FG Köln Urteil v. - 3 K 1205/18 EFG 2019 S. 32 Nr. 1

Geldwerter Vorteil

Geldwerter Vorteil für die private Nutzung eines Feuerwehreinsatzfahrzeugs

Leitsatz

Die Möglichkeit zur privaten Nutzung eines Feuerwehreinsatzfahrzeugs (Kommandofahrzeugs) durch den Leiter einer Freiwilligen Feuerwehr stellt dann keinen geldwerten Vorteil dar, wenn der Leiter, der das Fahrzeug tatsächlich für ca. 160 Einsätze im Jahr nutzt und das Fahrzeug bei längeren Abwesenheitszeiten seinem Vertreter überlässt, verpflichtet ist, das Fahrzeug ständig – auch zu privaten Anlässen – mitzuführen, um zeitnah die Einsatzorte zu erreichen.

Gesetze: EStG § 8; EStG § 19 Abs 1 Nr 1; EStG § 42d

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Versteuerung eines geldwerten Vorteils für die private Nutzung eines Feuerwehreinsatzfahrzeuges durch den Leiter der Freiwilligen Feuerwehr in den Streitjahren 2013 bis 2016.

Die Klägerin ist eine Gemeinde in Nordrhein-Westfalen, belegen im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Sie unterhält für den Brandschutz und die Hilfeleistung eine Freiwillige Feuerwehr nach Maßgabe des Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG).

Der Zeuge A ist seit dem …. als tariflich Beschäftigter vollbeschäftigt bei der Klägerin angestellt. …. Daneben ist der Zeuge A … als Leiter der Freiwilligen Feuerwehr der Klägerin tätig. Vor diesem Hintergrund wurde er für sechs Jahre gemäß § 11 Abs. 1 BHKG in ein Ehrenbeamtenverhältnis auf Zeit berufen. Diese Berufung erfolgte im Jahr … für weitere sechs Jahre. Der Zeuge A wohnt 5 km von seiner Arbeitsstätte bei der Klägerin entfernt.

In seiner Eigenschaft als ehrenamtlicher Leiter der Freiwilligen Feuerwehr der Klägerin wurde dem Kläger ein Einsatzfahrzeug zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich um einen Kommandowagen, Fabrikat …, zu einem Bruttolistenpreis in Höhe von 14.000,00 €. Das Fahrzeug ist mit einem fest verbauten Digitalfunkgerät, einem fest verbauten Navigationsgerät – gekoppelt mit einem Meldeempfänger – sowie mit einer fest verbauten Sondersignalanlage ausgestattet. Daneben befinden sich in dem PKW die persönliche Schutzausrüstung des Zeugen, eine Rolle Flatterband, vier Faltleitkegel, Werkzeuge zur Türöffnung, ein Erste-Hilfe-Rucksack sowie Dokumentenmappen und Feuerwehrpläne für verschiedene Objekte in der Gemeinde. Auf die von der Klägerin zu den Akten gereichten Lichtbilder wird verwiesen (Bl. 54-59 der Prozessakte).

Der gestellte PKW stand dem Zeugen rund um die Uhr zur Verfügung. In den streitgegenständlichen Jahren nutzte er ihn für regelmäßige Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie für Mittagsheimfahrten. Daneben nutzte er den PKW an mehreren Tagen der Woche um zu Feuerwehreinsätzen zu gelangen oder um andere Aufgaben aus seiner Tätigkeit als Leiter der freiwilligen Feuerwehr wahrzunehmen. Dazu gehörten u.a. die Beschaffung von persönlicher und sachlicher Ausrüstung oder die Beratung von in der Gemeinde ansässigen Firmen im Bereich des vorbeugenden Brandschutzes. Darüber hinaus besuchte der Zeuge in den Streitjahren mehrtägige Seminare, u.a. in B, C, D, E und F.

Im Falle einer längeren Abwesenheit aufgrund Urlaubs oder Krankheit gab der Zeuge den PKW an den stellvertretenden Leiter der Feuerwehr ab. Laut Aufstellung handelte es sich dabei in den einzelnen Streitjahren um jeweils ungefähr drei Wochen in den Sommermonaten sowie einige Tage im Dezember … wegen Urlaubs und um knapp 1 ½ Wochen im Sommer … wegen Krankheit.

Bei der Klägerin fand vom ….11.2016 bis zum ….11.2016 eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt. Die Prüferin stellte fest, dass es sich bei der dauerhaften Gestellung des Einsatzfahrzeugs an den Zeugen A um einen geldwerten Vorteil handele, der zu versteuern sei. Der Beklagte erließ daraufhin am einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer über insgesamt 2.223,86 € für den Zeitraum bis .

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass die als Grundlage der Haftung und Nachforderung herangezogenen §§ 37a, 37b, 40, 40a und 42d EStG die steuerrechtliche Inanspruchnahme von Arbeitnehmern bzw. die Haftung des Arbeitgebers behandeln, der Zeuge A allerdings nicht im Rahmen seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Gemeindeverwaltung G, sondern in seiner Eigenschaft als ehrenamtlicher Leiter der Freiwilligen Feuerwehr G mit dem Feuerwehr-Kommandowagen ausgerüstet worden sei. Die Gestellung erfolge auch nicht durch den Arbeitgeber, sondern durch den Feuerschutzträger nach BHKG. Zudem wies die Klägerin darauf hin, dass die Ausrüstung mit einem Einsatzfahrzeug nicht personengebunden erfolge, sondern an das Amt des Leiters der Feuerwehr geknüpft sei. Erkennbar sei dies an dem Umstand, dass der Zeuge A im Falle seiner Unabkömmlichkeit das Fahrzeug an den stellvertretenden Leiter der Feuerwehr weitergebe.

Ein geldwerter Vorteil liege nach Auffassung der Klägerin überdies nicht vor. Die Ausrüstung des Leiters der Feuerwehr mit einem vollausgerüsteten Kommandowagen sei dem Umstand geschuldet, dass nach § 3 BHKG den Gemeinden als Feuerschutzträger die Pflicht obliege, entsprechende leistungsfähige Feuerwehren zu unterhalten. Die Unterhaltung unter anderem eines angemessen ausgestatteten Einsatzfahrzeugs für den Leiter der Feuerwehr sei eine Teilmaßnahme zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Der Zeuge A sei überdies im Rahmen seines Ehrenamts verpflichtet, dauerhaft einsatzbereit zu sein, so dass es eine außerdienstliche und somit rein private Nutzung nicht geben könne. Die Klägerin verwies zur Unterstützung ihrer Ausführungen auf eine Entscheidung des (Az. 1 K 11553/04) sowie auf eine Entscheidung des (Az. VI R 195/98).

Der Beklagte wies den Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, der Zeuge sei für den ganzen streitgegenständlichen Zeitraum vollbeschäftigt von der Klägerin angestellt gewesen. Ausweislich der eingereichten Aufstellung der Nutzung des gestellten PKWs sei der Zeuge fast arbeitstäglich mit dem PKW unterwegs gewesen, so dass er den PKW zu einem hohen Anteil in der Zeit der nichtselbständigen Beschäftigung genutzt habe. Dies komme auch dadurch zum Ausdruck, dass sich die Aufgaben aus der Stellenbeschreibung als Brandschutztechniker ab … mit den Aufgaben des ehrenamtlichen Leiters der Feuerwehr decken oder zumindest überschneiden.

Es liege kein Ausnahmefall im Sinne der zitierten Rechtsprechung vor. Der Zeuge habe den PKW – anders als in den angeführten Urteilsfällen, in denen der PKW nur zu Bereitschaftszeiten gestellt worden sei – bis auf Urlaubs- bzw. Krankheitstage dauernd zur Nutzung gehabt. In dieser Zeit habe der Zeuge den PKW auch für Fahrten zu weiter entfernt liegenden Zielen genutzt. Die Behauptung, dass der Zeuge verpflichtet war, dauernd einsatzbereit zu sein, sei dadurch widerlegt. Es sei überdies nicht glaubhaft, dass der Zeuge an rund elf Monaten im Jahr 24 Stunden Bereitschaft gehabt habe; die Wochenenden eingeschlossen.

Mit der am beim Finanzgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Ergänzend verweist sie auf die äußerliche Gestaltung des in Rede stehenden Einsatzfahrzeugs. In einer Kommune ihrer Größenordnung sei es allein schon der Außenwirkung wegen für ehrenamtlich Tätige alles andere als attraktiv, ein Einsatzfahrzeug privat zu nutzen. Es könne zudem nicht angehen, dass einem kommunalen Mitarbeiter, der gleichzeitig ehrenamtlicher Leiter der Freiwilligen Feuerwehr sei, diese Tatsache so eklatant zum Nachteil gereiche. Bezugnehmend auf das Bestreiten einer dauerhaften Einsatzbereitschaft durch den Beklagten, weist die Klägerin darauf hin, dass diese Dauerbereitschaft faktisch bei jedem Mitglied einer Freiwilligen Feuerwehr bestehe.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungs- und Nachforderungsbescheid in Form der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung.

Der Senat hat am beschlossen, Beweis über die Fragen, welche Absprachen zwischen der Klägerin und dem Zeugen A über die Nutzung des Einsatzfahrzeugs der freiwilligen Feuerwehr der Klägerin getroffen wurden sowie für welche Zwecke dieses Fahrzeug vom Zeugen in den Jahren 2013 bis 2016 genutzt wurde, durch Vernehmung des Zeugen A zu erheben.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom in Form der Einspruchsentscheidung vom ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

1. Soweit sich die Klägerin gegen den Nachforderungsbescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom wendet, war dieser aufzuheben, da die Klägerin ihr Wahlrecht auf Pauschalierung gemäß § 40 Abs. 2 EStG nicht ausgeübt hat.

a) Nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz in Höhe von 15% für Sachbezüge in Form der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erheben, soweit diese Bezüge den Betrag nicht übersteigen, den der Arbeitnehmer nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG als Werbungskosten geltend machen könnte, wenn die Bezüge nicht pauschal besteuert würden.

Für die Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG ist ein Antrag oder eine Genehmigung durch das Finanzamt – anders als bei der Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 EStG – nicht erforderlich (vgl. , BFHE 251, 247, BStBl II 2016,176 m.w.N.). Es besteht jedoch ein Wahlrecht des Arbeitgebers auf Pauschalierung, welches durch die Anmeldung der mit einem Pauschsteuersatz erhobenen Lohnsteuer ausgeübt wird (vgl. , BFHE 251, 247,BStBl II 2016,176; Schmidt/Krüger, 37. Aufl. 2018, § 40, Rz. 11; Kirchhof/Eisgrüber, 17. Aufl. 2018, § 40, Rz. 18; zur Pauschalierung nach § 40a EStG ebenso , BFHE 204, 186, BStBl II 2004, 195). Übt der Arbeitgeber dieses Wahlrecht zugunsten einer Pauschalierung aus, ist er gemäß § 40 Abs. 3 Satz 2 EStG Schuldner der pauschalen Lohnsteuer und kann per Pauschalierungsbescheid in Anspruch genommen werden.

b) Die Inanspruchnahme der Klägerin als Schuldnerin der pauschalen Lohnsteuer durch den Nachforderungsbescheid vom scheitert im Streitfall bereits daran, dass die Klägerin das Wahlrecht auf Pauschalierung nicht ausgeübt hat. Nach eigenen Angaben der Klägerin hat diese keinen Pauschalierungsantrag gestellt bzw. keine entsprechende Wahlrechtserklärung abgegeben. Auch aus den Steuerakten und der Lohnsteueraußenprüfungsakte ist nicht erkennbar, dass die Klägerin Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz in Höhe von 15% gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gegenüber dem Beklagten angemeldet hat.

2. Der Haftungsbescheid vom in Form der Einspruchsentscheidung vom war aufzuheben, da die ständige Überlassung des Feuerwehrkommandowagens nicht zu einem als Arbeitslohn i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 8 Abs. 2 EStG zu bewertenden geldwerten Vorteil des Zeugen A geführt hat.

a) Gemäß § 42d EStG haftet der Arbeitgeber für Lohnsteuer, die er gemäß §§ 38 Abs. 2, 41a EStG einzubehalten und abzuführen hat. Das ist die Lohnsteuer, die sich aus dem zugeflossenen Arbeitslohn (§ 38 Abs. 2 Satz 2 EStG) des betreffenden Lohnzahlungszeitraums nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte ergibt. Zum Arbeitslohn gehören gemäß § 19 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Vorteile, die für eine Beschäftigung gewährt werden.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs handelt es sich bei der Gestellung eines Kraftfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und für private Fahrten in aller Regel um einen solchen geldwerten Vorteil und damit um Arbeitslohn (vgl. , BFHE 192, 299,BStBl II 2000,690).

Diese Regel gilt allerdings nicht ausnahmslos. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung betont, dass zum Arbeitslohn i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur Vorteile gehören, die „für” eine Beschäftigung gewährt werden. Dem in § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG benutzten Tatbestandsmerkmal „für” eine Beschäftigung sei zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter haben müsse. Demgegenüber seien solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls auch nicht im weitesten Sinne als Gegenleistung für die Leistung ihres Empfängers bzw. als Entlohnung darstellen, sondern sich lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Aufwendenden erweisen (, BFHE 143, 544,BStBl II 1985, 529; vom VI R 82/83, BFHE 143, 550, BStBl II 1985, 532; vom VI R 26/82, BFHE 143, 539, BStBl II 1995, 641; vom VI R 95/92, BFHE 171, 74, BStBl II 1993, 687 und vom VI R 195/98, BFHE 192, 299, BStBl II 2000,690). Der Vorteil müsse im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt sein. Dafür müsse sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergeben, dass die betriebliche Zielsetzung ganz im Vordergrund stehe und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden könne (, BFHE 171, 74, BStBl II 1993, 687 und vom VI R 195/98, BFHE 192, 299, BStBl II 2000, 690). Es bestehe eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers. Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen sei, desto geringer zähle das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse (vgl. , BFHE 214, 252, BStBl II 2006, 915).

bb) Gestützt auf diese Kriterien hat der den Entlohnungscharakter der Gestellung eines Werkstattwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eines Monteurs während seiner einwöchigen Rufbereitschaften abgelehnt, weil der Arbeitgeber mit der Kfz-Gestellung allein das Ziel verfolgte, dass seine Arbeitnehmer beim Auftreten von Störungen an der Elektrizitätsversorgung schnellstmöglich mit der Schadensbeseitigung beginnen konnten. Aufgrund der bestehenden Versorgungsverträge war der Arbeitgeber im Schadensfall verpflichtet, Störungen der Energieversorgung schnellstmöglich zu beseitigen. Damit erfolgte die Gestellung im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse. Die Einteilung der Arbeitnehmer zu den Rufbereitschaften diente nicht dem Zweck, den betroffenen Arbeitnehmern eine Vergünstigung zu gewähren, was sich bereits aus der Art der Einsatzfahrzeuge (Transporter, Kombifahrzeuge, PKW mit Heckklappe) und dem in ihnen zur Schadensbeseitigung mitgeführten Material ergab. Hinzu kam, dass die Arbeitnehmer die Einsatzfahrzeuge während der Dauer der jeweiligen Rufbereitschaft nur für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und für die jeweiligen Reparatureinsätze, nicht aber für Privatfahrten nutzen durften.

cc) Ein vergleichbarer Sachverhalt lag dem zugrunde, in dem dieses zu der Entscheidung kam, dass die private Nutzung des einem technischen Einsatzleiter während seiner einwöchigen Bereitschaftswochen vom Landkreis gestellten Einsatzfahrzeuges, das äußerlich ein auffälliges Erscheinungsbild aufwies, ausnahmsweise nicht zu einer Einnahme im Sinne eines geldwerten Vorteils führte. Das Finanzgericht Niedersachsen begründete dies damit, dass der Vorteil des Einsatzleiters aus der privaten Nutzung gering sei und angesichts der ganz überwiegenden Interessen des Landkreises an der Erledigung seiner öffentlichen Aufgaben und der daraus folgenden Verpflichtung des Einsatzleiters, das Einsatzfahrzeug ständig bei sich zu führen, vernachlässigt werden könne.

dd) Ausgehend von diesen Erwägungen erweist sich die dem Zeugen A im Streitfall gewährte Möglichkeit der privaten Nutzung des Kommandowagens nicht als Einnahme im Sinne eines geldwerten Vorteils.

aaa) Die Gestellung des Einsatzfahrzeugs an den Zeugen diente im Streitfall dem ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin, als Feuerschutzträgerin für einen funktionalen und zügigen Brandschutz zu sorgen.

Nach dem BHKG ist die Klägerin verpflichtet, vorbeugende und abwehrende Maßnahmen bei Brandgefahren zu gewährleisten. Dieser Verpflichtung kann die Klägerin nur gerecht werden, wenn sie eine leistungsfähige Feuerwehr unterhält, die ständig einsatzbereit ist und zu jeder Zeit schnellstmöglich am Unfallort erscheinen kann.

Die ständige Einsatzbereitschaft der freiwilligen Feuerwehr der Klägerin bestätigte der Zeuge A in seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung. Der Zeuge führte glaubhaft aus, dass es aufgrund des Fehlens einer Berufsfeuerwehr im Kreis erforderlich sei, dass die freiwillige Feuerwehr und insbesondere er, als Leiter der freiwilligen Feuerwehr, ständig einsatzbereit seien. Tatsächlich komme er auf ca. 160 Einsätze im Jahr, die jederzeit, auch an Feiertagen wie Weihnachten oder Silvester, stattfinden könnten. Der Kläger schilderte weiterhin in Einzelheiten, dass er das Einsatzfahrzeug neben den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowohl für sämtliche private Fahrten als auch für Fahrten, die er in seiner Funktion als Bediensteter der Klägerin absolviere, nutze. Dies sei zwingend erforderlich, da nur so seine ständige Einsatzbereitschaft gewährleistet werden könne, weil er derart von jedem Aufenthaltsort direkt an den Unfallort fahren könne, um als Einsatzleiter als Erster vor Ort zu sein.

Neben der ständigen Einsatzbereitschaft setzt ein effektiver Brandschutz auch das schnelle Erscheinen der Feuerwehr am Unfallort voraus. Insbesondere die frühe Anwesenheit des Einsatzleiters ist für den Erfolg des Feuerwehreinsatzes entscheidend. Nach seinen eigenen Schilderungen koordiniert der Zeuge nach seinem Eintreffen am Unfallort, den er regelmäßig vor den mit Löschfahrzeugen ausgerüsteten Kollegen erreicht, den weiteren Einsatz und entscheidet, in welcher Truppenstärke und mit welcher Ausrüstung die Feuerwehr erscheinen muss. Überdies kann er vor Ort gegebenenfalls bereits Erste Hilfe leisten.

Die permanente Überlassung des Einsatzfahrzeugs an den Zeugen ist ein besonders geeignetes Mittel, um der Verpflichtung der Klägerin, eine leistungsfähige Feuerwehr zu unterhalten, gerecht zu werden. Mit der Fahrzeuggestellung verfolgte die Klägerin auch allein das Ziel, diese Verpflichtung zu erfüllen, denn der als Einsatzleiter grundsätzlich nicht entbehrliche Zeuge kann unzweifelhaft schneller am Einsatzort erscheinen, wenn er dorthin direkt von seinem aktuellen Aufenthaltsort fährt, als wenn er bei jedem Einsatz zunächst mit seinem Privatfahrzeug zur Feuerwache fahren müsste, um dort ein Einsatzfahrzeug abzuholen.

Darüber hinaus zeigt die Tatsache, dass der Zeuge das Fahrzeug bei länger andauernder Abwesenheit an seinen Stellvertreter abgibt, dass die Fahrzeuggestellung an die Funktion des Leiters der freiwilligen Feuerwehr gekoppelt ist und nicht zu dem Zweck erfolgt, dem Zeugen für seine Tätigkeit einen Vorteil zu gewähren.

Diese Zielsetzung und Zweckbestimmung unterstreichen die Intensität des eigenbetrieblichen Interesses der Klägerin an der Fahrzeugüberlassung.

bbb) Das Interesse des Zeugen, das Einsatzfahrzeug auch privat nutzen zu können, tritt demgegenüber hinter dem ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin zurück. Für den Senat stellt sich die private Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs sogar eher als zusätzliche Belastung des Zeugen als als dessen Vorteil dar.

Zwar besteht ein Vorteil des Zeugen darin, dass ihm das Fahrzeug permanent zur Verfügung steht und er somit auch privat frei über das Fahrzeug verfügen kann. Diese freie Verfügbarkeit wird jedoch faktisch durch die ständige Einsatzbereitschaft des Zeugen eingeschränkt. Die ständige Einsatzbereitschaft führt letztlich sogar dazu, dass den Zeugen anstatt einer permanenten Nutzungsmöglichkeit eine permanente Nutzungspflicht trifft. Nach seiner eigenen Aussage führt seine ständige Einsatzbereitschaft beispielsweise dazu, dass er zu privaten Veranstaltungen getrennt von seiner, mit dem Privatfahrzeug anreisenden Familie, mit dem Einsatzfahrzeug erscheinen muss, um im Einsatzfall die Veranstaltung ohne Rücksicht auf die Rückreise der Familie schnellstmöglich verlassen zu können.

Hinzu kommt, dass auch die äußere Gestaltung des Fahrzeugs sowie die mitzuführende Ausrüstung die private Nutzung eher hinderlich machen. Zum einen ist der Zeuge aufgrund der äußeren Beschaffenheit des Fahrzeugs stets – auch wenn er sich außerhalb eines Einsatzes befindet – als Mitglied der freiwilligen Feuerwehr zu erkennen, zum anderen ermöglichen die diversen, stets mitzuführenden Ausrüstungsgegenstände keine uneingeschränkte private Nutzung, wie es etwa ein gewöhnliches Fahrzeug, beispielsweise für größere Einkäufe, erlauben würde.

ccc) Der Senat verkennt nicht, dass der streitige Sachverhalt insofern von den Sachverhalten abweicht, die den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs und des Finanzgerichts Niedersachsen zugrunde lagen, als dass dort jeweils nur eine zeitlich beschränkte Rufbereitschaft bestand und eine umfängliche private Nutzung, über die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hinaus, untersagt war. Dies rechtfertigt jedoch für den Streitfall keine abweichende Einordnung. Der Senat sieht keine Veranlassung, die Klägerin aufgrund der ständigen Einsatzbereitschaft des Zeugen schlechter zu behandeln, als wenn er „nur” einzelne Wochen im Jahr zur Rufbereitschaft eingeteilt wäre und „nur” während dieses Zeitraumes ständig einsatzbereit sein müsste. Dies insbesondere, da der Zeuge in seiner Vernehmung glaubhaft erläutert hat, dass seine permanente Einsatzbereitschaft tatsächlich besteht und praktiziert wird, was sich beispielsweise dadurch zeigt, dass er auch an Feiertagen und bei privaten Feiern jederzeit mit einem Einsatz rechnen und einsatzbereit sein muss. Dass es nach Aussage des Zeugen auch vorkomme, dass er sich bei besonderen Anlässen von seiner Bereitschaft abmelde oder mehrtägige Auswärtsseminare besuche, steht der grundsätzlichen Annahme der ständigen Einsatzbereitschaft nicht entgegen. Zum einen hat der Zeuge glaubhaft vorgetragen, dass diese Anlässe eher die Ausnahme seien, zum anderen hat er geschildert, dass in diesen Fällen sein Stellvertreter die Einsatzleitung übernehme, der entweder den Einsatzwagen bei ihm mit dem Ersatzschlüssel abhole oder sich einen Kommandowagen von der unmittelbar an seinen Wohnsitz angrenzenden Feuerwache nehme, so dass ein effektiver Brandschutz weiterhin gewährleistet ist.

Auch die Tatsache, dass sich die private Nutzung des Zeugen nicht bloß auf seine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte begrenzt, führt ebenfalls zu keiner abweichenden Einordnung. Vielmehr unterstreicht dies die Glaubwürdigkeit des Zeugen hinsichtlich seiner ständigen Einsatzbereitschaft, da er im plötzlichen Einsatzfall nur dann schnellstmöglich am Unfallort erscheinen kann, wenn er das Fahrzeug tatsächlich ständig bei sich führt.

b) Da im Streitfall keine Einnahme im Sinne eines geldwerten Vorteils vorliegt und der angefochtene Haftungsbescheid in Form der Einspruchsentscheidung bereits deshalb aufzuheben ist, hatte sich der Senat nicht mit der Frage zu befassen, ob es sich bei der Tätigkeit des Zeugen A als Leiter der freiwilligen Feuerwehr um eine eigenständige Tätigkeit aus nichtselbständiger Arbeit, um einen Teil bzw. einen Annex seiner nichtselbständigen Haupttätigkeit bei der Klägerin oder um eine sonstige Tätigkeit handelt, die eine Inanspruchnahme der Klägerin als Arbeitgeberin gemäß § 42d EStG ausgeschlossen hätte.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

III. Die Revision ist zuzulassen. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. In dem Bereich der Gestellung eines Einsatzfahrzeugs durch einen Feuerschutzträger besteht eine gewisse Rechtsunsicherheit, die geklärt werden sollte.

Anmerkung

ECLI:DE:FGK:2018:0829.3K1205.18.00

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
EFG 2019 S. 32 Nr. 1
EStB 2019 S. 144 Nr. 4
GStB 2019 S. 193 Nr. 6
NWB-Eilnachricht Nr. 15/2019 S. 1006
FAAAH-01853