PiR Nr. 3 vom Seite 65

Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16

Right of Use-Konzept: Welchen Nutzen stiftet der neue Standard?

WP Marijan Nemet und Prof. Dr. Reinhard Heyd *

Die Entwicklung des im Januar 2016 veröffentlichten Standards zu Bilanzierung von Leasingverhältnissen (IFRS 16) war geprägt von intensiven und kontroversen Diskussionen, die sich sowohl an konzeptionellen als auch praktischen Fragestellungen entzündet haben. Der nun endgültige Standard ist für die am oder nach dem beginnenden Geschäftsjahre verpflichtend anzuwenden und ersetzt den bisherigen IAS 17 sowie die ergänzenden Interpretationen IFRIC 4, SIC 15 sowie SIC 27. Die Verfasser stellen nachfolgend die wesentlichen Regelungen des neuen Standards und seine Neuerungen gegenüber dem zweiten Exposure Draft (ED/2013/6) für die Bilanzierung beim Leasingnehmer im Überblick dar. Sie analysieren, inwieweit IFRS 16 die ursprünglich in den Standard gesetzten Erwartungen und Zielsetzungen erfüllen kann.

Fischer, Neue Leasingbilanzierung: IFRS 16 – Leases, NWB GAAAF-49466

Kernaussagen
  • Neuer Leasingstandard (IFRS 16) führt zu Paradigmenwechsel in der Bilanzierung von Leasingverhältnissen. Leasingnehmer bilanzieren zukünftig entsprechend dem Right of Use-Konzept ein Nutzungsrecht und korrespondierend dazu eine Leasingverbindlichkeit.

  • Leasingverhältnisse werden bilanziell anders behandelt als übrige Dauerschuldverhältnisse. Es kommt zu einer Abkehr vom Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte. Off-Balance-Gestaltungen sind nicht mehr möglich.

  • Die schwierige Abgrenzung von Leasing- und Dienstleistungsverträgen sowie neue Ermessensspielräume und neue Erleichterungswahlrechte, z. B. für short term leases und low value assets, bringen neue Herausforderungen. Neuregelungen führen bei Leasingnehmern u. a. aufgrund der erforderlichen Datensammlung- und -aufbereitung sowie Prozessanpassungen zu erheblichem Erstumsetzungsaufwand und haben unmittelbare Konsequenzen für deren Vermögens- und Ertragskennzahlen.

I. Zielsetzung

[i]Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 13. Aufl., Freiburg 2015, § 15 NWB TAAAE-89814 Grünberger, IFRS 2016, 13. Aufl., Herne 2015, Kap. III.8., S. 58 ff. NWB RAAAF-09476 Nemet, Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS, PiR 8/2013 S. 237 NWB AAAAE-41769 Die bisherigen Regelungen zur Bilanzierung von Leasingverhältnissen gem. IAS 17 wurden vor allem dahingehend kritisiert, dass die auf dem Kriterium des wirtschaftlichen Eigentums beruhende Klassifizierung der Leasingverhältnisse, die anhand ihrer Chancen- und Risiken-Verteilung erfolgt (risks-and-rewards approach), erhebliche Ermessens- und Gestaltungsspielräume enthält.

Je nach Verteilung der Chancen und Risiken, die anhand der Kriterien in IAS 17.10 und IAS 17.11 zu überprüfen sind, wird dabei zwischen Finanzierungsleasing und Operating Leasing unterschieden. Während Finanzierungsleasingverträge beim Leasingnehmer zur Aktivierung eines Vermögenswerts i. H. des beizulegenden Zeitwerts des Leasingobjekts oder des niedrigeren Barwerts der Mindestleasingzahlungen, bei entsprechender Passivierung einer betragsgleichen Verbindlichkeit führen, kommt es grundsätzlich beim Operating Leasing zu keinem Wertansatz in der Bilanz des Leasingnehmers. Dieser hat die Leasingraten lediglich entsprechend ihrer Zahlung als Aufwand in der GuV-Rechnung auszuweisen, was regelmäßig zu einem linearen Aufwandsverlauf führt. Zum anderen verbessert sich die Vermögensstruktur des Leasingnehmers gegenüber einem Finanzierungsleasing, da es weder zu einem Ansatz des Vermögenswerts noch der zukünftigen Zahlungsverpflichtungen kommt. Der VerschuldungsgradS. 66 wird damit bei einem gleich bleibenden Eigenkapital entlastet.

Derartige Off-Balance-Gestaltungen führen – so die Kritik – in der Praxis trotz weitgehend vergleichbarer Vertragsgestaltungen zu einer Verzerrung der Bilanzkennzahlen und einer mangelnden Vergleichbarkeit von IFRS-Abschlüssen. Darüber hinaus werden zukünftige Zahlungsverpflichtungen unzureichend in der Bilanz abgebildet, was den langjährigen IASB-Chairman Sir David Tweedy zu dem Zitat veranlasst hat, er würde gerne in einem Flugzeug reisen, das von der betreffenden Fluggesellschaft auch bilanziert wird.

Die wesentlichen Neuerungen nach IFRS 16 betreffen vor allem die Bilanzierung beim Leasingnehmer, da dort der Regelungsbedarf aufgrund der vorgenannten Kritik besonders gravierend erschien. Die Leasinggeberbilanzierung aus IAS 17 hingegen bleibt weitgehend unverändert und wurde im Wesentlichen in den neuen Standard übernommen. Anpassungen ergaben sich vor allem hinsichtlich der Anhangangaben. Diese wurden auch für den Leasinggeber erweitert. Damit bleibt es im Ergebnis beim Leasinggeber aber auch bei der bisherigen Klassifizierung nach Finanzierungs- und Operating Leasing mit den damit verbundenen Bilanzierungskonsequenzen und es kommt aufgrund der Neuregelungen zu einer asymmetrischen Bilanzierung der Leasingverhältnisse zwischen Leasingnehmer und Leasinggeber.

Vor dem Hintergrund der grundlegenden Kritik an der bisherigen Leasingbilanzierung wurde die Überarbeitung des Leasingstandards als wesentliches Ziel in das 2006 zwischen IASB und FASB gestartete Konvergenzprojekt aufgenommen. Erklärte Zielsetzung des Konvergenzprojekts war eine Vereinheitlichung der internationalen Rechnungslegungsvorschriften sowie damit einhergehend die Vermeidung von Off-Balance-Gestaltungen. Unter dem Eindruck der intensiven Diskussion im Rahmen des Konsultationsprozesses zum IFRS 16 sollte darüber hinaus die Komplexität der Bilanzierungsvorschriften unter Kosten-Nutzen-Aspekten weiter reduziert werden.

II. Right of Use-Konzept

Der im Januar 2016 veröffentlichte neue Standard sieht eine Abkehr von der bisherigen Klassifizierung nach Finanzierungsleasing und Operating Leasing und dem damit verbundenen „all-or-nothing approach“ vor, wonach entweder Leasingnehmer oder Leasinggeber den Vermögenswert bilanzieren müssen. Maßgebend für die Bilanzierung nach IFRS 16 beim Leasingnehmer sind zukünftig das mit dem Vermögenswert verbundene Nutzungsrecht ( Right of Use ) bzw. die damit verbundene Verpflichtung.

Der Leasingnehmer erwirbt danach ein Recht zur Nutzung des Leasingobjekts, das er i. H. der barwertigen Leasingraten ab dem Zeitpunkt der Nutzungsüberlassung ( date of commencement ) zu aktivieren hat (vgl. IFRS 16.22). Dabei handelt es sich um den Zeitpunkt, zu dem der Leasingnehmer die Beherrschung ( control ) über den Leasinggegenstand erlangt (vgl. IFRS 16.BC141). Korrespondierend dazu hat er die zukünftige Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten an den Leasinggeber zu passivieren. Nutzungsrechte und -pflichten erfüllen die Definitionen von Vermögenswerten und Schulden entsprechend dem IFRS Framework und führen dazu, dass Off-Balance-Gestaltungen beim Leasingnehmer als vermeintliche Optimierungsmaßnahme zur Entlastung der Verschuldensquote grundsätzlich nicht mehr möglich sind.

Trotz der grundsätzlichen Anerkennung des dem Right of Use-Konzept zugrunde liegenden theoretischen Konzepts wurde im Rahmen der Konsultationen die damit vor allem verbundene Ungleichbehandlung von Leasingverhältnissen gegenüber anderen schwebenden Dauerschuldverhältnissen kritisiert: Beim Right of Use-Konzept wird unterstellt, die Leistungserbringung durch den Leasinggeber sei bereits mit der Bereitstellung des Vermögenswerts abgeschlossen. Die Verpflichtung des Leasinggebers wird vor allem in der Übertragung des Nutzungsrechts, und damit der Beherrschung über den Leasinggegenstand auf den Leasingnehmer, gesehen. Dieser Argumentation wird jedoch entgegengehalten, dass bspw. bei einem unverschuldeten Untergang des Vermögenswerts der Leasingnehmer vorbehaltlich vertraglicher Sonderregelungen die ausstehenden Raten nicht mehr zu erbringen hat. Insoweit ist die Übertragung des Nutzungsrechts zunächst die notwendige Voraussetzung für die anschließende Leistungserbringung in Form der Nutzungsüberlassung für einen bestimmten Zeitraum. [1]

Leasingverträge sind daher – ähnlich wie Dienstleistungsverträge – durch einen über die Vertragslaufzeit erfolgenden sukzessiven Leistungsaustausch zwischen den jeweiligen Vertragspartnern gekennzeichnet. Dem Grunde nach handelt es sich damit um den Spezialfall eines schwebenden Dauerschuldverhältnisses. [2] Daher führt in den Augen der Kritiker die Bilanzierung von Leasingverhältnissen entsprechend dem Right of Use-Konzept nicht nur zur Ungleichbehandlung gegenüber vergleichbaren Dauerschuldverhältnissen wie z. B. Dienstleistungs-, Arbeits- und Versicherungsverträgen. Sie widerspricht mit dem ihr inhärenten degressiven Aufwandsverlauf dem vorgenannten leasingtypischen sukzessiven Leistungsaustausch bzw. dem pay-as-you-earn-Prinzip. Dieser degressive Aufwandsverlauf ergibt sich vor allem aus der ratierlichen Tilgung der Leasingverbindlichkeit und einem damit einhergehenden, abnehmenden Zinsaufwand, der einer linearen Abschreibung des Vermögenswerts gegenübersteht. Man spricht hier vom sog.  front-loading-Effekt .S. 67

III. Anwendungsbereich und Abgrenzungsfragen: Leasing oder Dienstleistung?

1. Definition von Leasingverhältnissen

Der Anwendungsbereich des neuen Standards orientiert sich an den bisherigen Regelungen des IAS 17. Er umfasst alle Leasingverhältnisse mit Ausnahme derer in Bezug auf das Aufspüren oder die Nutzung von Mineralien, Öl, Erdgas, ähnlichen nicht regenerierbaren Ressourcen nach IFRS 6 sowie Rechte eines Leasingnehmers aus Lizenzvereinbarungen über Filme, Videoaufnahmen, Theaterstücke, Manuskripte, Patente und Urheberrechte, die in den Anwendungsbereich des IAS 38 fallen. Er umfasst auch keine Dienstleistungskonzessionsverträge gem. IFRIC 12, keine Leasingverhältnisse über biologische Vermögenswerte nach IAS 41 beim Leasingnehmer und räumt jedoch dem Leasingnehmer ein Wahlrecht zur Anwendung des IFRS 16 auf immaterielle Vermögenswerte ein, soweit es sich nicht um vorgenannte Lizenzvereinbarungen handelt. [3]

Ein Leasingverhältnis nach IFRS 16.9 liegt vor, wenn der Vertrag das Recht zur Nutzung eines Vermögenswerts über einen Zeitraum im Austausch für eine Gegenleistung (a contract [...] that convey the right to use an asset [...] for a period of time in exchange for consideration ) umfasst. Diese weite Definition enthält damit sämtliche Nutzungsverhältnisse, z. B. auch Mieten und Pachten.

Die Laufzeit des Leasingverhältnisses umfasst den unkündbaren Zeitraum, während dessen der Leasingnehmer das Recht zur Nutzung des Leasinggegenstands hat. Dabei sind Verlängerungsoptionen und Kündigungsrechte zu berücksichtigen, sofern deren Ausübung hinreichend sicher und durchsetzbar ist. Bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Anreizes sind dabei alle relevanten vertrags-, objekt-, unternehmens- und marktbezogene Faktoren gesamthaft zu würdigen.

2. Recht zur Beherrschung als Leasingkriterium

Zur klareren Abgrenzung von Leasingverhältnissen gegenüber Dienstleistungsverträgen wurde im Rahmen der Überarbeitung das Recht zur Beherrschung des Leasinggegenstands als zentrales Prinzip (vgl. IFRS 16.BC107), wie es auch in IFRS 10 verankert ist, nochmals betont. Es wird klargestellt, dass zur Bestimmung eines Leasingverhältnisses:

  • ein eindeutig bestimmbarer, d. h. spezifisch identifizierbarer und abgrenzbarer Vermögenswert ( identifiable asset ) vorliegen muss und

  • der Vertrag das Recht zur Beherrschung dieses Vermögenswerts ( right to control the use ) zu enthalten hat (vgl. IFRS 16.B9).

Ein Vermögenswert gilt nach IFRS 16.B3 grundsätzlich dann als identifiziert, wenn er im Vertrag spezifiziert wird oder sich dies implizit zu dem Zeitpunkt ergibt, an dem er dem Kunden zur Verfügung gestellt wird. Zur Spezifizierung reicht dabei eine bloße Gattungsbezeichnung (z. B. Pkw, Laserdrucker Typ xy) nicht aus. Es ist auch zu untersuchen, inwieweit der Leasinggeber ein wirtschaftlich substanzielles Recht hat, das Objekt ohne Zustimmung des Leasingnehmers auszutauschen, aber auch in welchem Ausmaß diesem Recht ökonomische oder physische Hürden entgegenstehen, z. B. in Form unverhältnismäßig hoher Kosten oder anderweitiger Zugangsbeschränkungen. Klassische Reparatur- und Gewährleistungsfälle sind dabei unschädlich.

So kann z. B. ein Vertrag, der die zur Verfügung Stellung von drei abgrenzbaren Glasfaserkabeln zum Datentransfer umfasst, aufgrund einer ausreichenden Spezifizierung ein Leasingverhältnis begründen, während ein Vertrag, der lediglich das übertragbare Datenvolumen regelt, trotz eines vergleichbaren Nutzungsumfangs als Dienstleistungsvertrag zu klassifizieren wäre (vgl. IFRS 16.IE Example 3a und 3b). Weitere typische, zur Diskussion stehende Fallbeispiele sind Verträge zur Bereitstellung von Lkw bzw. die Bereitstellung von Speditionsleistungen, bei denen der Auftragnehmer u. a. die Möglichkeit behält, die Fahrzeuge nach Belieben auszutauschen (vgl. IFRS 16.IE Example 5). Ähnliches ist bei Verträgen über Datenspeicherkapazitäten (Cloud-Computing) denkbar, in denen sich der Anbieter das substanzielle Recht zum Austausch des Servers vorbehält. Inwieweit ein solcher Austausch im jeweiligen Fallbeispiel betriebswirtschaftlich zweckmäßig und in der Praxis faktisch relevant ist, wird dabei stets im Hinblick auf die Bilanzierungsanforderungen individuell zu beurteilen sein.

Zu beachten ist ferner, dass von den vorgenannten Abgrenzungsregelungen auch Mietimmobilien betroffen sind. Liegt bspw. über einen fest vereinbarten Zeitraum ein Mietvertrag über eine Ladenfläche vor, so handelt es sich um einen ausreichend spezifizierten Vermögenswert. Sie unterliegt der Kontrolle des Mieters, der in diesem Zeitraum auch den wesentlichen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Vermögensrecht erzielt. In diesem Fall würde auch eine vertragliche Regelung, die dem Vermieter das Recht belässt, den Standort des Ladenlokals z. B. innerhalb eines Einkaufszentrums neu zu bestimmen, nichts an der Beurteilung ändern, sofern zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Wahrscheinlichkeit, dass hieraus ein entsprechender Nutzen entsteht, nicht gegeben ist. Insoweit liegt kein substanzielles Recht des Vermieters vor und der Vertrag ist als Leasingverhältnis zu klassifizieren (vgl. IFRS 16 i. V. mit IFRS 16 Example 4).

Das Recht zur Beherrschung des Vermögenswerts ergibt sich zum einen aus der Entscheidungsbefugnis über die Art und den Zweck der Nutzung des Vermögenswerts während der Nutzungsdauer. Oder auch – soweit Art und Zweck der Nutzung bereits festgelegt sind – aus dem Recht diesen Vermögenswert während der Nutzungsdauer in seiner Ausgestaltung so zu nutzen, dass der Leasinggeber keine Möglichkeit hat, auf die Entscheidungen über die Art der Ausgestaltung und Nutzung Einfluss zu nehmen ( power element ). Daneben ist aber auch das Kriterium des wirtschaftlichen Nutzens zu beachten ( benefit element ). Die Rechte zur S. 68Beherrschung des Vermögenswerts begründet nach IFRS 16 nur dann ein Leasingverhältnis, wenn dem Leasingnehmer aus dieser Nutzung im Wesentlichen der gesamte wirtschaftliche Nutzen während der Laufzeit der Leasingvereinbarung zufließt. Beispiele für Entscheidungsrechte, die Art und Zweck der Nutzung bestimmen und Einfluss auf die Erzielung des wirtschaftlichen Nutzen haben, sind Rechte über die Art des produzierten Outputs, den Produktionszeitpunkt und -standort sowie die Produktionsmenge des geplanten Outputs.

Vorgenannte Beispiele und die damit verbundenen Abgrenzungsfragen machen die besondere Bedeutung einer sachgerechten Beurteilung der jeweiligen Vertragsverhältnisse sowie eine damit einhergehende Vertragsanalyse im Rahmen der Erstanwendung von IFRS 16 deutlich. Da u. a. in Abhängigkeit von der Spezifizierung der Vermögenswerte, der individuellen Vertragsgestaltung und der jeweiligen Möglichkeit der Erzielung des wirtschaftlichen Nutzens während der Vertragslaufzeit entweder ein Leasing- oder Dienstleistungsvertrag vorliegen kann, besteht das Risiko, dass vermeintlich vergleichbare Verträge bzw. Sachverhalte durch graduelle Gestaltungsunterschiede zu einer unterschiedlichen Bilanzierung und anderen Kennzahlen führen. Zum einen als Leasingverhältnis mit entsprechenden Konsequenzen vor allem für die Bilanzkennzahlen und zum anderen als Dienstleistungsverhältnis, bei dem der jeweilige Aufwand entsprechend dem Anfall der Zahlungen in der GuV-Rechnung zu erfassen wäre. Vor diesem Hintergrund hat der IASB seine Ausführungen zur Abgrenzung von Leasing- und Dienstleistungsverhältnissen gegenüber dem ED/2013/6 erheblich erweitert und u. a. um einen Entscheidungsbaum ergänzt (vgl. IFRS 16.B31).

Darüber hinaus hat der IASB auf die im ED/2013/6 noch vorgesehene, vor allem an Objektart und Nutzung ausgerichtete Klassifizierung der Leasingverhältnisse nach Typ A (Mobilien) und Typ B (Immobilien) zu Gunsten eines einheitlichen Bilanzierungsmodells für alle Leasingverhältnisse beim Leasingnehmer verzichtet. Der FASB hingegen hält derzeit an einer entsprechenden Differenzierung fest. [4]

3. Trennung von Leasing- und Nichtleasingkomponenten

Im Kontext einer sachgerechten Abgrenzung fordert IFRS 16.1 auch eine konsequente Separierung einzelner Vertragskomponenten und damit einhergehend eine klare Trennung von Dienstleistungs- und Leasingkomponenten. Leasingkomponenten sind immer dann gesondert zu bilanzieren, wenn der Leasingnehmer seinen Nutzen aus der alleinigen Nutzung eines Vermögenswerts generieren kann und diese nicht in unmittelbarem Zusammenhang bzw. in einer Wechselwirkung mit einem anderen Vermögenswert steht. Nach IFRS 16.14 hat die Aufteilung der Leasing- und Dienstleistungskomponenten (z. B. Wartungs- oder Reparaturentgelte) grundsätzlich anhand von am Markt beobachtbarer vergleichbarer Einzelveräußerungspreise zu erfolgen. Sind diese nicht verfügbar, hat eine Schätzung zu erfolgen. Darüber hinaus besteht für den Leasingnehmer das Wahlrecht, auf eine Trennung zu verzichten und beide Komponenten nach IFRS 16 zu bilanzieren. Dieses Wahlrecht muss dabei jedoch für jede Vermögensklasse einheitlich ausgeübt werden. Der Leasinggeber hat kein entsprechendes Wahlrecht, da davon auszugehen ist, dass er anhand der ihm vorliegenden Kalkulation eine klare Trennung vollziehen kann.

IV. Bilanzierung beim Leasingnehmer

1. Erstbewertung

Der Right of Use-Vermögenswert ist im Zugangszeitpunkt mit den Anschaffungskosten zu bewerten (vgl. IFRS 16.23). Diese bemessen sich grundsätzlich nach der Höhe der Leasingverbindlichkeit, die sich ihrerseits als Barwert der vereinbarten Leasingraten ergibt. Darüber hinaus sind ergänzend in die Anschaffungskosten einzubeziehen:

  • Die Leasingzahlungen, die vor oder zu Beginn des Leasingverhältnisses erfolgt sind nach Abzug von Anreizzahlungen, welche der Leasingnehmer vom Leasinggeber oder von Dritten erhalten hat,

  • direkte Zahlungen, die der Leasingnehmer bei Beginn des Leasingverhältnisses leistet (initial direct cost),

  • Rückbau-, Rekultivierungs- und Wiederherstellungskosten für den Leasinggegenstand am Ende der Grundmietzeit.

Die Leasingverbindlichkeit ist zu Beginn des Leasingverhältnisses mit dem Barwert der Leasingzahlungen, die während des Leasingverhältnisses geleistet werden, zu passivieren (vgl. IFRS 16.26). Für vor oder zu Beginn des Leasingverhältnisses geleistete Zahlungen besteht keine Verbindlichkeit mehr; sie sind demnach auch nicht in die Passivierung einzubeziehen. Somit sind für die praktische Handhabung sowohl die Höhe der relevanten Leasingzahlungen als auch der anzuwendende Zinssatz zu bestimmen.

Die in die Barwertberechnung einzubeziehenden Leasingzahlungen umfassen feste sowie variable Leasingraten, die von einem Index oder einem Referenzzinssatz abhängen. Dies unterscheidet die Neuregelung von dem aus IAS 17 bekannten Begriff der Mindestleasingzahlungen, welcher bedingte oder variable Zahlungen ausschloss. Darüber hinaus sind auch quasi-feste Zahlungen ( in-substance fixed payments ) zu erfassen, die bei einer wirtschaftlichen Betrachtung faktisch unausweichlich sind, weil das auslösende Ereignis mit äußerst großer Wahrscheinlichkeit eintritt oder die Variabilität der Zahlung, d. h. die mit der Zahlungsverpflichtung zusammenhängende Unsicherheit wegfällt und damit die Zahlung dem Grunde und der Höhe nach feststeht. Zu erfassen sind auch alternative Zahlungsszenarien, von denen ein Zahlungsszenario in jedem Fall eintritt.

Ferner sind zu berücksichtigen:

  • erwartungsgemäß zu leistende Zahlungen im Rahmen von Restwertgarantien,S. 69

  • Zahlungen aus hinreichend sicher auszuübenden Kaufoptionen sowie

  • Strafzahlungen (penalties) für die Beendigung des Leasingverhältnisses, sofern bei Gesamtwürdigung der Umstände davon auszugehen ist, dass der Leasingnehmer die Beendigung des Leasingverhältnisses bevorzugt und damit die Strafzahlung leisten wird.

Das Right of Use-Konzept zielt damit grundsätzlich auf eine auf der Aktiv- und Passivseite betragsgleiche Bilanzverlängerung im Erstbilanzierungszeitpunkt ab. Abweichungen können sich lediglich hinsichtlich der oben genannten beim Right of Use ergänzend zu berücksichtigenden Komponenten der Anschaffungskosten ergeben. In diesen Fällen übersteigt die leasingbedingte Aktivierung des Right of Use-Vermögenswerts den Wert der korrespondierenden Leasingverbindlichkeit.

2. Bestimmung des anzuwendenden Zinssatzes

Grundsätzlich ist der dem Leasingverhältnis zugrunde liegende Zinssatz ( interest rate implicit in the lease ) für die Diskontierung der Leasingzahlungen anzuwenden. Es handelt sich dabei um den Zinssatz, bei dem der Barwert der Leasingzahlungen und des nicht garantierten Restwerts mit dem beizulegenden Zeitwert des Right of Use assets einschließlich anfänglicher unmittelbarer Kosten des Leasinggebers gleich ist. Ist dieser Zinssatz für den Leasingnehmer nicht ohne weiteres ermittelbar, so ist der Grenzfremdkapitalzinssatz ( incremental borrowing rate ) zu verwenden. Er repräsentiert den Zinssatz, zu dem der Leasingnehmer den Vermögenswert im Falle eines Kaufs bei seiner derzeitigen Bonität durch einen Kredit mit ähnlicher Laufzeit und Besicherung hätte fremdfinanzieren können (vgl. IFRS 16.27).

3. Folgebewertung

Obwohl es sich beim Right of Use asset um ein Recht handelt, erfolgt die Folgebewertung des Right of Use-Vermögenswerts entsprechend den Bewertungsregelungen für das Anlagevermögen. Das bedeutet prinzipiell eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten (vgl. IFRS 16.29-33). Der Wertansatz entspricht in diesem Fall den Anschaffungskosten abzüglich der kumulierten planmäßigen Abschreibungen sowie ggf. außerplanmäßigen Abschreibungen nach IAS 36.

Für die Bemessung der Abschreibungsdauer des Right of Use assets gilt folgende Unterscheidung: Geht am Ende der Grundmietzeit das rechtliche Eigentum auf den Leasingnehmer über, so erfolgt die Abschreibung auf die Zeitdauer vom Beginn des Leasingverhältnisses bis zum Ende der wirtschaftlichen Nutzungsdauer (useful life). Sie entspricht der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des dem Leasingverhältnis nach dem Right of Use-Konzept zugrunde liegenden Vermögenswerts. In allen anderen Fällen, in denen das rechtliche Eigentum am Ende der Grundmietzeit nicht auf den Leasingnehmer übergeht, ist die Zeitdauer ab Beginn des Leasingverhältnisses bis zum früheren Zeitpunkt aus dem Ende der wirtschaftlichen Nutzungsdauer und dem Ende der Grundmietzeit aus dem Leasingvertrag der Abschreibung zugrunde zu legen.

Die Leasingverbindlichkeit ist in den Folgeperioden annuitätisch zu vermindern, d. h. bei konstanter Verzinsung der ausstehenden Verbindlichkeit. Das bedeutet, dass die am jeweiligen Bilanzstichtag ausstehende Leasingverbindlichkeit mit dem zur Barwertberechnung verwendeten Zinssatz aufgezinst und um die geleisteten Tilgungszahlungen reduziert wird (vgl. IFRS 16.36). Somit ergibt sich im Zeitablauf ein vermindernder Zins- und bei unterstellter linearer Abschreibung des Right of Use-Vermögenswerts damit ein degressiver Aufwandsverlauf ( front-loading ).

4. Neubewertung des Right of Use assets sowie der Leasingverbindlichkeit

Kommt es zu einer Neubeurteilung der Leasingzahlungen aufgrund neu entstehender oder wegfallender Leasingzahlungen, der Höhe nach neu eingeschätzter Leasingzahlungen oder einer zeitlichen Verteilung nach neu eingeschätzten Zahlungsreihen, so ist dies am jeweiligen Bilanzstichtag durch eine betragsgleiche Veränderung des Right of Use assets und der Leasingverbindlichkeit zu berücksichtigen (vgl. IFRS 16.39-43). Eine Erhöhung der Leasingverbindlichkeit führt zu einer korrespondierenden Erhöhung, eine Verminderung zu einer korrespondierenden Verminderung des Right of Use assets. Führt die Neubewertung der Leasingverbindlichkeit dazu, dass das Right of Use asset einen Wert von Null annimmt, so ist die Neubewertung erfolgswirksam in der GuV-Rechnung zu erfassen (vgl. IFRS 16.39).

Erfolgswirksame Effekte ergeben sich in diesen Fällen durch eine veränderte Abschreibungshöhe auf das Right of Use asset und durch einen veränderten Zinsaufwand auf die Leasingverbindlichkeit. Mit einer Neubewertung der Leasingverbindlichkeit kann unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Anpassung des anzuwendenden Zinssatzes einhergehen.

Ändern sich die Laufzeit des Leasingverhältnisses oder erfolgt eine Neueinschätzung von Eintrittswahrscheinlichkeit und/oder Höhe der Kaufoptionen, so ist zusammen mit der Neubewertung der Leasingverbindlichkeit der relevante Zinssatz neu zu bestimmen. Das bedeutet, der dem Leasingverhältnis zugrunde liegende Zinssatz ist auf Basis der (neuen) Restlaufzeit neu zu ermitteln oder der Grenzfremdkapitalzins ist im Zeitpunkt der Neubewertung neu zu bestimmen und anzuwenden.

Ändern sich der Betrag der Restwertgarantie oder die künftigen Leasingraten aufgrund der Anpassung eines Indexes oder Kurses, so sind diese Anpassungen bei der Neubewertung der Leasingverbindlichkeit zu berücksichtigen, ohne dass der relevante Zinssatz geändert wird.

5. Anpassungen bestehender oder Einführung neuer Leasingverhältnisse

Werden Leasingverhältnisse nachträglich angepasst, so ist von einem neuen Leasingverhältnis auszugehen, wenn Rechte S. 70zur Nutzung an einem oder mehreren zusätzlichen Vermögenswerten eingeräumt werden und die vertraglichen Gegenleistungen in einem angemessenen Verhältnis zum erweiterten Vertragsumfang stehen. Maßstab sind die Einzelpreise der dem neuen Leasingverhältnis zugrunde liegenden Vermögenswerte. In diesen Fällen besteht keine Verbundenheit mit dem bisherigen Leasingvertrag.

In allen anderen Fällen handelt es sich um Modifikationen eines bestehenden Leasingverhältnisses, die zu einer Neubewertung der bestehenden Leasingverbindlichkeit, des aktivierten Right of Use assets führen (vgl. IFRS 16.44-46).

6. Ausweis von Leasingverhältnissen in GuV und Kapitalflussrechnung

Right of use assets können entweder getrennt von anderen Vermögenswerten in einem gesonderten Bilanzposten ausgewiesen oder alternativ den Bilanzposten zugeordnet werden, in denen die dem Leasingverhältnis zugrunde liegenden Vermögenswerte ausgewiesen werden. In diesem Fall hat eine entsprechende Angabe im Anhang zu erfolgen, welcher Bilanzposten die Right of Use assets enthält (vgl. IFRS 16.47(a)).

Leasingverbindlichkeiten sind ebenfalls gesondert auf der Passivseite der Bilanz auszuweisen. Sofern auch in zulässiger Weise auf einen gesonderten Ausweis in der Bilanz verzichtet wird, ist eine Angabe im Anhang unter Erwähnung der Verbindlichkeitsposten, die Leasingverbindlichkeiten enthalten, erforderlich (vgl. IFRS 16.47(b)).

In der GuV dürfen die Zinsaufwendungen, die unter den Finanzierungsaufwendungen zu zeigen sind, mit den Abschreibungen aus Leasingverhältnissen nicht zusammengefasst werden (vgl. IFRS 16.49).

Tilgungszahlungen aus Leasingverhältnissen sind in der Kapitalflussrechnung im Finanzierungs- Cashflow auszuweisen. Zinsaufwendungen sind, sofern sie im Rahmen der Leasingraten zahlungswirksam sind, unter Anwendung der Vorschriften des IAS 7 in der Kapitalflussrechnung auszuweisen. Sofort erfolgswirksame Zahlungen, die nicht in die Leasingverbindlichkeit einbezogen werden, sind ebenso im operativen Cashflow zu zeigen, ebenso wie Leasingzahlungen im Rahmen von außerhalb des Right of Use-Konzepts zu erfassenden Leasingverhältnissen wie sog.  short term leases und low value assets (vgl. IFRS 16.50).

V. Erleichterungsvorschriften

Um der im Rahmen des Konsultationsprozesses geäußerten Kritik einer erhöhten Komplexität und damit verbundenen Kosten-Nutzen-Erwägungen zu begegnen, hat der IASB für kurzlaufende Leasingverhältnisse (short term leases) sowie für Leasingverhältnisse über geringwertige Vermögenswerte (low value assets) dem Leasingnehmer ein Ansatzwahlrecht eingeräumt. Sofern von diesem Wahlrecht Gebrauch gemacht wird, sind die entsprechenden Aufwendungen erfolgswirksam, i. d. R. linear oder, soweit ein anderer Aufwandsverlauf begründet ist, entsprechend systematisch, über die Laufzeit des Leasingverhältnisses zu erfassen.

Als kurzfristig gelten dabei Leasingverhältnisse mit einer Laufzeit bis zu zwölf Monaten. Im Gegensatz zu der ursprünglich vorgesehenen Regelung des ED/2013/6 wurde die Definition der Laufzeit im endgültigen Standard insgesamt vereinheitlicht, so dass auch bei kurzfristigen Leasingverhältnissen Verlängerungs- und Kündigungsoptionen zu berücksichtigen sind, soweit ein bedeutender wirtschaftlicher Anreiz besteht, diese auszuüben und dies wahrscheinlich ist (vgl. IFRS 16.BC91 ff.). Der IASB ist sich im Hinblick auf diese Neuregelung und insbesondere die Definition der short term leases der potenziellen Gestaltungsmöglichkeiten bewusst. Der IASB begründet diese Erleichterung jedoch neben der Vereinfachung und Vereinheitlichung der Bilanzierungsregelungen vor allem damit, dass aufgrund des erhöhten Restwertrisikos bei kurzfristigen Verträgen der Anreiz zur Gestaltung in der Praxis begrenzt sein dürfte, zumal das entsprechende Risiko durch die Leasinganbieter entsprechend eingepreist wird.

Entgegen seinem Grundsatz im Rahmen der Standardsetzung keine quantitativen Kriterien in die Regelungen aufzunehmen, hat der IASB bei der Definition von Leasingverhältnissen über geringwertige Vermögenswerte – wenn auch nur in der Basis for Conclusions – bewusst eine Wertgrenze eingeführt. Danach können Vermögenswerte unabhängig von ihrem Alter und ihrer Abnutzung bis zu einem Neuwert von 5.000 USD von der Anwendung des IFRS 16 ausgenommen werden. Begründet wird diese Erleichterung zwar ebenfalls mit dem Hinweis auf Wesentlichkeitsüberlegungen, wie sie auch im Framework und in IAS 1 niedergelegt sind. Der IASB weist aber gleichwohl darauf hin, dass diese Erleichterung nur in den Fällen in Anspruch genommen werden kann, in denen die betreffenden geringwertigen Vermögenswerte unabhängig von anderen Vermögenswerten nutzbar und nicht eng mit diesen verbunden sind, wie z. B. bei Notebooks oder Büromöbeln. Damit soll vermieden werden, dass wesentliche Vermögenswerte in eine Vielzahl von low value assets aufgeteilt werden, um sich einer entsprechenden Bilanzierung zu entziehen, wie z. B. bei einem Server, der sich zwar aus einer Vielzahl einzelner Module zusammensetzt, dessen Nutzung aber nur als Einheit möglich ist (vgl. IFRS 16.BC98 ff., .IE3). Der FASB sieht bislang kein derartiges Wahlrecht für low value assets vor.

Im Gegensatz zu den short term leases , wo eine entsprechende Beurteilung der Erleichterungsmöglichkeit für eine homogene Gruppe von Vermögenswerten zulässig ist, hat die entsprechende Beurteilung bei Leasingverhältnissen über low value assets individuell, für jedes Leasingverhältnis zu erfolgen. Darüber hinaus hat eine gesonderte Angabe des jeweils auf diese beiden Fallgruppen entfallenden Aufwands zu erfolgen, um dem Bilanzleser die entsprechende Transparenz zu gewähren.

Zur weiteren Komplexitätsreduktion sieht der IASB vor, dass zukünftig weitgehend homogene Gruppen von Leasinggütern S. 71unabhängig von ihrer Größe die Anforderungen nach IFRS 16 auch auf Portfolioebene ( portfolio approach ) anwenden dürfen. Voraussetzung ist, es darf infolge des Portfolioansatzes zu keiner wesentlichen Abweichung gegenüber einer individuellen Betrachtung und damit zu keinem wesentlichen Effekt auf den Abschluss kommen. Beispielhaft werden hierfür Rahmenverträge im Zusammenhang mit Fahrzeugflotten, Kopierern, Maschinen aber auch mit Immobilien genannt (vgl. IFRS 16.BC82 ff.; .IE3).

VI. Besondere Anwendungsfälle

1. Sale and lease back

IFRS 16 enthält spezifische Sonderregelungen zum Umgang mit sale and lease back-Transaktionen. Deren bilanzielle Behandlung hängt danach maßgeblich davon ab, inwieweit es unter Berücksichtigung der Kriterien des IFRS 15 zu einem Verkauf des Vermögenswerts durch den Verkäufer/Leasingnehmer kommt. Im Vordergrund steht dabei die Frage, ob es im Rahmen der Veräußerung zu einem Kontrollübergang auf den Käufer/Leasinggeber gekommen ist. Die Übertragung der Kontrolle erfolgt im Wesentlichen mit der Übertragung der Beherrschung des Vermögenswerts bzw. des aus ihm realisierten Nutzens auf den Kunden (vgl. IFRS 15.31; IFRS 15.33).

Sofern kein Kontrollübergang i. S. des IFRS 15 vorliegt und es damit zu keiner Veräußerung i. S. des IFRS 15 gekommen ist, hat der Verkäufer/Leasingnehmer die Transaktion wie eine Finanzierung zu bilanzieren. Er hat eine entsprechende finanzielle Verbindlichkeit i. S. von IFRS 9 zu bilanzieren, der Vermögenswert wird nicht ausgebucht. Korrespondierend dazu hat der Käufer/Leasingeber eine finanzielle Forderung i. S. von IFRS 9 i. H. des hingegebenen Vermögenswerts zu erfassen.

Sofern ein Kontrollübergang i. S. des IFRS 15 vorliegt, hat der Verkäufer/Leasingnehmer einen Vermögenswert i. H. des anteiligen Buchwerts anzusetzen, der sich aus dem anteiligen, zurückbehaltenen Nutzungsrecht ableitet. Etwaige Gewinne/Verluste aus dieser Transaktion sind ebenfalls (nur) anteilig zu erfassen. Sofern die Transaktion nicht zum beizulegenden Zeitwert oder zu marktüblichen Konditionen durchgeführt wird, sind Anpassungen vorzunehmen. Die Differenzen stellen bei überhöhten Konditionen Finanzierungen des Käufers/Leasinggebers gegenüber dem Verkäufer/Leasingnehmer dar und bei geringeren Konditionen Vorauszahlungen (vgl. IFRS 16.100 ff. sowie das Beispiel hierzu .IE11).

Der IASB stellt in diesem Kontext klar, dass es bei der Würdigung von sale and lease back-Transaktionen nicht auf die rechtliche Ausgestaltung, sondern auf deren wirtschaftlichen Gehalt ankommt. In der Folge können Transaktionen mit vergleichbarem wirtschaftlichen Gehalt entsprechend den Regelungen des IFRS 16 abgebildet werden. Dies gilt u. a. auch für sog. lease and lease back-Transaktionen (vgl. IFRS 16.BC261). Dies könnte in der Praxis z. B. dann der Fall sein, wenn im Rahmen einer solchen Transaktion zwischen Verkäufer und Käufer Rückkaufvereinbarungen abgeschlossen werden, die dazu führen, dass formal kein Kontrollübergang i. S. des IFRS 15 vorliegt. Derartige Verträge sind in den Fällen, in denen der Barwert des Rückkaufpreises des Vermögenswerts geringer ist als dessen ursprünglicher Verkaufspreis, als Leasingvereinbarung zu klassifizieren (vgl. IFRS 15.B67 und .B75). [5]

2. Anhangangabe

Obwohl mit der nun erfolgten bilanziellen Erfassung der Leasingverbindlichkeiten beim Leasingnehmer ein wesentliches Informationsziel, insbesondere der Ratingagenturen, umgesetzt wurde, wurden die Erfordernisse an den Anhang unter IFRS 16 gegenüber IAS 17 erheblich ausgeweitet. Sie enthalten eine Vielzahl, zum Teil neuer Anforderungen mit dem Ziel, Leasingaktivitäten verschiedener Unternehmen vergleichbarer zu machen.

Zu den erforderlichen Angaben zählen zum einen qualitative Erläuterungen (vgl. u. a. IFRS 16.59) zur Art der Leasingverhältnisse. Dazu gehören u. a.: eine allgemeine Beschreibung der Leasingaktivitäten, Angaben zur Abgrenzung von Leasing- und Serviceleistungen sowie zur Inanspruchnahme von Erleichterungsvorschriften, die Existenz von Verlängerungs-/Kündigungsoptionen, Restwertgarantien und sale and lease back-Transaktionen.

Zum anderen werden vor allem aber auch weitere ergänzende quantitative Informationen (vgl. u. a. IFRS 16.53), wie sie aus der rein bilanziellen Erfassung der Leasingverhältnisse oder aufgrund von Erleichterungsvorschriften nicht unmittelbar aus der Bilanz und GuV erkennbar sind, eingefordert. So sind z. B. folgende Angaben erforderlich: Die Abschreibungshöhe differenziert nach Objektklassen, die Höhe des auf short term und low value leases entfallenden Aufwands, die Höhe der bei der Erstbewertung der Leasingverbindlichkeiten nicht erfassten variablen Leasingzahlungen, Gewinne und Verluste aus sale and lease back-Transaktionen sowie einiges mehr. Der Leasingnehmer hat darüber hinaus zukünftig die Leasingverbindlichkeiten getrennt von anderen finanziellen Verpflichtungen hinsichtlich ihrer Fälligkeiten gem. IFRS 7 zu analysieren und u. a. auch potenzielle Restriktionen, Auflagen aufgrund von Leasingvereinbarungen sowie die Bedeutung für Covenants-Kennzahlen darzulegen.

VII. Anwendungszeitpunkt und Übergangsvorschriften

Der neue Leasingstandard ist für die Geschäftsjahre verpflichtend anzuwenden, die am oder nach dem beginnen. Eine vorzeitige Anwendung ist zulässig, sofern die betreffenden Unternehmen den Standard zusammen mit dem IFRS 15 umsetzen wollen (vgl. IFRS 16.C1). Dabei ist aber gleichwohl der zeitliche Umstellungsaufwand im Rahmen der Erstumstellung nicht zu unterschätzen, da viele Leasinganwender aufgrund der Neuregelungen erstmals gezwungen S. 72sein werden, die erforderlichen Informationen zu den bestehenden Leasingverhältnissen – soweit sie überhaupt bereits vorhanden sind – erstmals zu erfassen und im Hinblick auf die Anforderungen des IFRS 16 zu analysieren. U. a. vor diesem Hintergrund lässt der IASB zu, dass keine Neubewertung dahingehend erfolgen muss, ob die unter IAS 17 bereits klassifizierten Verträge ein Leasingverhältnis nach IFRS 16 enthalten (vgl. IFRS 16.C3). Darüber hinaus ist neben einer vollständig retrospektiven Anwendung unter Beachtung der Anforderungen nach IAS 8 auch eine modifizierte und damit erleichterte, retrospektive Anwendung der Neuregelungen zulässig. Dieses grundlegende Wahlrecht ist für alle Leasingverhältnisse einheitlich anzuwenden (vgl. IFRS 16.C6).

Sofern es sich bei den Leasingverhältnissen um ein Finanzierungsleasing nach IAS 17 handelt, kann der Leasingnehmer im Rahmen der modifizierten retrospektiven Anwendung die Buchwerte des Leasingvermögenswerts und der Leasingverbindlichkeit zu dem Wertansatz übernehmen, wie sie sich bei einer Bewertung nach IAS 17, unmittelbar vor der Erstanwendung des IFRS 16, ergeben würden. Die Folgebewertung erfolgt danach entsprechend den allgemeinen Vorschriften des neuen Leasingstandards. Sofern es sich bei den Leasingverhältnissen um ein Operating Leasing nach IAS 17 handelt, hat der Leasingnehmer eine Verbindlichkeit i. H. der ausstehenden Leasingraten, diskontiert mit dem Grenzfremdkapitalzinssatz im Zeitpunkt der Erstanwendung von IFRS 16 und korrespondierend dazu ein Nutzungsrecht i. H. der entsprechenden Verbindlichkeit und unter Abzug von geleisteten oder abgegrenzten Zahlungen anzuwenden. Wahlweise kann als Nutzungsrecht auch der Buchwert angesetzt werden, der sich bei einer retrospektiven Anwendung unter Berücksichtigung des Grenzfremdkapitalzinssatzes im Zeitpunkt der Erstanwendung des IFRS 16 ergeben würde. Dieses Wahlrecht kann auf Einzelvertragsbasis für jedes einzelne Leasingverhältnis genutzt werden, was wiederum Gestaltungsmöglichkeiten bietet (vgl. IFRS 16.C7 ff.).

Bei Anwendung der modifizierten retrospektiven Methode wird unter Kosten-Nutzen-Aspekten auf die Anpassung der Vorjahreswerte verzichtet. Diese sind unangepasst zu übernehmen. Der Gesamteffekt aus der Umstellung ist allerdings im Eigenkapital, i. d. R. in der Gewinnrücklage ( retained earnings ) zu erfassen. Dieser Effekt kann dabei in Abhängigkeit von der Ausübung des obigen Wahlrechts bei der Bewertung der einzelnen Leasingverhältnisse variieren. Da sich die Verbindlichkeit aufgrund des Zinsanteils in der Leasingrate progressiv reduziert, hängt die Höhe der Differenz bei einem retrospektiven Ansatz des Nutzungsrechts vom Restbuchwert des Vermögenswerts ab, der demgegenüber linear abgeschrieben wird. Dies kann im Zeitpunkt der Umstellung bei längerfristigen Verträgen gegenüber kurzfristigeren Verträgen zu höheren negativen Umstellungseffekten führen, was es zu analysieren gilt. [6]

Der IASB sieht im Hinblick auf die Umstellungsanforderungen, neben der modifizierten retrospektiven Anwendung des neuen Standards, einige weitere Erleichterungen vor. So kann z. B. bei Leasingverhältnissen mit einer Restlaufzeit von weniger als zwölf Monaten auf die Erleichterungen für short term leases zurückgegriffen werden. Sofern derartige zulässige Erleichterungen genutzt werden, sind diese im Anhang darzustellen.

VIII. Praktische Herausforderungen

1. Objekt und Vertragsverwaltung

Ursächlich für die lange Konsultationsphase des im September 2010 erstmals veröffentlichten und im Juni 2013 umfassend überarbeiteten Standardentwurfs war die massive Kritik an beiden Entwürfen, die sich in über 800 bzw. 600 Stellungnahmen niedergeschlagen hat. Auch wenn das Right of Use-Konzept mit der damit einhergehenden On-Balance-Bilanzierung von Leasingverhältnissen grundsätzlich anerkannt und auch die Bemühung des Boards um eine Komplexreduktion im Rahmen des zweiten Standardentwurfs (ED/2013/6) positiv gewürdigt wurde, so stellt der neue Standard aufgrund des damit einhergehenden Paradigmenwechsels in der Bilanzierung von Leasingverhältnissen insbesondere die Leasingnehmer gleichwohl vor erhebliche Herausforderungen.

Leasingnehmer werden zukünftig alle Leasingverhältnisse in einer Objekt- und Vertragsverwaltungsdatenbank systematisch erfassen und die dem Leasingverhältnis zugrunde liegenden Objekte hinsichtlich ihrer Objektwertverläufe analysieren müssen, um eine sachgerechte Erfassung und Abschreibung der Vermögenswerte sicherzustellen. Neben linearen werden dabei auch außerplanmäßige Abschreibungen bei einem unvorhergesehenen Werteverzehr zu berücksichtigen sein. Dies setzt entsprechende Kenntnisse über den spezifischen Objektwertverlauf und entsprechende Bewertungsprozesse voraus, die bislang beim Leasingnehmer häufig nicht vorgehalten worden sind. Daneben sind für alle Leasingverbindlichkeiten annuitätische Tilgungspläne über die Vertragslaufzeit hinweg zu erstellen. Die erstmalige Erfassung (Vertragsinventur) aller Leasingverhältnisse wird unabhängig von der Frage einer retrospektiven oder modifiziert retrospektiven Anwendung der Regelungen zu einem erheblichen Aufwand führen, da viele Leasingnehmer die erforderlichen Informationen bislang nicht vorhalten mussten.

Auch wenn die Erleichterungsregelungen für short term leases, low value assets aber auch der portfolio approach in Abhängigkeit von den jeweiligen Leasingaktivitäten sicherlich zu einer Entlastung führen werden, so werden Leasingnehmer auch diese Leasingverhältnisse dennoch zunächst erfassen und hinsichtlich ihrer Wesentlichkeit und wirtschaftlichen Bedeutung für das Unternehmen sowie im Hinblick auf die erforderlichen Anhangangaben analysieren müssen. Es werden damit alle dafür erforderlichen Informationen vorgehaltenS. 73 und im Rahmen einer Überprüfung transparent gemacht werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass derzeit noch nicht abschließend geklärt ist, wie mit der Wertobergrenze für low value assets von 5.000 USD bei kurzfristigen Wechselkursschwankungen und bei inflationären Entwicklungen umzugehen ist. In diesem gesamten Kontext wird deutlich: Insbesondere Leasingnehmer müssen nicht nur im Rechnungswesen, sondern auch im Controlling Prozesse implementieren, die hierzu adäquate Informationen vorhalten. Dem Controlling wird dabei eine immer bedeutendere Funktion auch im Rahmen der Analyse und Bereitstellung marktnaher Informationen, z. B. zur Separierung von Leasing- und Serviceleistungen, zukommen.

2. Regelungs- und Dokumentationsbedarf

Die Vielzahl an Themen erfordert entsprechend detaillierte schriftliche Regelungen; neben neuen Prozessbeschreibungen werden vor allem detaillierte, an die Neuregelungen angepasste Bilanzierungs- und Kontierungsrichtlinien zu erstellen sein. Sowohl die Notwendigkeit als auch die Komplexität derartiger Richtlinien wird in dem Maße steigen, in dem die betreffenden Leasingnehmer zugleich auch als Leasinggeber auftreten. Sei es, weil sie mit Kunden eigene Leasingverhältnisse eingehen oder selbst gemietete Vermögenswerte weitervermieten und damit sog. Untermietverhältnisse abschließen. In diesem Fall haben die betreffenden Unternehmen für das originäre Hauptleasingverhältnis die Regelungen für Leasingnehmer und das Untermietverhältnis die davon abweichenden Vorschriften für Leasinggeber anzuwenden (vgl. IFRS 16.BC232).

3. Rating- und performance-relevante Kennzahleneffekte

Neben den prozessualen Herausforderungen, zu denen auch Anpassungen in der EDV- bzw. in den Finanzbuchhaltungssystemen gehören, werden die neuen Bilanzierungsregelungen beim Leasingnehmer vor allem auch einen wesentlichen Effekt auf die Bilanz- und Ertragskennzahlen haben. Die Aktivierung des Rechts zur Nutzung des Vermögenswerts sowie die betragsgleiche Passivierung einer Leasingverbindlichkeit führen in der Folge zu einer Erhöhung des bilanziell ausgewiesenen Anlagevermögens (Investition) und der Verbindlichkeiten. Damit einhergehend kommt es zu einer Bilanzverlängerung sowie einer Reduzierung der Eigenkapitalquote als wesentliche rating-relevante Kennzahl. Zugleich werden die mit dem Leasingvermögenswert verbundenen Abschreibungen und der im Zusammenhang mit dem Ausweis der Leasingverbindlichkeit entstehende Zinsaufwand zu einer Verbesserung des EBIT, EBITDA führen. Auch der operative Cashflow wird sich erhöhen, weil Abschreibungen nicht zahlungswirksam sind und die mit der Leasingrate verbundenen Zinsen und Tilgungen bei entsprechender Anwendung des Wahlrechts nach IAS 7 außerhalb des operativen Cashflows in der Kapitalflussrechnung ausgewiesen werden können. [7] Welcher dieser gegenläufigen Effekte für die betreffenden Leasingnehmer von größerer Bedeutung ist, wird von der Zusammensetzung und der Laufzeitstruktur des Leasingportfolios abhängen.

Ebenfalls zu berücksichtigen ist bei einer solchen Analyse der sog.  front-loading-Effekt . Dieser führt aufgrund der infolge der Tilgung abnehmenden Verbindlichkeit über die Laufzeit des Leasingverhältnisses zu einem sinkenden Zinsaufwand sowie damit zu einem insgesamt degressiven Aufwandsverlauf, das heißt der Zinsaufwand wird in den ersten Jahren der Erfassung des Nutzungsrechts bzw. der Leasingverbindlichkeit erst im Zeitablauf sinken. Von diesem degressiven Aufwandsverlauf werden vor allem in der Wachstumsphase befindliche Unternehmen, die sich über Leasingverhältnisse refinanzieren, negativ betroffen sein, sofern sie nicht anhand ergänzender Berechnungen den Ertrags- und Aufwandsverlauf über die Gesamtlaufzeit der jeweiligen Leasingverhältnisse zu Informationszwecken abbilden. Aus demselben Informationsbedürfnis ist zu erwarten, dass Finanzanalysten bei einer modifizierten retrospektiven Anwendung der Regelungen – obwohl dies entsprechend den derzeitigen Übergangsregelungen nicht gefordert ist – u. U. aus Gründen der Vergleichbarkeit und Transparenz Angaben zu Vorjahreszahlen einfordern. In diesen Fällen müssten ggf. ergänzende Informationen bereitgestellt werden, womit die Erleichterung praktisch ins Leere greifen könnte. Dabei ist anzumerken, dass derartige Informationen auch für Leasingnehmer vor allem bei längerfristigen Verträgen u. U. aus internen Steuerungsaspekten von Relevanz sind und vorgehalten werden.

Vorgenannte Überlegungen verdeutlichen die Bedeutung, die eine frühzeitige Vertragsinventur und Simulation der aus der Umstellung der Bilanzierung resultierenden Effekte eines derartigen Leasingportfolios hat. Neben einer potenziellen Neuausrichtung der Steuerungskennzahlen und damit verbunden des internen Berichtswesen sind auch potenzielle Auswirkungen auf interne Anreizsysteme für die Mitarbeiter, sofern sie sich z. B. am EBIT/EBITDA ausrichten, aber auch auf die Einhaltung vereinbarter Financial Covenants frühzeitig zu beachten.

Refinanzierungspartner, vor allem Kreditinstitute werden sich mit dem Einfluss der neuen Bilanzierungsregeln auf diese Kennzahlen beschäftigen. Sie werden aber auch unmittelbar von den neuen Regelungen betroffen sein. Als Leasingnehmer werden sie zukünftig ebenfalls ein Right of Use asset und korrespondierend dazu Leasingverbindlichkeiten ausweisen und sich damit auch mit der aufsichtsrechtlichen Behandlung der Aktiva im Kontext der Eigenkapitalunterlegungsvorschriften der CRR (Capital Requirement Regulation) beschäftigen müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in den Anwendungsbereich des IFRS 16, sofern die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind, grundsätzlich Mietverträge für die eigenen Büroimmobilien fallen, was die quantitative Bedeutung für die Kreditinstitute in der Praxis deutlich erhöhen dürfte. Daneben dürften sich auch erhöhte prozessuale Herausforderungen für das Berichts- und Rechnungswesen S. 74ergeben, sofern es sich bei der Bank um ein übergeordnetes Unternehmen handelt, welches über Tochterunternehmen verfügt, die sowohl als Leasingnehmer als auch Leasinggeber tätig sind. Diese Komplexität verschärft sich für internationale Konzerne soweit die verschiedenen Tochterunternehmen, aufgrund zum Teil unterschiedlicher, internationaler Regelungen sowohl nach IFRS als auch den FASB-Standards bilanzieren müssen.

IX. Zusammenfassende Würdigung

Durch die Neuregelungen des IFRS 16 werden Off-Balance-Lösungen als vermeintliche Gestaltungsmöglichkeit zur Optimierung der Bilanzstruktur zukünftig nicht mehr möglich sein. Damit konnte ein zentrales Ziel des Konvergenzprojekts durch die Neuregelungen umgesetzt werden.

Zwar konnten infolge der intensiven Diskussion, der laufenden Weiterentwicklung des Standards sowie der Einführung von Erleichterungsregeln die ursprünglich befürchtete erhöhte Komplexität der neuen Bilanzierungsvorschriften vermindert werden. Die praktischen Herausforderungen für die Leasingnehmer bleiben gleichwohl nicht nur im Rahmen der Erstanwendung hoch. Inwieweit dieser erhöhte Aufwand und die damit verbundenen Kosten den vermeintlichen Informationsgewinn durch die Bilanzierung der Leasingverbindlichkeit beim Leasingnehmer rechtfertigen, wird weiterhin kritisch diskutiert werden, zumal ein umfängliches Verständnis der Leasingaktivitäten auch weiterhin nur im Zusammenhang mit den ebenfalls erweiterten Anhangangaben möglich ist.

Die aus Komplexitäts- und aus Wesentlichkeitsaspekten eingeführten Erleichterungen und Wahlrechte, von denen sich der IASB konzeptionell eigentlich lösen wollte, sowie die potenziellen Beurteilungsspielräume bei der Würdigung von Verlängerungsoptionen bei der Bestimmung der Leasinglaufzeit bergen ebenso wie vor allem die schwierige Abgrenzung zwischen Leasing- und Dienstleistungsverhältnissen weiterhin das Risiko potenzieller Gestaltungsmöglichkeiten. Dieses sollte durch die Neuregelung und die Abkehr von der Klassifizierung nach Finanzierungs- und Operating Leasing beim Leasingnehmer eigentlich beseitigt werden. Da es darüber hinaus in einigen Fragen wie z. B. der vom FASB [8] weiterhin vorgesehenen Differenzierung der Leasingverhältnisse nach Typ A und Typ B oder der unterschiedlichen Umsetzung von Erleichterungsregelungen zu keiner einheitlichen Regelung gekommen ist, kann es auch zukünftig, trotz vergleichbarer Sachverhalte entgegen dem Ziel des Konvergenzprojekts zu einer uneinheitlichen Bilanzierung von Leasingverhältnissen kommen. Inwieweit vor dem vorgenannten Hintergrund die in der Vergangenheit häufig als „schlechtester Standard“ kritisierten Regelungen des IAS 17 aufgrund der Neuregelungen ihren Ruf verbessern werden, bleibt in der Praxis abzuwarten.

Autoren

WP Marijan Nemet
ist Partner im Bereich Financial Services (FSI) der Deloitte & Touche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft GmbH am Standort Frankfurt/M. Er ist verantwortlich für den Leasingbereich und betreut u. a. schwerpunktmäßig Leasing- und Factoring-Unternehmen sowie Retailbanken. Zudem ist er Mitglied verschiedener leasingspezifischer Fachgremien.

Prof. Dr. Reinhard Heyd
ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Rechnungswesen und Bilanzierung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Aalen. Darüber hinaus ist er Honorarprofessor an der Universität Ulm.

Fundstelle(n):
PiR 3/2016 Seite 65
IAAAF-68159

1Vgl. Hommel/Winter/Zicke, BB 2013 S. 1709 ff.

2Vgl. Gruber, DB 2013 S. 2013.

3Vgl. Nemet, NWB AAAAE-41769.

4Vgl. Nemet, NWB AAAAE-41769.

5Vgl. Schmidt/Barekzai/Hüttermann, DB 2015 S. 142.

6Vgl. auch Adolph/Rischar, IRZ 2016 S. 57.

7Vgl. Heyd/Ruchti, IRZ 2015 S. 493-501.

8Die Veröffentlichung des FASB-Standards erfolgte nach Redaktionsschluss.