FG Münster Urteil v. - 14 K 1370/12 E,G EFG 2016 S. 1864 Nr. 22

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Teilnahme an Pokerturnieren und Cash Games

Leitsatz

1) Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren können zu gewerblichen Einkünften führen. Das Pokerspiel ist kein bloßes Glücksspiel, weil aufgrund wissenschaftlich-mathematischer Untersuchungen feststeht, dass bei einem Pokerturnier nicht das Zufallsmoment, sondern das Geschicklichkeitsmoment und die Spielerfahrung ausschlaggebend sind. Dies gilt jedenfalls für solche Spieler, deren Fähigkeiten über diejenigen eines Durchschnittsspielers hinausgehen.

2) Gewinne aus der Teilnahme an sog. Cash Games (u.a. Black Jack) können zu gewerblichen Einkünften führen, wenn sie in wirtschaftlichen, örtlichen und sachlichen Zusammenhang mit der gewerblichen Pokertätigkeit erzielt werden.

Gesetze: EStG § 15 Abs 2

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger in den Jahren 2005 bis 2007 (Streitjahre) durch seine Teilnahme an Pokerturnieren und hinsichtlich seiner Beteiligung an Kartenspielen in Spielbanken (sog. „Cash Games”, u. a. „Black Jack”) gewerblich tätig geworden ist und –falls ja– in welcher Höhe ihm Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit zugeflossen sind.

Der Kläger war zunächst vom bis als angestellter T im Fachbereich X tätig und erzielte dementsprechend auch in den Jahren 2005 und 2006 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Darüber hinaus nahm er in den Streitjahren jedenfalls an 134 Tagen an turniermäßig ausgerichteten Kartenspielen teil. Hiervon entfielen auf das Jahr 2005 13 Tage, auf das Jahr 2006 50 Tage und auf das Jahr 2007 71 Tage. Diese Turnieren fanden in verschiedenen Städten und Ländern –mitunter wiederholt– statt (Deutschland: R und C, Frankreich: A, Österreich: G, E und N, Niederlande: M und S, Spanien: L, USA: B und D).

Aus der Teilnahme an den Turnieren erzielte der Kläger in den Streitjahren und jedenfalls bis in den November des Jahres 2009 hinein aufgrund seines Spielerfolges wiederholt Preisgelder. Im Zusammenhang mit der Teilnahme an Turnieren fielen nicht nur Reisekosten, sondern auch Teilnahmegebühren und Ausgaben für am Gewinn beteiligte Dritte gezahlte Gewinnbeteiligungen an.

Daneben nahm der Kläger in Spielcasinos außerhalb von Turnieren wiederholt an verschiedenen sog. „Cash Games” (u. a. „Black Jack”) auch an sog. VIP-Tischen teil.

Er tätigte auf seinem Konto bei der Bank 1 in den Jahren 2004 bis 2007 folgende Bareinzahlungen bzw. Barabhebungen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2004
2005
2006
2007
gesamt
Bareinzahlungen
X €
X €
X €
X €
X €
Barabhebungen
X €
X €
X €
X €
X €

Im Einzelnen kam es im Jahr 2004 zu 21 Bareinzahlungen zwischen X € bis X €, im Jahr 2005 zu 32 Bareinzahlungen zwischen X € bis X €, im Jahr 2006 zu 26 Bareinzahlungen zwischen X € bis X € und im Jahr 2007 zu 7 Bareinzahlungen zwischen X € bis X €. Die Barabhebungen setzten sich wie folgt zusammen: im Jahr 2004 40 Barabhebungen zwischen X € bis X €, im Jahr 2005 38 Barabhebungen zwischen X € bis X €, im Jahr 2006 59 Barabhebungen zwischen X € bis X € und im Jahr 2007 46 Barabhebungen zwischen X € bis X €.

In einem Bericht des „Magazins” (Ausgabe 00/0000) „Thema” (abrufbar unter http://www…) ist im Zusammenhang mit der Spieltätigkeit des Klägers ausgeführt: „…”

In einem Zeitungsbericht der Zeitung 1 von Ende des Jahres 0000 ist im Zusammenhang mit der Spieltätigkeit des Klägers ausgeführt: „…” …

Im Anschluss an den Zeitungsbericht der Zeitung 1 vom Ende Monat 0000 hatte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (StrafaFA) den Verdacht, dass der bisher bei ihm steuerlich nicht geführte Kläger Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht erklärt hatte. Der Beklagte forderte den Kläger daher im Juli 2007 zur Abgabe einer Steuererklärung für das Jahr 2006 auf. In der daraufhin vom Kläger eingereichten Steuererklärung gab der Kläger seine Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als T an. Zugleich teilte er auch mit, er sei kein Berufspokerspieler. In der daraufhin vom Beklagten vorgenommenen und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerfestsetzung durch Bescheid vom berücksichtigte der Beklagte keine Einnahmen im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers als Pokerspieler.

Im Jahr 0000 erwarb der Kläger ein Kfz der Marke Y, das einen Wert von X € hatte. Daneben finanzierte er Rückzahlungen von Darlehen an seine Schwester (00.00.0000: Zahlung von insgesamt X € und 00.00.0000: Zahlung von X €) und gewährte seinem Bruder ein Darlehen (00.00.2000: Zahlung von X € und 00.00.0000: Zahlung von X €).

Ab April 2008 arbeitete der Kläger wieder bei seinem früheren Arbeitgeber als angestellter T.

Am wurde gegen den Kläger ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Verkürzung der Einkommensteuer für das Jahr 2007 eingeleitet. Das StrafaFA begann am eine Fahndungsprüfung, die u. a. die Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 2005 bis 2007 zum Gegenstand hatte. An diesem Tag wurde auch ein durch das Amtsgericht erlassener Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vollzogen. Im Verlauf der Durchsuchung wurde eine Aufstellung aufgefunden und beschlagnahmt, die offensichtlich vom Kläger selbst erstellt ist. Diese Aufstellung beinhaltet die Höhe der Spielgewinne des Klägers aus der Teilnahme an Pokerturnieren sowie die damit im Zusammenhang stehenden Startgelder, Trinkgelder, Reisekosten und die an Dritte abgeführten Gewinnbeteiligungen. Nach dieser Aufstellung nahm der Kläger insgesamt an 134 Tagen an turniermäßen Pokerveranstaltungen teil. Auf den sonstigen Inhalt der vorgenannten Aufstellung wird Bezug genommen. Die angeführten Pokerturniere und die daraus folgenden Spielgewinne entsprechen weitgehend den Angaben zum Kläger in einer im Internet abrufbaren Rangliste für professionelle Pokerspieler. Der damalige Bevollmächtigte des Klägers äußerte gegenüber der zuständigen Fahndungsprüferin, der Kläger habe in den Jahren 2004 und 2005 in etlichen Spielbanken an Glücks- und Geschicklichkeitsspielen (u. a. „Black Jack”) teilgenommen und insoweit öfter für den Spieleinsatz Bargeld abgehoben und bei entsprechendem Gewinn Bareinzahlungen getätigt. Das StrafaFA stufte die Betätigung als Pokerspieler als gewerbliche Tätigkeit ein und schätzte die Einkünfte aus der Teilnahme an Poker-Turnieren auf Grundlage der vom Kläger erstellten und im Rahmen der Hausdurchsuchung aufgefundenen Aufstellung. Für die außerhalb von Poker-Turnieren in Spielcasinos erzielten Gewinne schätzte das StrafaFA pauschal einen Gewinn von X €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf einen Vermerk des StrafaFA vom einschließlich der Anlagen sowie auf den Bericht des StrafaFA vom , Tz 9 und Anlage 1.

Nach seinen eigenen Angaben emigrierte der Kläger im Laufe des Jahres 2009 nach…

Der Beklagte folgte den Ausführungen des StrafaFA und erließ am für das Jahr 2006 einen auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) gestützten Änderungsbescheid zur Einkommensteuerfestsetzung (festgesetzte Einkommensteuer: X €) und setzte am selben Tag erstmalig Einkommensteuer für die Jahre 2005 (festgesetzte Einkommensteuer: X €) und 2007 (festgesetzte Einkommensteuer: X €) sowie mit Bescheiden vom erstmalig Gewerbesteuer-Messbeträge für die Jahre 2005 bis 2007 (2005: X €, 2006: X € und 2007: X €) fest.

Der hiergegen eingelegte Einspruch (Eingang beim Beklagten: ) hatte keinen Erfolg. Auf die entsprechende Einspruchsentscheidung vom wird Bezug genommen.

Hiergegen erhob der Kläger mit bei Gericht am eingegangenem Schriftsatz Klage, die er im Laufe des Klageverfahrens insoweit zurückgenommen hat, als sie die Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2007 betraf.

Die Klage stützt der Kläger darauf, dass er mit seiner Betätigung als Pokerspieler keiner gewerblichen Tätigkeit nachgegangen sei.

Die Gewinne aus einem Pokerspiel seien schon deshalb nicht steuerbar, weil Schätzungen zufolge 95 % der Spieler beim Online-Poker Geld verlieren und damit lediglich 5 % aller Spiele zeitweilig positive Ergebnisse erzielen würden. Unter Anwendung bisheriger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sowie des Reichsfinanzhofs (RFH) unterlägen Pokergewinne nicht der Einkommensteuer, weil sie lediglich aufgrund eines Glücksspiels erzielt seien. Dies folge aus wissenschaftlichen Erkenntnissen, einem im Internet auffindbaren Beitrag über Turnier-Poker, der einheitlichen Einstufung des Pokerspiels als grundsätzlich zufallsbedingt durch die deutschen Gerichte, der Rechtsprechung der internationalen Gerichtsbarkeit, wonach die Einordnung von Poker als Glücksspiel nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werde, der Einstufung des Pokerspiels als Glücksspiel im staatlichen Glücksspielwesen und entspreche einer in der Literatur verschiedentlich geäußerten Ansicht. Soweit in der Literatur teilweise vertreten werde, beim Pokerspiel handele es sich statt um ein Glücksspiel um ein Geschicklichkeitsspiel, entspreche dies allein einer rein wissenschaftlich theoretischen Betrachtung, nicht den praktischen Gegebenheiten. Danach sei auch der geübte Spieler in einer Turniersituation vorwiegend vom Glück, nämlich von den ihm zugteilten „Händen”, abhängig, was sich auch daran zeige, dass seit 1991 kein Turnierspieler das „World Series of Poker Main Event” zwei Mal habe gewinnen können, sondern regelmäßig „Newcomer” gewinnen würden. Dass Spielgewinne aus dem Pokerspiel generell der Einkommensteuer unterworfen würden, widerspräche dem Prinzip, Steuerpflichtige entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu besteuern. Denn in den meisten Fällen ergäben sich aus dem Pokerspiel Verluste.

Die von ihm –dem Kläger– ausgeübten Spielvarianten des Pokers, bei denen zwar schnell viel gewonnen, aber ebenso schnell viel verloren werden könne, seien spekulativ und nicht durch Geschick beeinflussbar.

Selbst wenn man im Allgemeinen davon ausgehe, die Betätigung als Pokerspieler könne eine gewerbliche Tätigkeit sein, sei jedenfalls er –der Kläger– mit seiner Spieltätigkeit nicht gewerblich tätig gewesen. Denn neben seiner Vollzeitbeschäftigung als J bzw. T und seinen Freizeitaktivitäten habe er sich dem Glücksspiel lediglich als Hobby gewidmet. Schon ein Hobby-Fußballer, -Tennisspieler, -Golfer oder -Schachspieler gehe häufiger seinem Hobby nach als er –der Kläger–. Überdies würden statistische Untersuchungen belegen, dass er nicht mehr Zeit für das Pokerspielen verwandt habe, als es normalerweise für Hobbys üblich sei. Er habe nicht regelmäßig und durchschnittlich maximal nur 15 Stunden pro Woche gespielt. Er stamme aus einem Kulturkreis, in dem Glücksspiele als Freizeitbeschäftigung eine lange Tradition hätten und gesamtgesellschaftlich durchaus akzeptiert seien, weshalb seine Begeisterung an dieser Art des Glücksspiels auch kulturellen Gründen folge. Er – der Kläger– sei aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als T und seiner Fachausbildung gar nicht in der Lage gewesen, nebenberuflich ein Gewerbe auszuüben. Lediglich nach seinem glücklichen Gewinn in M habe er sich für eine Auszeit von der Arbeit entschlossen. Diese sei notwendig geworden, weil er –der Kläger– zum einen seine Anstellung als T verloren habe und zum anderen, weil er aufgrund einer schweren Erkrankung seines Vaters nervlich und körperlich nicht belastbar gewesen sei.

Die Höhe der von ihm erzielen Gewinne könne für die Frage, ob er Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt habe, keine Rolle spielen.

Auch die Gründe des (BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48) sprächen dafür, dass eine Betätigung wie seine –des Klägers– über wenige Jahre hinweg, jedenfalls für sich genommen, nicht ausreichend für die Annahme einer nachhaltigen Betätigung sein könne. Er –der Kläger– verfüge anders als der Kläger in dem vom BFH entschiedenen Fall nicht über eine jahrelange Pokerkarriere. Denn in den Streitjahren sei er noch als Anfänger einzustufen gewesen und habe persönlich sicherlich nicht den Entschluss gefasst, seine Aktivitäten als Pokerspieler dauerhaft auszuüben. Überdies würde gegen eine nachhaltige Betätigung sprechen, dass er erst seit seinem Turniergewinn in M –wegen des Verlustes seiner Anstellung als T und aufgrund einer schweren Erkrankung seines Vaters, weshalb er (der Kläger) in dieser Zeit nervlich und körperlich nicht belastbar gewesen sei– über eine dauerhafte und nachhaltige Ausweitung seiner Betätigung als Pokerspieler nachgedacht habe. Von einer Gewinnerzielungsabsicht sei seine Betätigung aber nicht getragen gewesen. Bevor er im April 2008 seine Arbeitsstelle bei seinem früheren Arbeitgeber angetreten habe, habe er schon ab Januar 2008 wieder begonnen, eine Arbeitsstelle zu suchen. Überdies verzeichne die „K” lediglich zwei Turnierteilnahmen des Klägers, was gegen seine nachhaltige Betätigung als Pokerspieler spreche. Gleiches lasse sich aus seinem im Jahr 2009 gefassten Entschluss folgern, in die P zu gehen, in der entsprechend dem islamischen Recht Glücksspiele jeglicher Art untersagt und unter hohe Strafen gestellt seien. Tatsächlich habe er mit seiner „Übersiedlung” in die P seine Spieltätigkeit eingestellt.

Überdies sei seine Gewinnerzielungsabsicht objektiv nicht feststellbar, habe er doch –anders als jemand, der ernsthaft mit der Erzielung von Einnahmen rechne– in einem Interview gegenüber dem „Magazin” ausgeführt „…”

Anders als der Kläger in dem vom BFH in BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48 entschiedenem Fall habe er –der Kläger– nur an Turnieren mit Buy-ins zwischen 500 und 800 US-Dollar bzw. Euro und nicht regelmäßig an großen, auch international ausgetragenen Turnieren mit hohen Buy-ins teilgenommen. Nicht vergleichbar sei auch seine mediale Präsenz mit derjenigen des Klägers in dem vom BFH in BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48 entschiedenem Fall, da über ihn –den Kläger– nicht deshalb berichtet worden sei, weil er ein „guter Pokerspieler” gewesen sei, sondern weil er bei dem Turnier in M eine Menge Glück gehabt habe. Auch habe er sich nicht aktiv an der Ausweitung seiner medialen Präsenz beteiligt.

Zudem habe seine Spieltätigkeit nicht den Bereich der privaten Vermögensverwaltung überschritten, weil sie ähnlich der Sach- und Rechtslage bei der Vermögensanlage in Wertpapieren regelmäßig noch dem Bereich der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen und ein besonderer Fall, bei dem die Verkehrsauffassung eine Vermögensverwaltung nicht mehr annehmen würde (Unterhalten eines Büros, ggf. mit Hilfskräften, geschäftliche Organisation, berufliche Erfahrung und Anbieten der Leistungen gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit), hier nicht gegeben sei.

Überdies sei die von ihm gespielte Variante der „Cash Games” nicht Gegenstand des BFH-Urteils in BFH in BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48 gewesen, weshalb diese Entscheidung keinerlei Indizwirkung entfalte.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide über die Festsetzung von Einkommensteuer für die Jahre 2005 und 2006 vom sowie die Bescheide über die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrages für die Jahre 2005 bis 2007 vom , in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom , aufzuheben,

hilfsweise, die Bescheide über die Festsetzung von Einkommensteuer für die Jahre 2005 und 2006 vom sowie die Bescheide über die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrages für die Jahre 2005 bis 2007 vom , in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend abzuändern, dass in den vorgenannten Bescheiden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb jeweils mit 0 € angesetzt werden,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger sei im konkreten Einzelfall mit seiner Betätigung als Pokerspieler gewerblich tätig geworden. Er habe in der Zeit zwischen Aufnahme und Aufgabe dieser Tätigkeit einen Totalgewinn erzielt und mit Dritten sogar Gewinnbeteiligungen in der Form vereinbart, dass sich diese an den Einsätzen beteiligt und hierfür Gewinne „eingestrichen” hätten. Er sei also nicht nur als Konsument aufgetreten, sondern aktiv werbend für seine Dienstleistung in Form von Gewinnbeteiligungen tätig geworden. Vergeblich verweise der Kläger auf internationale Rechtsprechung sowie auf die Neuregelung des staatlichen Glückspielwesens, weil dort von anderen Grundsätzen ausgegangen werde. Auch habe der Kläger seine nichtselbständige Tätigkeit als T – wenn auch nur vorübergehend– aufgegeben, um dem Pokerspiel nachzugehen und sich so den Lebensunterhalt zu sichern. Dass der Kläger durchschnittlich lediglich 15 Stunden wöchentlich gepokert habe, müsse aufgrund der signifikant hohen Bareinzahlungen auf dessen Konto, die nur aus dem Pokerspiel stammen könnten, angezweifelt werden. Überdies seien die Einnahmen des Klägers in Anlehnung an das BFH-Urteil in BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48 als gewerbliche Einkünfte anzusehen. Insbesondere sei der Kläger nachhaltig tätig gewesen. Zudem würden die tatsächlichen Umstände dagegen sprechen, dass sich der Kläger –wie er behauptet– in den Jahren 2006 und 2007 hinsichtlich des Pokerspiels in einem „Anfänger-Stadium” befunden und er für sich persönlich nicht den Entschluss zur nachhaltigen Betätigung gefasst habe. Denn der Kläger habe wiederholt an Pokerturnieren teilgenommen und sei nach außen hin nicht als Amateur-Pokerspieler aufgetreten. So sei er im Bericht des „Magazins” (00/0000) als „…” und als „…” bezeichnet worden. Aufgrund dessen sei die Nachhaltigkeit nicht vollkommen auszuschließen, obwohl die Teilnahme an den Pokerturnieren im Laufe der Zeit abgenommen habe. Da hier schon früher von einer Wiederholungsabsicht auszugehen sei, seien spätere nur vereinzelte Betätigungen unschädlich. Auch sei die spätere Rückkehr des Klägers in die P unbeachtlich, da eine nachhaltige Betätigung nicht rückwirkend entfallen könne. Überdies habe der Kläger einen Totalgewinn angestrebt, wobei es wegen des Vorliegens dieses Gewinnstrebens und des tatsächlich erzielten Totalgewinns unerheblich sei, ob der Kläger in den Medien nicht durch seine guten Fähigkeiten als Pokerspieler, sondern eher durch sein „Glück” bekannt geworden sein solle. Durch die von ihm besuchten Pokerturniere habe der Kläger seine spielerischen Fähigkeiten öffentlich dargeboten, wofür ihm als Entgelt ein von seiner Platzierung abhängiges Preisgeld in Aussicht gestellt worden sei. Auch habe der Kläger den Bereich privater Vermögensverwaltung überschritten, weil seine Spieltätigkeit wegen der vorübergehenden Nichtausübung seiner Tätigkeit als T nach der Verkehrsanschauung dem Bild eines Gewerbetreibenden entsprochen habe. Angesichts der Höhe der erfolgten Bareinzahlungen liege die Schätzung von Gewinnen in Höhe von jährlich X € im untersten Schätzungsbereich. Zur weiteren Begründung sei schließlich auf die Einspruchsentscheidung vom zu verweisen.

Der Senat hat am mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist sowohl hinsichtlich des Hauptantrags, die streitbefangenen Festsetzungen aufzuheben, als auch hinsichtlich des Hilfsantrags, die streitbefangenen Festsetzungen auf 0 € herabzusetzen, unbegründet.

Der Kläger erzielte jedenfalls mit seiner Tätigkeit als Kartenspieler bei Turnierpokerveranstaltungen (vgl. dazu nachfolgend unter I.) und bei „Cash Games” (u. a. „Black Jack”) in Spielcasinos (vgl. dazu nachfolgend unter II.) Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), deren Höhe der Beklagte im Ergebnis zutreffend der Besteuerung zugrunde gelegt hat.

I. Turnierpokerveranstaltungen

Soweit der Kläger an Turnierpokerveranstaltungen teilnahm, ging er einer gewerblichen Tätigkeit nach.

Nach § 15 Abs. 2 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln darf (vgl. , BFHE 224, 321, BStBl II 2009, 533, m.w.N.).

1. Der Kläger handelte als Kartenspieler selbständig.

Die selbständige Tätigkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass sie auf eigene Rechnung (Unternehmerrisiko) und in eigener Verantwortung (Unternehmerinitiative) ausgeübt wird (, BFHE 236, 464, BStBl II 2012, 511).

So liegt es hier. Denn der Kläger bestimmte seine Teilnahme an den von ihm besuchten Turnierpokerveranstaltungen in Spielcasinos autonom, so dass er nicht persönlich abhängig war, keiner Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit unterlag, frei hinsichtlich Organisation und Durchführung der Tätigkeit war (vgl. BFH in BFHE 236, 464, BStBl II 2012, 511, m.w.N.) sowie die Höhe seiner Einnahmen substantiell durch seine Spielaktivität und mithin maßgeblich durch seine eigene Aktivität bestimmt war (vgl. , BFHE 126, 311, BStBl II 1979, 188-190, m.w.N.).

2. Überdies war der Kläger mit seiner Betätigung als Kartenspieler auf Turnierveranstaltungen nachhaltig tätig.

a) Nachhaltig ist eine Tätigkeit, wenn sie von der Absicht getragen ist, sie zu wiederholen und daraus eine ständige Erwerbsquelle zu machen, und wenn sie sich objektiv –in der Regel durch Wiederholungen– als gewerblich darstellt. Auch bezüglich der Wiederholungsabsicht kommt den tatsächlichen Umständen besondere Bedeutung zu. Das Merkmal der Nachhaltigkeit ist bei einer Mehrzahl von Handlungen im Gegensatz zu einer einmaligen Handlung in der Regel zu bejahen (, BFHE 180, 121, BStBl II 1996, 369, m.w.N.).

b) Demnach lag eine nachhaltige Tätigkeit vor. Aufgrund der ihm vorliegenden Akten ist der Senat der Überzeugung, dass die Tätigkeit des Klägers als Kartenspieler von der Absicht getragen war, sie zu wiederholen und daraus eine ständige Erwerbsquelle zu machen.

Denn der Kläger hat in den Streitjahren im Rahmen seiner Spieltätigkeit ausweislich seiner im Verfahren auch nicht bestrittenen Angaben gegenüber der Zeitung 1 an mehr als 29 Turnieren –mithin wiederholt– teilgenommen und hierbei verschiedentlich Spielgewinne erzielt.

Dass das vom Kläger wiederholt wahrgenommene Kartenspiel seine Erwerbsquelle sein sollte, folgt nicht nur aus seinen eigenen Angaben gegenüber der Zeitung 1 und dem „Magazin”, sondern auch –worauf der Beklagte zutreffend hinweist– daraus, dass er seine Berufstätigkeit als T in der Zeit von Oktober 2006 bis März 2008 einstellte und nicht ersichtlich ist, wovon der Kläger ansonsten seinen Lebensunterhalt bestritten hat.

Die Absicht des Klägers, aus dem wiederholten Kartenspiel seine Erwerbsgrundlage zu generieren, manifestiert sich zur Überzeugung des Senats zudem insbesondere darin, dass der Kläger ausweislich des Berichts im „Magazin” den Ertrag seines Kartenspiels mit dem Verdienst eines V, also einer Person aus seinem früheren bzw. künftigen beruflichen Umfeld, verglich und sogar als höher einstufte.

3. Der Kläger handelte in Bezug auf seine Betätigung als Kartenspieler in sämtlichen von ihm gespielten Varianten mit Gewinnerzielungsabsicht.

a) Gewinnerzielungsabsicht ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns; angestrebt werden muss ein positives Ergebnis zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung. An dieser Absicht fehlt es, wenn die Prognose des zu erwirtschaftenden Totalgewinns negativ ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt ( BFH/NV 2007, 434, m.w.N.).

b) Demnach handelte der Kläger zur Überzeugung des Senats bei den Turnierpokerveranstaltungen mit Gewinnerzielungsabsicht.

aa) Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats bereits daraus, dass jeder Teilnehmer eines Kartenspiels –und mithin auch der Kläger– gewinnen möchte und dies prinzipiell einkommensteuerrechtliche Relevanz hat, wenn bei einem Kartenspiel –wie bei denjenigen, an denen der Kläger in den Streitjahren teilnahm– die Chance auf die Erzielung eines Geldgewinns besteht.

bb) Überdies verblieben dem Kläger vor, während und nach den Streitjahren selbst unter Abzug der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen Erträge, deren Höhe darauf schließen lassen, dass der Kläger zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung ein positives Ergebnis anstrebte.

So erzielte der Kläger in den Streitjahren allein aufgrund der Teilnahme an den Turnierspielen Reinerträge von insgesamt X €. Nimmt man zusätzlich das nicht streitbefangene Jahr 2004 in den Blick, war es dem Kläger möglich, in diesem Jahr Bareinzahlungen von X € vorzunehmen, denen Barabhebungen von nur X € gegenüberstanden. Hinzu kommt, dass der Kläger in dem Zeitraum Oktober 2006 bis März 2008 neben den vorgenannten Erträgen keinerlei weiteren finanziellen Mittel zustanden, der Kläger also seine Spieltätigkeit zur Erlangung der für eine Lebensführung notwendigen Mittel hat ausüben müssen.

Dass der Kläger im Jahr 2009 die Bundesrepublik verließ, vermag die beim Kläger jedenfalls in den Streitjahren gegebene Gewinnerzielungsabsicht –worauf der Beklagte ebenfalls zutreffend verwiesen hat– nicht rückwirkend aufzuheben. Dem Senat erschließt sich auch nicht, worauf dies gründen sollte, hat der Kläger doch nach seinen eigenen Angaben auch noch in den Jahren 2008 und 2009 an Turnierpokerspielen teilgenommen.

cc) Aus den vorgenannten Gründen greift auch der Einwand des Klägers nicht durch, bei dem Pokerspiel fehle es an der Gewinnerzielungsabsicht, weil Schätzungen zufolge 95 % der Spieler beim Online-Poker Geld verlören.

Ganz abgesehen davon, dass der Senat nicht hat feststellen können, dass der Kläger in den Streitjahren Online-Poker gespielt hat, ist jedenfalls der Kläger ein Spieler, der danach strebte, Gewinne zu erzielen. Nur dieser subjektive Aspekt ist bei Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht relevant. Daher verstößt die Besteuerung der Spielgewinne –anders als der Kläger meint– auch nicht gegen das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

c) Keiner Entscheidung bedurfte es im Streitfall, ob die Gewinnerzielungsabsicht generell zu verneinen ist bei einem pathologischen (Karten-) Spiel im Sinne einer Impulskontrollstörung mit psychischer Abhängigkeit von kommerziellen Glücksspielen oder Wetten und intensivem und kaum kontrollierbaren Drang zum Glücksspiel (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 263. Auflage, „Spielen, pathologisches”).

Denn der Kläger hat das professionelle Pokerspiel nach seinen eigenen Angaben jedenfalls seit dem Jahr 2009 aufgegeben und verfügte daher über eine Impulskontrolle ohne psychische Abhängigkeit.

4. Der Kläger beteiligte sich mit seiner Spieltätigkeit bei dem Turnierpokerspiel auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.

a) Dieses Merkmal dient dazu, aus dem Gewerbebetrieb solche Tätigkeiten auszuklammern, die zwar mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt werden, aber nicht auf Leistungs- oder Güteraustausch gerichtet sind, wobei neben Sach- und Dienstleistungen auch geistige und andere immaterielle Leistungen Gegenstand gewerblicher Tätigkeit sein können. Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr setzt keinen Güteraustausch gegen festes Entgelt voraus. Vielmehr kann das Entgelt auch erfolgsabhängig bestimmt werden (BFH-Urteil in BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48).

Bei Spielgewinnen bzw. Preisgeldern aus einem reinen Glücksspiel (z. B. Lotterie) liegt keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vor, weil es an der Verknüpfung von Leistungen und Gegenleistungen fehlt. Denn dort stellen weder die Spieltätigkeit noch der Spieleinsatz Leistungen dar, die durch den Spielgewinn vergütet werden. Dagegen kann sich ein „berufsmäßiger” Skat-, Rommé- und Backgammonspieler bzw. Turnierpokerspieler am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligen, wenn er eine Tätigkeit bzw. Leistung am Markt gegen Entgelt für Dritte äußerlich erkennbar anbietet. Seine Tätigkeit bzw. Leistung muss dabei nach außen hin in Erscheinung treten und sich an eine –wenn auch nur begrenzte– Allgemeinheit (Verkehrskreis) wenden. Die für die Prüfung eines Gewerbebetriebs erforderliche Abgrenzung zwischen einem „am Markt orientierten”, einkommensteuerbaren Verhalten und einer nicht steuerbaren Tätigkeit muss stets anhand des konkret zu beurteilenden Einzelfalls vorgenommen werden (BFH-Urteil in BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48) und kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht generell unter Hinweis auf die Rechtsprechung von RFH und BFH, wonach insbesondere Pokergewinne nicht der Einkommensteuer unterliegen, abgelehnt werden.

b) Der Kläger beteiligte sich bei den Turnierpokerveranstaltungen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, nämlich dem Verkehrskreis der Turnierpokerspieler.

aa) Dies folgt bereits daraus, dass er den Veranstaltern der von ihm besuchten Pokerturniere –wie jeder andere Teilnehmer auch– die öffentliche Darbietung seiner spielerischen Fähigkeiten (Spieltätigkeit) antrug und ihm hierfür als Entgelt im vorgenannten Sinne ein von seiner –mitunter auch von einer Gewinnchance beeinflussten– Platzierung abhängiges Preisgeld in Aussicht gestellt wurde. Ein Unterhaltungswert muss der Teilnahme an dem Turnierpokerspiel nicht zukommen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 489).

bb) Aufgrund der vorgenannten Erwägungen ist es –entgegen der Auffassung des Klägers– auch irrelevant, wenn seit 1991 kein Turnierspieler das „World Series Main Event” zwei Mal habe gewinnen können, genügt für die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr doch bereits die öffentliche Darbietung der spielerischen Fähigkeiten.

cc) Bei dieser Betrachtungsweise ergibt sich keine unabsehbare Ausweitung der Steuerbarkeit von Spielgewinnen, gehört zum Tatbestand des § 15 Abs. 2 EStG doch nicht nur die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, sondern auch die Nachhaltigkeit und die Gewinnerzielungsabsicht.

dd) Bei den Turnierpokerspielen, an denen der Kläger teilnahm, handelte es sich aber auch nicht um ein reines Glücksspiel, bei dem mangels Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr anzunehmen ist.

Denn bei der Teilnahme an den vom Kläger auch unternommenen Pokerturnieren, die über mehrere Runden ohne die Möglichkeit des Abbruchs unter Mitnahme von Gewinnen gespielt werden, überwiegt zur Überzeugung des Senats die Geschicklichkeitskomponente.

(1) Seine Überzeugung stützt der Senat darauf, dass Turnierpokerspiele aufgrund wissenschaftlich-mathematischen Untersuchungen bzw. praktischer Tests –anders als der Kläger meint– schon bei einem Durchschnittsspieler als Spiele einzuordnen sind, bei denen nicht das Zufallsmoment überwiegt,

  • weil beim hier relevanten Turnierpoker mit mehreren Runden ohne Möglichkeit des Abbruchs unter Mitnahme von Gewinnen die Geschicklichkeitskomponente überwiegt (Holznagel, MultiMedia und Recht –MMR– 2008, 439, 444),

  • weil in praktischen Tests Durchschnittsspieler die zufällig handelnden Spieler signifikant schlagen (Hambach/Hettich/Kruis, medien und recht – international edition –MR-Int– 2009, 41, 46),

  • weil mehrere Studien ein wesentliches Geschicklichkeitsmoment eruieren, da der Ausgang des Pokerspiels nicht nur vom Glück abhängt, sondern auch von den Fähigkeiten, Kenntnissen und dem Grad der Aufmerksamkeit des Spielers, weil gute und geübte Pokerspieler ihre Fähigkeiten nutzen, um Verluste bei schlechten Karten zu minimieren und Gewinne bei guten Karten zu maximieren und da ein in guter Pokerspieler zudem über strategische Kenntnisse verfügt, um abzuschätzen, ob schlechte Karten dennoch zum Sieg genügen können (Peren/Clement, Messung und Bewertung des Suchtgefährdungspotentials des Onlinepokerspiels Texas Hold'em No Limit, www.forschung-gluecksspiel.de/publikationen, S. 25; Kretschmer, Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht –ZfWG– 2007, 93, 96),

  • weil aufgrund einer empirischen Untersuchung die „kritische Wiederholungshäufigkeit” bestimmt werden kann, ab der das Geschick einen stärkeren Einfluss auf das Spielergebnis hat als der Zufall (Rock/Fiedler, ZfWG 2008, 412) und

  • weil auch der durchschnittliche Pokerspieler in der Variante Texas Hold'em in der Lage ist, seine Fähigkeiten und Kenntnisse so einzusetzen, dass sie vorrangig entscheidend für Sieg oder Niederlage sind (Koenig/Ciszewski, Gewerbearchiv 2007, 402).

Da bereits ein Durchschnittsspieler bei der Teilnahme an Pokerturnieren an einem Geschicklichkeitsspiel teilnimmt, ist die Beteiligung des Klägers am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr allein deshalb zu bejahen, weil der Kläger auf Turnierpokerveranstaltungen spielte.

Im Übrigen würde das Abstellen auf das Kriterium eines Durchschnittsspielers Feststellungen zu den persönlichen Fähigkeiten eines Spielers verlangen, was für sich gesehen objektiv kaum nachprüfbar wäre (vgl. Schiefer/Quinten, Deutsches Steuerrecht 2013, 686, 690). Einer unabsehbaren Ausweitung der Steuerbarkeit von Spielgewinnen wird bereits durch die im § 15 Abs. 2 EStG nach allgemeiner Ansicht enthaltenen Voraussetzungen der Nachhaltigkeit, der Gewinnerzielungsabsicht und der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr begegnet.

(2) Selbst wenn für die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht auf den Durchschnittsspieler, sondern auf einen Spieler mit darüber liegenden Fähigkeiten abzustellen sein sollte (in diesem Sinne Finanzgericht –FG– Köln, Urteil vom – 12 K 1136/11, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2013, 612), nähme der Kläger am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil, weil seine Fähigkeiten zur Überzeugung des Senats über denjenigen eines Durchschnittsspielers liegen.

(a) So folgt bereits aus den eigenen Angaben des Klägers gegenüber dem „Magazin” und der Zeitung 1, dass er –anders als ein Durchschnittsspieler–

  • schon als Schüler den Traum hegte, ein „…” zu werden,

  • die tatsächliche Ausübung des Pokerspiels als „…beruf” begreift,

  • an mindestens 41 Turnieren teilnahm und

  • mit dem Pokerspiel „mehr als ein V” verdiente.

(b) Zudem investierte der Kläger aufgrund seiner Teilnahme an Turnieren in verschiedenen Städten und Ländern, teilweise wiederholt (Deutschland: R und C, Frankreich: A, Österreich: G, E und N, Niederlande: M und S, Spanien: L, USA: B und

D) die dafür notwendigen finanziellen Mittel und die entsprechende Zeit. Diese stand ihm für einen Teil des Streitzeitraums auch aufgrund der Tatsache zur Verfügung, dass er in der Zeit von Oktober 2006 bis März 2008 –anders als ein Durchschnittsspieler– keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgegangen war.

(c) Ferner verfügte der Kläger anders als ein durchschnittlicher Pokerspieler über ein profundes Wissen über die Mechanismen des Turnierspiels, leitete hieraus allgemeingültige Regeln her und teilte diese sogar gegenüber den Medien mit (z. B. gegenüber dem „Magazin” lt. Bericht vom 00.00.0000: „Regel.”). Des Weiteren belegt die gegenüber einem Durchschnittsspieler herausragende Position des Klägers, dass über ihn wiederholt in den Medien berichtet wurde „Magazin”, Zeitung 1 und TV).

(d) Überdies bezeichnete der Kläger –einem Durchschnittspieler nicht entsprechend– das professionelle Kartenspielen, das er ausweislich des Berichts des „Magazins” (00/0000) „Thema” bereits seit Kindertagen anstrebte, jedenfalls die wiederholte Teilnahme an Turnierspielen als seinen …beruf. Außerdem gewann er zumindest zwei hoch dotierte Turniere (Turnier in M und die Pokermeisterschaft) sowie häufig nennenswerte Preisgelder, spielte an VIP-Tischen ohne Limit, wurde während eines Turniers von „TV” begleitet, demonstrierte gegenüber der Redaktion der Zeitung 1 das Pokerspiel und verfügte als bekannte Größe in dem Verkehrskreis der Kartenspieler über ein Pseudonym „…”).

(e) Des Weiteren hat der Kläger ausweislich seiner Angaben gegenüber der Zeitung 1 vom 00.00.0000 entsprechend wissenschaftlicher Erkenntnisse (Holznagel, MMR 2008, 439, 441 f.; Hambach/Hettich/Kruis, MR-Int 2009, 41, 43 f.; Peren/Clement, Messung und Bewertung des Suchtgefährdungspotentials des Onlinepokerspiels Texas Hold'em No Limit, www.forschung-gluecksspiel.de/publikationen; Schmittmann, ZfWG 2014, 153, 154; dazu besonders plastisch: Kretschmer, ZfWG 2007, 93, 96) verinnerlicht, dass Poker jedenfalls ein Kartenspiel ist, das psychologische Geschicklichkeitsfaktoren voraussetzt, nämlich diejenigen der Beobachtung der Mitspieler sowie der Kontrolle über die eigene Körperhaltung, Gestik und Mimik. Diese theoretischen Erkenntnisse hat der Kläger –wie aus seinen tatsächlich erzielten Preisgeldern folgt– auch angewandt und mithin erfolgreicher und professioneller als ein durchschnittlicher Pokerspieler praktiziert.

(f) Aus den vorgenannten Gründen überzeugt es auch nicht, wenn der Kläger ausführt, er habe das Pokerspiel lediglich als Hobby ausgeübt, sei anders als der Kläger in dem BFH-Urteil in BFHE 231, 37, BStBl II 2016, 48 noch als Anfänger einzustufen gewesen, habe keine mit dem dortigen Kläger vergleichbare mediale Präsenz gezeigt, habe im Unterschied zum dortigen Kläger nicht an großen, international ausgerichteten Turnieren teilgenommen, sei kein „guter Pokerspieler”, sei aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als T –die er allerdings nur für einen Teil des Streitzeitraums ausführte– und seiner Fachausbildung nicht in der Lage gewesen, nebenberuflich ein Gewerbe auszuüben und sei aufgrund einer schweren Erkrankung seines Vaters nervlich und körperlich nicht belastbar gewesen.

ee) Aber auch wenn es sich bei dem Pokerspiel um ein reines Glücksspiele handeln würde, stünde dies einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht entgegen.

Stellt sich nämlich die Chance auf die Erlangung des Spielgewinns als Gegenleistung für die Teilnahme am Kartenspiel in einem Spielcasino dar, kommt es für die Beantwortung der Steuerbarkeit des tatsächlich erzielten Preisgeldes entgegen der Auffassung des Klägers nicht darauf an, wie groß die Gewinnchance ist (vgl. , BFHE 220, 67, BStBl II 2008, 469, m.w.N.; Schmittmann, ZfWG 2014, 153, 156).

Das Vorliegen eines Leistungsaustausches (Öffentliche Darbietung der spielerischen Fähigkeiten) und das darin liegende aktive Verhalten des Klägers gegenüber den übrigen Mitspielern (dem Verkehrskreis der Mitspieler) würde die bei einem reinen Glücksspiel fehlende Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr überlagern und der Kläger würde –anders als der Spieler eines in einem rein privaten Kreis stattfindenden Kartenspiels– die Stellung eines Beteiligten am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erlangen.

5. Zugleich überschreitet das vom Kläger unternommene Kartenspiel auf Turnierpokerveranstaltungen entgegen seiner Ansicht auch den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung.

a) Der Senat bezweifelt, dass bei einem Pokerspiel überhaupt eine gewerbliche Einkünfte ausschließende private Vermögensverwaltung vorliegen kann.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z. B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt (, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, m.w.N.). In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, m.w.N.).

Diese Voraussetzungen werden vornehmlich dann untersucht, wenn der Einsatz substantieller Vermögenswerte zu beurteilen ist, so etwa beim Grundstückshandel (, BFH/NV 2012, 414, m.w.N.), bei der Veräußerung beweglicher Wirtschaftsgüter (, BFHE 217, 150, BStBl II 2009, 289) und bei der Vermietung und Verpachtung (, BFHE 192, 84, BStBl II 2000, 467).

Demgegenüber weist das Pokerspiel –steht bei diesem doch die Betätigung selbst und nicht der Einsatz substantieller Vermögenswerte im Vordergrund– bereits strukturellgewerbliche Aspekte auf (vgl. Wacker in Schmidt, EStG § 15 Rz 46; zur Erforderlichkeit des Merkmals der Vermögensverwaltung beim Pokerspiel ebenfalls kritisch BFH in BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48).

bb) Letztlich kann die vorstehende Rechtsfrage aber auf sich beruhen. Denn nach den vorstehenden Grundsätzen entsprach die Teilnahme des Klägers an Turnierpokerveranstaltungen im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung nach der Verkehrsauffassung derjenigen eines Gewerbetreibenden und nicht –wie der Kläger meint– derjenigen einer privaten Vermögensverwaltung.

Denn der Kläger befriedigte durch seine Teilnahme an den Pokerturnierveranstaltungen nicht allein seine privaten Spielbedürfnisse gleich einem Freizeit- oder Hobbyspieler, sondern er setzte seine eigenen Fähigkeiten vergleichbar einem berufsmäßigen Pokerspieler ein.

Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats bereits daraus, dass die Fähigkeiten des Klägers –wie unter 1. d aa (4) (b) der Entscheidungsgründe ausgeführt– über denjenigen eines Durchschnittsspielers liegen und der Kläger diese Fähigkeiten –anders als ein Freizeit- oder Hobbyspieler– auch entsprechend einsetzte, indem er einen Großteil seiner Zeit und seiner finanziellen Mittel in die Teilnahme an Turnieren tatsächlich investierte. Überdies war er nicht nur innerhalb des Kreises professioneller Kartenspieler überregional unter einem Pseudonym, sondern auch außerhalb dieses Kreises –nicht zuletzt aufgrund einer medialen Berichterstattung zu seiner Person, die über einen Freizeit- oder Hobbyspieler nicht stattgefunden hätte– bekannt.

II. Teilnahme an sonstigen Kartenspielen in Spielbanken „Cash Games”, u. a. „Black Jack”)

Auch die sonstigen Spielgewinne aus der Teilnahme an sonstigen Kartenspielen in Spielbanken „Cash Games”, u. a. „Black Jack”) sind als Betriebseinnahmen des Klägers aus seiner gewerblichen Tätigkeit als Turnierpokerspieler zu erfassen.

1. Betriebseinnahmen sind in Anlehnung an § 8 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 EStG alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind. Ein Wertzuwachs ist betrieblich veranlasst, wenn insoweit ein nicht nur äußerlicher, sondern sachlicher, wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben ist. Als betrieblich veranlasst sind nicht nur solche Einnahmen zu werten, die aus der maßgeblichen Sicht des Unternehmers Entgelt für betriebliche Leistungen darstellen. Es ist weder erforderlich, dass der Vermögenszuwachs im Betrieb erwirtschaftet wurde, noch, dass der Steuerpflichtige einen Rechtsanspruch auf die Einnahme hat. Betriebseinnahmen können auch vorliegen, wenn der Steuerpflichtige als Betriebsinhaber unentgeltliche Zuwendungen erhält, mit denen weder ein zuvor begründeter Rechtsanspruch erfüllt, noch eine in der Vergangenheit erbrachte Leistung vergütet werden soll. Erforderlich ist nur, dass die Zuwendung einen wirtschaftlichen Bezug zum Betrieb aufweist (, BFHE 223, 35, BStBl II 2010, 550; vom – VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650; jeweils m.w.N.). Folglich sind selbst Erträge aus zufälligen Leistungsfähigkeitssteigerungen betriebliche Einnahmen, wenn denn eine Kausalität mit der betrieblichen Tätigkeit besteht (Bode in Kirchhof, § 4 Rz 155; vgl. auch Kirchhof in Kirchhof § 2 Rz 60, wonach auch der Zufallsgewinn steuerbar ist, wenn er bei Nutzung der Erwerbsgrundlagen absichtslos entsteht).

2. Demnach war ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Einnahmen aus der Teilnahme an weiteren Spielen in Spielbanken „Cash Games”, u. a. „Black Jack”) gegeben, weil Gegenstand der gewerblichen Erwerbstätigkeit des Klägers jedenfalls das Turnierpokerspiel in Spielbanken war und die in den Spielbanken sonst erzielten Einnahmen aus „Cash Games” (u. a. „Black Jack”) mithin einen örtlichen und sachlichen Zusammenhang zum Gewerbebetrieb des Klägers aufweisen.

Für den sachlichen Zusammenhang spricht zur Überzeugung des Senats auch, dass der Kläger durch seine Teilnahme an weiteren Spielen in Spielbanken seine spielerischen Fähigkeiten trainierte und weitere Erfahrungen sammelte.

Der sachliche Zusammenhang ist schließlich auch deshalb gegeben, weil der Kläger außerhalb von Turnieren auch an VIP-Tischen spielte, er seinen VIP-Status zur Überzeugung des Senats jedenfalls auch durch seine erfolgreichen Platzierungen bei den verschiedenen Turnierpokerveranstaltungen erlangte.

Selbst wenn hierbei eine private Mitveranlassung bestanden haben sollte, wäre dies für die Entscheidung des Streitfalls unerheblich. Denn es genügt, dass das auslösende Moment für die Vorteilszuwendung bei wertender Beurteilung in signifikantem Ausmaß auch der steuerbaren Erwerbssphäre zuzuordnen ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650).

III. Höhe der gewerblichen Einkünfte

Der Ansatz der Einkünfte des Klägers aus seiner gewerblichen Tätigkeit ist im Ergebnis auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

1. Es besteht eine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach.

Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen sind die Besteuerungsgrundlagen insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können, § 162 Abs. 2 Satz 2 AO.

Für die Streitjahre liegen die Voraussetzungen für eine schätzweise Ermittlung der zu besteuernden Preisgelder bzw. Spielgewinne vor. Der Kläger verstieß bei seiner Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG gegen die ihm obliegende Pflicht, seine Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch entsprechende Aufzeichnungen einschließlich Belegsammlung oder im Wege einer geordneten Belegablage zeitnah so festzuhalten, dass die Finanzbehörde (hier: der Beklagte) diese auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen konnte (vgl. , BFH/NV 2013, 902).

Dies stellt bereits einen gravierenden Verstoß gegen die gesetzlichen Aufzeichnungspflichten dar, der für den bargeldintensiven Betrieb des Klägers zu (Hinzu-)Schätzungen berechtigt (vgl. , G, U, EFG 2016, 169).

2. Liegen danach im Streitfall die Voraussetzungen für eine Schätzung von Besteuerungsgrundlagen aufgrund der Verletzung von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten durch den Kläger vor, ist die Finanzbehörde bzw. im finanzgerichtlichen Verfahren gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz der Finanzgerichtsordnung (FGO) das FG im Allgemeinen nicht nur berechtigt (vgl. , BFHE 195, 261, BStBl II 2001, 484), sondern je nach dem Umständen des Einzelfalls sogar verpflichtet, bei der von ihr bzw. ihm vorzunehmenden Schätzung in dem gegebenen Schätzungsrahmen an die oberste Grenze zu gehen (vgl. , BFHE 88, 212, BStBl III 1967, 349; , BFH/NV 1990, 484), d. h. die Besteuerungsgrundlagen sind von der Finanzbehörde nach dem für den Kläger ungünstigsten, aber noch möglichen Sachverhalt festzustellen.

Im Hinblick auf die im Streitfall gegebenen großen Manipulationsmöglichkeiten (Bargeschäfte in nennenswertem Umfang), das Fehlen zeitnah erstellter Aufzeichnungen und die von den Klägern zu vertretenden fehlenden Überprüfungsmöglichkeiten (fehlende Belege, keine Aufzeichnungen) ist lediglich eine grobe Schätzung geboten (vgl. , BFH/NV 1989, 636).

3. In Ausübung seines eigenen Schätzungsrechts schätzt der Senat, dass der Kläger in den Streitjahren aus seiner Spieltätigkeit folgende Gewinne erzielt hat:

  • 2005: X €,

  • 2006: X € und

  • 2007: X €.

Dabei hat er sich von folgenden Überlegungen leiten lassen:

a) Ausgangspunkt der Schätzung ist die im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahme aufgefundene Aufstellung, in der die Teilnahme an Turnierspielen des Klägers festgehalten ist. Im Gegensatz zum Beklagten berücksichtigt der Senat als Betriebsausgaben insoweit nicht nur Aufwendungen für Spieleinsätze, Trinkgeld und Beteiligungen, sondern darüber hinaus auch Reisekosten, die dem Kläger im Zusammenhang mit den Anreisen zu den jeweiligen Turnieren entstanden sein dürften. Daher legt der Senat als Ausgangspunkt seiner Schätzung die vom StrafaFA in der Anlage 3 zum Vermerk vom ermittelten wirtschaftlichen Ergebnisse zugrunde.

b) Hierauf wendet der Senat zur Abgeltung von Unsicherheiten einen Sicherheitszuschlag von 20 % an. Denn es ist nicht auszuschließen, dass der Kläger erzielte Spielgewinne ganz oder teilweise nicht auf sein Konto einzahlte.

c) Zu diesen Spielgewinnen aus der Teilnahme an Turnieren schätzt der Senat Gewinne aus solchen Spielen hinzu, die der Kläger in Spielcasinos außerhalb von Turnieren unternommen hat „Cash Games”, u. a. „Black Jack”).

Insoweit berücksichtigt der Senat zunächst, dass der Kläger zwar noch bis September 2006 einer geregelten Arbeit als T nachging, jedoch bereits Anfang 2006 in der Lage war, seinen Geschwistern finanzielle Mittel in nennenswerter Höhe zur Verfügung zu stellen. Sodann hat der Senat berücksichtigt, dass der Kläger für neun Monate des Jahres 2006 weniger und anschließend mehr Zeit für die Teilnahme an Kartenspielen in Spielcasinos außerhalb von Turnieren gehabt haben dürfte. Ferner findet in die Hinzuschätzung des Senats für die „Cash Games” Eingang, dass der Kläger aufgrund der Aufgabe seiner Tätigkeit als T mehr Zeit sowie wegen der höheren Spielgewinne – insbesondere seit dem von ihm in M am 00.00.0000 erzielten Spielgewinn– gerade im Jahr 2007 auch mehr finanzielle Mittel zur Verfügung hatte, um diese außerhalb von Turnieren in Spielcasinos einsetzen zu können. Hierdurch hat er zur Überzeugung des Senats mehr Erfahrungen gesammelt sowie seine spielerischen Fähigkeiten weiter verbessert und dadurch außerhalb von Turnierpokerspielen höhere Gewinne erzielt.

d) Die Einzelheiten hierzu ergeben sich aus folgender Berechnung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2005
2006
2007
Ermittlung StrafaFA incl. Reisekosten lt. Anlage 3 zum Vermerk vom
X €
X €
X €
zzgl. Sicherheitszuschlag für Gewinne aus Turnieren
20 %
X €
X €
X €
Summe Turniere geschätzt
X €
X €
X €
zzgl. „Cash Games”
X €
X €
X €
Schätzung Gewinne lt. FG
X €
X €
X €
geschätzter Gewinn lt. Beklagtem
X €
X €
X €

d) Da die Schätzung des Senats zu Beträgen führt, die sogar noch über den vom Beklagten geschätzten Beträgen liegen, hat es der Senat bei den streitbefangenen Festsetzungen zu belassen, da er nach dem sog. Verböserungsverbot daran gehindert ist, die streitbefangenen Einkommensteuerfestsetzungen zum Nachteil des Klägers zu ändern (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO).

IV. Die Ergebnisse der vorgenannten Schätzung waren auch bei den streitbefangenen Festsetzungen der Gewerbesteuer-Messbeträge zugrunde zu legen.

Denn nach § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist Gewerbeertrag u. a. der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die –im Streitfall weder geltend gemachten noch sonst nicht ersichtlichen– in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge.

V. Aus den vorgenannten Gründen scheitert auch der vom Kläger hilfsweise gestellte Antrag, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Jahre 2005 bis 2007 mit 0 € festzusetzen.

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

VII. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
EFG 2016 S. 1864 Nr. 22
NWB-Eilnachricht Nr. 1/2017 S. 9
FAAAF-86087