StuB Nr. 7 vom Seite 250

Die neuen GoBD zur DV-gestützten Buchführung und zum Datenzugriff

Anmerkungen zum aus Unternehmenssicht

StB Jörg Herrfurth *

Das die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) [1] in ihrer endgültigen Fassung veröffentlicht. Die neuen GoBD lösen nach fast 20 Jahren die bisherigen GoBS [2] ab und ersetzen gleichzeitig die GDPdU [3] aus dem Jahr 2002. Diese längst überfällige Aktualisierung der entsprechenden Verfahrensgrundsätze ist das Ergebnis einer seit April 2013 erfolgten Abstimmung der Finanzverwaltung mit Vertretern aus Wirtschaft und Berufsverbänden [4].

Kernfragen
  • Welchen Zweck haben die neuen GoBD?

  • Welche Schwierigkeiten ergeben sich in der Praxis?

  • Welche Einschätzung kann zusammenfassend gegeben werden?

I. Aufgabe und Anwendungsbereiche der GoBD

[i]Burlein/Odenthal, Die neuen GoBD zur IT-gestützten Buchführung und zum Datenzugriff, BBK 3/2015 Beilage 1/2015 S. 1 NWB KAAAE-83466 Geißler, Digitaler Datenzugriff, infoCenter NWB XAAAB-26807 Herrfurth/Zwirner, StuB, Beilage zu Heft 7/2013 S. 5 NWB SAAAE-32999 Bereits bei der Lektüre der Eingangsbemerkungen tritt beim Stpfl. Unsicherheit ein, ob nicht aus Versehen eine Passage aus den über 36 Jahre alten Grundsätzen ordnungsmäßiger Speicherbuchführung ( GoS) [5] seinen Eingang in die neuen GoBD gefunden hat. Denn dort ist zu erfahren, dass die „betrieblichen Abläufe in den Unternehmen [...] ganz oder teilweise unter Einsatz von Informations- und Kommunikations-Technik abgebildet“ und „auch die [...] zu führenden Bücher [...] in den Unternehmen zunehmend in elektronischer Form geführt [werden]“ (Tz. 1 f.) [6]. Für die Generation der Stpfl., welche Buchhalterkladden und Lochkarten nur noch aus Historienfilmen und den Erzählungen längst pensionierter Kollegen kennen, drängt sich schon an dieser Stelle die Frage auf, ob die Verfasser der vorliegenden Verwaltungsgrundsätze in zeitlicher Nähe zur buchhalterischen Realität oder in einem imaginären Betriebsprüfungsslot der Vergangenheit leben.

Es kann an dieser Stelle vorweggenommen werden: Auch die sachliche Nähe der Verfasser zur Materie wird in den 34 Seiten der Ausführungen leider kaum erkennbar [7]. Man darf denjenigen Berufskollegen äußerst dankbar sein, die es in monatelangen Fachgesprächen mit der Finanzverwaltung geschafft haben, wenigstens die gröbsten Schnitzer aus dem ersten Entwurf zu eliminieren. Die nun veröffentlichte endgültige Fassung der GoBD gilt ab dem (Tz. 183) und lässt sich von der Qualität her mit denjenigen Steuergesetzesanpassungen der letzten Jahre vergleichen, welche regelmäßig in nächtlichen Sitzungen völlig übermüdeter Vermittlungsausschüsse erreicht wurde.

Sowohl aus dem Handelsrecht (§ 239 Abs. 4 Satz 1 HGB) als auch aus dem Steuerrecht (§ 146 Abs. 5 AO 1977) ist seit Jahrzehnten bekannt, dass Bücher und die sonstigen erforderlichen Aufzeichnungen auch auf Datenträgern geführt werden können. Zweifellos wurde dieses übereinstimmende Wahlrecht seitdem flächendeckend von den Stpfl. genutzt. S. 251Beide Rechtsnormen gestatten wortgleich die EDV-gestützte Umsetzung „ soweit diese Formen der Buchführung einschließlich des dabei angewendeten Verfahrens den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen“. Daraus ergibt sich die folgende Erkenntnis: Jedes DV-gestützte Buchführungssystem (nachfolgend: DV-Buchführung) ist als ordnungsgemäß einzustufen, wenn bei seinem Einsatz die GoB entsprechend angewendet werden. Was die Finanzverwaltung unter den GoB versteht, wird in den Tz. 17-19 der GoBD erläutert. Was nun die Aufgabe der GoBD selbst sein soll und welche Rechtsqualität diesen beizumessen ist, wird leider nicht erklärt.

Zur Zweckbestimmung der GoBD lässt sich ersatzhalber das Einleitungsschreiben zu den GoBS aus 1995 heranziehen, wo es heißt: „Mit den GoBS sollen die allgemeinen GoB – der Maßstab der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung – für den Bereich der DV-gestützten Buchführung präzisiert werden“ [8]. Und im Vorwort eben dieses Auftragswerks [9] wird klargestellt: DV-Buchführungen führen „in Bezug auf die Erfüllung der GoB zu Fragen, auf die die folgenden Grundsätze eine Antwort geben.“ Diese aktualisierten Antworten waren erforderlich geworden, weil die damals 18 Jahre alten GoS durch die Weiterentwicklungen der Technik und DV-Anwendung „zu Veränderungen im Bereich des kaufmännischen Rechnungswesens und seinen Arbeitsabläufen geführt [hatten]“ [10]. Weitere 19 Jahre später besteht daher der Anspruch an die GoBD, auf die Fragen, die sich bei einer modernen DV-Buchführung als integraler Bestandteil der betrieblichen IT-Landschaft stellen, qualifizierte Antworten zu geben. Durch die zwischenzeitlich existierende Vielfalt an Hard- und Softwarelösungen zur Abbildung unternehmerischer Aktivitäten wird es nicht (mehr) möglich sein, für den Bereich der DV-Buchführung einheitliche Umsetzungen zu verlangen. Folgerichtig kann die Finanzverwaltung keine technischen Vorgaben oder Standards hierfür festlegen (Tz. 10). Dies wurde auch nicht durch die Pflicht zur Übermittlung von E-Bilanzen nach § 5b EStG geändert, denn das Befüllen der standardisierten Taxonomien erfolgt durch Überleitung aus einer individualisierten Buchhaltung des Stpfl. [11].

Der Gesetzgeber hat weder für das Handels- noch das Steuerrecht eine bestimmte Buchführungsmethode vorgeschrieben. Er hat lediglich bestimmt, wer zur Führung von Büchern verpflichtet ist und welche Regeln zu befolgen sind, wenn pflichtgemäß oder freiwillig Bücher geführt werden (§§ 238 ff. HGB sowie insbes. §§ 140-148 AO). Neben den GoBD ergeben sich auch aus einzelsteuerlichen Gesetzen diverse steuerliche Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten (Tz. 4). Dort wird auch der Personenkreis genannt, welcher eben keine Bücher führt und regelmäßig keine Abschlüsse macht, sondern alternativ den Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt. Die Zweckbeschränkung in § 145 Abs. 2 AO ignorierend wird in den GoBD nicht unterschieden zwischen Buchführungspflichtigen und Einnahmen-Überschussermittlern, sondern unterstellt, das Zutreffen irgendeiner Aufzeichnungspflicht führe zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der GoBD. Dies schießt genauso über das Ziel hinaus wie die Erweiterung des Anwendungsbereichs der GoBD auf alle (elektronisch vorhandenen) Unterlagen und Datenbestände, die vom Stpfl. zu außersteuerlichen Zwecken (freiwillig) erstellt werden. Die Aussage im [12] zur möglichen Verwertung solcher Unterlagen im begründeten Einzelfall wird uminterpretiert als Einfalltor der Betriebsprüfer in alle Datenbestände, die der Stpfl. jemals in seiner unternehmerischen Sphäre erzeugt hat (Tz. 5, 7, 9 und 28).

II. Begrifflichkeiten und Definitionen

Die GoBD erfassen inhaltlich den kompletten Lebenszyklus betrieblicher Daten. Beginnend beim Beleg und der Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle in den Büchern über deren Aufbewahrung, Datensicherheit und Nachprüfbarkeit werden Regeln für die Dokumentation, das interne Kontrollsystem (IKS) und den Datenzugriff aufgestellt. Im Einleitungsteil des BMF-Schreibens (Tz. 12 bis 16) werden u. a. die Begriffe Aufzeichnungen, Bücher sowie Geschäftsvorfälle definiert, weitere Begrifflichkeiten zu den einzelnen Grundsätzen und Funktionen der (DV-)Buchführung werden in den Tz. 22 ff. erläutert. Der überwiegende Teil dieser Ausführungen bezieht sich allerdings allgemein auf die Führung von Büchern und Aufzeichnungen und eben nicht auf die speziellen Ausprägungen bei einer elektronischen Umsetzung. Für die digitalisierte Unternehmenswelt lassen sich daraus keine neuen Erkenntnisse gewinnen.

Sobald es um Begrifflichkeiten einer DV-Buchführung geht, ist keine überzeugende Darstellung erfolgt. Was konkret unter Haupt-, Vor- und Nebensystemen im Abgleich zu Grundbuch, Journal, Haupt- und Nebenbüchern zu verstehen ist, wurde nicht definiert. Das unternehmerische DV-System umfasst demnach jegliche Hard- und Software zur Datenverarbeitung im weitesten Sinn und wird nicht abgegrenzt zu dem Teil des gesamten DV-Systems, der für die steuerrechtlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten relevant ist (Tz. 20). In der Praxis etablierte Methoden der Verarbeitung von Geschäftsvorfällen, wie beispielsweise Batch- oder Stapelverarbeitung, finden keinen Eingang in die Darstellungen. In den verwendeten Begrifflichkeiten lässt sich weder die typische IT-technische Konstellation von Klein- und Kleinstbetrieben sowie deren Steuerberatern noch die Gegebenheiten von komplexen ERP-Systemen der Groß- und Konzernunternehmen wiederfinden. In der Folge finden sich beide große Adressatengruppen nicht in den S. 252Ausführungen wieder und reichlich Interpretationsbedarf entsteht. Letztlich hätte sich hier die Beifügung eines Glossars zur Definition der verwendeten Begrifflichkeiten angeboten.

III. Allgemeine Anforderungen an das Belegwesen und die Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen

Der Buchführung kommt nach § 158 AO Beweiskraft im Besteuerungsverfahren zu. Die GoBD unterstellen implizit, deren – auch nur teilweise – Nichtbefolgung führe zur Beanstandung bzw. gar zur Verwerfung der Buchführung und ermögliche damit bspw. eine Schätzung von Besteuerungsgrundlagen auf Basis des § 162 Abs. 2 Satz 2 AO. Immerhin hat sich die Finanzverwaltung in Satz 2 der Tz. 11 selbst verpflichtet, bei entsprechenden Beanstandungen deren Grund „in geeigneter Form darzustellen“. Für die Ordnungsmäßigkeit einer DV-Buchführung gelten die Prinzipien einer papiermäßigen Erstellung analog (Tz. 10). Diese Prinzipien sind auf alle im Zusammenhang mit der Buchführung stehenden Verfahren und Bereiche des DV-Systems anzuwenden. Die Ordnungsmäßigkeit ist demnach bei der Einrichtung und unternehmensspezifischen Anpassungen des DV-Systems zu beachten und über die Dauer der Aufbewahrungsfristen nachweisbar zu erhalten.

Folgende allgemeine Anforderungen sind bei der Führung elektronischer Bücher bzw. Aufzeichnungen gem. Tz. 26 ff. zu beachten:

  • Grundsatz der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit

  • Grundsätze der Wahrheit, Klarheit und fortlaufende Aufzeichnung durch

    • Vollständigkeit,

    • Richtigkeit,

    • Zeitgerechtheit,

    • Ordnung und

    • Unveränderbarkeit.

Auf Grundlage des Belegprinzips (Tz. 61 ff.) müssen sich alle Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und Abwicklung lückenlos verfolgen lassen und so eine progressive als auch eine retrograde Prüfbarkeit ermöglichen (Tz. 32). Die progressive Prüfung soll beim einzelnen Beleg beginnen, über die Grund(buch)aufzeichnungen und Journale zu den (Hauptbuch-)Konten gehen, danach zur Bilanz bzw. Gewinn- und Verlustrechnung und schließlich zur Steueranmeldung bzw. Steuererklärung führen. Die retrograde Prüfung verläuft umgekehrt (Tz. 32). Dieser Prüfpfad unterstellt eine DV-systemtechnische Verknüpfung des Buchführungsprogramms mit den Software-Tools zur Steuerdeklaration. Solch eine medienbruchfreie Schnittstellenausprägung dürfte – mit Ausnahme von kanzleiinternen Software-Programmpaket-Lösungen – nur in den wenigsten Fällen vorzufinden sein. Diese Vorstellung der Finanzverwaltung ist daher genauso unrealistisch wie schon die Erwartung zur direkten Übermittlung von ELSTER-Daten und E-Bilanzen aus der Buchführung des Stpfl. auf den Server des FA. Um die Nachprüfbarkeit zu gewährleisten, hat der Stpfl. „eine aussagekräftige und vollständige Verfahrensdokumentation“ für die Dauer der Aufbewahrungsfrist vorzuhalten (Tz. 34 i. V. mit Tz. 145-155).

Eigentlich keiner gesonderten Erwähnung hätte die Notwendigkeit einer vollzähligen und lückenlosen Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle gem. § 146 Abs. 1 AO, § 239 Abs. 2 HGB (Kriterium der Vollständigkeit und Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht) bedurft (Tz. 36). Erfreulicherweise wurde ergänzt, dieser Anspruch sei auch als erfüllt anzusehen, wenn nicht alle (potenziell nutzbaren) Datenfelder eines Datensatzes gefüllt werden. Denn es liegt selbstverständlich im Ermessen des Stpfl., die Belege über die gesetzlich notwendigen Angaben hinaus bspw. aus betrieblichen oder statistischen Gründen mit weiteren Kennzeichnungen zu versehen und auswertbar zu machen.

Die Vollständigkeit und Lückenlosigkeit der Aufzeichnungen soll vom Stpfl. bei DV-Systemen durch technische und organisatorische Kontrollen sichergestellt werden (Tz. 40). So sind z. B.

  • Erfassungskontrollen,

  • Plausibilitätskontrollen bei Dateneingaben,

  • automatisierte Vergabe von Datensatznummern,

  • Lückenanalyse oder

  • Mehrfachbelegungsanalyse

bei Belegnummern vorzunehmen und im Rahmen des IKS (Tz. 100 bis 102) zu dokumentieren. U. a. an dieser Stelle zeigt sich die Vermutung der Finanzverwaltung, eine DV-Buchführung soll fehler- oder manipulationsanfälliger sein als eine papiergeführte Buchhaltung. Diese latente Kriminalisierung derjenigen Stpfl., die sich elektronischer Systeme bei der Durchführung der Gewinnermittlung bedienen, gehört zum Tenor der gesamten GoBD [13]. So soll bei jedem Geschäftsvorfall auch der Name des Vertragspartners und „soweit zumutbar“ eine ausreichende Bezeichnung des Geschäftsvorfalls erfolgen. Dies wird selbst für Bareinnahmen gefordert (Tz. 37), obwohl dies von der Rechtsprechung z. B. für den Einzelhandel abgelehnt wird [14].

Nach dem Kriterium der zeitgerechten Buchungen und Aufzeichnungen (§ 146 Abs. 1 AO, § 239 Abs. 2 HGB) wird gefordert, jeden Geschäftsvorfall möglichst unmittelbar nach seiner Entstehung in einer Grundaufzeichnung oder in einem Grundbuch zu erfassen und (anschließend) laufend in ein Journal zu buchen (Tz. 46). Aus der BFH-Rechtsprechung der 50er und 60er Jahre [15] wurde für unbare S. 253Geschäftsvorfälle abgeleitet: Hierfür sei eine Frist von höchstens zehn Tagen zwischen dem Eintritt eines Vorgangs und seiner grundbuchmäßigen Erfassung sachgerecht, soweit nicht betrieblich zwingend bedingt eine Unmöglichkeit hierzu besteht (Tz. 47).

Anschließend kommt zum Ausdruck, erst eine DV-gestützte Buchführung ermögliche, Geschäftsvorfälle buchmäßig für längere Zeit in der Schwebe zu halten und hierdurch eröffne sich die Möglichkeit, sie später anders darzustellen, als sie richtigerweise darzustellen gewesen wären, oder sie ganz außer Betracht zu lassen und im privaten, sich in der Buchführung nicht niederschlagenden Bereich abzuwickeln. Vom Stpfl. sind entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen. Bei kontokorrentmäßigen Vorgängen, die nicht innerhalb von acht Tagen ausgeglichen werden, soll weiterhin stets eine offene-Posten-Buchhaltung erforderlich sein (Tz. 49; so bereits R 5.2 Abs. 1 EStR).

Letztlich sollen alle Geschäftsvorfälle bis zum Ablauf des folgenden Monats buchhalterisch erfasst sein. Eine hinreichende Rechtsgrundlage oder ein Niederschlag in den GoB ist für diese Forderungen nicht erkennbar. So kann bspw. auf die wirtschaftlich sinnvollen Fälle der monatsweisen Bearbeitung aller Belege eines Kleinunternehmens durch seinen Steuerberater bis zum 10. des übernächsten Monats gem. Dauerfristverlängerung für die Umsatzsteuer-Voranmeldung (§ 46 UStDV) oder auf die gesammelte Buchung der wenigen Geschäftsvorfälle einer Komplementär-GmbH zum Jahresabschluss verwiesen werden.

Bezüglich einer notwendigen Ordnung der Aufzeichnungen (§ 146 Abs. 1 AO, § 239 Abs. 2 HGB) soll der Grundsatz der Klarheit eine systematische Erfassung sowie „übersichtliche, eindeutige und nachvollziehbare Buchungen“ verlangen (Tz. 53). Die Buchführung hat bestimmte Ordnungsprinzipien beim Sammeln und Aufbewahren der Belege zu befolgen und bei der Buchung sind Prinzipien der Trennung bzw. Kennzeichnung (bar vs. unbar; Umsatzsteuerbarkeit) zu beachten (Tz. 54 f.). Rechtlich problematisch ist das Verlangen, jederzeit alle Geschäftsvorfälle nach Konten im Hauptbuch unverzüglich lesbar machen zu können, um einen „Zwischenstatus oder eine Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung“ aufzustellen (Tz. 57 und Tz. 96). Der Gesetzgeber hat hierfür lediglich Jahresabschlüsse bzw. jährliche Betriebsvermögensvergleiche vorgesehen, d. h. § 238 Abs. 1 Satz 2 HGB setzt dem Grenzen.

Die Gewährleistung des Grundsatzes der Unveränderbarkeit (§ 146 Abs. 4 AO, § 239 Abs. 3 HGB) soll bei DV-Buchführungen durch die Protokollierung aller Veränderungen und Löschungen von und an Daten, Datensätzen, elektronischen Dokumenten und anderen Unterlagen erreicht werden (Tz. 59), welche entsprechend zu dokumentieren sind (Tz. 60). Bei dieser Forderung erfolgte keinerlei Einschränkung auf die steuerrechtlich relevanten Aufzeichnungen. Damit wären sämtliche betriebliche Daten betroffen, was beim Stpfl. eine Flut an Protokollierungen und Dokumentationen auslösen dürfte.

IV. Belegwesen

Die Belegfunktion besagt: Es ist kein Geschäftsvorfall ohne Beleg zu buchen. Andernfalls besteht keine Beweiskraft der Buchführung und sonst erforderlicher Aufzeichnungen. Dieser Grundsatz gilt auch beim Einsatz von DV-Systemen (Tz. 61). Bei empfangenen oder abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefen erhalten diese erst mit dem Kontierungsvermerk auf dem Papierbeleg und der Verbuchung (auf einem Finanzbuchkonto) die Funktion eines Buchungsbelegs (Tz. 63).

Elektronische Belege können auch durch die Verbindung mit einem Datensatz mit Kontierungsangaben oder elektronische Verknüpfungen (z. B. Index oder Barcode) die notwendigen Angaben zur Erfüllung der Belegfunktion erhalten (Tz. 64). Der Stpfl. hat durch eine Verfahrensdokumentation aufzuzeigen, wie elektronische Belege erfasst, empfangen, verarbeitet und aufbewahrt werden (Tz. 66).

Alle Belege sind zeitnah gegen Verlust zu sichern (Tz. 67). Die automatisierte Vergabe einer laufenden Nummerierung ist bei elektronischen Belegen zulässig (Tz. 69). Bei der Belegsicherung sind eindeutige Zuordnungsmerkmale zu verwenden. Zur Gewährleistung einer Such- und Filtermöglichkeit des Belegbestands sind zusätzliche Identifikationsmerkmale erforderlich. Alle Buchungsbelege in Papierform oder aus elektronischen Quellen sind erfassungsgerecht aufzubereiten. Dies gilt insbesondere bei Fremdbelegen, auf deren Gestaltung der Stpfl. keinen Einfluss hatte (Tz. 75). Elektronisch empfangene Meldungen (z. B. im EDI-Verfahren) werden bei Speicherung und Aufbewahrung mit ihrem vollständigen Dateninhalt als Beleg anerkannt (Tz. 76).

In Tz. 77 bzw. in Tz. 85 zur Erfassung von Grund(buch)aufzeichnungen werden für jeden Beleg sieben Mindestinhalte genannt, die weitestgehend unkritisch sind. Diese werden in Tz. 94 durch 19 weitere Angaben zur Erfüllung der Journalfunktion ergänzt. Aus umsatzsteuerlichen Notwendigkeiten (§§ 14, 14a UStG und § 33 UStDV) oder kaufmännischer Notwendigkeit soll ein Beleg noch zahlreiche weitere Angaben enthalten (Tz. 78 f.).

Werden Belege durch DV-gestützte Prozesse generiert, kann die Belegfunktion nur durch ordnungsgemäße Anwendung eines entsprechenden Verfahrens und dessen Dokumentation erfüllt werden (Tz. 80). Bei (maschinell gebuchten) Dauersachverhalten wie bspw. der AfA eines abnutzbaren Wirtschaftsguts soll der ursprüngliche Anschaffungsbeleg aufbewahrungspflichtig sein (Tz. 81). Die in den Entwurfsschreiben enthaltene ursprüngliche Forderung, den Anschaffungsbeleg über die max. zehnjährige Aufbewahrungsfrist (§ 147 Abs. 3 AO) hinaus bis zum Ende der Nutzungsdauer aufbewahren zu müssen, wurde richtigerweise wieder fallengelassen. S. 254

V. Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle

Die ausführlichen Darlegungen in den Tz. 85 bis 99 zur Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle in zeitlicher Reihenfolge und in sachlicher Ordnung gehen von einer Erfassung in Grundaufzeichnungen bzw. im Grundbuch ( Grund(buch)aufzeichnungsfunktion) über die gleichzeitige oder anschließende Verbuchung in einem Journal ( Journalfunktion) und die folgende Verarbeitung durch Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle in sachlicher Ordnung im Hauptbuch ( Kontenfunktion) aus. Die technische Realität moderner integrierter Buchhaltungssysteme oder die Ausprägungen komplexer ERP-Systeme wird in diesem Abschnitt nur unzureichend widerspiegelt.

Vom Stpfl. werden hinsichtlich der Aufzeichnungen diverse Erfassungs-, Übertragungs- und Verarbeitungskontrollen erwartet, die zu protokollieren sind (Tz. 88). Des Weiteren sollen neben den Daten zum Geschäftsvorfall selbst auch alle für die Verarbeitung erforderlichen Tabellendaten (Stammdaten, Bewegungsdaten, Metadaten wie z. B. Grund- oder Systemeinstellungen, geänderte Parameter), deren Historisierung und Programme gespeichert werden (Tz. 89). Werden innerhalb verschiedener Bereiche des DV-Systems oder zwischen unterschiedlichen DV-Systemen differierende Ordnungskriterien verwendet, so müssen entsprechende Zuordnungstabellen für Hauptsystem und Nebenbücher oder auch das Mapping für die E-Bilanz/elektronische EÜR sowie Lohn- und Umsatzsteuervoranmeldungen vorgehalten werden (Tz. 97). Dies dürfte die Nutzer von ERP-Systemen vor entsprechende Herausforderungen stellen. Auch dürften nicht alle Software-Anbieter diese Tabellen freiwillig offenlegen.

VI. Internes Kontrollsystem (IKS)

Im Vergleich zu den GoBS [16] wird das auf Grundlage des § 146 AO eingeforderte IKS [17] nur sehr kurz charakterisiert. Der Stpfl. hat gem. Tz. 100 demnach ein IKS mit folgenden Kontrollen einzurichten:

  • Zugangs- und Zugriffsberechtigungen,

  • Funktionstrennungen,

  • Erfassungskontrollen (Fehlerhinweise, Plausibilitätskontrollen),

  • Abstimmungskontrollen bei der Dateneingabe,

  • Verarbeitungskontrollen und

  • Schutzmaßnahmen gegen die beabsichtigte und unbeabsichtigte Verfälschung von Programmen, Daten und Dokumenten.

Der Stpfl. hat anlassbezogen (z. B. bei Systemwechseln) zu prüfen, ob das eingesetzte DV-System dem dokumentierten System auch tatsächlich entspricht. Für das IKS selbst ist eine Beschreibung als Bestandteil der Verfahrensdokumentation vorzuhalten (Tz. 102). Die Ausführungen sind allgemein und unbestimmt. Sie bieten keine klaren Vorstellungen über die Erwartungen der Finanzverwaltung zu einem (rechnungslegungsbezogenen) IKS und bedürfen daher einer Präzisierung.

VII. Datensicherheit und Unveränderbarkeit

Zur Datensicherheit eines DV-Systems muss der Stpfl. seine Daten gegen Verlust, unberechtigte Eingaben und Veränderungen schützen (Tz. 103). Werden die Daten, Datensätze, elektronischen Dokumente und elektronischen Unterlagen nicht ausreichend geschützt und können deswegen nicht mehr vorgelegt werden, so ist die Buchführung als formell nicht mehr ordnungsmäßig einzustufen (Tz. 104). Eine Differenzierung bezüglich der bei Dritten ausgelagerten Daten erfolgt nicht, d. h. der Stpfl. hat das Verschulden Dritter zu verantworten. Das Datensicherungskonzept ist zu beschreiben und als Bestandteil der Verfahrensdokumentation vorzuhalten (Tz. 106).

Die Unveränderbarkeit aller im System erfassten Informationen (Programme und Datenbestände) kann vom Stpfl. durch hardwaremäßige, softwaremäßige oder organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden (Tz. 110). Insoweit besteht ein Wahlrecht, dessen Ausübung – ggf. durch die Kombination geeigneter Maßnahmen – letztlich die Unveränderbarkeit aller Daten gewährleisten muss. Bei späteren Änderungen müssen der ursprüngliche Inhalt und die vorgenommene Veränderung selbst erkennbar bleiben. Die Ablage von Daten und Dokumenten in einem Dateisystem bedarf zusätzlicher Maßnahmen zur Gewährleistung der Unveränderbarkeit. Bei Word- und Excel- aber auch PDF-Dateien dürfte dies aufgrund der gegebenen Änderungsmöglichkeiten schwierig sein.

VIII. Aufbewahrung von Büchern und Aufzeichnungen

Der sachliche Umfang der Aufbewahrungs- und Vorlagepflicht von Büchern und Aufzeichnungen ergibt sich aus den einschlägigen Rechtsnormen (u. a. § 147 Abs. 1 AO) [18]. Der Gesetzgeber hat hierfür kein bestimmtes Ordnungssystem vorgeschrieben. Bei elektronischen Unterlagen sollen deren Eingang, die Archivierung und ggf. Konvertierung sowie die weitere Verarbeitung protokolliert werden (Tz. 117). Grundsätzlich fordern die GoBD: Die Daten sollen durch einen sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit prüfbar sein. Dies umfasst

  • eine nachvollziehbare Ordnungssystematik und -struktur,

  • die jederzeitige unverzügliche Lesbarkeit,

  • die maschinelle Auswertbarkeit,

  • die inhaltliche Übereinstimmung mit den eingehenden oder systemseitig erzeugten Originalunterlagen und

  • die Unveränderbarkeit aller Datenbestände. S. 255

Wenn diese Bedingungen kumulativ erfüllt werden, wird dem Stpfl. bei Einsatz eines DV-Systems ein „Wahlrecht“ zur Aufbewahrung der elektronischen Unterlagen auf Bildträgern oder anderen Datenträgern eingeräumt (Tz. 118). Er kann also entscheiden, ob er ursprünglich in Papierform existierende Daten ( Originalform) ausschließlich oder zusätzlich, d. h. parallel in elektronischer Form ( Sekundärform) über den gesetzlichen Zeitraum aufbewahrt. Bei Wahl der ersten Alternative wird die Beweislast vollständig auf den Stpfl. übertragen (Tz. 140).

Aufzeichnung- und aufbewahrungspflichtige Dokumente und Unterlagen, die entweder elektronisch in das Unternehmen gelangt sind oder dort generiert wurden, sind (in genau) dieser Form aufzubewahren (Tz. 119 und 131). Werden in elektronischer Form eingehende Dokumente in ein unternehmenseigenes Format konvertiert, sind beide elektronische Versionen aufzubewahren und indiziert zu verwalten (Tz. 135). Hinsichtlich der vom Stpfl. empfangenen oder versendeten E-Mails gilt: Für E-Mails, die nur als „Transportmittel“, z. B. für eine angehängte elektronische Rechnung, dienen und darüber hinaus keine weitergehenden aufbewahrungspflichtigen Informationen enthalten, besteht keine Aufbewahrungspflicht. Jedoch sollen alle anderen E-Mails, die funktional einem Handels- oder Geschäftsbrief oder einem Buchungsbeleg entsprechen, elektronisch aufbewahrt werden (Tz. 121). Diese Forderung ist – wegen der Analogie zur Papierform – nachvollziehbar, führt jedoch bei der unternehmensinternen Umsetzung bzgl. der Aufbewahrungskriterien (z. B. Index, maschinelle Auswertbarkeit) zu beachtlichen organisatorischen und DV-technischen Herausforderungen.

Die Umsetzung der Anforderungen zur maschinellen Auswertbarkeit der Daten nach § 147 Abs. 2 Nr. 2 AO (mathematisch-technisch oder Volltextsuche) soll sich nach Art und Umfang an den „tatsächlichen Informations- und Dokumentationsmöglichkeiten“ des Stpfl. orientieren (Tz. 125 ff.). Letztlich sind alle betrieblichen Daten aus jeglichen DV-Systemen und -Anwendungen, die auch nur peripher mit steuerlich relevanten Informationen in Beziehung stehen, für die Finanzverwaltung maschinell auswertbar vorzuhalten. Löschungen, Verdichtungen und Veränderungen in Format, Struktur oder Inhalt an den Datenbeständen sind vom Stpfl. über die Aufbewahrungspflicht auszuschließen. Für die mathematisch-technische Auswertung sollen die Daten ohne weitere Konvertierungs- und Bearbeitungsschritte und ohne Informationsverlust in der eingesetzten Prüfsoftware direkt nutzbar sein (Tz. 127).

Bei der elektronischen Aufbewahrung von Scanergebnissen ist die bildliche Übereinstimmung der Wiedergabe mit dem Original sicherzustellen. Für die elektronische Erfassung von Papierdokumenten (Scanvorgang) sollen genaue Organisationsanweisungen erstellt werden (Tz. 136). Die ursprünglichen Papierbelege sollen der weiteren Bearbeitung entzogen oder bei Weiterbearbeitung in Papierform anschließend erneut eingescannt und mit der ursprünglichen Scan-Datei verknüpft archiviert werden. Bei der Nutzung von OCR-Verfahren [19] sind dessen Ergebnisse zusätzlich aufzubewahren (Tz. 131).

Falls es beim Stpfl. aus technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen zu einem notwendigen Wechsel des DV-Systems (Migrationen) oder zu einer Auslagerung von Daten aus dem Produktivsystem kommt, sollen die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten unter Beachtung der einschlägigen Ordnungsvorschriften quantitativ und qualitativ gleichwertig in das neues System, die neue Datenbank, das Archivsystem oder ein anderes System überführt werden. Das neue System soll dann in quantitativer und qualitativer Hinsicht die gleichen Auswertungen ermöglichen, wie sie zuvor im Alt-System möglich waren. Danach sollen in jedem Folge- oder Archivsystem Auswertungen in mindestens dem Umfang möglich sein, wie im Ursprungssystem und somit auch die freiwillig vom Stpfl. geschaffenen zusätzlichen Auswertungsmöglichkeiten des Alt-Systems umfassen. Die zuvor genutzte Hard- und Software soll bis Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht vorgehalten werden. Da dies in M&A-Fällen oder Konzernrestrukturierungen kaum realisierbar ist, sollte der Stpfl. ggf. einen Antrag auf die Bewilligung von Erleichterungen nach § 148 AO stellen. Der ausdrückliche Hinweis hierzu in Tz. 143 kann als Verständnis der Finanzverwaltung für diese Problematik gesehen werden.

IX. Verfahrensdokumentation

Durch eine Verfahrensdokumentation sollen die organisatorisch und technisch gewollten Prozesse beschrieben werden, damit u. a. die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit (Tz. 145-150) ermöglicht wird. Aufbau, Ablauf und Ergebnisse der DV-Verfahren sollen in Form einer übersichtlich gegliederten, vollständigen und schlüssigen Dokumentation vom Stpfl. bereitgehalten werden. Eine Verfahrensdokumentation soll regelmäßig die folgenden Bestandteile haben:

  • allgemeine Beschreibung,

  • Anwenderdokumentation,

  • technische Systemdokumentation und

  • Betriebsdokumentation (Tz. 153).

Da für den gesamten Zeitraum der Aufbewahrungsfrist die im Zeitlauf bestandenen Zustände und Verfahren zu dokumentieren sind, ist eine entsprechende Versionierung mit nachvollziehbarer Änderungshistorie vorzunehmen (Tz. 154).

Die Verfahrensdokumentation soll durch einen vollständigen Systemüberblick Dritten das Verständnis des DV-Systems ermöglichen. Dazu wird u. a. ein Überblick über alle im DV-System vorhandenen Informationen, die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Unterlagen betreffen (z. B. Beschreibungen S. 256zu Tabellen, Feldern, Verknüpfungen und Auswertungen) verlangt (Tz. 160). Diese Forderung wird sich insbesondere bei komplexen ERP-Systemen kaum erfüllen lassen. Zertifizierungen und Software-Testate (z. B. Softwareprüfungen nach IDW PS 880) zur Ordnungsmäßigkeit der eingesetzten DV-Systeme, die der Stpfl. zur Lösung dieses Problems vornehmen lässt, will die Finanzverwaltung allerdings generell nicht anerkennen (Tz. 181). Wie und mit welchen Kapazitäten die Betriebsprüfung solche Ordnungsmäßigkeitsprüfungen der (gesamten) DV-Systeme selbst vornehmen will, bleibt offen. Über das Ergebnis dieser Prüfung braucht die Finanzverwaltung dem Stpfl. schließlich auch keinerlei Auskunft zu erteilen (Tz. 180). Positiv ist anzumerken: Eine fehlende oder ungenügende Verfahrensdokumentation, die die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit nicht beeinträchtigt, stellt keinen formellen Mangel mit sachlichem Gewicht dar, welcher zum Verwerfen der Buchführung führen kann (Tz. 155).

X. Datenzugriff

Die nunmehr in die Tz. 158-178 der GoBD integrierten GDPdU-Grundsätze bieten dem Stpfl. keine neuen Erkenntnisse zum Datenzugriff der Finanzbehörden im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung nach § 147 Abs. 6 AO. Die Finanzverwaltung manifestiert ihren Anspruch, die drei bekannten Zugriffsarten [20] als gleichberechtigte Möglichkeiten kumulativ nutzen zu können (Tz. 164). Der Verweis auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Tz. 170 sollte Beachtung finden.

Positiv können der Ausschluss einer Fernabfrage (Online-Zugriff der Finanzbehörde auf das DV-System des Stpfl.) und das Zustimmungserfordernis des Stpfl. für den Fall der Mitnahme von Z3-Datenträgern aus seiner Sphäre gewertet werden (Tz. 165, 168). Ansonsten legt die Finanzverwaltung die Spielregeln weiterhin einseitig zu ihren Gunsten fest. So hat der Stpfl. auf Verlangen die Daten nach den Vorgaben des Betriebsprüfers maschinell auszuwerten (Tz. 166), vom Prüfer können auch Auswertungsmöglichkeiten herangezogen werden, die der Stpfl. selbst nicht benutzt (Tz. 174) und während einer Außenprüfung können jederzeit weitere Datenträger mit beliebigen Z3-Auswertungen angefordert werden. Damit wird dem in der Außenprüfungspraxis seit Jahren zu beobachtenden ausufernden Umfang des GDPdU-Zugriffs weiter Vorschub geleistet. Von einem Niederschlag des Risikomanagementsystems der Finanzverwaltung in der Effizienz von Betriebsprüfungen führen uns diese Optionen konsequent weiter weg.

XI. Zusammenfassung

Die ab dem von der Finanzverwaltung anzuwendenden GoBD sind ein praxisfernes Stückwerk von Darstellungen der GoB mit fiskalisch zweckgerichteter Projektion auf die DV-gestützten Buchführungen der Stpfl. Mit diesen Verwaltungsgrundsätzen wird versucht, eine vermeintliche Rechtsgrundlage zu schaffen, die die Stpfl. zur Umsetzung überzogener Pflichten bei der Datenaufzeichnung, Datenarchivierung und Datenüberlassung anhält. Im Ergebnis sollen alle elektronischen Daten der Unternehmen, die auch nur im entferntesten Zusammenhang zur steuerlichen Einkommensermittlung stehen könnten, jederzeit nach den Vorstellungen der Betriebsprüfung zu deren beliebiger maschineller Auswertung bereitgestellt werden. Das Ganze wird flankiert von ausufernden Anforderungen an die Dokumentation aller DV-Systeme und an diverse Kontrollhandlungen durch den Stpfl. Sowohl die Erkenntnisse der einschlägigen Berufs- und Branchenverbände als auch deren Unterstützungspotenzial bei der Sicherstellung der Ordnungsmäßigkeit von DV-Buchführungen werden in enttäuschender Weise ignoriert. Zum allgemein eingeforderten Steuerbürokratieabbau werden die GoBD in vorliegender Fassung keinen Beitrag leisten können. Es ist zu befürchten, dass diese Verwaltungsgrundsätze mangels alternativer Rechtsquellen zur Thematik der Ordnungsmäßigkeit einer DV-Buchführung trotz ihrer eingeschränkten Rechtsnatur zeitnah zum Alleinkriterium erhoben werden. Trotz des positiven Bemühens, ausgewählte Aspekte von DV-Buchführungen allgemeingültig aufzuzeigen, lautet das Fazit einer ersten Analyse aus Unternehmenssicht: eingeschränkte Praxistauglichkeit.

Kernaussagen
  • Die Finanzverwaltung versucht, eine vermeintliche Rechtsgrundlage zu schaffen, die die Stpfl. zur Umsetzung überzogener Pflichten bei der Datenaufzeichnung, Datenarchivierung und Datenüberlassung anhält. Im Ergebnis sollen alle elektronischen Daten der Unternehmen, die auch nur im entferntesten Zusammenhang zur steuerlichen Einkommensermittlung stehen könnten, jederzeit nach den Vorstellungen der Betriebsprüfung zu deren beliebiger maschineller Auswertung bereitgestellt werden.

  • Die neuen GoBD werden von ausufernden Anforderungen an die Dokumentation aller DV-Systeme und diverse Kontrollhandlungen durch den Stpfl. flankiert.

  • Die ab dem von der Finanzverwaltung anzuwendenden GoBD sind ein praxisfernes Stückwerk von Darstellungen der GoB mit fiskalisch zweckgerichteter Projektion auf die DV-gestützten Buchführungen der Stpfl. Zum allgemein eingeforderten Steuerbürokratieabbau werden die GoBD in vorliegender Fassung keinen Beitrag leisten können.

Autor

StB Jörg Herrfurth, M.I.Tax,
ist Leiter Konzern Steuern der M+W Group in Stuttgart. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bilanzsteuerrecht, der Besteuerung internationaler Betriebsstätten und dem Tax Accounting.

Fundstelle(n):
StuB 7/2015 Seite 250
IAAAE-87800

1Vgl. NWB HAAAE-37193, BStBl 2014 I S. 1450 = Kurzinfo StuB 2014 S. 911 NWB JAAAE-80724.

2Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS), vgl. NWB HAAAA-77174, BStBl 1995 I S. 738.

3Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU), vgl. NWB PAAAE-53856, BStBl 2001 I S. 415 = Kurzinfo StuB 2002 S. 967 NWB DAAAB-65170, geändert durch NWB IAAAE-18032, BStBl 2012 I S. 930, und ergänzt durch Fragen und Antworten zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung (FAQ) vom , letzte Aktualisierung zum , im Internet abrufbar unter http://go.nwb.de/evtz1.

4Das BMF legte Entwürfe am , , und in insgesamt acht Versionen zur Stellungnahme an die Wirtschaftsverbände vor.

5Grundsätze ordnungsmäßiger Speicherbuchführung, veröffentlicht mit NWB IAAAA-76919, BStBl 1978 I S. 250.

6Alle nachfolgend zitierten Textziffern sind solche des NWB HAAAE-37193, BStBl 2014 I S. 1450 = Kurzinfo StuB 2014 S. 911 NWB JAAAE-80724, Hervorhebungen vom Autor.

7Vgl. auch Herrfurth, StuB 2013 S. 458-463 NWB EAAAE-38918; ders., StuB 2013 S. 533-534 NWB QAAAE-40877, zu den Entwurfsfassungen.

8 NWB HAAAA-77174, BStBl 1995 I S. 738, Abschn. I. b.

9Die GoBS 1995 wurden von der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e. V. (AWV), Eschborn, verfasst; das BMF hatte lediglich ein Begleitschreiben erstellt.

10Vorwort zu den GoBS in der Anlage zum NWB HAAAA-77174, BStBl 1995 I S. 738.

11Vgl. Herrfurth/Zwirner, StuB, Beilage zu Heft 7/2013 S. 5 NWB SAAAE-32999.

12Vgl. NWB LAAAD-28986, BStBl 2010 II S. 452 = Kurzinfo StuB 2009 S. 785 NWB UAAAD-30051.

13Vgl. beispielsweise Tz. 112 zur Unterstellung des Einsatzes von Manipulationsprogrammen durch den Stpfl. mit dem Ziel, unprotokolliert Änderungen elektronischer Einnahmenaufzeichnungen zu bewirken.

14Vgl. zuletzt FG Hessen, nrkr. Urteil vom - 4 K 422/12 NWB GAAAE-37244, EFG 2013 S. 1186 = Kurzinfo StuB 2013 S. 550 NWB EAAAE-40855.

15Vgl. NWB WAAAB-45540, BStBl 1954 III S. 298; NWB CAAAB-49864, BStBl 1969 II S. 157; NWB YAAAB-51464, BStBl 1968 II S. 527.

16Vgl. NWB HAAAA-77174, BStBl 1995 I S. 738, Tz. 4 der Anlage.

17Vgl. Gnändiger, StuB 2013 S. 182 NWB CAAAE-30790.

18Die Norm betrifft auch die Einnahmen-Überschussrechner gem. § 4 Abs. 3 EStG.

19Das Optical-Character-Recognition-Verfahren (OCR) führt im Ergebnis zu volltextrecherchierbaren Dateien.

20Unmittelbarer Zugriff (Z1), mittelbarer Zugriff (Z2) und Datenträgerüberlassung (Z3).