Zufluss einer Tantieme bei Vereinigung von Forderung und Schuld in der Person des Betriebsübernehmers anlässlich einer Betriebsübergabe
Gesetze: EStG § 11 Abs 1, EStG § 19 Abs 1 S 1, EStG § 15, EStG § 38a Abs 1 S 3, AO 1977 § 174 Abs 1 , EStG § 34 Abs 3
Tatbestand
Streitig ist, ob das beklagte Finanzamt zu Recht einen Betrag von 38.815 DM als Arbeitslohn des Klägers erfaßt hat.
Der Kläger war bei der Firma..., deren Inhaber seine Eltern waren, als leitender Angestellter (Prokurist) beschäftigt. Nach dem Anstellungsvertrag vom erhielt der Kläger als Vergütung für seine Tätigkeit ein festes monatliches Gehalt von 4.000 DM sowie ein Weihnachtsgeld, das durch die Gesellschafterversammlung festgesetzt werden sollte, ferner eine vom Gewinn abhängige Vergütung (Tantieme) in Höhe von 50 v. H. des Jahresüberschusses vor Gewerbesteuer, höchstens jedoch von 50.000 DM, deren Auszahlung allein stattfinden sollte, wenn es die Liquiditätsverhältnisse des Unternehmens erlaubten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Anstellungsvertrag vom Bezug genommen.
Bei der Firma ... fand eine Betriebsprüfung statt, durch die die steuerlichen Verhältnisse der Firma für den Zeitraum 1983 bis 1987 überprüft wurden. Im Rahmen der Betriebsprüfung wurden die von der Firma ... gebildeten Tantiemerückstellungen aufgrund des vorstehenden Anstellungsvertrags per mit 88.815 DM anerkannt.
Im Rahmen der Prüfung fertigte der Betriebsprüfer am eine Kontrollmitteilung betreffend den Arbeitslohn des Klägers in 1988, die wie folgt lautet:
Die Firma ... wurde von 1983 bis 1987 von der Bp geprüft. Herr ... (Kläger) war in dieser Zeit als Geschäftsführer im genannten (elterlichen) Betrieb angestellt. Laut vertraglicher Vereinbarung vom stand ... eine jährliche Tantieme in Höhe von 50 v. H. des Reingewinns der Firma ... (vor Anrechnung der Gewerbesteuer) zu. Die ... wies in der Bilanz zum aufgelaufene Tantiemerückstellungen für ... in Höhe von 119.600 DM aus. In der Prüferbilanz für die Firma ... beträgt die Tantieme-Rückstellung zum lediglich 88.815 DM. Im April 1988 wurde ein Teil der Tantiemeforderungen (50.000 DM an ... ausbezahlt, so daß zum noch Resttantiemeforderungen für ... in Höhe von 38.815 DM bestanden.
Am verstarb die Mitgesellschafterin der Firma ..., Frau ... (Mutter von ...). Am übergab der verbliebene Gesellschafter, ... (Vater von ...) den Betrieb an seinen Sohn, der diesen nach § 7 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung - EStDV - mit den Buchwerten der Firma ... weiterführte. Lediglich die Tantiemerückstellung für ... wurde erfolgsneutral bzw. eigenkapitalerhöhend ausgebucht (Betrag lt. Bp: 38.815 DM).
Steuerliche Würdigung:
Nach Ansicht der Bp ist in der eigenkapitalerhöhenden Auflösung der Tantiemerückstellung (Eröffnungsbilanz von ... zum ) eine Bereicherung bzw. ist ein Zufluß i. S. d. § 11 EStG bezüglich der Resttantiemeforderungen für ... vom in Höhe von 38.815 DM gegeben, so daß bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit für ... im Jahre 1988 133.227 DM zu versteuern sind.
Bei der Veranlagung des Klägers ... und seiner mit ihm zusammenveranlagten Ehefrau (Klägerin) zur Einkommensteuer für 1988 berücksichtigte das beklagte Finanzamt einen Bruttoarbeitslohn des Klägers, wie von der Bp mitgeteilt, in Höhe von 133.227 DM (vgl. hierzu den Einkommensteuerbescheid für 1988 vom ).
Gegen den Einkommensteuerbescheid für 1988 vom legten die Kläger Einspruch ein mit dem Begehren, die zum Zeitpunkt der Betriebsübernahme des Klägers bestehende Tantiemerückstellung in Höhe von 38.815 DM bei Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit außer Ansatz zu lassen. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf die Akten Bezug genommen.
Mit Einspruchsentscheidung vom entschied das beklagte Finanzamt wie folgt:
"Die Einsprüche werden als unbegründet zurückgewiesen.
Der Vorbehalt der Nachprüfung wird aufgehoben.
Die Steuerfestsetzung ergeht hinsichtlich des Kinderfreibetrags nach § 165 AO vorläufig."
Begründet wurde die Einspruchsentscheidung im wesentlichen wie folgt:
Die Tantiemen in Höhe von 38.815 DM seien zutreffend bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt worden. Denn nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehörten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Tantiemen, die für eine Beschäftigung im privaten Dienst gewährt würden. Sie seien nach § 11 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG in dem Kalenderjahr bezogen und zu versteuern, in dem sie dem Arbeitnehmer zuflössen. Nach ständiger Rechtsprechung liege ein Zufluß in diesem Sinne bereits dann vor, wenn der Steuerpflichtige wirtschaftlich über die Einnahmen verfügen könne und objektiv bereichert sei. Diese Voraussetzungen seien für die streitige Resttantiemeforderung des Klägers in Höhe von 38.815 DM im Zeitpunkt der Betriebsübernahme durch den Kläger eingetreten. Denn mit der Betriebsübernahme und der dadurch begründeten Vereinigung von Forderung und Schuld in der Person des Klägers erhalte er nicht nur die wirtschaftliche Verfügungsmacht, sondern sei auch durch die eigenkapitalerhöhende Auflösung um den Rückstellungsbetrag bereichert, so daß zutreffend die Tantiemen den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugerechnet worden seien.
Die Besteuerung der zugeflossenen Tantiemen sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie eventuell vom Ergebnis der Schlußbesprechung abweiche. Denn Äußerungen und Absprachen während der Schlußbesprechung seien grundsätzlich unverbindlich, da erst im Veranlagungsverfahren abschließend über Besteuerungsgrundlagen und Steueranspruch entschieden werde. Allerdings könne das Finanzamt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gebunden sein, wenn es einem Steuerpflichtigen zugesichert habe, einen konkreten Sachverhalt bei der Veranlagung in einem bestimmten Sinn zu beurteilen und der Steuerpflichtige aufgrund dieser Auskunft entsprechende wirtschaftliche Dispositionen getroffen habe. Insoweit könne auch eine dem Gesetz widersprechende Zusage das Finanzamt binden. Diese Voraussetzungen lägen jedoch im Streitfall nicht vor, da der der streitigen Frage zugrundeliegende Sachverhalt im Zeitpunkt der Schlußbesprechung bereits verwirklicht gewesen sei. Es seien vor allem nicht aufgrund einer Äußerung des Finanzamts irgendwelche wirtschaftliche Konsequenzen gezogen worden. Der Kläger habe zum Zeitpunkt der Schlußbesprechung auch bereits beim ... eine Schenkungssteuererklärung abgegeben gehabt. Deshalb bestünde auch bei einer entsprechenden Zusage bezüglich der Schenkungssteuer keine Bindungswirkung für das Finanzamt. Der Umstand, daß die bestehende Resttantiemeforderung in Höhe von 38.815 DM ebenfalls der Schenkungssteuer unterworfen worden sei, könne im übrigen schon deswegen zu keiner anderen Beurteilung führen, da dieser Bescheid auf Antrag nach § 174 Abs. 1 AO noch geändert werden könne. Auch sei die Zustimmung zur Erhöhung der privaten Kfz-Nutzung laut Aussage der vom Finanzamt an der Schlußbesprechung Beteiligten nicht davon abhängig gemacht worden, daß die Tantieme nicht angesetzt werde.
Gegen den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 1988 vom in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom haben die Kläger nunmehr form- und fristgerecht Klage erhoben, die im wesentlichen wie folgt begründet worden ist:
Der Komplementär der Firma ..., Herr ..., habe nur kurz vor dem Tod der zweiten Komplementärin, Frau ..., eine Auszahlung in Höhe von 50.000 DM bezüglich der aufgelaufenen Tantiemeverbindlichkeiten genehmigt. Rendite und Liquidität des Unternehmens seien branchenmäßig gering. Der Betrieb arbeite zur Verbesserung der Liquidität auch mit Euro-Dollarkrediten.
Der Komplementär der Firma ..., Herr ..., habe nur kurz vor dem Tod der zweiten Komplementärin, Frau ..., eine Auszahlung in Höhe von 50.000 DM bezüglich der aufgelaufenen Tantiemeverbindlichkeiten genehmigt. Rendite und Liquidität des Unternehmens seien branchenmäßig gering. Der Betrieb arbeite zur Verbesserung der Liquidität auch mit Euro-Dollarkrediten.
Die bei der Firma ... angeordnete Außenprüfung für die Jahre 1985 bis 1987 sei auf die Jahre 1983 und 1984 ausgedehnt worden mit der Begründung, es bestünden nicht unerhebliche Steuernachforderungen wegen Tantiemerückstellungen für Herrn ... (Kläger). Der Prüfer habe zunächst eine Mitunternehmerschaft von Herrn ... untersucht und habe dann zur Anerkennung der Tantiemerückstellungen gefordert, daß zumindest über Verzinsung und Rückzahlung der Darlehen eindeutige Vereinbarungen getroffen sein müßten. Auch von dieser Ansicht habe der Prüfer dann im Verlauf der Prüfung Abstand genommen und habe den Vorschlag gemacht, rechnerisch die Zuführungen zu den Tantiemerückstellungen richtigzustellen und im übrigen im Jahr 1988 für Herrn ... zusätzlich zu dem bereits ausgezahlten Betrag von 50.000 DM einen weiteren Zufluß von 38.815 DM als Lohn anzunehmen und der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen. Es habe in diesem Zusammenhang eine Besprechung mit dem Prüfer am stattgefunden, wobei die jetzigen Prozeßbevollmächtigten zu einer Änderung der rechnerischen Zuführungen ihr Einverständnis gegeben hätten, nicht jedoch zu einem Lohnzufluß anläßlich der Übertragung des Unternehmens von Herrn ... auf den Kläger im Rahmen der Schenkung. Der Prüfer habe dagegen gemeint, auch eine Erbschafts- bzw. Schenkungssteuerbelastung seitens des Klägers ... könne die Einkommensbesteuerung in 1988 nicht hindern. Aufgrund dieser Einlassung des Prüfers habe der Unterfertigte am Herrn Obersteuerrat ... den zuständigen Sachgebietsleiter der Veranlagung unter Erörterung des Sach- und Streitstandes um Teilnahme an der Schlußbesprechung in der laufenden Außenprüfung gebeten. In der Schlußbesprechung selbst, die sich nur um die Behandlung der Tantiemerückstellung gedreht habe, habe Herr Obersteuerrat ... um eine Pause gebeten und habe danach erklärt: Wenn Sie die vom Prüfer ermittelte Erhöhung der privaten ihr Einverständnis gegeben hätten, nicht jedoch zu einem Lohnzufluß anläßlich der Übertragung des Unternehmens von Herrn ... auf den Kläger im Rahmen der Schenkung. Der Prüfer habe dagegen gemeint, auch eine Erbschafts- bzw. Schenkungssteuerbelastung seitens des Klägers ... könne die Einkommensbesteuerung in 1988 nicht hindern. Aufgrund dieser Einlassung des Prüfers habe der Unterfertigte am Herrn Obersteuerrat ... den zuständigen Sachgebietsleiter der Veranlagung unter Erörterung des Sach- und Streitstandes um Teilnahme an der Schlußbesprechung in der laufenden Außenprüfung gebeten. In der Schlußbesprechung selbst, die sich nur um die Behandlung der Tantiemerückstellung gedreht habe, habe Herr Obersteuerrat ... um eine Pause gebeten und habe danach erklärt: Wenn Sie die vom Prüfer ermittelte Erhöhung der privaten Kfz-Nutzung anerkennen, wird die Vereinigung von Tantiemeforderung und Tantiemeschuld eine einkommensteuerliche Folge bei ... nicht haben, wenn Sie im übrigen nachweisen, daß die Vereinigung für Schenkungs- bzw. Erbschaftssteuerzwecke herangezogen ist.
Der Grund für diese Erklärung von Herrn Obersteuerrat ... sei die Meinung des Klägervertreters gewesen, daß nicht gleichzeitig ein- und derselbe Tatbestand als entgeltlich (Zufluß eines Tantiemeanspruchs) und als unentgeltlich (Vereinigung von Forderung und Schuld) angesehen werden könne.
Aufgrund des vorstehenden Sachverhalts seien die streitigen 38.815 DM nicht als Arbeitslohn (Tantiemezufluß) zu erfassen. In der Schlußbesprechung vom habe der zur Entscheidung berechtigte Amtsträger entschieden, daß die zum Zeitpunkt der Betriebsübernahme 1988 durch Herrn ... bestehenden Tantiemerückstellungen der Einkommensbesteuerung nicht unterlägen, nicht ohne freilich diese Entscheidung an eine Einigung über die Heraufsetzung der privaten Kfz-Nutzung zu binden. Diese Einigung habe stattgefunden, siehe Tz. 8 des Berichts vom . Die Begründung für die Entscheidung zum Tantiemevorgang sei darin gesehen worden, daß ein einkommensteuerlicher Zufluß beim Kläger nicht stattgefunden habe. Als unentgeltlicher Erwerber i. S. d. § 7 EStDV sei der Kläger ... an die Bilanzwerte der Rechtsvorgänger gebunden. Die Tantiemeschuld sei wie die Tantiemeforderung nicht fällig. Ungewiß sei der Zeitpunkt der Fälligstellung, die nach Vertrag von den betrieblichen Verhältnissen abhänge. Die Vereinigung von Forderung und Schuld in der Person des ... durch die Betriebsübernahme habe weder einen einkommensteuerlichen Zufluß nach § 11 EStG noch einen betrieblichen Wertzuwachs begründet. Es sei allein ein erbschaftsteuerlich zu erfassender Tatbestand entstanden, weswegen auch der Entscheidungsträger der Schlußbesprechung um Benachrichtigung von der Erbschaftsteuerveranlagung gebeten habe. Die Erbschaftsteuererklärung in diesem Sinne sei bereits vor der Schlußbesprechung abgegeben worden.
Der Entscheidungsträger sei nach Ergehen des Einkommensteuerbescheids darauf angesprochen worden, daß dieser vom Ergebnis der Schlußbesprechung abweiche. Er habe sich wegen des Sachgebietswechsels nicht mehr für zuständig und ohne Erinnerung erklärt.
Die Rechtsentwicklung sei indes - wie schon lange wünschenswert - dabei, Absprachen in einer Schlußbesprechung als öffentlich-rechtlichen Vertrag zu qualifizieren, an den nach Art eines Vergleichs Bindung bestehe. Die Schlußbesprechung vom habe ausdrücklich die Beurteilung des Vorgangs in 1988 getroffen, wiewohl sie insoweit über den Prüfungszeitraum hinaus gegriffen habe.
Demgegenüber hat das beklagte Finanzamt im wesentlichen folgendes vorgebracht:
Demgegenüber hat das beklagte Finanzamt im wesentlichen folgendes vorgebracht:
Insbesondere werde nochmals darauf hingewiesen, daß nach Darstellung der Beteiligten des Finanzamts in der Schlußbesprechung der Firma ... keine Vereinbarung dahingehend getroffen worden sei, daß im Falle einer Zustimmung zur Erhöhung der privaten Kfz-Nutzung beim Kläger ertragsteuerlich ein Zufluß der Tantiemeforderung nicht angenommen werde. Vielmehr hätten die Steuerpflichtigen die Erhöhung des privaten Kfz-Anteils unter der Voraussetzung akzeptiert, daß auch die Tantiemerückstellung seitens des Finanzamts anerkannt werde. Darüber hinaus sei lediglich zugesagt worden, mit einer abschließenden Beurteilung des streitigen Sachverhalts bis zur Entscheidung der Schenkungsteuerstelle abzuwarten.
Im übrigen wäre, selbst wenn in der Schlußbesprechung eine Einigung über die Frage erzielt worden wäre, ob in 1988 Tantiemen zugeflossen seien oder nicht, diese als unzulässig anzusehen. Denn entgegen der in der Literatur vertretenen und hier auch vom Kläger zitierten Meinung (z. B. Wassermeyer FR 1987 S. 513, 521) könnten nach der Rechtsprechung des BFH aufgrund der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung zwischen Finanzbehörde und Steuerpflichtigen allenfalls bindende Verträge über den der Steuerfestsetzung zugrundeliegenden Sachverhalt, nicht jedoch über den Steueranspruch selbst geschlossen werden (BFH, BStBl II 1991, 45).
Ebenso hätte auch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben selbst im Falle einer Einigung in der Schlußbesprechung eine Bindung schon mangels irgendwelcher Dispositionen seitens des Klägers nicht eintreten können.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
Bemerkt sei noch, daß laut Schenkungsteuerbescheid des ... vom die verbliebene Resttantiemeforderung des Klägers in Höhe von 38.815 DM anläßlich der unentgeltlichen Betriebsübertragung von ... auf den Kläger ... der Schenkungsteuer unterworfen worden ist.
In der mündlichen Verhandlung am ist der Streitfall mit den Verfahrensbeteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert worden, wobei auch die Klägerin zu den in der damaligen Schlußbesprechung besprochenen Fragen angehört worden ist. Soweit es den Inhalt ihrer Angaben angeht, wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Der Vertreter des Finanzamts hat darauf hingewiesen, daß nach dem Geschäftsverteilungsplan des Finanzamts Herr Obersteuerrat ... damals zwar Sachgebietsleiter hinsichtlich der oHG gewesen sei, nicht jedoch hinsichtlich der Veranlagung der Kläger.
Der Vertreter des Finanzamts hat den angegriffenen Bescheid für vorläufig erklärt, soweit einzelne Punkte aus der Anlage zum (BStBl I 1992 S. 402) im Streitfall einschlägig sind.
Der Klägervertreter hat beantragt, den Bescheid in dieser Form zum Gegenstand des Klageverfahrens zu machen.
Der Klägervertreter beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 1988 in der Gestalt vom heutigen Tage dahin zu ändern, daß ein Betrag von 38.815 DM nicht der Steuer unterworfen wird. Hilfsweise beantragt er die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG. Weiter beantragt er die Zulassung der Revision für den Fall der ganzen oder teilweisen Abweisung der Klage.
Der Vertreter des Finanzamts beantragt,
die Klage abzuweisen und die Kosten den Klägern auch dann aufzuerlegen, wenn dem Hilfsantrag entsprochen werde.
Gründe
Die zulässige Klage hat lediglich im gestellten Hilfsantrag Erfolg.
1. Das beklagte Finanzamt hat im Streitfalle zu Recht entschieden, daß auch die streitigen Resttantiemeforderungen in Höhe von 38.815 DM dem Kläger in 1988 zugeflossen und deshalb bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen sind, und zwar aus folgenden Gründen:
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Tantiemen, die für eine Beschäftigung im privaten Dienst gewährt werden. Sie sind nach § 11 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG in dem Kalenderjahr bezogen und zu versteuern, in dem sie dem Arbeitnehmer zufließen.
Nachdem es sich bei den vertraglichen Beziehungen (Anstellungsvertrag) um einen Vertrag zwischen nahen Angehörigen handelt - Gesellschafter der Arbeitgeberin des Klägers, nämlich der Firma ..., waren die Eltern des Klägers -, war vorab zu entscheiden, ob die Tantiemevereinbarungen und die hieraus resultierenden Tantiemezuflüsse des Streitjahres 1988 steuerlich anzuerkennen sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Arbeitsverhältnisse unter nahen Angehörigen steuerlich nur anzuerkennen, wenn sie klar vereinbart und ernsthaft gewollt sind, tatsächlich durchgeführt werden und einem Fremdvergleich standhalten (vgl. hierzu z. B. das , BStBl II 1989, 281). Andererseits hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom XI R 30, 31/89, BStBl II 1991, 842 zu Recht darauf hingewiesen, daß diese Grundsätze nicht schematisch und formalistisch angewendet werden dürfen. Einzelne Umstände, die gegen die betriebliche Veranlassung sprechen, können im Einzelfall durch andere (im Ergebnis gewichtigere) Umstände, die für die betriebliche Veranlassung angeführt werden können, ausgeglichen werden.
Bei Würdigung des Streitfalls nach diesen Grundsätzen sind die vereinbarten und in 1988 zugeflossenen Tantiemen anzuerkennen. Zwar werden vereinbarte Tantiemen unter Fremden regelmäßig und üblicherweise nach Erstellung des Abschlusses für das betreffende Wirtschaftsjahr entweder ausgezahlt oder unter entsprechenden Vereinbarungen über Verzinsung und Rückzahlung dem Unternehmen belassen. So ist im Streitfalle aber nicht verfahren worden, so daß der Betriebsprüfer zunächst die Tantiemerückstellungen der Firma auch nicht anerkennen wollte. Andererseits handelte es sich bei der Firma ... um eine Firma mit unbestritten schlechten Liquiditätsverhältnissen, weshalb die Auszahlung nach den vertraglichen Vereinbarungen erst stattfinden sollte, wenn es die Liquiditätsverhältnisse des Unternehmens erlaubten. Angesichts dieser besonderen Umstände der Firma und in Anbetracht des Umstands, daß die bis gebildeten Tantiemerückstellungen (laut Bp 88.815 DM) im April 1988 in Höhe von 50.000 DM ausbezahlt worden sind und durch unentgeltliche Übertragung des Betriebs auf den Kläger auch im Restbetrag von 38.815 DM durch Konfusion zugeflossen sind, hat die Betriebsprüfung und das Finanzamt die Tantiemerückstellungen im bezeichneten Umfang letztlich anerkannt. Dieser Auffassung folgt auch der Senat. Im übrigen sind dieser Auffassung auch die Firma, deren Alleininhaber der Kläger zum Zeitpunkt der Bp bereits war, sowie der Kläger selbst gefolgt. So ist die im April 1988 erfolgte Tantiemeauszahlung in Höhe von 50.000 DM als solche behandelt worden und nicht etwa als Privatentnahme und unter Auflösung der gebildeten Tantiemerückstellungen. Auch der Kläger selbst hat die an ihn ausbezahlte Tantieme in Höhe von 50.000 DM (April 1988) nicht etwa als Schenkung behandelt, sondern als Tantiemezahlung. Unter Abwägung all dieser Umstände würde es auch den Grundsätzen von Treu und Glauben widersprechen, wenn der Kläger nunmehr die Tantiemevereinbarungen und deren Durchführung steuerlich in Zweifel ziehen würde. Dies hat er ersichtlich auch nicht getan. Die Kläger bestreiten lediglich den Lohnzufluß hinsichtlich der Resttantiemeforderung in Höhe von 38.815 DM, weil ihrer Meinung nach nicht gleichzeitig ein- und derselbe Tatbestand als entgeltlich (Zufluß eines Tantiemeanspruchs) und als unentgeltlich (Vereinigung von Forderung und Schuld) angesehen werden könne. Insoweit ist folgendes anzuführen:
Der Senat hält die Auffassung des Finanzamts nicht für zweifelhaft, daß die streitigen Resttantiemeforderungen in Höhe von 38.815 DM im Zeitpunkt der unentgeltlichen Betriebsübertragung dem Kläger zugeflossen sind und damit im Streitjahr 1988 als Arbeitslohn zu versteuern sind. Denn durch die Vereinigung von Forderung und Schuld in der Person des Klägers anläßlich der unentgeltlichen Betriebsübertragung war die Resttantiemerückstellung eigenkapitalerhöhend aufzulösen, so daß der Kläger in der Form eines höheren Eigenkapitals in den Genuß seiner Resttantiemeforderung gekommen ist. Dieses höhere Eigenkapital beruht nicht auf einer Schenkung (unentgeltliche Betriebsübertragung), sondern darauf, daß der Kläger eine Resttantiemeforderung in Höhe von 38.815 DM hatte, hinsichtlich der sich Forderung und Schuld in der Person des Klägers vereinigten. Deshalb ist lediglich der Schenkungssteuerbescheid des Zentralfinanzamts Nürnberg vom unrichtig, durch den die Resttantiemeforderungen in Höhe von 38.815 DM der Schenkungsteuer unterworfen worden sind.
Im Gegensatz zur Auffassung der Kläger war das beklagte Finanzamt im Streitfall auch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht gehindert, die zugeflossenen Resttantiemeforderungen in Höhe von 38.815 DM bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen. Diese Entscheidung des Senats beruht auf folgenden Erwägungen:
Das Finanzamt kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gebunden sein, wenn es einem Steuerpflichtigen zugesichert hat, einen konkreten Sachverhalt, dessen steuerrechtliche Beurteilung zweifelhaft erscheint, und der für die wirtschaftliche Disposition des Steuerpflichtigen bedeutsam ist, bei der Besteuerung in einem bestimmten Sinn zu beurteilen. Insoweit kann auch eine dem Gesetz widersprechende Zusage das Finanzamt binden, es sei denn, der Steuerpflichtige hat die Gesetzwidrigkeit erkannt oder erkennen können. Voraussetzung für eine Bindung in solchen Fällen ist allerdings, daß der vom Steuerpflichtigen mitgeteilte Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten richtig und vollständig dargestellt wurde und offensichtlich ist, daß von der Auskunft gewichtige wirtschaftliche Entscheidungen abhängen. Weitere Voraussetzung ist, daß der im Zeitpunkt der Auskunftserteilung für die spätere Entscheidung im Veranlagungsverfahren zuständige Beamte oder der Vorsteher die Auskunft erteilt hat (vgl. hierzu auch das , BStBl II 1990, 274).
Nach diesen Grundsätzen konnte die von Obersteuerrat ... gemachte Zusage das Finanzamt schon deshalb nicht binden, weil Obersteuerrat ... für die behauptete Zusage nicht zuständig war. So hat der Sitzungsvertreter des beklagten Finanzamts unter Hinweis auf den Geschäftsverteilungsplan unbestritten ausgeführt, daß Obersteuerrat ... damals der zuständige Sachgebietsleiter für die oHG, nicht aber für die Einkommensteuerveranlagung der Kläger war. Im übrigen ist noch auf die Vorschrift des § 174 Abs. 1 AO hinzuweisen, wonach der Kläger nach Abschluß dieses Verfahrens noch die Änderung des fehlerhaften Schenkungssteuerbescheids erreichen kann.
2. Im Hilfsantrag, mit dem die Kläger zu Recht die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG begehren, hatte die Klage Erfolg. Danach unterliegen Einkünfte, die die Entlohnung für eine Tätigkeit darstellen, die sich über mehrere Jahre erstreckt, der Einkommensteuer zu den gewöhnlichen Steuersätzen. Zum Zweck der Einkommensteuerveranlagung können diese Einkünfte auf die Jahre verteilt werden, in deren Verlauf sie erzielt wurden und als Einkünfte eines jeden dieser Jahre angesehen werden, vorausgesetzt, daß die Gesamtverteilung drei Jahre nicht überschreitet.
Danach sind dem Kläger im Streitjahr 1988 zusammengeballt Tantiemen in Höhe von 50.000 DM und 38.815 DM (insgesamt 88.815 DM) zugeflossen, die nach den Einkommensteuerakten Tantiemerückstellungen der Jahre 1980, 1981, 1983, 1984, 1985, 1986, 1987 betrafen. Bei dieser Sachlage ist § 34 Abs. 3 EStG anwendbar, und die zugeflossenen Tantiemen können für Zwecke der Steuerberechnung auf drei Jahre verteilt werden, die der Kläger aus den vorgenannten Jahren auswählen kann. Wegen näherer Einzelheiten wird auf Abschn. 200 Einkommensteuerrichtlinien 1987 Bezug genommen. Nachdem die Ermittlung der aufgrund Urteils festzusetzenden Einkommensteuer 1988 einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert, wird die Steuerberechnung dem beklagten Finanzamt übertragen (vgl. § 100 Abs. 2 FGO).
Die Kosten des Verfahrens waren nach §§ 143 Abs. 1, 137 FGO den Klägern in vollem Umfang aufzuerlegen, obwohl sie im Hilfsantrag obsiegt haben. Denn die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG hätte bereits im Verwaltungsverfahren beansprucht werden können.
Dem Antrag auf Zulassung der Revision hat der Senat nicht entsprochen, da die Rechtssache nach Auffassung des Senats keine grundsätzliche Bedeutung hat (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
FAAAF-80945