FG Köln Urteil v. - 14 K 1918/17 EFG 2018 S. 540 Nr. 7

Arbeitslohn

Keine ermäßigte Besteuerung von Aufstockungsbeträgen zum Transferkurzarbeitergeld

Leitsatz

1) Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes, die der Steuerpflichtige für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft erhält, gehören zum steuerbaren Arbeitslohn i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Die Zahlungen sind nicht nach § 3 Nr. 2 EStG steuerfrei.

2) Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes sind keine Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG und auch keine Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG, so dass keine ermäßigt zu besteuernden außerordentlichen Einkünfte i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG gegeben sind (gegen FG Düsseldorf vom 25.2010, 11 K 2909/09 E und ).

Gesetze: EStG § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1EStG § 34 Abs 2 Nr 2SGB III §§ 110, 111EStG § 3 Nr 2

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die monatlichen Zahlungen einer Transfergesellschaft zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes in Höhe von … EUR für die Zeit vom 1. Februar bis , die dem Kläger im Streitjahr (2014) zuflossen, gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr gültigen Fassung (EStG) ermäßigt zu besteuern sind.

Die Kläger sind Ehegatten und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger ist von Beruf A und erzielte hieraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Am schloss der Kläger mit seinem Arbeitgeber und einer Transfer- und Qualifizierungsgesellschaft (D) folgenden Vertrag in Auszügen:

DREISEITIGER VERTRAG

(AUFHEBUNGS- UND BEFRISTETER ANSTELLUNGSVERTRAG)

zwischen

C

– nachfolgend „Gesellschaft” genannt –

und

D GmbH

D

– nachfolgend „D” genannt –

und

Herrn B

– nachfolgend „Mitarbeiter” genannt –

Präambel

Die Gesellschaft hat im Hinblick auf die im Betrieb E geplanten Betriebsänderungen mit dem zuständigen Betriebsrat im April 2013 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan abgeschlossen. Interessenausgleich und Sozialplan sehen u.a. die Möglichkeit vor, das mit der Gesellschaft bestehende Anstellungsverhältnis einvernehmlich zu beenden und unmittelbar anschließend ein befristetes, neues Anstellungsverhältnis mit der D zu begründen. Von dieser Möglichkeit macht der Mitarbeiter nach Maßgabe der nachfolgenden Regelungen Gebrauch.

I.

AUFHEBUNGSVERTRAG

§ 1

Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit der Gesellschaft

Das zwischen dem Mitarbeiter und der Gesellschaft bestehende Anstellungsverhältnis endet auf Veranlassung der Gesellschaft zur Vermeidung einer ansonsten auszusprechenden ordnungs- und fristgemäßen betriebsbedingten Kündigung mit Ablauf des 31. 01.2014 (nachfolgend „Beendigungstermin”).

§ 2

Ordnungsgemäße Abrechnung

  1. Bis zum Beendigungstermin zahlt die Gesellschaft an den Mitarbeiter die vertragsgemäße Vergütung und rechnet ordnungsgemäß ab. Bis einschließlich [ Monatsende vor Angebot] hat die Gesellschaft bereits sämtliche Entgeltansprüche erfüllt und das Anstellungsverhältnis ordnungsgemäß abgerechnet.

  2. Zum Beendigungstermin nicht genommener Urlaub wird abgegolten.

§ 3

Zahlung einer Abfindung; Fälligkeit

  1. Als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes bezahlt die Gesellschaft an den Mitarbeiter unter Anrechnung auf Ansprüche aus dem Sozialplan eine Abfindung in entsprechender Anwendung von §§ 9, 10 KSchG in Höhe von Brutto € … Euro.

  2. Der sich aus dem Abfindungsbetrag ergebende Nettobetrag wird spätestens mit dem auf die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Gesellschaft folgenden Gehaltslauf zur Zahlung fällig und auf das der Gesellschaft bekannte Konto des Mitarbeiters überwiesen.

§ 7

Ausgleichsklausel

Mit Ausnahme der in diesem Vertrag geregelten Ansprüche sind sämtliche gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Mitarbeiter anlässlich dessen Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt.

II.

BEGRÜNDUNG DES NEUEN ARBEITSVERHÄLTNISSES MIT DER D

(Anstellungsvertrag)

§ 1

Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses

Zwischen der D und dem Arbeitnehmer wird mit Wirkung vom ein Anstellungsvertrag abgeschlossen. Das Arbeitsverhältnis ist befristet und endet am , ohne dass es einer Kündigung bedarf.

Erreicht der Arbeitnehmer vorher das gesetzliche Rentenalter oder ein Lebensalter, das ihn zur Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente ohne Rentenkürzung berechtigt, endet das Arbeitsverhältnis bereits zum Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für die gesetzliche Altersrente bzw. die vorgezogene Altersrente vorliegen.

§ 2

Art der Beschäftigung/Kurzarbeit Null

Der Arbeitnehmer wird in eine betriebsorganisatorische eigenständige Einheit nach § 111 Sozialgesetzbuch III (SGB III) eingegliedert. Er hat keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung. Die D wird für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses Kurzarbeit Null anordnen. Der Arbeitnehmer erklärt sich damit einverstanden.

§ 3

Pflichten des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, gemäß den gesetzlichen Vorschriften dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen und an den von der D vorgeschlagenen Fortbildungs-, Umschulungs- und Arbeitsvermittlungsmaßnahmen teilzunehmen, soweit ihm dies unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten, Qualifikationen und Wohnort zumutbar ist.

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, an den vereinbarten Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten teilzunehmen.

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich bei der zuständigen Arbeitsagentur arbeitssuchend zu melden.

§ 4

Vergütung

Berechnungsgrundlage für die Vergütung in der D ist Ziffer 3.1.3 des Sozialplans. Diese beträgt monatlich brutto EUR ….

Wegen des vorliegenden strukturellen Beschäftigungsmangels arbeite der Arbeitnehmer kurz (Kurzarbeit null). Er erhält aus diesem Grund anstelle des unter Satz 1 bezifferten Bruttoentgelts eine Vergütung, die sich aus Transferkurzarbeitergeld und einer Aufzahlung auf 80 % des sich aus dem oben genannten Bruttoentgelts ergebenden Nettoentgelts.

Für die Berechnung werden die Sozialversicherungspflicht und die Steuermerkmale der Lohnsteuerkarte am zugrunde gelegt. Individuelle Freibeträge finden dabei keine Berücksichtigung.

Der Arbeitnehmer erhält für max. 12 gesetzliche Feiertage pro Kalenderjahr 80 % des sich aus dem oben genannten Bruttoentgelt ergebenden Nettoentgelts einschließlich der gesetzlichen Arbeitgeber-Sozialversicherungsbeiträge (AG-SV-Beiträge).

Der Arbeitnehmer erhält für max. 20 Urlaubstage (5-Tage-Woche) pro Kalenderjahr 80 % des sich aus dem oben genannten Bruttoentgelt ergebenden Nettoentgeltes einschließlich der gesetzlichen AG-SV Beiträge.

Die D übernimmt während der Laufzeit des Arbeitsverhältnisses den Kostenanteil des Arbeitgebers für die Sozialversicherung in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe, d.h. in der Kurzarbeitszeit i.e.S. auch den Arbeitnehmeranteil.

Weitergehende Ansprüche auf tarifliche oder sonstige Leistungen bestehen nicht.

Wird das …kurzarbeitsgeld, insbesondere wegen Einkünften aus Nebentätigkeit gekürzt, erhöht sich die Aufzahlung gem. Abs. 2 nicht.

Die Vergütung wird monatlich in der letzten Woche des laufenden Monats auf ein vom Arbeitnehmer bei Arbeitsantritt zu benennendes Konto überwiesen.

§ 5

Urlaub

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf 20 Arbeitstage (5-Tage-Woche) Urlaub pro Jahr.

Der Urlaub muss bei der D beantragt und genehmigt werden, wobei geplante oder laufende Qualifizierungsmaßnahmen Berücksichtigung finden.

§ 6

Arbeitsverhinderung und Krankheit

Jede Arbeitsverhinderung ist der D unverzüglich unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Ist die Arbeitsverhinderung vorher bekannt, so ist rechtzeitig die Einwilligung des Arbeitgebers einzuholen.

Im Falle einer Erkrankung hat der Arbeitnehmer darüber hinaus unverzüglich, spätestens innerhalb von 3 Tagen, eine ärztliche Bescheinigung ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit nachzureichen, aus der die Arbeitsunfähigkeit sowie deren Beginn und voraussichtliche Dauer ersichtlich sind. Das gilt auch bei Freistellung zur Pflege erkrankter Kinder. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben an, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen.

§ 7

Nebentätigkeiten

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, jegliche Nebentätigkeit – auch bereits bestehende – gegenüber der D anzuzeigen.

Nebentätigkeiten bedürfen der Zustimmung der D.

Die Aufnahme oder Weiterführung einer Nebentätigkeit kann den Bezug von Kurzarbeitergeld gefährden oder ausschließen. Auf die dadurch entstehende Kündigungsmöglichkeit wird der Arbeitnehmer ausdrücklich hingewiesen.

§ 8

Kündigung

Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis mit der D jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen.

Die D haftet nicht für die sozialrechtlichen Folgen einer kurzfristigen Kündigung, wie z.B. Sperr- oder Ruhefristen

Jede Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

§ 9

Ruhen des Arbeitsverhältnisses mit der D

Zur Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses mit einem Dritten kann der Arbeitnehmer die Ruhendstellung seines Arbeitsverhältnisses mit der D für die Dauer der Probezeit, längstens für 6 Monate, innerhalb der Laufzeit des Arbeitsverhältnisses mit der D verlangen. Eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses mit der D erfolgt nicht. Es endet zum ursprünglich vereinbarten Zeitpunkt.

Für die Zeit des Ruhens besteht kein Anspruch auf Leistungen (einschließlich Sozialversicherungsleistungen) gegenüber der D.

Endet das Arbeitsverhältnis mit dem Dritten vor oder mit Ablauf der Probezeit lebt das ruhende Arbeitsverhältnis mit der D zu den bestehenden Bedingungen wieder auf.

§ 10

Vorfristiges Ausscheiden aus der Transfergesellschaft

Bei vorfristigen Ausscheiden aus der Transfergesellschaft hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Einmalzahlung in Höhe von € … brutto pro vollem Kalendermonat der individuellen Restlaufzeit. Die Einmalzahlung wird erst fällig, wenn der Arbeitnehmer endgültig aus der Transfergesellschaft ausscheidet, d.h. wenn feststeht, dass er von seinem Rückkehrrecht keinen Gebrauch macht.

§ 11

Keine sonstigen Leistungen

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der D besteht kein Anspruch auf eine Sozialplanabfindung. Dem Arbeitnehmer ist bekannt, dass Leistungen zur betrieblichen Altersversorge seitens D nicht gewährt werden.

§ 14

Wirksamkeitsvoraussetzungen

Die Wirksamkeit des Anstellungsvertrages ist aufschiebend bzw. auflösend bedingt. Er wird erst wirksam mit der Bewilligung der Zahlung von Transferkurzarbeitergeld gem. § 111 SGB III durch die zuständige Agentur für Arbeit. Sollte das Kurzarbeitergeld während der Laufzeit des Vertrages nicht mehr bewilligt werden, so endet das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt (auflösende Bedingung), ohne dass es einer Kündigung bedarf.

…”

Der Sozialplan zum Interessenausgleich zwischen der C GmbH, Werk E (C) und dem Betriebsrat hat folgenden Inhalt:

„…

3.1 Transfergesellschaft

C bietet allen vom Wegfall des Arbeitsplatzes betroffenen Arbeitnehmern die Teilnahme an einer Transfergesellschaft (TG) an. …

Sofern in diesem Sozialplan nichts anderes bestimmt ist, wird den zur Kündigung anstehenden Arbeitnehmern ein verbindliches Angebot unterbreitet, ab dem … oder später in die TG zu wechseln. Die Verweildauer in der TG beträgt 12 Monate. Der Wechsel in die TG ist freiwillig.

Die Voraussetzung und Geschäftsgrundlage für die TG ist die Bewilligung des Transferkurzarbeitergeldes durch die Bundesagentur für Arbeit nach §§ 110, 111 SGB III, wobei C sicherstellt, dass die für die TG notwendigen Finanzmittel rechtzeitig zur Verfügung stehen.

Sollte eine TG nicht zustande kommen, so werden die hierfür von C vorgesehenen Mittel (Remanenzkosten plus Aufstockung) anspruchsberechtigten Arbeitnehmern als zusätzliche Abfindung zu den unten definierten Abfindungen (Ziff. 3.2) ausgezahlt.

3.1.1

C wird die

D GmbH

als Träger der TG verpflichten. Der Betriebsrat stimmt diesem Vorgehen ausdrücklich u. Die TG wird sodann die folgenden Maßnahmen vornehmen:

  • • Bewerbertraining

  • • Identifikation von Qualifikationsdefiziten und möglicher Qualifizierungsmaßnahmen

  • • Systematische Unterstützung bei der Stellensuche

  • • Versuch der Vermittlung von Arbeitsplätzen bei anderen Arbeitgebern, vorzugsweise in der Region

3.1.2

Arbeitnehmer, die einen Anspruch auf Wechsel in die TG haben, erhalten ein verbindliches Wechselangebot für die Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses mit der TG in Form eines 3-seitigen Vertrages zwischen C, der TG und dem Arbeitnehmer, welches allseits rechtsverbindlich unterschrieben sein muss.

Der dreiseitige Vertrag sieht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit C und die Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses mit der TG nach Maßgabe der Anlage 1 vor.

C und der Betriebsrat sind sich darüber einig, dass sog. betriebsorganisatorische eigenständige Einheiten gemäß §§ 110, 111 SGB III im Rahmen der TG errichtet werden, um den betroffenen Arbeitnehmern den Weg in den ersten Arbeitsmarkt zu erleichtern und so Arbeitslosigkeit zu vermeiden.

3.1.3

Während der Verweildauer in der TG erhalten die Arbeitnehmer monatlich das Transferkurzarbeitergeld gem. §§ 110, 111 SGB III (TKUG), welches durch das Unternehmen auf 80 % eines Zwölftels ihres Durchschnittsjahresnettoeinkommens vor dem Wechsel in die TG abzüglich Entgeltbestandteilen, die aufgrund von Entsendungen oder Arbeitnehmerverleih an andere Standorte aufgestockt wird. Stichtag für die Berechnung ist die Steuerklasse am .

3.1.6

Sollte ein Arbeitnehmer vor Ablauf der Verweildauer von 12 Monaten aus der TG auf eigenen Wunsch ausscheiden, erhält er eine Brutto-Einmalzahlung von € … brutto je eingesparten Monat.

3.2 Abfindung

Mit Ausnahme von Arbeitnehmern, die das Angebot zum Abschluss eines dreiseitigen Vertrages mit anschließender Aufstockung von ALG I zwecks Erreichens der Altersgrenze zum Bezug einer Altersrente erhalten, haben Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des Arbeitgebers betriebsbedingt oder durch Eigenkündigung unter den in Ziff. 1 genannten Voraussetzungen endet, einen Anspruch auf Abfindung. Dies gilt unabhängig davon, ob sie in die TG wechseln.

…”

Laut Bescheinigung der F GmbH (in der Rechtsbehelfsakte) war der Kläger vom bis in der F beschäftigt. Eine Beurteilung über eine Zusammenballung von Einkünften wurde bei Erstellung der Lohnabrechnung nicht vorgenommen. Alle von der F bezahlten Gehaltsbestandteile wurden der laufenden Besteuerung unterworfen. Der Aufstockungsbetrag betrug … EUR.

Der Bruttoarbeitslohn in Zeile 3 der Lohnsteuerbescheinigung 2014 setzt sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Laufender Arbeitslohn (für Urlaubs- und Feiertage)
… EUR
Aufstockungsbetrag auf das Kurzarbeitergeld
… EUR
Sonderzahlungen
… EUR
Bruttoarbeitslohn lt. Zeile 3
… EUR

Die Kläger erklärten den Betrag von … EUR (Bruttoarbeitslohn lt. Zeile 3) als Entschädigungen.

Mit Einkommensteuerbescheid vom setzte der Beklagte die Einkommensteuer für das Jahr 2014 mit … EUR fest. Hierbei versteuerte der Beklagte lediglich den Abfindungsbetrag von … EUR nach § 34 Abs. 1 EStG.

Hiergegen legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein, der sich u.a. gegen die Nichtanwendung der Fünftelregelung für den von der D GmbH gezahlten Betrag in Höhe von … EUR richtete (Bruttoarbeitslohn lt. Zeile 3).

Aus nicht im Streit befindlichen Gründen erließ der Beklagte am einen Änderungsbescheid über Einkommensteuer für das Jahr 2014 und setzte die Einkommensteuer mit … EUR fest.

Mit Einspruchsentscheidung vom wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG liege nicht vor, da mit der externen F ab dem ein neues, befristetes Arbeitsverhältnis begründet worden sei. Die Firma sei eine eigene juristische Person mit eigenem Gesellschafterzweck und mit der Firma C verbunden. Ob der Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübe oder sich an Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen beteilige, sei unerheblich. Die von der F gezahlten monatlichen Zuschüsse zum … (sog. „Aufstockungsbetrag”) stellten somit keinen ermäßigt, sondern regulär zu besteuernden steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Die monatlichen Zuschüsse seien nicht wegen der Auflösung des Dienstverhältnisses gezahlt worden, sondern wegen der Kurzarbeit. Aus dem Sozialplan (Tz. 3.1.3) ergebe sich nichts anderes. Der Umstand, dass der alte Arbeitgeber die F mit finanziellen Mitteln ausgestattet habe und Regelungen des Sozialplans Gegenstand des befristeten Arbeitsvertrages geworden seien, sei ohne Bedeutung. Entscheidend sei, dass von einem neuen eigenständigen Arbeitsverhältnis mit der F auszugehen sei.

Hiergegen haben die Kläger fristgerecht Klage erhoben. Zu deren Begründung tragen sie vor, der Beklagte habe die Aufstockung auf das Transferkurzarbeitergeld zu Unrecht nicht nach der sog. Fünftelregelung gem. § 34 Abs. 1 EStG tarifermäßigt besteuert. Die Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes stellten ebenso wie die Abfindung eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen dar. Sein (des Klägers) Schaden als unabdingbare Voraussetzung für die Annahme einer Entschädigung bestehe in dem unfreiwilligen Verlust seiner Einnahmemöglichkeit durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma C GmbH zum . Die Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes stellen Ersatzleistungen für den unfreiwilligen Einnahmeverlust durch Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses dar. Dies ergebe sich bereits aus der Präambel zum Vertrag vom , wonach der zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat geschlossene Interessenausgleich sowie die Vereinbarung zu § 110 SGB III (Transfermaßnahmen) Grundlage der in dem dreiseitigen Vertrag getroffenen Regelungen sei.

Das gelte auch für die Aufstockungsbeträge. Dem Entschädigungscharakter der Aufstockungsbeträge stehe nicht entgegen, dass es sich um monatliche Zuzahlungen zur Aufstockung des Arbeitslosengeldes gehandelt habe. Ähnlich wie monatliche Zuzahlungen zur Aufstockung des Arbeitslosengeldes (Hinweis auf , BFH/NV 2005, 1772) verfolgten auch Aufstockungen zum Kurzarbeitergeld den Zweck, dem Kläger Ersatz im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG für den durch den Verlust seines Arbeitsplatzes bedingten Einnahmeverlust zu leisten. Darüber hinaus sei unschädlich, dass die Zuzahlungen zumindest formal von dritter Seite – nämlich von der Firma D GmbH – geleistet worden seien. Zudem bestünde zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Firma C GmbH und den Aufstockungszahlungen das erforderliche Kausalverhältnis. Schließlich beruhten die Aufstockungszahlungen auf einer neuen Rechtsgrundlage, aufgrund des dreiseitigen Vertrages vom und nicht auf dem ursprünglichen Arbeitsvertrag. Mit der Firma D GmbH sei zwar ein neues Arbeitsverhältnis abgeschlossen worden, diese habe aber keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, sondern sei nur als Zahlstelle aufgetreten und habe zudem ihre finanzielle Ausstattung aus dem Unternehmenskonzern seines (des Klägers) bisherigen Arbeitgebers erhalten. Es handele sich also um ein bloßes „Abwicklungsbeschäftigungsverhältnis”.

Die F als arbeitsmarktpolitisches Instrument verfolge den Zweck, konkret von Arbeitslosigkeit bedrohte Mitarbeiter eines Betriebes im Rahmen einer auf maximal ein Jahr befristeten Beschäftigung neue Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln; sie sei keine Beschäftigungsgesellschaft. Dementsprechend sei zwischen ihm und der F zwar ein neues befristetes Arbeitsverhältnis begründet, dabei aber Kurzarbeit Null vereinbart, § 111 SGB III. Er habe lediglich einen Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld erlangt, mangels Arbeitsleistung aber keinen Anspruch auf laufenden Arbeitslohn. Die Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes gehörten damit ebenso wenig zum laufenden Arbeitslohn wie das Kurzarbeitergeld selbst. Zudem habe die Firma D GmbH die entsprechenden Zahlungen wirtschaftlich gar nicht getragen. Die Gesellschaft fungiere lediglich als Abwicklungs- bzw. Zahlstelle. Diese Rechtsauffassung werde auch vom , EFG 2011, 967) vertreten. Auch stehe die Umwandlung des Dienstverhältnisses in ein Abwicklungsbeschäftigungsverhältnis ohne Arbeitsverpflichtung (Kurzarbeit Null), der Annahme einer neuen Rechtsgrundlage nicht entgegen (Hinweis auf das , EFG 2013, 1669).

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom den Einkommensteuerbescheid vom dahingehend zu ändern, dass die Einnahmen des Klägers aus der Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes nach der sog. Fünftelregelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG traifermäßigt besteuert werden und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise im Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass von einer externen Beschäftigungs-Gesellschaft gezahlte Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld keine steuerfreie (ratierliche) Abfindung, sondern regulär zu besteuernder Arbeitslohn darstelle (Urteil vom IX R 23/09, BFHE 230, 373, BStBl II 2011, 219).

Entscheidungsgründe

I. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger ist ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 104 der Akte) am fristgerecht zur mündlichen Verhandlung am geladen worden. Die Ladung (Bl. 93 der Akte) enthielt den Hinweis gem. § 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), dass auch beim Ausbleiben eines Beteiligten ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Auf Betreiben der Prozessbevollmächtigten ist der Termin verlegt worden. Auch die Terminsverlegung (Bl. 106 der Akte) ist der Prozessbevollmächtigten ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 111) rechtzeitig zugestellt worden.

II. Der Einkommensteuerbescheid vom und die Einspruchsentscheidung vom verletzen die Kläger insoweit in ihren Rechten, als die zumutbare Belastung gem. § 33 Abs. 3 EStG nicht entsprechend dem (BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684) ermittelt wurde. Die Einkommensteuer der Kläger ist für das Jahr 2014 aufgrund dessen mit 32.616 EUR festzusetzen, § 100 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Hinsichtlich der dem Kläger im Jahre 2014 zugeflossenen monatlichen Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes in Höhe von insgesamt … EUR handelt es sich um laufenden steuerbaren Arbeitslohn im Sinne des §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 2 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV), der nicht gem. §§ 34 Abs. 2 Nr. 2, 24 Nr. 1 EStG ermäßigt zu besteuern ist.

1. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 LStDV sind Arbeitslohn alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen; es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden.

a) Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. , BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904; vom VI R 74/14, BFHE 252, 129, BStBl II 2016, 303, und VI R 47/14, BFHE 252, 124, BStBl II 2016, 301, vom IX R 2/16, BFHE 254, 260, BStBl II 2016, 901, m.w.N.).

b) Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2007, 898; vom VI R 80/01, BFHE 234, 195, BStBl II 2011, 948; vom VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382, und in BFHE 254, 260, BStBl II 2016, 901).

c) Die Beantwortung der Frage, ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, obliegt der tatrichterlichen Würdigung des Senats. Denn ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht steuerbaren Bereich zuzuordnen ist, kann nur aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 898; in BFHE 234, 195, BStBl II 2011, 948; in BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382, und in BFHE 254, 260, BStBl II 2016, 901).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundätze hat der Kläger die monatlichen Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes in Höhe von insgesamt 21.404,28 EUR für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft erhalten. Sie sind daher durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind.

Der Kläger schloss am im Rahmen eines als dreiseitiger Vertrag überschriebenen Vertrages mit der D GmbH mit Wirkung vom bis zum einen befristeten Anstellungsvertrag. Die D GmbH ist eine eigenständige juristische Person mit der der Kläger eine neues eigenständiges Arbeitsverhältnis eingegangen ist. Gem. § 2 des Vertrages wurde der Kläger in die betriebsorganisatorische eigenständige Einheit nach § 111 SGB III eingegliedert. Er erklärte sich im Rahmen des § 2 des Vertrages damit einverstanden, dass er keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung hat und dass die D für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses Kurzarbeit Null anordnet. § 4 des Vertrages ist zu entnehmen, dass der Kläger aufgrund des vorliegenden strukturellen Beschäftigungsmangels kurz arbeitete. Neben dem gem. § 3 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerfreien Transferkurzarbeitergeld erhielt der Kläger monatlich eine Aufzahlung auf 80 % des sich aus dem Bruttoentgelt von … EUR ergebenden Nettoentgelts. Der Kläger war gem. § 6 verpflichtet Arbeitsverhinderungen unverzüglich mitzuteilen und gem. § 7 des Vertrages Nebentätigkeiten anzuzeigen, zudem bedurften diese der Zustimmung. Gem. § 8 des Vertrages war der Kläger berechtigt, das „Arbeitsverhältnis” mit der D jederzeit ohne Einhaltung einer Frist schriftlich zu kündigen. § 9 berechtigte den Kläger, das „Arbeitsverhältnis” mit der D für die Dauer der Probezeit längstens für sechs Monate, innerhalb der Laufzeit des Arbeitsverhältnisses mit der D ruhend zu stellen. Auch § 11 des Vertrages spricht von einem Arbeitsverhältnis. Nach alledem war der Kläger gegenüber der D verpflichtet, seine individuelle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, wenn auch mit der Besonderheit, dass der Kläger keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung hatte. Die Aufstockungszahlungen des Transferkurzarbeitergelds in Höhe von insgesamt 21.404,28 EUR hat der Kläger für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft erhalten. Die Aufstockungszahlungen sind folglich durch das Dienstverhältnis mit der D veranlasst. Diese Ansicht teilt auch das Bundesarbeitsgericht, wenn es ausführt, dass Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG der Einkommensteuer unterliegen (, BAGE 154, 8, Arbeitsrechtliche Praxis – AP – Nr. 28 zu § 611 BGB).

3. Die monatlichen Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes sind nicht gem. § 3 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerfrei. Nach § 3 Satz 1 Nr. 2 EStG ist das Kurzarbeitergeld steuerfrei, nicht jedoch die gezahlte Aufstockung zum Transferkurzarbeitergeld (BAG-Urteil in BAGE 154, 8, AP Nr. 28 zu § 611 BGB).

4. Entgegen der in der bisherigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung (dazu , nv; , nv, nrkr. Az. BFH IX R 44/17) handelt es sich hinsichtlich der Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes nicht um außerordentliche Einkünfte im Sinne des §§ 34 Abs. 2 Nr. 2, 24 Nr. 1 EStG.

Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen, § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG.

Als außerordentliche Einkünfte kommen im Streitfall nur Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG in Betracht, § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG.

Gem. § 24 Nr. 1 Buchst. a und b EStG gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG) oder u.a. für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit (§ 24 Abs. 1 Buchst. b EStG) gewährt worden sind.

a) Der Zuschuss zum Transferkurzarbeitergeld ist keine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG.

Nach § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Entschädigungen die „als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen” gewährt worden sind, d.h. an die Stelle weggefallener oder wegfallender Einnahmen treten (, BFHE 235, 423, BStBl II 2012, 286; vom IX R 28/16, BFHE 259, 272, BFH/NV 2018, 85). Zahlungen treten insbesondere dann nicht an die Stelle weggefallener oder wegfallender Einnahmen, wenn sie aufgrund eines neuen eigenständigen Arbeitsverhältnisses erfolgen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 230, 373, BStBl II 2011, 218). Eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG liegt daher nicht vor, wenn der Steuerpflichtige auf die Vergütung nach seinem Arbeitsvertrag einen Rechtsanspruch hat (vgl. , BFHE 126, 408, BStBl II 1979, 176).

Anders als die in § 3 des Vertrages geregelte, durch die Gesellschaft zu zahlende Abfindungszahlung, sind die Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes keine Zahlungen, die als Entschädigung an Stelle weggefallener oder wegfallender Einnahmen treten. Die Zahlungen sind vielmehr aufgrund eines mit Wirkung vom begründeten und bis zum befristeten Anstellungsverhältnisses (§ 1 des Vertrages) zwischen dem Kläger und der D als eigenständiger juristischer Person und betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit (3.1.2 des Sozialplans) entsprechend der Vergütungsregelung des § 4 des Vertrages gezahlt worden (siehe dazu bereits unter II.2.). Diese Zahlung erfolgt daher nicht an Stelle weggefallener oder wegfallender Einnahmen, sondern aufgrund des zwischen dem Kläger und der D neu zustande gekommenen befristeten Anstellungsvertrages und eines sich hieraus ergebenden eigenständigen Vergütungsanspruchs.

Unschädlich ist, dass der Kläger aufgrund des Vertrages keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung hat und für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses Kurzarbeit Null durch die D angeordnet ist. Der Vertrag definiert gleichwohl in § 3 arbeitsvertragliche Pflichten des Klägers, wonach dieser verpflichtet ist, gemäß den gesetzlichen Vorschriften dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen und an den von der D vorgeschlagenen Fortbildungs-, Umschulungs- und Arbeitsvermittlungsmaßnahmen teilzunehmen, soweit ihm dies unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten, Qualifizierung und seines Wohnorts zumutbar ist. Er ist darüber hinaus verpflichtet, an den vereinbarten Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten teilzunehmen und sich bei der zuständigen Arbeitsagentur arbeitssuchend zu melden. Dies unterscheidet sich grundsätzlich nicht von dem Fall, dass ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer unter Fortzahlung des Arbeitslohns von der Arbeitsverpflichtung freistellt.

Ebenso unerheblich ist, dass die D das Transferkurzarbeitergeld gem. §§ 110, 111 Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) auf 80 % eines Zwölftels des Durchschnittsjahreseinkommens vor dem Wechsel in die D aufstockte, denn die Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes teilt nicht das Schicksal des Transferkurzarbeitergeldes (vgl. BAG-Urteil in BAGE 154, 8, AP Nr. 28 zu § 611 BGB; siehe auch bereits unter II.3.). Aus § 111 Abs. 3 Nr. 2 SGB III folgt vielmehr, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer betriebsorganisatorischen Einheit zusammengefasst werden, um Entlassungen zu vermeiden und ihre Eingliederungschancen zu verbessern. Die Norm setzt daher gerade ein bestehendes Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und der betriebsorganisatorischen Einheit, d.h. im Streitfall der D GmbH, voraus (vgl. auch BAG-Urteil in BAGE 154, 8, AP Nr. 28 zu § 611 BGB). Die D hat sich eigenständig zur Entgeltleistung verpflichtet und nicht nur die technische Abwicklung der Entgeltzahlung übernommen, auch wenn das Transferentgelt eine von C finanzierte Überbrückungsleistung anlässlich einer Betriebsänderung sowie der damit verbundenen Beendigung des Arbeitsverhältnisse mit C darstellt (vgl. , BAGE 151, 235, AP Nr. 57 zu § 3 TVG, Rn. 73; BAG-Urteil in BAGE 154, 8, AP Nr. 28 zu § 611 BGB, Rn. 13).

b) Eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG liegt ebenfalls nicht vor.

§ 24 Nr. 1 Buchst. b EStG erfasst u.a. Entschädigungen, die für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit gewährt werden. Die Entschädigung ist in einem solchen Fall Gegenleistung für die Aufgabe oder Nichtausübung der Tätigkeit (, BFHE 149, 182, BStBl II 1987, 386; , BFH/NV 1992, 646). § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG erfasst als speziellere Regelung Karenzzahlungen, die „für” die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit – mithin als Gegenleistung für den Verzicht auf eine mögliche Einkunftserzielung – erbracht werden (, BFHE 180, 433, BStBl II 1996, 516). Im Streitfall wird dem Kläger der Aufstockungsbetrag allerdings aufgrund der Begründung des mit Wirkung vom abgeschlossenen Anstellungsvertrags mit der D GmbH gewährt und nicht wegen der Aufgabe der Tätigkeit bei C. Die Zahlungen des Aufstockungsbetrages zum Transferkurzarbeitergeld erfolgten auch nicht für den Verzicht auf eine mögliche Einkunftserzielung für die Nichtausübung einer Tätigkeit durch den Kläger. Der Kläger hat sich vielmehr mit Beginn des Vertragsverhältnisses damit einverstanden erklärt, dass er keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung hat und die D für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses Kurzarbeit Null anordnen wird, § 2 des Vertrages.

5. Die bislang vom Beklagten berücksichtigte zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG ist entsprechend den Ausführungen im BFH-Urteil in BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684 stufenweise zu ermitteln und demnach mit 5.192 EUR anzusetzen.

6. Die Einkommensteuer ist gem. § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO mit 32.616 EUR festzusetzen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 2. Fall FGO.

IV. Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO und § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Fall FGO (vgl. , EFG 2011, 976 und , nv, nrkr. Az. BFH IX R 44/17) zuzulassen.

Fundstelle(n):
EFG 2018 S. 540 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 14/2018 S. 923
GAAAG-79349