an das NB (s. Aufstellung Bl. 1 der Akte „Belege“). In den von dem NB erteilten Rechnungen wurden die an den Behandlungstagen erbrachten Einzelleistungen zwar jeweils separat aufgeführt, aber nicht mit Einzelbeträgen in die Rechnung aufgenommen. Vielmehr wurde jeweils unter dem Punkt „Basis-Ganzkörperregulationsbehandlung“ ein Betrag von 420,00 € in Rechnung gestellt, mit dem mehrere und variierende Einzelleistungen „inclusive“ erfasst waren. Mit einer Rechnung vom wurden im März 2014 erbrachte Leistungen mit einer im Jahr 2013 beim NB eingegangenen Vorauszahlung von 4.200,00 € verrechnet (s. Bl. 2 – 6 der Akte „Belege“). In den erteilten Rechnungen wies das NB jeweils darauf hin, dass der ausgewiesene Rechnungsbetrag unabhängig von einer abweichenden Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit sowie einer medizinisch wissenschaftlichen Anerkennung der durchgeführten Diagnostik oder Therapie bzw. der vollständigen oder teilweisen Erstattung durch Beihilfestellen, private Krankenversicherungen oder sonstige Kostenträger zu erstatten sei (s. Bl. 2 – 29 der Akte „Belege“). Eine Kostenerstattung durch die Betriebskrankenkasse erfolgte nicht (Bl. 40 der Akte „Belege“).
Für die Zeiträume, in denen Behandlungen Ms im NB stattfanden, mieteten die Kläger für jeweils 200,00 € eine Ferienwohnung in O an (s. Quittungen Bl. 33 – 34 der Akte „Belege“).
In ihrer Einkommensteuererklärung 2013 machten die Kläger nachfolgende Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung geltend (s. Bl. 12 Einkommensteuerakte 2013):
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Naturheilzentrum
B, Rechnung vom |
4.200,00 € |
Naturheilzentrum
B, Rechnung vom |
4.200,00 € |
Naturheilzentrum
B, Rechnung vom |
4.200,00 € |
Naturheilzentrum
B, Rechnung vom (verrechnet mit 2013 geleisteter Vorauszahlung) |
4.200,00 € |
Aufenthaltskosten
B (Miete Ferienwohnung, 4 x 200,00 €) |
800,00
€ |
Fahrtkosten
zu Ärzten, Behandlungen etc. lt. Liste |
1.460,00 € |
Apotheke
lt. Belegen |
3.357,00 € |
Sonstige
Kosten (Brille, Hilfsmittel) |
516,00
€ |
22.933,00
€ |
Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit der Behandlung im NB hatten die Kläger bereits zu ihrer Einkommensteuererklärung 2012 ein privatärztliches Attest vom von Dr. J, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde – Homöopathie, vorgelegt, in dem erklärt wird, dass M im NB „nach einem bewährten Konzept gefördert“ werde und dort durch die tägliche intensive Förderung auch zusätzliche Impulse zur Entwicklung erfahre. Weiter führte Dr. J aus: „Da bei dem schweren Krankheitsbild jeder Versuch das Ergebnis zu verbessern für die Familie wichtig ist und auch medizinisch jeder positive Impuls für das Kind zu begrüßen ist, empfehle ich auch ärztlich die Teilnahme am Förderprogramm in B“ (s. Bl. 36 der Akte „Belege“). Im Einspruchsverfahren zur Einkommensteuerfestsetzung 2012 legte der damalige Bevollmächtigte der Kläger am das Attest von Dr. J erneut vor, allerdings ergänzt um den Stempelaufdruck
„Die umseitigen Angaben werden amtsärztlich bestätigt“
mit dem Dienstsiegel der Kreisverwaltung. Der Stempelaufdruck ist datiert auf den (s. Bl. 38 der Akte „Belege“).
Im Einkommensteuerbescheid 2013 vom erkannte der Beklagte die Aufwendungen für die Behandlung der Tochter M im Naturheilzentrum B i. H. v. 4 x 4.200 € sowie die Kosten für den Aufenthalt der Kläger in der Ferienwohnung i. H. v. 800 € nicht an (Einkommensteuerakte Blatt 5b + 6a). Weiterhin wurden die Apothekenkosten von der Erklärung abweichend mit 2.861,21 € berücksichtigt (Einkommensteuerakte Blatt 14). Zur Begründung verwies er auf ein Einspruchsverfahren zur Einkommensteuer 2012.
Zur Begründung des Einspruchs verwies der damalige Bevollmächtigte der Kläger auf das Attest von Dr. J vom . Damit dürften zumindest alle Behandlungen ab als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. Der Beklagte verwies auf § 33 Abs. 4 EStG i.V.m. § 64 EStDV und führte dazu aus, dass der auf dem Attest von Dr. J vom aufgebrachte Vermerk des Amtsarztes vom den dort aufgestellten Anforderungen nicht genüge. Die Angaben könnten nicht als „Gutachten“ angesehen werden. Am forderte der Beklagte den Amtsarzt bei der Kreisverwaltung auf, seine Erklärung vom zu ergänzen und zu begründen (Bl. 62 – 63 Einkommensteuerakte). Der Amtsarzt erklärte hierzu, dass bei M infolge perinataler Komplikationen eine Schwerstbehinderung im Sinne einer geistigen und körperlichen Behinderung, Sehbeeinträchtigung und Bewegungsstörung vorliege. Eine intensive Förderung im Sinne einer Sehfrühförderung, Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie sei erforderlich und werde auch ambulant erbracht. Aufgrund der Schwere der Behinderung werde eine solche multimodale Behandlung dauerhaft erforderlich sein, um die Krankheitssymptomatik zumindest zu lindern. Für die Eltern ergebe sich eine Zwangsläufigkeit, auch Hilfe außerhalb der Schulmedizinischen Methoden in das Behandlungskonzept mit einzubeziehen, daraus, dass mit den üblichen Behandlungsmethoden eine deutliche Besserung oder gar Heilung nicht zu erwarten sei. Auch unkonventionelle oder nicht schulmedizinische Behandlungsmethoden könnten einen solchen Erfolg nicht versprechen; es sei jedoch nachvollziehbar, dass die Eltern angesichts der Schwere des Krankheitsbildes auch solche Behandlungsmethoden in Anspruch nähmen. Bei dem „Förderprogramm B“ mit der dort angebotenen Behandlung „Nabomed“ handele es sich nicht um eine medizinisch-wissenschaftlich und evidenzbasierte Behandlungsmethode. Hierbei handele es sich um unkonventionelle Behandlungsansätze, welche in der Regel nicht durch ausreichende, wissenschaftlich fundierte Studien abgesichert seien. Es bestehe allerdings auch ein systematisches Problem darin, bei komplexen Krankheitsbildern wie bei M placebokontrollierte Studien hinsichtlich des Behandlungserfolges durchzuführen (s. Bl. 72 – 73 Einkommensteuerakte).
Mit Schreiben vom vertrat der Beklagte die Auffassung, dass das Schreiben des Amtsarztes nicht zur Anerkennung der Aufwendungen ausreichend sei. Es enthalte nur allgemeine Ausführungen, aus denen sich nicht erschließe, aufgrund welcher Tatsachenfeststellungen die Aufenthalte in B notwendig gewesen seien. Die außergewöhnlichen Belastungen seien um 650 € Fahrtkosten sowie nicht begünstigte Apothekenkosten zu kürzen (vorher 2.862 €, jetzt 2.163 €). Auch bei Ansatz des bislang unberücksichtigten Pflegepauschbetrags i. H. v. 924 € käme es insgesamt zu einer Erhöhung der Steuerfestsetzung (Verböserung). Es wurde darauf hingewiesen, dass eine Verböserung durch Rücknahme des Einspruchs vermieden werden könne.
Die Kläger hielten ihren Einspruch aufrecht und reichten eine ärztliche Stellungnahme der R-Fachklinik (Kinderneurologie) vom ein (Bl. 80 Einkommensteuerakte). Bescheinigt wurde, dass M seit Beginn der Behandlung im kinderneurologischen Zentrum im Jahr 2010 nach erfolgter Behandlung im NB eine deutliche motorische positive Entwicklung erfahren habe. Es lasse sich aus medizinischer Sicht sicher feststellen, dass die zusätzliche therapeutische Behandlung in B einen mehr als additiven Effekt in Bezug auf die zu erwartenden Fortschritte gezeigt habe.
Im weiteren Verfahrensverlauf legten die Kläger ein Amtsärztliches Attest der Kreisverwaltung, Fachbereich Gesundheitswesen, vom vor (Bl. 92 Einkommensteuerakte). Danach sei M am beim Kinder- und Jugendärztlichen Dienst untersucht worden. Darüber hinaus seien Verlaufsberichte der das Kind regelmäßig untersuchenden Fachklinik vorgelegt und berücksichtigt worden. Der bisherige Behandlungsverlauf und die Therapiefortschritte seien durch die fachärztlichen Befundberichte seit 2012 und durch eigene Untersuchung bekannt. Der von der Fachklinik festgestellte Fortschritt in der motorischen Entwicklung des Kindes könne nach eigener Untersuchung bestätigt werden. Bei dem multimodalen Behandlungskonzept für das Kind M sei es allerdings nicht möglich, in wissenschaftlich exakter Weise festzustellen, welcher Anteil daran dem Förderkonzept in B zukomme. Daher sei die Aussage in dem Attest der behandelnden Kinderärztin vom , das bereits am amtsärztlich bestätigt worden sei, zutreffend. Es werde daher aus amtsärztlicher Sicht bestätigt, dass den Eltern die Kosten für das Förderprogramm B zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG entstanden seien.
Am erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2013, in dem die bislang berücksichtigten Kosten für die Fahrten nach B (650,00 €) nicht mehr angesetzt und die bisher anerkannten Apothekenkosten um 700,00 € gekürzt wurden, zugleich aber der Pflegepauschbetrag von 924,00 € und Aufwendungen für Privatfahrten bei Merkzeichen „G“ mit 900,00 € steuermindernd berücksichtigt wurden.
Den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom zurück. Der Gesetzgeber habe bereits im Steuervereinfachungsgesetz vom das bisher in Richtlinie 33.4 der EStR enthaltene formalisierte Nachweisverfahren gesetzlich in § 33 Abs. 4 EStG n. F. festgeschrieben. Aufgrund der Ermächtigung in § 33 Abs. 4 EStG n. F. seien die Regelungen der §§ 64 und 84 Abs. 3f EStDV ergangen. Nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV habe der Steuerpflichtige den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu führen u.a. für eine Bade- oder Heilkur bzw. für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden. Der zu erbringende Nachweis müsse vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestellt worden sein. Das Naturheilzentrum B weise auf seiner Internetseite selbst darauf hin, dass die dort durchgeführten Behandlungen und Anwendungen in wissenschaftlichen Fachkreisen, insbesondere der Schulmedizin, bisher nicht allgemein anerkannt seien. Dem entspreche, dass die Krankenkasse die Kostenübernahme abgelehnt habe. Die geltend gemachten Behandlungskosten könnten daher nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn das in § 33 Abs. 4 EStG i. V. m. § 64 EStDV geregelte formalisierte Nachweisverfahren eingehalten werde. Das am ausgestellte privatärztliche Attest genüge diesen Anforderungen nicht. Gleiches gelte für den am angebrachten amtsärztlichen Bestätigungsvermerk. § 64 Abs. 1 EStDV fordere ein amtsärztliches Gutachten, nicht lediglich eine ärztliche Bescheinigung. Der Vermerk stelle kein Gutachten dar. Der BFH habe im Urteil vom , Az. VI R 51/13 (BStBl II 2015, 9) dargelegt, dass ein amtsärztliches Zeugnis eine nachvollziehbare Ableitung der gezogenen Folgerungen aus einer tragfähigen Tatsachengrundlage erfordere. Das privatärztliche Attest beschreibe zwar die gesundheitlichen Störungen, sei aber darüber hinaus sehr allgemein gehalten mit Hinweis auf ein „bewährtes Konzept“ des Naturheilzentrums und Empfehlung der Teilnahme. Die Behandlung im Naturheilzentrum B falle als Heilkur unter § 64 Abs. 1 Nr. 2 a EStDV, die wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden erfüllten den Tatbestand des § 64 Abs. 1 Nr. 2 f EStDV.
In der Stellungnahme der Kreisverwaltung vom werde angegeben, dass es sich bei dem Förderprogramm B nicht um eine medizinisch-wissenschaftlich und evidenzbasierte Behandlungsmethode handele. Das dortige Zentrum werde von zwei Heilpraktikern und deren Mitarbeitern betrieben. Im Wesentlichen kämen Akupunktur, Homöopathie und spezifische Fastenkuren und Entgiftungen zur Anwendung. Weiterhin heiße es in der Stellungnahme, dass es sich hierbei um unkonventionelle Behandlungsansätze handele, welche in der Regel nicht durch ausreichende wissenschaftlich fundierte Studien abgesichert seien. Aus dieser Stellungnahme erschließe sich nicht, dass – und aufgrund welcher nachvollziehbarer Tatsachenfeststellungen – gerade die Aufenthalte in B zur Behandlung notwendig und damit den Klägern zwangsläufig entstanden seien.
In dem amtsärztlichen Attest vom würden lediglich allgemeine Ausführungen gemacht. Es werde erklärt, dass M am untersucht worden sei und der Amtsarzt ärztliche Berichte eingesehen habe. Danach könne ein Fortschritt in der motorischen Entwicklung bestätigt werden. Des Weiteren sei es bei dem multimodalen Behandlungskonzept für M allerdings nicht möglich, in wissenschaftlich exakter Weise festzustellen, welcher Anteil daran dem Förderkonzept in B zukomme. Aus dieser Stellungnahme lasse sich keine Tatsachengrundlage dafür entnehmen, dass und warum gerade der Aufenthalt in B medizinisch geeignet und indiziert gewesen sei mit der Folge, dass die hierfür entstandenen Kosten zwangsläufig angefallen wären.
Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Einspruchsentscheidung wird auf die Aktenausfertigung (Bl. 102 – 109 Einkommensteuerakte) verwiesen.
Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel einer Berücksichtigung der im Zusammenhang mit den Behandlungen M in B entstandenen Aufwendungen weiter. Der Klägervertreter trägt dazu vor, dass M von Geburt an an schwersten Beeinträchtigungen leide. Diese schweren medizinischen Probleme würden wahrscheinlich nie in solcher Form ausheilen, dass das Kind ein ganz normales Leben führen könne. M sei seit frühester Kindheit in ärztlicher Behandlung bei der Kinderärztin Dr. J und beim Kinderneurologischen Zentrum. Ärzte und Eltern bemühten sich, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, damit das Kind eine möglichst gute Entwicklung nehmen könne. Dabei sei es selbstverständlich, dass außer den Möglichkeiten der Schulmedizin auch Hilfe im Rahmen der Naturheilkunde genommen werde. In 2013 hätten die Kläger mit ihrer Tochter M 4 x 1 Woche im NB verbracht. Dort seien Ganzkörperregulationsbehandlungen durchgeführt worden. Dabei solle der aus dem Gleichgewicht geratene Körper unter Aktivierung der körpereigenen Abwehrkräfte wieder in den Normalzustand gebracht werden. Um dies zu erreichen, würde Atemtherapie ebenso eingesetzt wie Akupunktur. Eine medico-mechanische Behandlung (Heilgymnastik) und Physiotherapie unterstützten das Ergebnis der gesamten Maßnahme. Die Kosten der Behandlung seien von den Klägern zu zahlen und würden nicht durch die Krankenkasse erstattet. Ausweislich der ärztlichen Stellungnahmen führten die Behandlungen zu einer wesentlichen Verbesserung des Gesundheitszustandes des Kindes.
Gem. § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV könne der Nachweis der Notwendigkeit der Behandlung durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers erbracht werden. Vor Beginn der Therapie in B sei M durch den Heilpraktiker R vom Naturheilzentrum B untersucht und diagnostiziert worden. Dieser habe die nun streitige Therapie verordnet. Die vorliegende Verordnung durch einen Heilpraktiker beweise die Notwendigkeit der Maßnahme. Hierzu legte der Klägervertreter ein Schriftstück des Naturheilzentrums B vom vor (Bl. 46 Prozessakte), in dem nach eingehender Untersuchung das Therapiekonzept „Ganz-Körperregulationsbehandlungen mit entsprechenden Akupunkturen“ vorgeschlagen wurde.
Entgegen der Annahme des Finanzamts, welches die Behandlung nicht im Einzelnen geprüft habe, seien die Behandlungsmethoden in keiner Weise zweifelhaft oder wissenschaftlich nicht anerkannt. Die angewandten Methoden seien unter Heilkundlern völlig unbestritten und würden auch von der Schulmedizin weitgehend anerkannt. Nutzen und Wirksamkeit von Physiotherapie und Heilgymnastik seien in der Medizin in allen Fachbereichen absolut anerkannt. Der Beklagte unterscheide nicht zwischen wissenschaftlich umstrittenen und wissenschaftlich nicht anerkannten Methoden. Nur Letztere würden dem strengen amtlichen Nachweiserfordernis nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 f EStDV unterliegen. Auch die Behandlungsmethoden, Arzneimittel und Heilmittel der Homöopathie seien mittlerweile anerkannte Heilmethoden. Darüber hinaus würden die Aufwendungen für Akupunktur gem. Ziff. 14.11 der BeihilfeVO Rheinland-Pfalz bei Beamten übernommen. Die Aromastimulation an Akupunkturpunkten sei unter Ziff. 21-1 geregelt und ebenfalls beihilfefähig. Die Beihilfefähigkeit der Farblichttherapie (= Lichtbestrahlung) sei Ziff. 39.1 der BeihilfeVO zu entnehmen. Wenn schon die Beihilfestelle für Beamten diese Behandlungskosten übernehme, könne die Wirksamkeit und damit die wissenschaftliche Anerkennung dieser Behandlungsschritte nicht ernstlich zweifelhaft sein. Der BFH habe in der Entscheidung VI R 51/13 (a.a.O.) entschieden, dass es dem Finanzgericht obliege, zu beurteilen, ob eine Behandlungsmethode wissenschaftlich umstritten sei. Es werde daher die Einholung eines Gutachtens angeregt.
Weiter verweist der Klägervertreter auf das Attest der Kinderärztin Dr. J vom , das die Teilnahme am Förderprogramm in B ärztlich empfehle und welches amtsärztlich bestätigt worden sei. Durch die Bestätigung habe sich der Amtsarzt das Gutachten der Kinderärztin zu eigen gemacht und somit ebenfalls die Teilnahme empfohlen. Somit liege ab dem das vom Beklagten geforderte amtsärztliche Gutachten vor. Es sei nicht verständlich, warum der Beklagte in der Einspruchsentscheidung die Frage stelle, ob die Behandlung eine gesundheitsfördernde Vorbeugemaßnahme darstelle. Angesichts von Ms schwersten Behinderungen, der vorliegenden Befunde aller beteiligten Mediziner und dem selbstverständlichen Bestreben der Eltern, die Entwicklung des Kindes in irgendeiner Form zu verbessern, könne kein ernstlicher Zweifel daran bestehen, dass die Aufwendungen zwangsläufig seien. Auch die Verbesserung von Ms Gesundheitszustand, die u. a. amtsärztlich bestätigt worden sei, spreche dafür, dass die Therapie zwangsläufig i. S. d. § 33 EStG gewesen sei. Zur Beurteilung der Streitfrage müsse auch der Schutz der Familie nach Art. 6 GG berücksichtigt werden.
Im Schreiben vom führt der Klägervertreter aus, § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV regele nur Nachweispflichten von Aufwendungen im „Krankheitsfall“. M sei aber nicht krank, sondern schwer behindert. § 64 EStDV greife daher nicht ein. Die Frage, ob die aufgewendeten Kosten zwangsläufig entstanden seien, obliege der freien Beweiswürdigung des Finanzgerichts. In einem Parallelfall habe der BFH (DStR 2014, 740) für die Frage, ob der Einbau eines Treppenlifts in das Wohnhaus eines alten, behinderten Menschen zwangsläufig sei, § 64 EStDV für nicht anwendbar erklärt. Die Norm sei auf Krankheitsfälle beschränkt. Eine Auslegung über den Wortlaut hinaus finde weder in der EStDV noch im Gesetz seine Stütze. Im vorliegenden Fall könnten die Nachweisregeln für Aufwendungen im Krankheitsfall nicht auf die Aufwendungen bei Behinderung ausgedehnt werden.
Gem. Art. 3 Abs. 3 GG dürften behinderte Menschen durch den Staat nicht zusätzlich benachteiligt werden. Der Staat müsse alles versuchen, um behinderungsbedingte Nachteile weitestgehend auszugleichen. Vorliegend sei die Therapie durchgeführt worden, damit das Kind eine besser Entwicklung nehmen könne und um die Behinderung möglichst gering zu halten. Die Verbesserung von Ms Gesundheitszustand sei von allen Beteiligten bestätigt worden. Die Erklärung des Gesundheitsamtes, die Auswirkungen gerade dieser Therapie auf den Gesundheitszustand des Kindes seien nicht mit wissenschaftlicher Exaktheit festzustellen, sei eine „allgemeine Freizeichnung“ des Amtsarztes, der keine mathematische Exaktheit von Ursache und Wirkung bestätigen möchte. In der Sache konstatierte er eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes.
Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Beklagte die Beweisregeln entgegen ihrem Wortlaut und Sinn und Zweck zu Lasten eines behinderten Kindes und seiner Eltern anwenden möchte, um Steuern zu generieren. Wenn schon die Krankenkasse die Behandlungskosten nicht übernehme, stehe es außer Frage, dass zumindest bei der steuerlichen Absetzbarkeit keine Beweisanforderungen über den Gesetzeswortlaut hinaus gefordert werden könnten. Selbst wenn man § 64 EStDV für anwendbar hielte, müsste eine Auslegung der gesetzlichen Anforderungen und dessen, was die Eltern im Vorfeld an Beweisvorsorge unternommen hätten, im Lichte von Art. 3 Abs. 3 und Art. 6 Grundgesetz vorgenommen werden.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid für 2013 vom in der Fassung des Änderungsbescheids vom und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer festgesetzt wird, die sich bei Berücksichtigung weiterer außergewöhnlicher Belastungen i. H. v. 18.250,00 € ergibt.
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt hierzu vor, dass die Kosten für die Behandlung der Tochter im Naturheilzentrum B nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abziehbar seien, da die Kläger zum Nachweis der Zwangsläufigkeit weder ein vor Behandlungsbeginn erstelltes amtsärztliches Gutachten noch eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vorgelegt hätten. Das von den Klägern nunmehr eingereichte Schriftstück (Anm: des Naturheilzentrums B vom , Bl. 46 Prozessakte) könne weder formal noch inhaltlich als „Verordnung“ angesehen werden. Es handele sich vielmehr um eine Honorarvereinbarung, was aus dem Schriftstück auch eindeutig hervorgehe. Inhaltlich gehe es nur darum, dass die Kläger den Erhalt einer Belehrung bestätigten, dass die Leistungen unabhängig von den Sätzen des Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker erstellt würden und dass eine Kostenerstattung durch Beihilfe oder Krankenversicherer möglicherweise gar nicht oder nicht in vollem Umfang gewährleistet sei. Des Weiteren werde festgehalten, dass eine medizinische Aufklärung über mögliche Beeinträchtigungen und Komplikationen der beabsichtigten Behandlung erfolgt sei. Die Verordnung eines Heilpraktikers reiche aus, wenn es um Arznei-, Heil- und Hilfsmittel gehe (§ 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV), nicht jedoch bei Bade- oder Heilkuren oder wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden.
Das privatärztliche Attest der Kinderärztin Dr. J vom beinhalte nicht solche tragenden Feststellungen, wie sie der Az. VI R 51/13 (a.a.O.) für das Vorliegen eines verwertbaren amtsärztlichen Zeugnisses gefordert habe. Die amtsärztlich aufgestempelte Bestätigung vom sei daher nicht ausreichend. § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV fordere ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung des MDK. Ein Gutachten sei ein begründetes Urteil eines Sachverständigen über eine Zweifelsfrage. Es enthalte Darstellungen von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Vorgangs. Es müsse nachvollziehbar sein, aus welchen Gründen der Verfasser zu einem bestimmten Ergebnis gekommen sei. Dem werde der bloße Stempelaufdruck nicht gerecht.
Der Annahme, der Amtsarzt habe sich die Begutachtung einer anderen Medizinerin inhaltlich zu eigen gemacht, könne nicht gefolgt werden. Die Kinderärztin habe zwar die Erkrankung beschrieben und dargestellt, dass das Kind im Naturheilzentrum B „nach einem bewährten Konzept“ gefördert werde. Hierzu gäbe es jedoch keine weiteren Ausführungen, sodass sich nicht erschließe, weshalb gerade die Aufenthalte in B für eine Förderung geeignet seien. Der Hinweis der Ärztin, dass jeder Versuch zur Verbesserung der Situation wichtig sei, führe in dieser Allgemeinheit nicht zur steuerlich erforderlichen Beurteilung der Zwangsläufigkeit.
Auch die Stellungnahme der Kreisverwaltung vom erfülle nicht die an eine Begutachtung zu stellenden Voraussetzungen. In dem Schriftstück werde unter Punkt 1. aufgezählt, welche schulmedizinisch üblichen Maßnahmen als intensive Förderung möglich seien. In Punkt 2. stelle der Amtsarzt fest, dass es sich bei dem Förderprogramm B nicht um eine medizinisch-wissenschaftliche und evidenzbasierte Methode handele. Er führe weiter aus, die Behandlungsansätze des Zentrums seien in der Regel nicht durch ausreichende wissenschaftlich fundierte Studien abgesichert. Weshalb diese dann dennoch für die Behandlung des Kindes M zwangsläufig anzuwenden wären, werde nicht mitgeteilt. Auch die weitere Stellungnahme der Kreisverwaltung vom , bezeichnet als amtsärztliches Attest, helfe nicht weiter. Hierin würden gesundheitliche Fortschritte des Kindes dargestellt, gleichzeitig werde aber deutlich darauf hingewiesen, dass es nicht möglich sei, in wissenschaftlich exakter Weise festzustellen, welcher Anteil daran dem Förderkonzept B zukomme. Dem entspreche auch der Hinweis auf den Rechnungen des Naturheilzentrums, wonach die Rechnungsbeträge unabhängig von einer abweichenden Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit sowie einer medizinisch wissenschaftlichen Anerkennung der durchgeführten Diagnostik oder Therapie etc. zu begleichen seien. Ein ähnlicher Hinweis finde sich auch im Internet: „Bei getroffenen Aussagen zu Wirkungen … von Verfahren respektive Behandlungen oder Anwendungen wird darauf hingewiesen, dass sie in wissenschaftlichen Fachkreisen, insbesondere der Schulmedizin, bisher nicht allgemein anerkannt sind“. Dieser Hinweis sei auch noch am auf der Internetseite der NB angegeben gewesen (Ausdrucke s. Bl. 62, 63 Prozessakte), auf der aktuellen Homepage der NB gebe es diesen Passus nicht mehr.
Die Stellungnahmen des Amtsarztes seien erst lange nach Ablauf des Streitjahres 2013 erfolgt und könnten daher bereits aus diesem Grund nicht zu der beantragten Feststellung, dass die geltend gemachten Aufwendungen zwangsläufig i. S. d. § 33 EStG entstanden seien, führen. Auch eine Aufteilung der Kosten sei nicht möglich gewesen, da sich aus den eingereichten Rechnungen eine Aufteilung der Kosten auf die verschiedenen Komponenten der Behandlungen nicht ergebe und daher eine Aufsplittung des Honorars nicht möglich sei.
Die Kläger hätten erstmals im Schreiben vom geltend gemacht, dass die strittigen Kosten nicht wegen der Erkrankung, sondern wegen der Behinderung der Tochter entstanden seien. Die Kläger hätten in der Steuererklärung den Ansatz eines Pauschbetrages nach § 33b EStG beantragt. Der Pauschbetrag i. H. v. 3.700 € sei gem. § 33b Abs. 5 S. 1 EStG von der Tochter auf die Kläger übertragen und bei diesen berücksichtigt worden. § 33b Abs. 1 S. 1 EStG enthalte ein Wahlrecht. Wegen der Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf könnten behinderte Menschen anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG einen Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 EStG geltend machen. Das Wahlrecht könne für die genannten Aufwendungen im jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich ausgeübt werden. Mit dem Pauschbetrag würden laufende und typische Aufwendungen des Behinderten abgegolten; außerordentliche Kosten seien hingegen neben dem Pauschbetrag gesondert nach § 33 EStG zu berücksichtigen, wenn sie zwar mit der Körperbehinderung zusammenhingen, sich jedoch infolge ihrer Einmaligkeit der Typisierung des § 33b EStG entzögen. Die hier strittigen Kosten seien danach schon ihrer Art nach keine Aufwendungen, die bei Ausübung des Wahlrechts nach § 33b EStG zum Abzug tatsächlicher Kosten anstelle des Pauschbetrages grundsätzlich abgezogen werden könnten. Die im NB ausgeführten Maßnahmen könnten weder als Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens noch als Pflegeleistung angesehen werden. § 33b EStG sei nicht erfüllt, die Aufwendungen fielen ausschließlich in den Anwendungsbereich des § 33 EStG.
§ 33 Abs. 4 EStG i. V. m. § 64 EStDV gelte auch für behinderungsbedingte Aufwendungen, wie dies z. B. in § 64 Abs. 1 Nr. 2 c EStDV ausdrücklich aufgeführt sei. Im Anwendungsbereich des § 33 EStG erfolge keine Differenzierung zwischen Krankheitskosten und Kosten, die durch eine Behinderung bedingt seien. Der BFH habe im Urteil vom VI R 31/14 (BStBl. II 2016, 40) formuliert, dass Krankheitskosten ohne Rücksicht auf die Art oder Ursache der Erkrankung dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwüchsen. Bei einer Ursachen-Folge-Untersuchung ergebe sich, dass am Anfang stets eine Erkrankung stehe, die dann möglicherweise zu einer Behinderung führe. Keine Behinderung sei ohne vorausgegangene Erkrankung denkbar. Krankheitskosten seien in diesem Sinne als Oberbegriff zu sehen. Hieraus folge, dass die in § 64 EStDV verwendete Formulierung „Krankheitskosten“ stets auch behinderungsbedingte Kosten umfasse.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Gründe
Entscheidungsgründe
Ziel der Klage ist die Berücksichtigung weiterer Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung, die sich aus den bisher nicht berücksichtigten Kosten der Behandlung im NB (4 x 4.200,00 € = 16.800,00 €), den Kosten der Ferienwohnung während der Aufenthalte in B (4 x 200,00 € = 800,00 €) sowie den im Änderungsbescheid vom nicht mehr anerkannten Aufwendungen für die Fahrten nach B (650,00 €) zusammensetzen. Insgesamt ergibt sich ein Klagebegehren im Umfang von 18.250,00 €. Soweit in der Klageschrift vom die Anerkennung weiterer außergewöhnlicher Belastungen nur in Höhe von 17.851,00 € beantragt wurde, geht das Gericht von einem Rechenfehler aus und hat den Antrag daher sinngemäß mit der Summe von 18.250,00 € formuliert.
Die so verstandene Klage ist teilweise begründet. Die Aufwendungen im Zusammenhang mit Behandlungen Ms ab dem sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig.
Nach § 33 EStG wird im Falle, dass einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands entstehen, auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der die zumutbare Belastung übersteigende Teil dieser Aufwendungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Zwangsläufig erwachsen derartige Aufwendungen, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Es entspricht einhelliger Auffassung, dass Krankheitskosten dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Aufwendungen für eine Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der an sich nach § 33 EStG erforderlichen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde und der Höhe nach bedarf. Steuerlich berücksichtigungsfähig sind allerdings nur solche krankheitsbedingten Aufwendungen, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen. Erforderlich ist, dass die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt sind und vorgenommen werden, also medizinisch indiziert sind (, BStBl II 2012, 577).
In der Regel wird die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachgewiesen. Nach dem durch das „Steuervereinfachungsgesetz 2011“ aufgrund der Ermächtigung in § 33 Abs. 4 EStG eingeführten § 64 EStDV ist bei bestimmten Maßnahmen und Aufwendungen der Nachweis der Zwangsläufigkeit allerdings in qualifizierter Form zu führen. § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStDV gibt vor, dass die Zwangsläufigkeit „durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung“ zu führen ist u.a. bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden. Der so zu führende Nachweis muss gem. § 64 Abs. 1 S. 2 EStDV vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestellt worden sein.
Wissenschaftlich anerkannt ist eine Behandlungsmethode, wenn Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse entsprechen. Dies wird angenommen, wenn die einschlägigen Fachleute mit großer Mehrheit die Behandlungsmethode befürworten und wenn über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Im Regelfall setzt dies voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit zuverlässige und nachprüfbare Aussagen gemacht werden können, dass sich der Erfolg aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien ablesen lässt und dass die Therapie in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein muss (s. , a.a.O., m.w.N.)
Zwar sind einzelne Komponenten der im NB durchgeführten Behandlung, wie z.B. eine Akupunkturtherapie, auch allgemein medizinisch zumindest soweit anerkannt, dass die Kosten einer entsprechenden Behandlung von den Krankenkassen erstattet werden könnten. Im vorliegenden Fall sind diese Teile der Therapie aber nicht von den übrigen Behandlungskomponenten abgrenzbar. Sie sind nicht mit separaten Beträgen in den Rechnungen aufgeführt. Es sind auch keine Anhaltspunkte für eine Schätzung des quantitativen oder qualitativen Anteils der – möglicherweise separat – erstattungsfähigen Behandlungsteile an der Gesamtbehandlung zu erkennen. Vielmehr bilden sie einen untrennbaren Teil des zwischen den Klägern und dem NB vereinbarten Gesamtpakets der Behandlungen. Maßgebend ist daher nach Auffassung des Senats, ob das einheitlich in Rechnung gestellte Gesamt-Behandlungspaket als wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zu qualifizieren ist.
Nach Würdigung des Vortrags der Beteiligten und der vorgelegten Unterlagen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass M im NB mit einer wissenschaftlich nicht anerkannten Methode behandelt worden ist. Diese Auffassung stützt sich zunächst auf die eigene Einschätzung der Behandlungsmethode durch das NB. Dieses hatte in seiner Homepage in den Jahren 2013 und 2016 jeweils die Erklärung aufgenommen, dass „bei getroffenen Aussagen zu Wirkungen und Wirkungszusammenhängen von Verfahren respektive Behandlungen oder Anwendungen … darauf hingewiesen (wird), dass sie in wissenschaftlichen Fachkreisen, insbesondere der Schulmedizin, bisher nicht allgemein anerkannt sind“ (Bl. 41, 44 der Akte „Belege“). Auch auf den einzelnen Rechnungen des NB wurde jeweils darauf hingewiesen, dass der Rechnungsbetrag unabhängig von einer abweichenden Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit sowie einer medizinisch wissenschaftlichen Anerkennung der durchgeführten Diagnostik oder Therapie zu zahlen sei. Im Aufsatz „Alternativmedizinische Behandlung einer Parodontitis im Naturheilzentrum“ in der Zeitschrift „Versicherungsmedizin“ (VersMed 2010, 95; s. juris) stellt der Autor Dr. Rainer Hakimi dar, dass die Wirksamkeit von Farblichttherapien bei keiner Erkrankung belegt sei und dass alle „Regulationsbehandlungen“ gemeinsam hätten, dass weder eine erwiesene diagnostische Verwertbarkeit noch eine erwiesene therapeutische Wirksamkeit bestünde. Es handele sich nicht um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung. Das Attest der Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde Dr. J vom (Bl. 38 der Akte „Belege“) lässt nicht erkennen, dass diese Ärztin selbst von einem greifbaren therapeutischen Nutzen der Behandlung im NB ausgeht, sondern dass sie diese als Versuch begreift, jenseits ärztlicher Erwartungen vielleicht doch einen positiven Effekt zu bewirken. Auch die Stellungnahmen des Amtsarztes der Kreisverwaltung gehen davon aus, dass es sich bei dem Förderprogramm des NB nicht um eine medizinisch-wissenschaftliche und evidenzbasierte Behandlungsmethode handelt, sondern um eine unkonventionelle Behandlungsmethode, die nicht durch ausreichende, wissenschaftlich fundierte Studien abgesichert ist. Schließlich spricht auch die vollständige Ablehnung einer Kostenübernahme durch die Krankenversicherung (Bl. 40 der Akte „Belege“) dafür, dass es sich insgesamt um eine nicht anerkannte Behandlungsmethode handelt.
Der Nachweis der Zwangsläufigkeit der Maßnahmen und Aufwendungen ist damit nach § 33 Abs. 4 EStG i.V.m. § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStDV durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes einer Krankenversicherung zu erbringen, die jeweils vor Beginn der Behandlung ausgestellt worden sein müssen. Auf die Frage, ob die als Anlage zur Klageschrift vorgelegte Vereinbarung vom zwischen den Klägern und dem NB (Bl. 46 Prozessakte) als eine Verordnung durch einen Heilpraktiker anzusehen sein könnte, kommt es letztlich nicht an, da eine derartige Verordnung bei einer wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethode nach § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2f EStDV nicht ausreichend ist. Im Übrigen ist dieses Schriftstück lediglich als Honorarvereinbarung, nicht aber als Verordnung anzusehen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten sieht der Senat die Bestätigungen des Amtsarztes der Kreisverwaltung als ausreichenden Nachweis der Zwangsläufigkeit an. Der Beklagte ist davon ausgegangen, dass der von § 64 EStDV geforderte formalisierte Nachweis nicht erbracht sei, da die amtsärztlichen Äußerungen nicht als „Gutachten“ zu qualifizieren seien. Er hat sich dazu auf die Darstellung zum Inhalt eines Gutachtens in Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Gutachten) gestützt und sowohl den Stempelaufdruck vom als auch die nachfolgenden Stellungnahmen des Amtsarztes als unzureichend für die Annahme eines Gutachtens angesehen. Der Senat sieht allerdings keinen Anlass, den vom Beklagten aufgestellten Anforderungen an die amtsärztliche Bestätigung zu folgen. Zwar enthält der Wortlaut des § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStDV tatsächlich den Begriff „amtsärztliches Gutachten“. Hieraus kann aber nach Ansicht des Senats nicht gefolgert werden, dass die Bestätigung des Amtsarztes nach Umfang, Form und Inhalt einem nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellten Gutachten entsprechen müsste. Den Gesetzesmaterialien zum „Steuervereinfachungsgesetz 2011“ ist zu entnehmen, dass – als Reaktion auf die und VI R 17/09 (BStBl II 2011, 966 und 969) – eine gesetzliche Festschreibung der in der bis dahin geltenden Verwaltungsanweisung dargestellten Nachweise der Zwangsläufigkeit, Notwendigkeit und Angemessenheit von Krankheitskosten erreicht werden sollte. Hierzu sollten die bestehenden Nachweisregelungen aus R 33.4 Abs. 1 EStR a.F. in das EStG bzw. die EStDV übertragen werden (Bundesratsdrucksache 54/1/11, Empfehlungen der Ausschüsse zu Art. 1 Nr. 21 (§ 33 EStG)). R 33.4 EStR in der damals gültigen Fassung verlangte bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden den Nachweis der Zwangsläufigkeit durch ein vor der Behandlung ausgestelltes amtsärztliches Attest. Diesem sollte eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes gleichstehen. Bei einer dem Wortlaut folgenden Übernahme dieser Verwaltungsanweisung in die Regelung des § 64 EStDV, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, wäre damit auch weiterhin ein Attest des Amtsarztes ausreichend gewesen. Wieso im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens das Wort „Attest“ durch das Wort „Gutachten“ ausgetauscht wurde (Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucksache 17/6105, S. 23), ist nicht nachvollziehbar. Dass die dem amtsärztlichen Attest gem. R 33.4 EStR a.F. gleich gestellte (und damit nicht qualitativ höherstehende) Bescheinigung des Medizinischen Dienstes einer Krankenversicherung unverändert beibehalten wurde, weist nach Auffassung des Senats darauf hin, dass die Verwendung des Wortes „Gutachten“ nicht als Verschärfung der Anforderungen an Umfang, Form und Inhalt der Stellungnahme des Amtsarztes zu verstehen ist, sondern nur als Austausch eines Begriffes ohne Änderung der schon zuvor gestellten Anforderungen. Es wäre auch nicht nachvollziehbar, dass in § 64 EStDV sowohl dem Amtsarzt als auch dem Medizinischen Dienst die Kompetenz zur Bestätigung der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen bei unkonventionellen Behandlungsmethoden zugesprochen wird, der Amtsarzt hierfür aber ein ausführliches Gutachten erstellen müsste, während der Medizinische Dienst bloß eine Bescheinigung auszustellen bräuchte. Auch das vom Beklagten herangezogene (a.a.O.) stützt die Auffassung des Beklagten nicht. Zwar geht es in diesem Urteil auch um die Aussagekraft einer amtsärztlichen Bescheinigung, allerdings nicht in einem mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt. In jenem Fall war Inhalt der amtsärztlichen Bescheinigung die Feststellung, dass die dort streitige Liposuktion nicht als Behandlungsmethode anerkannt sei. Diese nicht durch weitere Ausführungen gestützte Erklärung sah der BFH nicht als ausreichende Grundlage an für die dem Finanzgericht obliegende Überzeugungsbildung zur Frage, ob die streitige Behandlungsmethode wissenschaftlich anerkannt sei. Die Beurteilung der wissenschaftlichen Anerkennung einer Behandlungsmethode ist allerdings nur Vorfrage dazu, ob der Nachweis der Zwangsläufigkeit in der qualifizierten Form des § 64 EStDV geführt werden muss. Ausführungen dazu, welche Form und welchen Inhalt die von § 64 EStDV geforderte Befürwortung einer nach Überzeugung des Finanzgerichts unkonventionellen Behandlung durch den Amtsarzt haben muss, enthält das vom Beklagten benannte Urteil nicht.
Die Stellungnahmen des Amtsarztes lassen für das Gericht keinen Zweifel daran, dass die Aufwendungen für die Behandlung Ms im NB nach § 33 EStG zu berücksichtigen sind. Zwar ist auch nach Auffassung des Senats der unterschriebene Stempelaufdruck vom in seiner Knappheit kaum zu unterbieten. Seine Aussage ist allerdings eindeutig. Durch die Bezugnahme auf die Ausführungen von Dr. J hat der Amtsarzt schon hier unmissverständlich erklärt, dass auch er die Teilnahme Ms an dem Förderprogramm empfiehlt. Weitere Ausführungen zu dieser Empfehlung erscheinen auch nicht erforderlich. Der vorangegangenen Einschätzung, dass eine Behandlungsmethode nicht medizinisch-wissenschaftlich anerkannt ist, liegt zwangsläufig zugrunde, dass es keine messbaren Kriterien oder anerkannten Studien gibt, die für eine Wirksamkeit sprechen. Daher kann der Amtsarzt seine Aussage gerade nicht darauf stützen, dass er konkrete Behandlungserfolge erwartet; noch viel weniger kann er eine solche Einschätzung mit der Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen in der Form eines Gutachtens unterlegen. Wenn der vom Gesetzgeber als neutraler Sachverständiger angesehene und speziell für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall berufene Amtsarzt dennoch die Durchführung einer unkonventionellen Behandlung für sinnvoll erachtet, kommt seiner Beurteilung ein erhebliches Gewicht zu. In seinen weiteren Stellungnahmen vom (Bl. 52 der Akte „Belege“) und vom (Bl. 45 Prozessakte) hat der Amtsarzt nochmals dargelegt, dass er, obwohl ein Behandlungserfolg nicht in wissenschaftlich exakter Weise festzustellen sei, die Behandlung im NB befürworte. Im Ergebnis folgt der Senat der Einschätzung des Amtsarztes - die durch das Attest von Dr. J und insbesondere auch durch die Untersuchungsberichte des Kinderneurologischen Zentrums (Bl. 35 - 36 Prozessakte) und der R-Fachklinik (Bl. 42 – 44 Prozessakte) gestützt wird -, dass bei dem schwerstbehinderten Kind der Kläger die Möglichkeit einer positiven Beeinflussung des Krankheitsbildes ausreicht, um eine Zwangsläufigkeit der im NB durchgeführten Behandlung zu bejahen.
Die von den Klägern getätigten Aufwendungen im Zusammenhang mit der Behandlung Ms im NB sind damit dem Grunde nach abzugsfähig. Zu beachten ist allerdings, dass § 33 Abs. 4 EStG i.V.m. § 64 Abs. 1 S. 2 EStDV eine zeitliche Eingrenzung insoweit enthält, als der qualifizierte Nachweis vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestellt worden sein muss. Die erste Bestätigung der Zwangsläufigkeit der Behandlung durch den Amtsarzt in Form des unterschriebenen Stempelaufdrucks vom stellt damit den maßgeblichen Zeitpunkt für die steuerliche Anerkennung der Aufwendungen dar. Vor diesem Zeitpunkt angefallene Aufwendungen können nicht berücksichtigt werden, auch wenn – wie hier – die Vergleichbarkeit des Sachverhalts auf der Hand liegt.
Im vorliegenden Fall haben die Kläger jeweils Vorauszahlungen auf die vereinbarten Behandlungsleistungen erbracht, die im Zeitpunkt des Zahlungseingangs beim NB gebucht und gutgeschrieben wurden. Die Verrechnung dieser Guthaben erfolgte jeweils mit Honoraren für später erbrachte Behandlungsleistungen und wurde jeweils in den erteilten Rechnungen dargestellt. Hiernach sind teilweise Vorauszahlungen zeitlich vor dem maßgeblichen Stichtag geleistet worden, die allerdings mit Honoraren für Behandlungen verrechnet wurden, die erst nach dem Stichtag angefallen waren:
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Betrag |
Zahlungseingang beim
NB |
Verrechnet
mit Honoraren für Leistungen vom |
Rechnung
vom |
4.200
€ |
24.– | ||
4.200
€ |
14.– | ||
4.200
€ |
16.– | ||
4.200
€
|
10.– |
Nach Auffassung des Senats ist für die Frage, ob Aufwendungen vor oder nach dem Stichtag angefallen sind, nicht auf den Eingang der Vorauszahlungen beim NB abzustellen. Zwar sind nach § 11 EStG Vorauszahlungen grundsätzlich beim Eingang zugeflossen und mit Zahlung abgeflossen (Schmidt/Krüger, EStG, § 11 Rz. 50 „Vorauszahlungen“). Alle vorgenannten Zahlungen sind damit im Streitjahr 2013 geleistet und in diesem Jahr zu berücksichtigen, auch wenn die am beim NB eingegangene Zahlung erst mit im Jahr 2014 erbrachten Leistungen verrechnet worden ist. Die beiden am geleisteten Vorauszahlungen wären allerdings vor dem angefallen. § 64 Abs. 1 S. 2 EStDV knüpft aber für die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit von Aufwendungen für unkonventionelle Heilbehandlungen nicht an den Abfluss der Zahlung gem. § 11 EStG an, sondern an den Zeitpunkt der Durchführung der Heilmaßnahme. Daher sind auch die vor dem geleisteten Vorauszahlungen zu berücksichtigen, soweit mit ihnen im Wege der Verrechnung des bestehenden Guthabens Behandlungsleistungen bezahlt wurden, die nach dem durchgeführt worden sind. Demgemäß ist auch die am geleistete und in der Rechnung vom verrechnete Vorauszahlung von 4.200 € zu berücksichtigen.
Weiter zu berücksichtigen sind die im Jahr 2013 angefallenen Aufwendungen für die Fahrten zum NB sowie für die Übernachtungen der Kläger, soweit sie mit Behandlungen nach dem zusammenhingen. Mithin sind die Fahrten im Zusammenhang mit den Behandlungszeiträumen 14. – 18. Oktober und 16. – (2 Fahrten x 542 km/Fahrt x 0,30 €/km = 325,20 €) sowie die Kosten der Ferienwohnung zur Unterbringung der Kläger während der Behandlungszeit (2 x 200,00 € = 400,00 €) ebenfalls steuermindernd zu berücksichtigen.
Im Ergebnis sind die bisher als außergewöhnliche Belastung anerkannten Beträge um weitere 13.325,20 € zu erhöhen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Finanzgerichtsordnung (FGO), die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2019 S. 16 Nr. 1
DStR 2019 S. 8 Nr. 18
DStRE 2019 S. 689 Nr. 11
EFG 2019 S. 279 Nr. 4
IAAAH-04859