Einheits-KG – Schließen Sonderregelungen zur Willensbildung die gewerbliche Prägung aus?
Anmerkungen zum
Bei einer Einheits-GmbH & Co. KG bestehen Problematiken hinsichtlich der Willensbildung innerhalb der KG gegenüber der Komplementär-GmbH. Daraus resultieren steuerrechtliche Fragen im Hinblick auf die Anwendung der gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG. Mit dieser Analyse soll das [1] eingeordnet und untersucht werden. Das FG stellt in seiner Entscheidung entgegen der Meinung der Finanzverwaltung fest, eine gesellschaftsrechtliche Sonderregelung, die die Kommanditisten eingeschränkt zur Wahrnehmung der Rechte an der Komplementär-GmbH berechtigen, stelle keine Geschäftsführung i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG dar. Der Komplementär-GmbH bleibt die alleinige Geschäftsführung der KG vorbehalten, weshalb die gewerbliche Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG weiter Anwendung für die zu beurteilende Einheits-GmbH & Co. KG findet. Final wird noch der BFH [2] im Wege der Revision über die Auslegung der Geschäftsführung entscheiden müssen.
Die gewerbliche Prägung wird durch eine Sonderregelung innerhalb des Gesellschaftsvertrags zur Willensbildung gegenüber der Komplementär-GmbH nicht ausgeschlossen.
Eine klare Trennung zwischen der Willensbildung der Kommanditisten in Bezug auf die Anteile an der Komplementär-GmbH und dem geschäftsführenden Organ ist aufgrund der spezifischen Struktur der Einheitsgesellschaft geboten.
Rechtlich überzeugt die Auffassung des FG: Die Sonderregelung begründet keine organschaftliche Geschäftsführung innerhalb der KG und die Komplementär-GmbH ist weiterhin die alleinige geschäftsführende Person. Falls sich der BFH der trennenden Sichtweise des FG anschließt, erfahren die notwendigen gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen bei einer Einheits-GmbH & Co. KG und die damit verbundenen steuerlichen Folgen mehr Rechtssicherheit.
I. Problemstellung des Urteilfalls
[i]Graessner, Mittelbarer Anteilserwerb bei Einheits-KG im Grunderwerbsteuerrecht, NWB 39/2014 S. 2934 NWB BAAAE-72884 Kamchen/Kling, Chancen und Risiken der Einheits-GmbH & Co. KG – Lösungsansätze zur Vertragsgestaltung, NWB 51/2015 S. 3853 NWB JAAAF-17557 Kratzsch, Gewerbliche Prägung einer „GmbH & Co. GbR“, KSR 5/2014 S. 11 NWB OAAAE-63063 In dem zu entscheidenden Fall des FG Münster wurde eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG zu einer Einheits-GmbH & Co. KG umstrukturiert. Auch die spätere Einheits-GmbH & Co. KG war rein vermögensverwaltend tätig. Der neu aufgesetzte Gesellschaftsvertrag der Einheits-GmbH & Co. KG enthielt eine Sonderregelung, die den Kommanditisten die Vertretung und Geschäftsführung der GmbH in Bezug auf die der KG gehörenden Geschäftsanteile an der GmbH ermöglichte. Der entsprechende Passus wurde im Gesellschaftsvertrag wie folgt formuliert:
„§ 6 Geschäftsführung und Vertretung
Zur
Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ist die persönlich haftende
Gesellschafterin berechtigt und verpflichtet. Sie selbst ist von den
einschränkenden Bestimmungen des § 181 BGB befreit.
§ 7 Wahrnehmung der Rechte an der Komplementärin
(Einheitsgesellschaft)
(1) Soweit es um die Wahrnehmung der
Rechte aus oder an den der Gesellschaft gehörenden Geschäftsanteilen an der
Komplementärin geht, ist die Komplementärin von der Geschäftsführung und
Vertretung an sich selbst ausgeschlossen. Anstelle der persönlich haftenden
Gesellschafterin sind die Kommanditisten zur Geschäftsführung und
VertretungS. 783 der Gesellschaftsrechte an der Komplementärin nach
Maßgabe der folgenden Absätze befugt.“ [3]
In den weiteren Absätzen des § 7 des Gesellschaftsvertrags wurden die Rechte der Kommanditisten im Hinblick auf deren Ausübung und die Stimmberechtigungen der Kommanditisten weiter spezifiziert.
Vor der Umstrukturierung wurde die GmbH & Co. KG unstreitig als gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG eingestuft, da ausschließlich die Komplementär-GmbH alleinige Vollhafterin war und die alleinige Geschäftsführung für die KG ausübte. Nach Abschluss einer Betriebsprüfung stellte die Finanzverwaltung fest, die gewerbliche Prägung sei für die Einheits-GmbH & Co. KG nach erfolgter Umstrukturierung weggefallen und demzufolge läge eine zu besteuernde Betriebsausaufgabe vor (Überführung des bisherigen Betriebsvermögens ins Privatvermögen). Das FA verneinte aufgrund des neu aufgesetzten Gesellschaftsvertrags die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, da neben der Komplementär-GmbH nun auch die Kommanditisten nach § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags für die KG zur Geschäftsführung befugt seien. Nach dem erfolgslosen Einspruchsverfahren hat sich die Einheits-GmbH & Co. KG, als Klägerin, gegen den Wegfall der gewerblichen Prägung gewendet und eine Qualifizierung weiterhin als gewerbliche Einkünfte begehrt.
II. Problematische Willensbildung bei der Einheits-GmbH & Co. KG
Warum wurde mit dem § 7 des Gesellschaftsvertrags überhaupt solch eine Sonderregelung innerhalb des Gesellschaftsvertrags getroffen? Eine Einheits-GmbH & Co. KG zeichnet sich dadurch aus, dass die Anteile an der Komplementär-GmbH im Gesamthandsvermögen der KG liegen. Die Einheits-GmbH & Co. KG hält also selbst die Anteile an ihrer Komplementär-GmbH. U. a. hat Normann [4] die Vorteile einer Einheitsgesellschaft herausgearbeitet. Mit der Unternehmensstruktur einer Einheits-GmbH & Co. KG fallen die Beteiligungsverhältnisse der Kommanditisten an der KG und der Komplementär-GmbH nicht auseinander. [5] So wird ein einheitlicher Unternehmenswille in beiden Gesellschaften gesichert. Zudem wird als weiterer praktischer Vorteil gesehen: Bei einer Übertragung des Unternehmens ist lediglich eine Abtretung der Kommanditanteile notwendig und eine notarielle Beurkundung kann entfallen, da die Anteile an der Komplementär-GmbH in der Gesamthand der KG verbleiben. [6]
Allerdings stellen sich innerhalb einer Einheitsgesellschaft praktische Fragen bei der Willensausübung. Ohne zusätzliche Regelungen würde die Komplementär-GmbH, als Vertreter der KG, selbst Rechte an ihren eigenen Anteilen ausüben. [7] Hierdurch drohen Verstöße gegen § 47 Abs. 4 und § 45 Nr. GmbHG sowie Interessenskonflikte bei den bei der GmbH angestellten Geschäftsführern, weil diese über ihre eigene Bestellung, Entlastung, Abberufung und Ausgestaltung ihrer Dienstverträge abstimmen könnten. [8]
Mit der Übertragung der Vertretungsrechte auf die Kommanditisten hinsichtlich der Wahrnehmung der Rechte an der Komplementär-GmbH (z. B. Stimmrechtsausübung in der Gesellschafterversammlung der GmbH) wird eine konfliktlose Willensbildung ermöglicht und Interessenkonflikten bei den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH wird vorgebeugt.
Zuletzt stellte Pröpper [9] verschiedene Lösungsansätze vor, mit denen die Willensbildung gegenüber der Komplementär-GmbH gewährleistet werden soll:
Beiratslösung: Es wird ein Beirat als weiteres Organ der Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung geschaffen, dem teilweise Beschlusskompetenzen übertragen werden. Nachteilig ist, dass Satzungsänderungen und Grundlagenbeschlüsse weiterhin zwingend durch die Gesellschafterversammlung, also durch die Komplementär-GmbH selbst, erfolgen müssen.
Vollmachtslösung: Den Kommanditisten werden durch rechtsgeschäftliche Bevollmächtigungen die Stimmrechtsausübungen übertragen.
Satzungslösung: Mit der Formulierung einer zusätzlichen Satzung kann eine „umfassende absichernde Ausgestaltung“ erreicht werden. [10] Die Geschäftsführung und Vertretungsbefugnis der Kommanditisten können nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes entzogen werden.
Im Urteilsfall wurde die Sonderregelung entsprechend dem Lösungsansatz Nr. 3 in den Gesellschaftsvertrag der KG eingebaut. § 7 des Gesellschaftsvertrags bezieht sich dabei explizit auf die Besonderheit der „Einheitsgesellschaft“. Nach Pröpper [11] stellt sich diese Alternative als praktisch und vorteilhaft da, weil der Gesellschaftsvertrag der GmbH unberührt bleibt. Auch Lüke [12] befürwortet die Aufnahme einer gesellschaftsrechtlichen Regelung, damit die Willensbildung und Stimmrechtsausübung in einem sachgerechten Verfahren erfolgen kann. Mit einer gesellschaftsvertraglichen Regelung wird erreicht, dass den Kommanditisten das Recht zur Stimmrechtsausübung nicht wieder durch die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH entzogen werden S. 784kann. Mit der Sonderregelung bleibt die Einheits-GmbH & Co. KG durch ihre Kommanditisten auch hinsichtlich der Anteile an der Komplementär-GmbH ohne drohende Interessenskonflikte handlungsfähig.
III. Steuerrechtliche Würdigung
1. Vorbemerkungen
Aufgrund der Sonderregelung über die Willensbildung gegenüber der Komplementär-GmbH stellt sich steuerrechtlich die Frage, ob die gewerbliche Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG im vorliegenden Sachverhalt entfällt, da die Geschäftsführung und Vertretung der KG nicht mehr ausschließlich durch die Komplementär-GmbH erfolgt, sondern zu mindestens in Teilen auch durch die Kommanditisten wahrgenommen wird.
2. Auffassung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung vertritt die Ansicht, die im vorliegenden Gesellschaftsvertrag vorgesehene Sonderregelung nach § 7 des Gesellschaftsvertrags regele ausdrücklich, dass die Kommanditisten auch die Geschäfte der KG führen. [13] Da die Kommanditisten mit zur Geschäftsführung befugt und an dieser beteiligt seien, findet die gewerbliche Prägung nach der Umstrukturierung auf die Einheits-GmbH & Co. KG keine Anwendung mehr. Durch den Wegfall der gewerblichen Prägung nimmt die Finanzverwaltung eine Betriebsaufgabe i. S. des § 16 Abs. 3 EStG an.
Die Finanzverwaltung legt § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG wortgetreu aus und stellt auf den Begriff der „Geschäftsführung“ ab. Dabei stellt sie an die Ausübung der geschäftsführenden Tätigkeit für die KG lediglich geringe Anforderungen. So sollen aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Regelungen nach § 7 des Gesellschaftsvertrags die Kommanditisten zur Geschäftsführung in der KG befugt sein, weil sie die Befugnis zur Stimmrechtsausübung hinsichtlich der GmbH-Anteile erhalten.
Zudem betrachtet die Finanzverwaltung allein eine gesellschaftsrechtliche Vollmachtserteilung an die Kommanditisten als angemessen und rechtlich einwandfrei.
3. Entscheidungsgründe des FG Münster
Zunächst stellt das FG voran, für die Beurteilung der Geschäftsführung i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG könne nicht allein auf das Außenverhältnis abgestellt werden. [14] Die Klägerin hatte versucht zu begründen, die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen würden allein darauf abzielen, dass die Komplementär-GmbH die Geschäftsführung nach außen wahrnehmen darf und die Kommanditisten nicht. Schließlich sei auch ausschließlich die Komplementär-GmbH als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen worden. Die Sonderregelung beträfe nur das Innenverhältnis. Das Gericht hat hierzu erneut festgehalten: Die Geschäftsführung i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sei nach den Vereinbarungen im Innenverhältnis zu beurteilen und für den zu beurteilenden Fall sei zu klären, ob die Kommanditisten Teil einer organschaftlichen Geschäftsführung sind.
Im Urteilsfall erhält die Komplementär-GmbH nach § 6 des Gesellschaftsvertrags die grundsätzliche Geschäftsführungsbefugnis, die nicht eingeschränkt wird. Indes regelt § 7 des Gesellschaftsvertrags nur die Geschäftsführung für einen typischen Konfliktfall der Willensbildung bei der Einheitsgesellschaft, damit ein ordentlicher Geschäftsbetrieb durchgehend sichergestellt ist. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung stellt das FG fest, diese Sonderregelung führe eben nicht zu einer Geschäftsführung der Kommanditisten in der KG, denn die Geschäftsführungsbefugnis verbleibt weiterhin bei der Komplementär-GmbH. Die GmbH setzt weiterhin den gebildeten Willen um. Damit hat die Sonderregelung allein die Funktion, aufgrund der spezifischen Gesellschaftsstruktur eine bestimmte Ersatzzuständigkeit zu regeln und Komplikationen zu vermeiden, aber gerade nicht eine organschaftliche Geschäftsführung für die Kommanditisten zu erschaffen.
4. Stellungnahme
Dem Ergebnis und der Urteilsbegründung des FG, aufgrund der Sonderregelung liege keine organschaftliche Geschäftsführung, bestehend aus Kommanditisten und Komplementär-GmbH, vor, ist umfassend zuzustimmen.
Die vom FA eingenommene Position überrascht. Im Hinblick auf die bereits bestehende Verwaltungsanweisung (R 15.8 Abs. 6 Satz 5 EStR), nach der ein zur Ausübung der Stimmrechte eingerichteter Beirat keine organschaftliche Geschäftsführung begründet, ist der Standpunkt der Finanzverwaltung unverständlich. Auch ist die pauschalierende Betrachtung der Finanzverwaltung ohne eine Unterscheidung der Geschäftsführungskompetenzen nur schwer nachvollziehbar. Besonders ist dem FG zuzustimmen: Die Bevollmächtigungslösung (vgl. Kap. I.2) kann nicht als die einzig „richtige“ Lösung angesehen werden. Die Auffassung der Finanzverwaltung überzeugt in diesem Punkt nicht.
Bemerkenswerterweise grenzt das FG in seiner Entscheidung die vertraglichen Vereinbarungen und zugewiesenen Rechte zwischen § 6 und § 7 des Gesellschaftsvertrags deutlich voneinander ab. Wachter [15] erklärt zu § 7 des Gesellschaftsvertrags: „An eine solche Regelung kann das Steuerrecht jedenfalls keinerlei Rechtsfolgen knüpfen.“ So maß das Gericht auch der Sonderregelung keine überbewertete Wirkung zu, sondern fokussierte sich hierbei auf den Hintergrund und die Reichweite der getroffenen Regelung.
§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG knüpft an eine bestimmte gesellschaftsrechtliche Gestaltung an. Die gesellschaftsrechtliche Struktur zeichnet sich dadurch aus, dass eine haftungsbeschränkteS. 785 Person als alleiniger persönlich Haftender die geschäftsführenden Aufgaben und das damit verbundene Risiko übernimmt. [16] Diese Prägung besteht auch bei der zu beurteilenden Einheits-GmbH & Co. KG. Der BFH [17] hat bereits präzisiert: Der Begriff der „Geschäftsführung“ ist daher nach gesellschaftsrechtlichem Verständnis zu verstehen: „Maßgeblich ist somit die gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche organschaftliche Befugnis im Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander zu einer auf Verwirklichung des Gesellschaftszwecks gerichteten Tätigkeit.“
Die gesellschaftsrechtliche Vereinbarung nach § 6 des Gesellschaftsvertrags bestimmt eindeutig ausschließlich die Komplementär-GmbH als geschäftsführende Person. Die Kommanditisten sind zur Stimmrechtsausübung für die KG nur in Ausnahmefällen, die die Geschäftsführung in der Komplementär-GmbH betreffen, befugt. Diese reduzierte Befugnis begründet keine Teilhabe an der organschaftlichen Geschäftsführung innerhalb der KG und ist nicht mit einer Geschäftsführung i. S. von § 116 Abs. 1 HGB vergleichbar. [18] Schließlich wird mit der Sonderregelung nach § 7 des Gesellschaftsvertrags lediglich gegenüber der Komplementär-GmbH ein Wille in einem sachgerechten Verfahren gebildet. Allein die Komplementär-GmbH bleibt als geschäftsführende Person ausführendes Organ der KG und setzt somit u. a. auch den nach § 7 des Gesellschaftsvertrags gebildeten Willen der Kommanditisten geschäftsführend in der KG um. Die Kommanditisten erhalten gerade nicht die Ermächtigung, für den Betrieb der KG notwendige Handlungen – alleine oder gemeinschaftlich – vornehmen zu können, auch können sie keinen direkten Einfluss auf die Entscheidungen des laufenden Geschäftsbetriebs der KG nehmen. In Bezug auf den Geschäftsbetrieb der KG stehen den Kommanditisten lediglich die typischen Kontroll- und Überwachungsrechte i. S. des § 166 HGB zu. Die Geschäftsführung oder die Vertretung der GmbH & Co. KG ist den Kommanditisten gem. § 164 bzw. § 170 HGB weiterhin untersagt. Hieran ändert auch die Sonderregelung zur Ausübung der Stimmrechte gegenüber der Komplementär-GmbH nichts. Lüke [19] klassifiziert die Sonderregelung als „eine rechtsgeschäftliche Geschäftsführungsbefugnis bzw. eine Geschäftsführungsbefugnis sui generis“ und grenzt die an die Kommanditisten übertragenen Befugnisse somit zutreffend von einer organschaftlichen Geschäftsführung in der KG ab.
IV. Zusammenfassung
Die Sonderregelung innerhalb des Gesellschaftsvertrags zur Willensbildung gegenüber der Komplementär-GmbH schließt die gewerbliche Prägung nicht aus. Aufgrund der spezifischen Struktur der Einheitsgesellschaft ist eine klare Trennung zwischen der Willensbildung der Kommanditisten in Bezug auf die Anteile an der Komplementär-GmbH und dem geschäftsführenden Organ geboten. Rechtlich überzeugt die Auffassung des FG, nach welcher die Sonderregelung keine organschaftliche Geschäftsführung innerhalb der KG begründet und die Komplementär-GmbH weiterhin die alleinige geschäftsführende Person ist.
Es bleibt abzuwarten, ob sich der BFH der trennenden Sichtweise des FG anschließen wird. Eine Bestätigung durch den BFH, nach der die Befugnisse der Kommanditisten zur Stimmrechtsausübung gegenüber der Komplementär-GmbH von der generellen Geschäftsführung zu trennen sind und keine organschaftliche Geschäftsführung begründen, wäre u. E. sehr zu begrüßen! Die notwendigen gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen bei einer Einheits-GmbH & Co. KG und die damit verbundenen steuerlichen Folgen würden mehr Rechtssicherheit erfahren.
Fundstelle(n):
StuB 20/2016 Seite 782
FAAAF-84441
1Vgl. FG Münster, nrkr. Urteil vom - 3 K 743/13 F NWB GAAAE-81266, DStRE 2016 S. 651; BFH-Az.: IV R 42/14.
2Vgl. FG Münster, nrkr. Urteil vom - 3 K 743/13 F NWB GAAAE-81266, DStRE 2016 S. 651; BFH-Az.: IV R 42/14.
3Vgl. FG Münster, nrkr. Urteil vom - 3 K 743/13 F NWB GAAAE-81266, DStRE 2016 S. 651, 651; BFH-Az.: IV R 42/14.
4Vgl. Normann, GmbH-StB 2014 S. 237, 237.
5Vgl. Normann, GmbH-StB 2014 S. 237, 237, und Pröpper, GmbH-StB 2010 S. 49, 49.
6Vgl. Pröpper, GmbH-StB 2010 S. 49, 49, oder auch Lüke, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, 21. Aufl., Köln 2016, § 2 Rz. 463.
7Vgl. NWB KAAAC-53602, DB 2007 S. 1916 = Kurzinfo StuB 2007 S. 876 NWB BAAAC-63296.
8Vgl. Normann, GmbH-StB 2014, S. 237, 238; Lüke, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, 21. Aufl., Köln 2016, § 2 Rz. 473; Gummert, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. II, 2. Aufl., München 2004, GmbH & Co. KG § 51 Rn. 2 ff.
9Vgl. ausführlich Pröpper, GmbH-StB 2010 S. 49, 50.
10Vgl. Pröpper, GmbH-StB 2010 S. 49, 50, gl. A. Lüke, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, 21. Aufl., Köln 2016, § 2 Rz. 473.
11Vgl. Pröpper, GmbH-StB 2010 S. 49, 50.
12Vgl. Lüke, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, 21. Aufl., Köln 2016, § 2 Rz. 473 und 477.
13Vgl. FG Münster, nrkr. Urteil vom - 3 K 743/13 F NWB GAAAE-81266, DStRE 2016 S. 651; BFH-Az.: IV R 42/14. Das Risiko wurde von Pickhardt-Poremba/Hechler, GmbHR 2004 S. 1383, 1383, früh prognostiziert.
14Vgl. hierzu bereits früher , DB 1993 S. 1394, 1394.
15Vgl. Wachter, GmbHR 2015 S. 177, 180.
16Zur Gepräge-Theorie vgl. Wacker, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., München 2016, § 15 Rz. 211 ff., m. w. N.
17Vgl. NWB OAAAA-95641, DStR 1996 S. 1443, 1444.
18Vgl. Wachter, GmbHR 2015 S. 177, 180.
19Vgl. Lüke, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, 21. Aufl., Köln 2016, § 2 Rz. 477; ausgehend von den Feststellungen von Carlé/Carlé, GmbHR 2001 S. 100, 102.