Beteiligung einer Steuerberatungs-GmbH als Kommanditistin an mehreren GmbH & Co.KGs und Auslagerung von Buchführungsarbeiten auf diese Kommanditgesellschaften zur Ausnutzung der Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG als Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO
umsatzsteuerliche Organschaft mit Personengesellschaften
Leitsatz
1. Bei Anwendung des § 42 AO im Umsatzsteuerrecht sind die unionsrechtlichen Vorgaben zu Missbrauchssachverhalten, wie sie vom EuGH verbindlich ausgelegt werden, zu beachten. § 42 AO ist im Umsatzsteuerrecht also nach Maßgabe der Rechtsprechung des EuGH zu prüfen.
2. Lagert eine Steuerberatungs-GmbH von ihr bisher selbst erbrachte Buchführungs- und Lohnabrechnungsarbeiten für nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Mandanten (z. B. Heilberufe) auf mehrere GmbH & Co. KGs aus, an denen sie jeweils als Kommanditistin beteiligt ist, mit denen aber keine umsatzsteuerliche Organschaft besteht, erbringen die KGs ihre Leistungen mit dem Personal der GmbH und ist nach den gesamten Umständen das einzige und wirkliche Hauptziel der Gestaltung, dass die KGs jeweils die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG in Anspruch nehmen und ihre Leistungen den nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Mandanten ohne Umsatzsteuer in Rechnung stellen können, so ist umsatzsteuerlich von einem Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO auszugehen und sind die zivilrechtlich den Kommanditgesellschaften zuzurechnenden Umsatz umsatzsteuerlich der GmbH zuzurechnen. Für eine missbräuchliche Gestaltung spricht es, dass u. a. teilweise die gleichen Kunden nacheinander von mehreren der KGs bedient wurden und den anderen Gesellschaftern der KGs nur eine schwach ausgeprägte wirtschaftliche Beteiligung an den Geschäftschancen der KGs (z. B. keine Beteiligung an stillen Reserven) eingeräumt wurde.
3. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist dahingehend unionsrechtskonform auszulegen, dass der Begriff „juristische Person” (jedenfalls) auch eine GmbH & Co. KG umfasst. Es ist an dem Erfordernis einer Eingliederung i. S. eines Über-/Unterordnungsverhältnisses (Eingliederung mit Durchgriffsrechten) festzuhalten und eine Organschaft mit einer Personengesellschaft als Organgesellschaft kommt weiter (nur) in Betracht, wenn Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind.
Gesetze: AO § 42 Abs. 1 S. 1AO § 42 Abs. 1 S. 2AO § 42 Abs. 1 S. 3AO § 42 Abs. 2 S. 1AO § 42 Abs. 2 S. 2UStG § 19 Abs. 1UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG § 13a Abs. 1 Nr. 2UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2MwStSystRL Art. 11
Instanzenzug:
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin die Umsätze mehrerer Kommanditgesellschaften – KG –, an denen sie in den Streitjahren 2009 bis 2011 als Kommanditistin beteiligt war, umsatzsteuerlich zuzurechnen sind.
Die Klägerin wurde 1995 gegründet und ist als Steuerberatungsgesellschaft tätig. Sie war in den Streitjahren eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung – GmbH – (im Jahr 2014 nach §§ 190 ff. Umwandlungsgesetz – UmwG – formwechselnd in eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung – PartG mbB – umgewandelt). Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin waren B. (90 %) und C. (10 %, vgl. Bl. 1 der Vertragsakte der Klägerin).
Die Klägerin war in den Streitjahren an insgesamt 6 KGs (sog. SD-Gruppe) jeweils als Kommanditistin beteiligt, die überwiegend laufende Geschäftsvorfälle buchten bzw. – in einem Fall – Lohnabrechnungen vornahmen. Alleinige Komplementärin aller sechs KGs war die D. GmbH (mittlerweile umfirmiert in E. GmbH), deren Geschäftsführerin Frau F. war. Frau F. war bei der Klägerin angestellt und bezog zudem von der D. GmbH ein monatliches Entgelt aufgrund eines Geschäftsführeranstellungsvertrags (Bl. 57ff. der Vertragsakte der D. GmbH, Bl. 112 der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) der D… GmbH; in den Streitjahren geringfügige Beschäftigung). Alleingesellschafterin der D… GmbH war in den Streitjahren G…, die Ehefrau von B… (von dem sie die Anteile 2003 erworben hatte, vgl. Vertrag Bl. 48ff. der Vertragsakte der D… GmbH). Die Beteiligungsverhältnisse bei den KGs der SD-Gruppe stellten sich in den Streitjahren im Einzelnen wie folgt dar (vgl. die Feststellungserklärungen der einzelnen KGs, Übersicht Bl. 12 der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) Allgemeines der Klägerin und Beschluss des Senats vom 7 V 7037/14):
H. GmbH & Co. KG:
Komplementärin: D. GmbH mit 90 % Kapitalbeteiligung bis , danach 0,99 %; Kommanditisten: I. mit 10 % Kapitalbeteiligung bis zum , danach bis J. mit 10 % Kapitalbeteiligung, ab K. (Ehefrau von C.) mit 9,9 % und zusätzlich die Klägerin mit 89,11 %.
L. GmbH & Co. KG:
Komplementärin: D. GmbH mit 0,99 % Kapitalbeteiligung Kommanditisten: Klägerin mit 89,11 % und Q. mit 9,9 %
M. GmbH & Co. KG:
Komplementärin: D. GmbH mit 0,99 % Kapitalbeteiligung Kommanditisten: Klägerin und R… mit jeweils 49,5 %
N. GmbH & Co. KG:
Komplementärin: D. GmbH mit 0,99 % Kapitalbeteiligung Kommanditisten: Klägerin mit 89,11 % und J. mit 9,9 %
O. GmbH & Co. KG:
Komplementärin: D. GmbH mit 0,99 % Kapitalbeteiligung Kommanditisten: Klägerin und S. GmbH mit jeweils 49,5 %
P. GmbH & Co. KG:
Komplementärin: D. GmbH mit 0,99 % Kapitalbeteiligung Kommanditisten: Klägerin mit 89,11 % und Frau F. mit 9,9 %
Die Kommanditistin K. war Angestellte der Klägerin und geringfügig beschäftigt bei der D. GmbH. Die Kommanditisten Q. und J. waren nur Angestellte der Klägerin (vgl. Bl. 100, 105 der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) der D. GmbH). Die Kommanditistin R. war bei der Klägerin geringfügig beschäftigt und betrieb über eine von ihr beherrschte GmbH einen Büroservice, der auch Buchhaltungsarbeiten als Subunternehmer für die Klägerin erledigte (s. Bd. II Bl. 237ff. der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) der Klägerin). Die Kommanditistin I… war in der Zeit ihrer Beteiligung an der H… GmbH & Co. KG auch Prokuristin der D… GmbH.
Die KGs erbrachten ihre Leistungen auf Grundlage von im eigenen Namen geschlossenen Verträgen ausschließlich gegenüber Kunden, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt waren, weil sie steuerfreie Leistungen erbrachten (insbesondere bei Heilberufen) oder Kleinunternehmer waren. Die Umsätze der einzelnen KGs blieben jeweils unterhalb der Kleinunternehmergrenze. Die Entgelte der Kunden vereinnahmten die KGs jeweils auf eigenen Bankkonten. Gegenüber einzelnen Kunden wurden nacheinander mehrere KGs tätig (Beispiele Bl. 11 der Akte 7 V 7037/14 und Bl. 130 der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) Allgemeines der Klägerin, Verträge einzelner KGs mit einzelnen Kunden Bl. 48 der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) der H… GmbH & Co. KG, Bl. 51 der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) der M… GmbH & Co. KG, Bl. 63 f. der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) der N… GmbH & Co. KG, Bl. 38 der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) der O… GmbH & Co. KG, Bl. 52 der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) der O. GmbH & Co. KG). Die KGs verfügten über kein eigenes Personal und keine eigenen Sachmittel. Vielmehr wurden die von den KGs abgerechneten Leistungen durch das Personal der Klägerin mit deren Sachmitteln erbracht. In darauf bezogenen Gesellschafterbeschlüssen der einzelnen KGs heißt es jeweils: „ Die [Klägerin] erbringt sämtliche Leistungen im Zusammenhang mit der Erstellung der Buchhaltung für Kunden. Sie übernimmt die Gewähr für die ordnungsgemäße Erstellung der Buchhaltungen. Für entstandene Schäden wegen von ihr zu vertretender Mängel bei der Leistungserbringung haftet sie gegenüber der [jeweiligen KG] ” (vgl. Bl. 61 der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) der N. GmbH & Co. KG). Entgelte vereinbarte und erhob die Klägerin dafür nicht, sondern erhielt von den KGs nur ihre Gewinnanteile laut dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag (Übersicht der von den einzelnen KGs in den drei Streitjahren bezogenen Gewinnanteile: Bd. II Bl. 145 der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) der Klägerin). Im Gesellschaftsvertrag der P… GmbH & Co. KG (Bl. 60ff. der Akte 7 V 7037/14) heißt es zur Gewinnverteilung: „ Die Komplementärin erhält vorab Ersatz sämtlicher ihr aus der Geschäftsführung entstandenen Aufwendungen. Der danach verbleibende Gewinn steht den Kommanditisten im Verhältnis ihrer Beteiligungen zu. Die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern und die Erbringung von Leistungen durch die Kommanditisten sind damit abgegolten. ” (davon abweichend wurde die Komplementärin in den Feststellungserklärungen der einzelnen KGs quotal am Gewinn beteiligt). Die Übertragung von Kommanditanteilen ist nach dem Vertrag nur mit Zustimmung der Gesellschafter mit einer Mehrheit von 75% der Kapitalanteile zulässig. Ein durch Kündigung ausscheidender Gesellschafter soll eine Abfindung i. H. des Buchwerts, höchstens aber des Verkehrswerts seines Anteils erhalten. Inhaltsgleiche Regelungen finden sich auch im Gesellschaftsvertrag der H… GmbH & Co. KG (in der Vertragsakte der KG1), der L… GmbH & Co. KG (Bl. 49 der Vertragsakte der L… GmbH & Co. KG), der M… GmbH & Co. KG (Bl. 7 der Vertragsakte der M… GmbH & Co. KG), der N… GmbH & Co. KG (Bl. 9 der Vertragsakte der N… GmbH & Co. KG) und der O… GmbH & Co. KG (Bl. 12 der Vertragsakte der O… GmbH & Co. KG). Allerdings war bei der H… GmbH & Co. KG bis zum davon abweichend kein Vorab-Aufwendungsersatz der Komplementärin geregelt, dafür sollte diese dort auch an der quotalen Gewinnverteilung teilnehmen. Die Bilanzen der einzelnen KGs weisen an Aktiva jeweils ausschließlich Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und solche gegen Gesellschafter, sonstiges Umlaufvermögen und Bankguthaben in maximal vierstelliger Höhe aus. Gegenüber vorsteuerabzugsberechtigten Kunden erbrachte die Klägerin weiterhin selbst Buchführungs- und Lohnabrechnungsleistungen.
Im Ergebnis wurde für die von den KGs ausgeführten Leistungen unter Berufung auf die Kleinunternehmerregelung weder von ihnen selbst noch von der Klägerin Umsatzsteuer angemeldet (und auch kein Gewerbeertrag über dem Freibetrag erklärt). Die Klägerin erklärte auch keine unentgeltlichen Wertabgaben.
Die Umsatzsteuererklärungen der Klägerin für die Streitjahre wirkten (ggf. nach Zustimmung durch den Beklagten) als Festsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung – VdN – (Die Gewerbesteuer wurde ebenfalls ohne Zurechnung von Gewerbeerträgen der KGs zur Klägerin veranlagt).
Vom bis führte der Beklagte bei der Klägerin und den KGs eine Außenprüfung durch, die u. a. die Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 2009 bis 2011 umfasste. Die Prüferin vertrat im Prüfungsbericht vom (Bl. 33 der Gerichtsakte – GA –) neben weiteren, nicht klagegegenständlichen Feststellungen die Auffassung, die Gestaltung, nach der Buchführungs- und Lohnabrechnungsleistungen auf die KGs ausgelagert und nicht der Umsatz- und Gewerbesteuer unterworfen wurden, sei missbräuchlich, so dass nach § 42 Abgabenordnung – AO – die entsprechenden Umsätze der Klägerin zuzurechnen seien (vergleichbares gelte auch für die Gewerbeerträge). Die Umsätze der Klägerin (und die sich daraus ergebenden Umsatzsteuern) seien daher um 52.152,94 EUR (9.909,06 EUR) in 2009, 51.830,25 EUR (9.847,75 EUR) in 2010 und 69.936,97 EUR (13.288,02 EUR) in 2011 zu erhöhen (zur Verteilung auf die einzelnen KGs der SD-Gruppe wird auf Bl. 12 der Akte 7 V 7037/14 Bezug genommen).
Dem folgend erließ der Beklagte am geänderte Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide 2009 bis 2011 sowie Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den , und (Bl. 9ff. GA), in denen er den VdN jeweils aufhob, gegen die die Klägerin mit Schreiben vom (Bl. 71 GA) jeweils Einspruch einlegte und die Aussetzung der Vollziehung beantragte. Am lehnte der Beklagte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab (Bl. 5 der Akte 7 V 7037/14), worauf die Klägerin am einen Antrag nach § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung – FGO – stellte, der zum Az. 7 V 7037/14 geführt wurde und dem der Senat mit Beschluss vom stattgab.
Am hat die Klägerin (Untätigkeits-)Klage gegen die Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide 2009-2011 sowie die Bescheide über die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den , und erhoben, die zunächst beim 8. Senat zum Az. 8 K 8118/15 geführt wurde.
Die Klägerin macht geltend, die von ihr und ihren Mitgesellschaftern gewählte Gestaltung stelle keinen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten dar. Vielmehr sei die Gestaltung erforderlich gewesen, um Buchführungsleistungen für nicht vorsteuerabzugsberechtigte Kunden preiswerter anbieten zu können. Die Klägerin stehe im Wettbewerb zu kleinen Buchhaltungsbüros, die durch die Anwendung des § 19 Umsatzsteuergesetz – UStG – und die fehlende Bindung an die Steuerberatergebührenverordnung Dumpingpreise anbieten könnten. Der Klägerin selbst habe diese Umstellung des Angebots zu zusätzlichen Umsätzen verholfen. Schließlich verfolge sie mit der Gestaltung den Zweck, Arbeitnehmer durch die Gesellschaftsbeteiligung an sich zu binden. Anderenfalls drohe, dass die Konkurrenz sie abwerbe. Wegen der geringen Selbstkosten der KGs sei mit einem Gewinn i. H. v. rund 90 % der Umsätze der KGs zu rechnen gewesen. Da die Gewinnbeteiligungen der Mitarbeiter auf maximal 1.500,00 EUR hätten beschränkt bleiben sollen, sei jeweils ein Umsatz von höchstens 17.500,00 EUR angestrebt worden. Die Gestaltung habe auch insoweit zur Gewinnung zusätzlicher Ärztemandate beigetragen, weil Mandanten die Konstruktion als besonders pfiffig wahrgenommen hätten und daher auch mit einer kreativen Beratung durch die Klägerin in ihren eigenen Angelegenheiten gerechnet hätten. § 19 UStG gebe überdies dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, auf seine Anwendung zu verzichten, was zeige, dass die Optimierung steuerlicher Gestaltungen unter Anwendung des § 19 UStG kein Gestaltungsmissbrauch sei.
Im Zuge ihrer formwechselnden Umwandlung in eine PartG mbB habe die Klägerin im Übrigen alle Kommanditanteile an den KGs mit Gewinn (insgesamt 34.400,00 EUR, vgl. Bl. 86 f. GA) verkauft (Verträge Bl. 111 GA, Käuferin war jeweils die T. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer B. ist). Die Verkaufspreise seien nach dem Ertragswertverfahren ermittelt worden. Der Gewinn beruhe allein auf den Mandantenstämmen und den daraus zu erwartenden Umsätzen und Gewinnen. Dies belege, dass auch die Mitarbeiterbeteiligungen werthaltig gewesen seien. Die Kommanditisten, welche auch Mitarbeiter der Klägerin gewesen seien, hätten Leistungen bei der Betreuung der von ihnen bearbeiteten Mandanten über das normale Maß hinaus außerhalb ihrer Arbeitszeit erbracht. Die S… GmbH sei als Subunternehmerin der Klägerin auf die Buchführung von Ärzten und Zahnärzten spezialisiert gewesen, die auch von ihr akquiriert worden seien. Die Buchführungsleistungen habe die S… GmbH nun als unentgeltliche Gesellschafterleistung für die KGs erbracht.
Mit Beschluss vom hat der 8. Senat das Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer abgetrennt und zum hiesigen Aktenzeichen 7 K 7096/15 an den erkennenden 7. Senat abgegeben (das Restverfahren ist mittlerweile zum Az. 13 K 8118/15 an den 13. Senat abgegeben worden).
Mit Einspruchsentscheidung vom (Bl. 92 GA) hat der Beklagte die Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2011 (und die Gewerbesteuermessbescheide und Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes) als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die Bescheide über Umsatzsteuer und Zinsen zur Umsatzsteuer 2009 bis 2011 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer 2009 um 9.909,06 EUR, die Umsatzsteuer 2010 um 9.847,75 EUR und die Umsatzsteuer 2011 um 13.288,02 EUR niedriger festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält die Klage für unbegründet. Die von der Klägerin vorgenommene Aufspaltung ihrer originären unternehmerischen Tätigkeit auf die mit ihr verbundenen KGs stelle einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i. S. d. § 42 AO dar. Die hier gewählte Gestaltung sei unangemessen. Denn die Klägerin biete selbst die entsprechenden Leistungen an und führe diese entweder selbst oder über einen externen Dienstleister aus. Nur die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Kunden seien an die KGs abgegeben worden. Die Klägerin habe auch die Kundenakquise übernommen. Die Zuordnung der Kunden zu den einzelnen KGs sei willkürlich und nicht nach sachlichen Gesichtspunkten (z. B. nach der Tätigkeit des Kunden) erfolgt. Auch für die Verschiebung einzelner Kunden zwischen den einzelnen KGs seien keine anderweitigen Beweggründe als die Vermeidung der Überschreitung der Kleinunternehmergrenze erkennbar. Daher sei Hintergrund der Zwischenschaltung der KGs die Umsatzsteuerersparnis. Aufgrund der geringen Höhe der Gewinnbeteiligung sei die Beteiligung der Arbeitnehmer an den KGs nicht geeignet, die Arbeitnehmer an das Unternehmen zu binden; für dieses Ziel seien Lohnerhöhungen oder Sonderzahlungen geeignetere Mittel. Zu der Vermögensbeteiligung der Mitarbeiter sei anzumerken, dass die KGs weder nennenswertes Vermögen besäßen noch nach der gewählten Gestaltung damit zu rechnen sei, dass sie ein solches bilden könnten. Frau I… habe mit Beendigung ihres Arbeitsvertrags auch ihre KG-Beteiligung abgetreten, woran sich zeige, dass keine stärkere Mitarbeiterbindung erreicht worden sei (hierzu erklärt die Klägerin, Frau I… sei nie bei ihr beschäftigt gewesen). Wesentliche Umsatzsteigerungen der Klägerin selbst gingen auch auf das Gründercoaching zurück, das die Klägerin seit einigen Jahren anbiete. Die Möglichkeit, wegen der Nichterhebung der Umsatz- und Gewerbesteuer günstigere Preise anbieten zu können, stelle keinen § 42 AO ausschließenden außersteuerlichen Grund dar. Die mittelbare Begünstigung der Klägerin verfehle den Zweck des § 19 UStG, weil sie weder nebenberuflich tätig sei noch steuerfreie Hauptumsätze erziele.
Dem Gericht haben neben den Akten des hiesigen Klageverfahrens sowie des Klageverfahrens 13 K 8118/15 und des Aussetzungsverfahrens 7 V 7037/14 zwei Hefter und 12 Bände Steuerakten (je ein Band Körperschaftsteuer-, Vertrags-, Gewerbesteuer-, Kapitalertragsteuer-, Feststellungs- Umsatzsteuer- und Betriebsprüfungsakte (Veranlagungsstelle) sowie Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) Gruppe, Bilanzakte Band III und IV, Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle) Allgemein Band I und II) zur Steuernummer …, die der Beklagte für die Klägerin führt; ein Hefter sowie 8 Bände Steuerakten (Körperschaftsteuer-, Feststellungs-, Bilanz-, Umsatzsteuer-, Gewerbesteuer-, Vertrags- und Betriebsprüfungsakte (Veranlagungsstelle) sowie Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle)) zur Steuernummer …, die der Beklagte für die D… GmbH führt; ein Hefter und 6 Bände Steuerakten (Feststellungs-, Vertrags-, Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer-, Bilanz- und Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle)) zur Steuernummer …, die der Beklagte für die H… GmbH & Co. KG führt; ein Hefter und 6 Bände Steuerakten (Feststellungs-, Vertrags-, Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer-, Bilanz- und Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle)) zur Steuernummer …, die der Beklagte für die L. GmbH & Co. KG führt; ein Hefter und 6 Bände Steuerakten (Feststellungs-, Vertrags-, Gewerbesteuer- sowie Umsatzsteuer-, Bilanz- und Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle)) zur Steuernummer …, der der Beklagte für die M… GmbH & Co. KG führt; ein Hefter und 6 Bände Steuerakten (Feststellungs-, Vertrags-, Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer-, Bilanz- und Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle)) zur Steuernummer …, die der Beklagte für die N… GmbH & Co. KG führt; ein Hefter und 6 Bände Steuerakten (Feststellungs-, Vertrags-, Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer-, Bilanz- und Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle)) zur Steuernummer …, die der Beklagte für die O… GmbH & Co. KG führt; ein Hefter und 6 Bände Steuerakten (Feststellungs-, Vertrags-, Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer-, Bilanz- und Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle)) zur Steuernummer …, die der Beklagte für die P… GmbH & Co. KG führt, vorgelegen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig. Dabei kann dahinstehen, ob bei Eingang der Klage am die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage nach § 46 FGO vorlagen, weil der Beklagte nach Klageerhebung das Einspruchsverfahren mit der Einspruchsentscheidung vom abgeschlossen und die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen hat. Denn der erfolglose Abschluss des Vorverfahrens i. S. d. § 44 FGO ist eine Sachurteilsvoraussetzung, die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachgeholt werden kann (Levedag in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 44 FGO, Rn. 33 m. w. N.). Bei Nachholung der (zurückweisenden) Einspruchsentscheidung wird das Klageverfahren ohne weiteres fortgeführt, und die Einspruchsentscheidung wird Gegenstand des Klageverfahrens (Levedag in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 46 FGO, Rn. 28 m. w. N.). Die Klagefrist nach § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO ist in diesem Fall ohne Bedeutung (Levedag in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 47 FGO, Rn. 7).
II. Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Beklagte hat der Klägerin zu Recht die Umsätze der KGs der SD-Gruppe zugerechnet.
1. Der Umsatzsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Steuerschuldner ist nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG der Unternehmer. Gemeint ist der leistende Unternehmer. Dies ist derjenige, der sich als solcher aus den dem Leistungsaustausch zugrundeliegenden schuldrechtlichen Beziehungen ergibt, also regelmäßig derjenige, der nach den zivilrechtlichen Vereinbarungen zur Leistung verpflichtet ist, es sei denn, er hat die Leistungen nicht tatsächlich erbracht. Dabei ist es grundsätzlich unschädlich, wenn der zivilrechtlich zur Leistung Verpflichtete die Leistungen nicht persönlich erbringt, sondern sie durch Mitarbeiter oder durch ihn hinzugezogene Dritte (Subunternehmer) ausführen lässt (Herbert in Hartmann/Metzenmacher, UStG, Lfg. 1/13, II/13, E § 13a, Rn. 12 m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben war in Bezug auf die streitigen Umsätze zunächst die jeweilige KG der SD-Gruppe leistende Unternehmerin, denn die KGs waren aufgrund von im eigenen Namen geschlossener Verträge mit den betreffenden Kunden diesen gegenüber zur Erbringung der jeweiligen Buchführungs- und Lohnabrechnungsleistungen verpflichtet und haben die Leistungen auch tatsächlich erbracht, auch wenn sie sich dabei der Sachmittel und des Personals der Klägerin bedient haben.
2. Eine Zuordnung von Umsätzen zur Klägerin kann nicht nach den Grundsätzen des „vorgeschobenen” Strohmanngeschäfts erfolgen.
Dies wäre grundsätzlich möglich, wenn die Klägerin, die betreffende KG und der betreffende Kunde übereinstimmend davon ausgegangen wären, dass die Rechtswirkungen des betreffenden Geschäfts gerade nicht zwischen der KG und dem Kunden, sondern zwischen der Klägerin und dem Kunden eintreten sollten. Denn unbeachtlich ist ein „vorgeschobenes” Strohmanngeschäft, das nur zum Schein abgeschlossen wird. Dies ist der Fall, wenn die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem „Hintermann” eintreten sollen. Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. Strohmann), selbst keine eigene – ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende – Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil vom V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541, II. 1. c) der Gründe m. w. N.). Dies kann der Senat aber auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass mehrere einzelne Kunden nacheinander von mehreren KGs bedient wurden, und des klägerischen Vortrags, dass die Kunden die Gestaltung als besonders gewitzt wahrgenommen hätten, sodass sie auch eine Werbewirkung für die Leistungen der Klägerin gehabt habe, nicht feststellen. Es fehlt schon an aussichtsreichen Ermittlungsansätzen für konkrete Feststellungen zu der Frage, welche Kunden im Einzelnen was über die Gestaltung gewusst haben. Im Übrigen war die Gestaltung der vertraglichen Verhältnisse auch so, wie sie zivilrechtlich vereinbart war, für die Kunden insoweit vorteilhaft, als die Klägerin den KGs aufgrund von Gesellschafterbeschlüssen für eventuelle Schäden als Folge der fehlerhaften Leistungserbringung haftete, sodass den Kunden im Schadensfalle nicht nur das eigene Vermögen der KGs, sondern auch ein ggf. pfändbarer Anspruch der KGs gegen die Klägerin zur Verfügung stand. Von daher kann nicht unterstellt werden, dass die Kunden keine Rechtswirkungen ihrer Verträge mit den einzelnen KGs wollten.
3. Weiterhin kann auch auf Grundlage der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union – EuGH – und des BFH keine Zurechnung der Umsätze der KGs zur Klägerin im Hinblick auf die Organschaftsregelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG erfolgen.
Nach dieser Bestimmung liegt eine Organschaft vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Allerdings hat der und C-109/14 – Larentia + Minerva und Marenave, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2017, 604) entschieden, dass Art. 4 Abs. 4 UA 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage – 6. EG-RL – (heute: Art. 11 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – MwStSystRL –) einer nationalen Regelung entgegensteht, die die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit, eine Gruppe von Personen zu bilden, die als ein Mehrwertsteuerpflichtiger behandelt werden können, allein den Einheiten vorbehält, die juristische Personen sind und mit dem Organträger dieser Gruppe durch ein Unterordnungsverhältnis verbunden sind, es sei denn, dass diese beiden Anforderungen Maßnahmen darstellen, die für die Erreichung der Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder – umgehung erforderlich und geeignet sind, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat. Er hat allerdings auch entschieden, dass sich der Steuerpflichtige nicht unmittelbar auf Art. 4 Abs. 4 UA 2 6. EG-RL bzw. Art. 11 MwStSystRL berufen kann.
a) Auf dieser Grundlage hat der V. Senat des BFH entschieden (Urteil vom V R 25/13, BStBl II 2017, 547), dass an dem Erfordernis einer Eingliederung i. S. eines Über-/Unterordnungsverhältnisses (Eingliederung mit Durchgriffsrechten) festzuhalten sei und dass eine Organschaft mit einer Personengesellschaft als Organgesellschaft (nur) in Betracht komme, wenn Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen seien, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert seien. Nach den Vorgaben des V. Senats scheidet eine Behandlung aller sechs KGs der SD-Gruppe als Organgesellschaften der Klägerin im gesamten Streitzeitraum aus, weil jeweils durchgängig die D. GmbH als Komplementärin und ein weiterer Kommanditist neben der Klägerin an den einzelnen KGs beteiligt waren und weder die D… GmbH noch der jeweilige weitere Kommanditist finanziell in das Unternehmen der Klägerin eingegliedert waren. Insbesondere bestehen keine ausreichenden Anknüpfungspunkte für die Feststellung, dass die D. GmbH und die anderen Kommanditisten ihre Beteiligungen nur treuhänderisch oder in einem ähnlichen Verhältnis für die Klägerin gehalten hätten. Insbesondere reicht dafür weder die Ehe der Alleingesellschafterin der D… GmbH mit dem Mehrheitsgesellschafter der Klägerin noch das Bestehen von Arbeitsverhältnissen zwischen den weiteren Kommanditisten der SD-KGs und der Klägerin aus.
b) Der XI. Senat (Urteile vom XI R 38/12, BStBl II 2017, 567; und vom XI R 17/11, BStBl II 2017, 577) hat dagegen offengelassen, ob am Eingliederungserfordernis festzuhalten ist, jedoch § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG dahingehend unionsrechtskonform ausgelegt, dass der Begriff „juristische Person” (jedenfalls) auch eine GmbH & Co. KG umfasst. Hier ist zwar das vom XI. Senat aufgestellte Rechtsformerfordernis erfüllt, denn es handelt sich bei allen SD-Gesellschaften jeweils um GmbH & Co KGs. Allerdings können bei keiner der KGs zu irgendeinem Zeitpunkt im Streitzeitraum ausreichende finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen i. S. d. Art. 11 MwStSystRL zwischen der Klägerin und der jeweiligen KG festgestellt werden.
aa) So ist hinsichtlich der M… GmbH & Co. KG und der O… GmbH & Co. KG im ganzen Streitzeitraum und der H. GmbH & Co. KG bis zum schon festzustellen, dass die Klägerin weder die Mehrheit der stimmberechtigten Gesellschaftsanteile innehatte, noch die gleichen Personen jeweils Mehrheitsbeteiligungen an der Klägerin und der jeweiligen KG innehatten; auch hier ergibt sich weder aus der Ehe zwischen B… und G… noch aus den Arbeitsverhältnissen zwischen der Klägerin und J… bzw. R. abweichendes. Insoweit fehlen ausreichende finanzielle Beziehungen i. S. d. Art. 11 MwStSystRL.
bb) Auch im Übrigen fehlt es mindestens an ausreichenden organisatorischen Beziehungen i. S. d. Art. 11 MwStSystRL. Dafür muss im Regelfall eine personelle Verflechtung über die Geschäftsführung der juristischen Person als Organgesellschaft bestehen (, BStBl II 2017, 553, II. 2. a) der Gründe m. w. N.). Die Geschäfte aller SD-KGs wurden jedoch nach den Gesellschaftsverträgen der KGs (jeweils § 4) von der D. GmbH geführt, diese handelnd durch ihre Geschäftsführerin F. (§ 35 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG –). Geschäftsführer der Klägerin waren dagegen B. und C.. Dass letztere gegenüber Frau F… insoweit weisungsbefugt gewesen wären, als diese in ihrer Funktion als Geschäftsführerin der D… GmbH und der SD-KGs handelte, ist nicht feststellbar. Auch hier reicht eine Weisungsbindung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses zur Klägerin nicht aus, um diese auch in Bereichen außerhalb der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen mit dem nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO erforderlichen Überzeugungsgrad feststellen zu können, zumal Frau F… auch bei der D… GmbH angestellt und deren Geschäftsführerin war und insoweit Weisungen der Gesellschafterversammlung der D. GmbH unterworfen war; Alleingesellschafterin der D. GmbH war Frau G..
4. Es liegen auch keine Umsätze der Klägerin an die KGs gegen ein Entgelt in Form der Gewinnbezugsrechte vor.
Für die Frage, ob im Verhältnis Gesellschaft und Gesellschafter entgeltliche Leistungen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen, gelten keine Besonderheiten, so dass es allein darauf ankommt, ob ein Leistungsaustausch im Sinne dieser Vorschrift vorliegt. Für die Steuerbarkeit einer durch einen Gesellschafter an seine Gesellschaft erbrachten Leistung muss dieser Leistung entsprechend den vorstehend dargestellten allgemeinen Grundsätzen ein Rechtsverhältnis zugrundeliegen. Ob dieses Rechtsverhältnis auf schuld- oder gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter beruht, ist unerheblich. Der darüber hinaus erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung kann sich allerdings nicht aus der Beteiligung des Gesellschafters am allgemeinen Gewinn und Verlust der Gesellschaft ergeben. Selbst wenn sich der Gesellschafter nicht auf das Halten seiner Beteiligung beschränkt, sondern weitergehend Leistungen gegenüber der Gesellschaft erbringt, ist eine allgemeine Gewinnbeteiligung nicht als Entgelt anzusehen (, BStBl II 2009, 486, II. 1. b) der Gründe m. w. N.).
Dass die Klägerin für die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern und die Erbringung von Leistungen an die KGs irgendeine andere Gegenleistung als ihre allgemeine Gewinnbeteiligung erhalten hätte, ist nicht ersichtlich; vielmehr regeln die Gesellschaftsverträge ausdrücklich, dass Nutzungsüberlassungen und Leistungen der Kommanditisten mit der Gewinnbeteiligung abgegolten sein sollten.
5. Es liegen weiter auch keine Umsätze der Klägerin an die KGs unter dem Gesichtspunkt des § 3 Abs. 11 UStG vor. Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung nach dieser Vorschrift als an ihn und von ihm erbracht. Ein Handeln für Rechnung des Auftragsnehmers für den Auftraggeber liegt vor, wenn der Auftraggeber die wirtschaftlichen Auswirkungen der vom Auftragnehmer im Außenverhältnis erbrachten Leistung trägt (Herbert in Hartmann/Metzenmacher, Lfg. 6/16, VIII/16, E § 3 Abs. 1, Rn. 13 m. w. N.). Danach kann hier kein Handeln der KGs für Rechnung der Klägerin festgestellt werden. Denn die Klägerin partizipierte zwar über ihr Gewinnbezugsrecht als Gesellschafterin wirtschaftlich mittelbar von den Umsätzen der KGs an deren Kunden. Allerdings war das Gewinnbezugsrecht nicht proportional zu den Umsätzen der KGs, sondern hing vom Gewinn der KG in Gestalt der Summe aller Einnahmen nach Abzug aller Betriebsausgaben (unabhängig von deren Verursachung durch bestimmte Umsätze der KGs) ab.
6. Auch steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgaben der Klägerin in Gestalt der Erbringung der Buchführungs- und Lohnabrechnungsleistungen für die KGs liegen nicht vor.
Nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ist einer Leistung gegen Entgelt gleichgestellt die unentgeltliche Erbringung einer sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen. Die Klägerin hat die Leistungen an die KGs zwar unentgeltlich, aber nicht für Zwecke außerhalb ihres Unternehmens erbracht. Denn letzteres ist nur gegeben, wenn eine Leistung weder für unternehmerische Zwecke des Unternehmers noch für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit i. e. S. erbracht wird (Heuermann in Sölch/Ringleb, UStG, Dokumentenstand 78. EL September 2016, § 3 UStG, Rn. 620, 340 m. w. N.). Die Klägerin hat die Leistungen jedoch erbracht, damit die KGs, an denen sie beteiligt war, Gewinne erzielen konnten, welche ihr dann im Rahmen der allgemeinen Gewinnverteilung zuflossen. Sie hat damit nicht für unternehmensfremde Zwecke gehandelt, sondern im Rahmen einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit i. e. S..
7. Eine Zurechnung der Umsätze der KGs zur Klägerin hat allerdings unter dem Gesichtspunkt eines Gestaltungsmissbrauchs zu erfolgen.
a) Durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nach § 42 Abs. 1 Satz 1 AO nicht umgangen werden. Bei Vorliegen eines Missbrauchs entsteht der Steueranspruch (vorbehaltlich speziellerer Missbrauchsregelungen in den Einzelsteuergesetzen) so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht, § 42 Abs. 1 Satz 3 AO. Ein Missbrauch liegt nach § 42 Abs. 2 Satz 1 AO vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt gem. § 42 Abs. 2 Satz 2 AO nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des , BFH/NV 2013, 1094, II. 2. a) der Gründe m. w. N.) ist ein Gestaltungsmissbrauch ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Die Frage, was eine den Gestaltungsmissbrauch kennzeichnende unangemessene rechtliche Gestaltung ist, entzieht sich einer allgemeinen Definition und lässt sich nur durch Würdigung der gesamten Umstände im Einzelfall feststellen. Wegen der Vielzahl von wertungs- und auslegungsbedürftigen Begriffen in der gesetzlichen Definition, die auf durch die Rechtsprechung entwickelte Kriterien zurückgeht (Ratschow in Klein, AO, 13. Auflage 2016, § 42 AO, Rn 48), orientiert sich die Rechtsanwendung für die Auslegung des § 42 AO typischerweise an Fallgruppen, insbesondere bei Sachverhalten, die wiederholt auftreten oder mit deren wiederholten Auftreten zu rechnen ist (vgl. Ratschow in Klein, AO, 13. Auflage 2016, § 42 AO, Rn 120ff.; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, Dokumentenstand 145. Lfg. 07/2016, § 42 AO, Rn. 54aff.). Eine Fallgruppe „Aufspaltung von unternehmerischen Tätigkeiten zwecks Anwendung des § 19 UStG” gibt es insoweit bisher nicht. Auch in der Literatur wird nicht vertreten, die Aufspaltung von wirtschaftlichen Tätigkeiten auf verschiedene, der Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG unterfallende Rechtssubjekte sei typischerweise rechtsmissbräuchlich. Vielmehr wird an der einzigen ersichtlichen Literaturstelle der gegenteilige Standpunkt eingenommen (Zugmaier/Streit in Hartmann/Metzenmacher, UStG, Lfg. 3/11, IV/11, E § 19, Rn. 23).
Bei der Anwendung des § 42 AO im Umsatzsteuerrecht ist allerdings nach der Rechtsprechung des , BFH/NV 2013, 1638, II. 4. b) der Gründe; vom XI R 17/13, BStBl II 2015, 1024, II. 2. g) der Gründe m. w. N.) allgemein zu beachten, dass unionsrechtlich nach dem Grundsatz des Verbots des Rechtsmissbrauchs rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen, die allein zu dem Zweck erfolgen, einen Steuervorteil zu erlangen, verboten sind. Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer setzt zum einen voraus, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe, und zum anderen aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen lediglich ein Steuervorteil bezweckt wird.
Der BFH erkennt also zutreffend an, dass bei Anwendung des § 42 AO im Umsatzsteuerrecht die unionsrechtlichen Vorgaben, wie sie vom EuGH verbindlich ausgelegt werden, zu beachten sind, § 42 AO im Umsatzsteuerrecht also nach Maßgabe der Rechtsprechung des EuGH zu prüfen ist (vgl. Ratschow in Klein, AO, 13. Aufl. 2016, § 42 AO, Rn. 32; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, Dokumentenstand 145. Lfg. 07/2016, § 42 AO, Rn. 40a).
Der EuGH hält auch speziell die abweichende Bestimmung des Leistenden bei Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs für möglich. So hat er im Urteil vom (C-653/11 – Newey, Mehrwertsteuerrecht – MwStR – 2013, 373) entschieden, dass die Vertragsbestimmungen für die Feststellung, wer Erbringer einer Dienstleistung ist, zwar zu berücksichtigen, aber nicht ausschlaggebend sind. Sie können insbesondere dann als nicht maßgebend angesehen werden, wenn sie nicht die wirtschaftliche und geschäftliche Realität widerspiegeln, sondern eine rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltung darstellen, die allein zu dem Zweck erfolgt, einen Steuervorteil zu erlangen, was von dem nationalen Gericht zu prüfen ist (Rn. 52). In diesem Fall müssten die Vertragsbestimmungen in der Weise neu definiert werden, dass auf die Lage abgestellt wird, die ohne die diese missbräuchliche Praxis darstellenden Transaktionen bestanden hätte (Rn. 50).
b) Nach diesen Grundsätzen sind die Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Zurechnung der Leistungen der KGs zur Klägerin vorliegend erfüllt.
Die vorliegende Gestaltung weist wesentliche Parallelen zu der Gestaltung auf, welche dem EuGH-Urteil Newey zugrunde lag und in dem der EuGH die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis für möglich hielt. In dem Fall hatte der im räumlichen Anwendungsbereich der MwStSystRL ansässige Kläger umsatzsteuerfreie und vorsteuerschädliche Leistungen erbracht. Um nicht vorsteuerbelastete Werbedienstleistungen beziehen zu können, hatte er eine substanzarme Gesellschaft außerhalb des mehrwertsteuerlichen Gemeinschaftsgebiets gegründet, welche die bisher vom Kläger erbrachten Leistungen nunmehr im eigenen Namen vertrieb, aber vom Kläger erbringen ließ.
Die Gemeinsamkeiten mit dem hiesigen Fall bestehen darin, dass auch hier Leistungen, welche bislang inhaltsgleich von der Klägerin direkt an Kunden erbracht worden sind, nunmehr durch Gesellschaften, an denen sie beteiligt war (hinsichtlich der H. GmbH & Co. KG allerdings nur ab dem ) und die substanzarm sind (keine eigenen Angestellten, keine eigenen sächlichen Aktiva), im eigenen Namen vertrieben wurden, aber weiterhin von der Klägerin mit ihren Sach- und Personalmitteln ausgeführt wurden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der , BFH/NV 2013, 1638, II. 4. b) der Gründe) im Falle einer Aufteilung von inhaltlich im Zusammenhang stehenden Leistungen an einen Kunden auf zwei verschiedene leistende Unternehmer die Tragung der Kosten für die Leistungen des einen Unternehmers durch den anderen Unternehmer als für einen Gestaltungsmissbrauch sprechenden Gesichtspunkt angesehen hat. Auch im hier zu entscheidenden Fall hat die Klägerin die Kosten der von den KGs erbrachten Umsätze getragen, ohne dass die Kosten einen Einfluss auf die Höhe ihres Gewinnanteils gehabt hätten. Zwar unterscheidet sich der hiesige Fall sowohl von der Fallgestaltung in der EuGH-Rechtssache Newey als auch von derjenigen in der Rechtssache Halifax (Urteil vom C-255/02, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2006, 420), in der der EuGH einen Gestaltungsmissbrauch bei Zwischenschaltung einer Gesellschaft bejaht hat, und auch der ähnlich gelagerten Konstellation im , BStBl II 2007, 344) insoweit, als es in den dort entschiedenen Fällen keine weiteren Gesellschafter gab.
Für eine rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltung sprechen im vorliegenden Fall jedoch auch die übrigen Umstände. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass teilweise die gleichen Kunden nacheinander von mehreren der KGs bedient wurden, ohne dass sich dadurch an der Leistungsausführung inhaltlich irgendetwas änderte und ohne dass erkennbar wäre, nach welchen sachlichen Kriterien (außer der Nichtüberschreitung der Kleinunternehmergrenze) die Beteiligten entschieden haben, welche KG vom jeweiligen Kunden beauftragt wurde. Soweit die Klägerin insoweit erstmals im Verhandlungstermin am vorgetragen hat, die Zahnärzte seien bei der Zahnärzte-KG angesiedelt worden und die Lohnbuchhaltung sei von der Lohnbuchhaltungs-KG betreut worden, hat sie diesen Vortrag weder konkretisiert noch durch irgendwelche Unterlagen unterlegt, obwohl der Beklagte schriftsätzlich ausdrücklich darauf abgestellt hat, dass die Zuordnung der Kunden zu den einzelnen KGs willkürlich und nicht nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgt sei. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass ein Missbrauch auch darin bestehen kann, dass der Steuerpflichtige einen anderen zu einer derartigen unangemessenen Gestaltung veranlasst und hieraus einen ungerechtfertigten Steuervorteil zieht (, BStBl II 1992, 859). Weiter spricht für einen Missbrauch auch, dass den anderen Gesellschaftern der KGs nur eine schwach ausgeprägte wirtschaftliche Beteiligung an den Geschäftschancen der KGs eingeräumt wurde. Denn sie konnten ihre Beteiligung nach den Gesellschaftsverträgen ohne Zustimmung der Klägerin, die jeweils mehr als 25% der Anteile hielt, nicht veräußern und konnten auch im Falle einer Kündigung nur eine Abfindung i. H. des Buchwerts ihrer Beteiligung realisieren, sodass eine Partizipation an den stillen Reserven, insbesondere einem selbst geschaffenen Firmenwert auf Grundlage der Kundenbeziehungen, effektiv ausgeschlossen war. Überdies trägt die Klägerin selbst vor, dass die Gewinnanteile der anderen Kommanditisten durch entsprechende Beschränkung der Umsätze auf 1.500,00 EUR beschränkt bleiben sollten. Außerdem konnten auch keine Tätigkeiten der anderen Kommanditisten festgestellt werden, welche über ihre ohnehin im Rahmen ihrer bestehenden Arbeits- und Auftragsverhältnisse mit der Klägerin dieser gegenüber geschuldeten Tätigkeiten hinausgegangen wären. Der Vortrag der Klägerin (nachdem der Senat sie im Beschluss vom (7 V 7037/14) darauf hingewiesen hatte) zu diesem Punkt ist vollkommen unsubstantiiert. Im Übrigen spricht die Tatsache, dass die D… GmbH ausweislich den Feststellungserklärungen quotal am Gewinn der KGs beteiligt wurde, obwohl ihr nach den Gesellschaftsverträgen keine quotale Beteiligung zustand, dafür, dass die gemeinsame Gewinnerzielung der Gesellschafter und die Aufteilung der erzielten Gewinne nicht im Fokus der Aufmerksamkeit der Beteiligten stand.
Es ist auch aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen lediglich ein Steuervorteil bezweckt wird. Zunächst trägt die Klägerin selbst vor, dass die Ersparnis von Umsatz- und Gewerbesteuer zu den von ihr mit der Gestaltung verfolgten Zwecken zählte. Daran ändert es auch nichts, wenn die Klägerin bzw. die KGs die Steuerersparnis über niedrigere Preise ganz oder teilweise an die Kunden weitergegeben haben. Denn was der Steuerpflichtige mit einer angestrebten Steuerersparnis anfängt, ist für die Feststellung des Zwecks als solche unmaßgeblich. Auch die wirtschaftlichen Hintergründe, welche die Klägerin motiviert haben, nach einer Möglichkeit zum Steuersparen zu suchen (z. B. Konkurrenz durch Kleinunternehmer), sind für die Feststellung des Steuersparzwecks als solche nicht entscheidend. Für eine Mitarbeiterbindung, welche über eine gewinnabhängige Provisionsregelung hinausgegangen wäre, war die Konstruktion der KG-Gesellschaftsverträge (Zustimmung von 75% der Gesellschaftsanteile zu einer Veräußerung, Begrenzung der Abfindung bei Ausscheiden auf den Buchwert) nicht geeignet, sodass der Senat nicht überzeugt ist, dass die Mitarbeiterbindung tatsächlich zu den Gestaltungszielen gehörte; Beweismittel, auf die sich entsprechende Feststellungen stützen lassen könnten, sind nicht ersichtlich. Selbst wenn, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, Mehreinkünfte von gut 100,00 EUR pro Monat für ihre Mitarbeiter nicht unerheblich sind, weil diese kein hohes Gehalt bekommen, so erscheint die Zuwendung entsprechender Vorteile mit dem Ziel der Mitarbeiterbindung auf den vom Beklagten genannten alternativen Wegen naheliegender. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der Realisierung von Veräußerungsgewinnen bei der späteren Veräußerung der Kommanditanteile der Klägerin, weil die anderen Kommanditisten wegen der vertraglichen Beschränkungen nicht die Möglichkeit hatten, entsprechende Veräußerungsgewinne zu erzielen. Selbst wenn der Vortrag der Kläger in der mündlichen Verhandlung zutrifft, dass die für den Verkauf ihrer Anteile bezahlte Betrag von einem erfahrenen Mitarbeiter ermittelt worden sei, ergibt sich daraus nichts anderes für den Wert der Minderheitsanteile der anderen Kommanditisten. Die Anteile der anderen Kommanditisten hatten auch deshalb keinen über die bereits entstandenen Entgeltansprüche gegen Kunden und die sonstigen bereits aktivierten Bilanzpositionen hinausgehenden Wert, weil die Klägerin den einzelnen KGs deren künftiges Gewinnpotential jederzeit entziehen konnte, indem sie die Erbringung der entsprechenden Leistungen und Nutzungsüberlassungen von Wirtschaftsgütern einstellte. Auch der Vortrag, die Gestaltung habe auch Werbezwecken für die eigenen Leistungen der Klägerin gedient, ist weder substantiiert noch unter Beweis gestellt. Von daher lassen sich im Ergebnis außer den erlangten Steuervorteilen keine sonstigen wesentlichen Vorteile der Gestaltung feststellen. Sehr wohl feststellbar sind aber wirtschaftliche Nachteile in Form von Gründungskosten (Notar und Handelsregister) und erhöhtem laufenden Verwaltungsaufwand.
c) Gegen dieses Ergebnis spricht nicht das , BStBl II 1990, 100). Denn der dort entschiedene Fall ist mit dem hiesigen nicht vergleichbar. Zum einen kam es im dort entschiedenen Fall zur Entstehung zusätzlicher steuerpflichtiger Umsätze bei der dort zwischengeschalteten Person, die ohne die Zwischenschaltung überhaupt nicht (auch nicht von einer anderen Person) erzielt worden wären, während es im hiesigen Fall lediglich zu einer Verlagerung von Umsätzen mit der Folge der Steuerfreiheit gekommen ist. Zum anderen betraf das genannte Urteil die in den Streitjahren nicht mehr gültige Vorschrift des § 19 Abs. 3 UStG a. F., welche einen Abzugsbetrag vorsah und – anders als die Nichtbesteuerung von Kleinunternehmern nach heutigem Recht (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, Dokumentenstand 162. Lieferung 04.2015, § 19 UStG, Rn. 2 m. w. N.) – keinen Vereinfachungszweck verfolgte, sondern die Nachteile ausgleichen sollte, die sich aus dem Wegfall der bis zum Jahre 1979 für Kleinunternehmer geltenden Bruttoumsatzbesteuerung ergaben (, BStBl II 1990, 100, 1. c) der Gründe).
Weiter widerspricht das hiesige Urteil auch nicht dem , BStBl II 1993, 734). Denn dort ging es zum einen nicht um § 19 UStG oder eine Zwischenschaltung von Gesellschaften zwischen denjenigen, der die Leistungshandlungen tatsächlich ausführt, und den Kunden. Zum anderen sah der BFH aufgrund anderer, hier nicht vorliegender Umstände eine wirtschaftliche Begründung der dort zu beurteilenden Gestaltung.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, weil die Voraussetzungen für eine von der Zivilrechtslage abweichende umsatzsteuerliche Zurechnung von Umsätzen unter Missbrauchsgesichtspunkten noch nicht ausreichend höchstrichterlich geklärt erscheinen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DStR 2017 S. 8 Nr. 47
DStRE 2018 S. 305 Nr. 5
EFG 2017 S. 1473 Nr. 17
GmbH-StB 2018 S. 25 Nr. 1
UStB 2017 S. 327 Nr. 11
HAAAG-54803