NWB Nr. 3 vom Seite 102

Verein, Spielervermittler, Spieler: das magische Dreieck im Profifußball

Ausführungen des BFH zu Leistungsbeziehungen bei der Mitwirkung von Vermittlern

Hans-Dieter Rondorf *

[i]BFH, Urteil vom 28. 8. 2013 - XI R 4/11 NWB OAAAE-46617 In den 1990er Jahren verzauberte das „magische Dreieck“ nicht nur die Fußballfans des VfB Stuttgart. Die Spieler Fredi Bobic, Giovane Elber und Krassimir Balakow wirbelten die Abwehrreihen der Gegner durcheinander und erzielten Tore am Fließband. Ein weiteres „magisches Dreieck“ besteht aus dem Verein inklusive der auf eine Kapitalgesellschaft ausgelagerten Profifußballaktivitäten (nachfolgend: Verein), dem Spielervermittler/-berater (nachfolgend: Vermittler) und dem Spieler. Ganz ohne Tore bereitet dieses „magische Dreieck” insbesondere den Vereinen im deutschen Profifußball erhebliche steuerliche Probleme. Auslöser dieser Probleme ist der BFH als Oberschiedsrichter in Steuerangelegenheiten. Er hat nämlich entschieden, dass der Vorsteuerabzug der Vereine aus den Rechnungen der Spielervermittler nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zulässig ist (vgl. NWB OAAAE-46617). Die Sportzeitschrift Kicker geht davon aus, dass diese Rechtsprechung bei den deutschen Profifußballvereinen zu Umsatzsteuernachforderungen von 70 Mio. € führen könne (vgl. Ausgabe vom ). Darüber hinaus enthält das BFH-Urteil grundsätzliche Ausführungen zu Leistungsbeziehungen und zum Vorsteuerabzug, wenn Vermittler bzw. Berater an Geschäften mitwirken.

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I. Aktivitäten von Spielerberatern

[i]Berater bieten ihren Spielern unterschiedliche Leistungen anNahezu alle in Deutschland tätigen Profifußballspieler haben einen Berater (Spielerberater, auch als Spielervermittler bezeichnet). Während einige dieser sich ausschließlich um die beruflichen Angelegenheiten der von ihnen betreuten Spieler kümmern (insbesondere erstmalige Unterbringung bei einem Verein, Vereinswechsel, Vertragsverlängerung, Verschaffung von Werbeverträgen), bieten andere Vermittler darüber hinausgehende Leistungen an. Sie sind „ihren“ Spielern in zahlreichen alltäglichen S. 103Dingen behilflich, etwa bei der Wohnungssuche nach einem Vereinswechsel, bei der Suche nach Haushaltshilfen, bei der Organisation der Kinderbetreuung oder auch bei Behörden- und Versicherungsangelegenheiten. Zum Teil bieten sie den Spielern ein sog. Rundum-sorglos-Paket an, damit sich die Spieler voll auf die Ausübung ihres Sports konzentrieren können.

[i]Berater werden regelmäßig von den Vereinen bezahltIn aller Regel werden die Vermittler hierfür nicht von den betreuten Spielern bezahlt – mit Ausnahme von Provisionen für persönliche Werbeverträge. Gleichwohl ist ihr Einsatz nicht uneigennützig. Vielmehr zahlen ihnen später die Vereine sog. Provisionen für deren Mitwirkung am Transfer des Spielers. Die Höhe dieser Provisionen ist frei vereinbar und nach oben nicht begrenzt.

II. FIFA-Statuten

[i]Verstöße gegen FIFA-Statuten sind für die steuerrechtliche Beurteilung grds. ohne BedeutungGemäß dem Spielervermittler-Reglement des Fußballweltverbands FIFA (Fédération Internationale de Football Association; aktuelle Fassung unter www.fifa.com) muss ein Vermittler über eine vom zuständigen Nationalverband (in Deutschland ist das der Deutsche Fußballbund – DFB) ausgestellte Lizenz verfügen. Hierfür ist unter anderem das erfolgreiche Abschneiden bei einer schriftlichen Prüfung erforderlich. Selbständige Rechtsanwälte und Angehörige der Spieler benötigen hingegen keine FIFA-Lizenz.

In Deutschland gibt es etwa 400 vom DFB oder anderen Nationalverbänden lizenzierte Spielervermittler. Auch wenn es den Spielern und Vereinen untersagt ist, die Dienste eines nicht lizenzierten Vermittlers in Anspruch zu nehmen, sind darüber hinaus im Bereich des deutschen Profifußballs zahlreiche Personen ohne FIFA-Lizenz tätig, die ebenfalls an Transfers und Vertragsverlängerungen mitwirken (vgl. den Beitrag „Die Spielermacher“ in der Zeitschrift Capital, Ausgabe 8/2013 S. 102).

Nach dem FIFA-Reglement betreffend Spielervermittler darf ein Vermittler die Vertretung eines Spielers oder eines Vereins nur ausüben, wenn er einen entsprechenden schriftlichen Vertrag abgeschlossen hat. Der Vermittler soll für seine Bemühungen nur vom Auftraggeber und keiner anderen Partei entlohnt werden. Lizenzierte Spielervermittler dürfen im Rahmen des gleichen Transfers nur die Interessen einer beteiligten Partei vertreten.

Hinweis

Für die steuerrechtliche Beurteilung ist es grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob sich die Beteiligten an die Regelungen der FIFA halten oder nicht, solange sie das wirtschaftliche Ergebnis eintreten oder bestehen lassen (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 AO).

III. Umsatzsteuerliche Rechtslage

1. Nur der Leistungsempfänger ist zum Vorsteuerabzug berechtigt

[i]Leistungsempfänger ist regelmäßig der Auftraggeber oder BestellerUnternehmer dürfen nicht ohne weiteres aus jeder von ihnen bezahlten Eingangsrechnung mit gesondertem Steuerausweis den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG in Anspruch nehmen. Hierfür muss die – im Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit – abgerechnete Leistung unter anderem für das Unternehmen bezogen worden sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Unternehmer als Leistungsempfänger anzusehen ist.

Leistungsempfänger ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH derjenige, der aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis, das dem Leistungsaustausch zugrunde liegt, berechtigt und verpflichtet ist. Dies ist regelmäßig der Auftraggeber oder Besteller einer Leistung (vgl. Abschn. 15.2 Abs. 16 UStAE). Danach steht einem Verein der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Spielervermittler nur dann zu, wenn er diesen beauftragt hat und damit als Empfänger der erbrachten Leistung anzusehen ist.S. 104

2. Grundsätze des BFH-Urteils zum Vorsteuerabzug eines Profifußballvereins

a) Verein als Leistungsempfänger

[i]FG: Mündliche Vermittlungsverträge und ProvisionsvereinbarungenDas FG Düsseldorf als Vorinstanz (vgl. Urteil vom - 1 K 4206/08 U NWB WAAAD-60830) war – nach Auffassung des BFH in seinem Urteil vom - XI R 4/11 NWB OAAAE-46617 vorschnell – zu dem Ergebnis gelangt, dass der Verein als Empfänger der von den Vermittlern erbrachten Leistungen anzusehen sei. Es war davon ausgegangen, dass der Verein im Rahmen von mündlich geschlossenen Vermittlungsmaklerverträgen i. S. des § 652 Abs. 1 Satz 1 zweite Alternative BGB mit den Vermittlern zumindest schlüssig vereinbart habe, dass die Vermittlungsleistungen entgeltlich erfolgen sollten. Die jeweilige Höhe der Provision sei anschließend in schriftlichen Zahlungsvereinbarungen konkretisiert worden.

[i]Vorsteuerabzug bei den VereinenDementsprechend hatte das FG Düsseldorf dem klagenden Verein den Vorsteuerabzug aus allen Abrechnungen zugestanden. Dieser war zuvor nach einer Betriebsprüfung bei 21 Provisionsabrechnungen verschiedener Vermittler in den Jahren 2000 und 2001 seitens des Finanzamts versagt worden.

Der BFH wies die Sache zur Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Dabei hat er aber dem FG Düsseldorf eine umsatzsteuerliche Regelkunde an die Hand gegeben, die es bei seiner Entscheidung im zweiten Rechtsgang zu beachten hat.

b) Beauftragungspflicht der Vereine

[i]BFH: Verein muss Vermittler ausdrücklich beauftragenDer BFH hält es zwar für denkbar, dass der Verein Maklerdienstleistungen nachgefragt hat. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um den Verein als Empfänger von Leistungen der Vermittler anzusehen. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des I-18 U 25/12) hält es der BFH für erforderlich, dass der Verein Vermittler ausdrücklich mit Maklerdienstleistungen beauftragt. Es reiche nicht aus, wenn der Verein einen Vermittler nur als Berater oder Vertreter eines Spielers anspreche, da dieser damit auch nur als Berater des Spielers tätig werde. Der Verein habe damit weder Maklerdienstleistungen nachgefragt noch erhalten.

IV. Leistungsbeziehungen zwischen Verein, Vermittler und Spieler

1. Suchaufträge an Spielervermittler?

[i]Verein wählt potenzielle künftige Spieler selbst ausDie meisten im Profifußball tätigen Vereine haben eine sog. Scouting-Abteilung. Aufgabe dieser Abteilung ist es, durch angestellte oder freie Mitarbeiter im In- und Ausland Spieler zu entdecken bzw. zu beobachten, die für den Verein sofort oder später interessant sein könnten. Bei den Planungen für eine neue Saison verständigen sich die für die sportlichen Belange des Vereins verantwortlichen Personen (insbesondere Trainerstab, Sportdirektor bzw. Vereinsmanager und ggf. ein Vorstandsmitglied) darauf, welche Spieler unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten neu verpflichtet werden sollen. In der Praxis sucht sich jeder Verein potenzielle künftige Spieler selbst aus. Hat man sich für einen bestimmten Spieler entschieden, wird man diesen und/oder dessen Vermittler ansprechen. Welcher Spieler welchen Vermittler hat, kann im Internet (insbesondere unter www.transfermarkt.de) abgerufen werden. Dort ist auch zu erfahren, welcher Vermittler welche Spieler „in seinem Portfolio“ hat.

[i]Verein ist faktisch zur Kontaktaufnahme mit Vermittler gezwungenIn der Praxis ist es kaum denkbar, dass ein Spieler gegen das Votum oder ohne Mitwirkung des Vermittlers zu einem Verein wechselt bzw. einen Arbeitsvertrag unterschreibt. Wenn der Verein also ein ernsthaftes Interesse an der Verpflichtung eines Spielers hat, kommt er faktisch nicht umhin, mit dessen Vermittler Kontakt aufzunehmen und anschließend mit dem Vermittler die Vertragsverhandlungen zu führen. Auch bei angestrebten Vertragsverlängerungen mit einem bereits für den Verein tätigen Spieler wird der Verein ebenfalls nicht umhin kommen, die Verhandlungen mit dem Vermittler des Spielers zu führen. S. 105

[i]Verein beauftragt Vermittler regelmäßig nicht mit SpielersucheVereinsmanager bzw. Sportdirektoren von Vereinen, die Spielervermittler ernsthaft mit der Suche nach einem geeigneten Spieler beauftragen, sind – von Notsituationen wie z. B. einem drohenden Abstieg abgesehen – im Profifußball sicherlich fehl am Platze. Bei der Würdigung von Verträgen bzw. schriftlichen Spielersuchaufträgen ist zwar auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Im Regelfall dürfte nach den geschilderten Gepflogenheiten jedoch kein ernst gemeinter Suchauftrag des Vereins an den Vermittler vorliegen.

2. Leistungsaustausch zwischen Spielervermittler und Spieler

a) Schriftliche Vereinbarungen entbehrlich

[i]Schriftlicher Managementvertrag: eindeutiger LeistungsaustauschIm Fall des NWB OAAAE-46617 hatten die Vermittler nach den Feststellungen des FG Düsseldorf in sechs von 21 Fällen schriftliche sog. Managementverträge mit den von ihnen betreuten Spielern abgeschlossen. Darin waren Rechte und Pflichten beider Parteien geregelt. In diesen Fällen besteht eindeutig eine Leistungsbeziehung zwischen dem Vermittler und dem jeweiligen Spieler, auch wenn der Spielervermittler später nicht vom Spieler, sondern vom aufnehmenden Verein entlohnt wird.

[i]Kein schriftlicher Vertrag: Leistungsaustausch aufgrund konkludentem Handeln anzunehmenAuch in Fällen, in denen keine schriftlichen Managementverträge oder anderweitige schriftliche Vereinbarungen vorliegen, wird der Vermittler aus naheliegenden Gründen bei Vertragsverhandlungen stets die Interessen des von ihm betreuten Spielers vertreten und nicht die Interessen des Vereins. Nur Spieler, die überzeugt sind, dass ihr Vermittler sich voll und ganz für ihre Belange einsetzt und insbesondere bei Vertragsverhandlungen das Optimale herausholt, werden diesem die Treue halten.

Ob es sich um mündlich abgeschlossene Managementverträge handelt, um konkrete mündliche Vereinbarungen, um lose Absprachen oder einfach konkludentes Handeln, kann m. E. dahingestellt bleiben. Aufgrund der engen Bindungen des Spielers zu seinem Vermittler und der Interessenvertretung des Vermittlers zugunsten seines Spielers wird man einen Leistungsaustausch zwischen dem Spielervermittler und dem von ihm betreuten Spieler schwerlich verneinen können.

b) Leistung und Gegenleistung

[i]Spieler ermöglicht dem Vermittler ein Honorar zu erlangenDer Spielervermittler erbringt gegenüber dem Spieler sonstige Leistungen i. S. des § 3 Abs. 9 UStG in Form von Beratungs- und/oder Betreuungsleistungen. Im Gegenzug verschafft der Spieler seinem Vermittler exklusiv die Möglichkeit, hierfür ein Honorar anlässlich eines Transfers vom aufnehmenden Verein bzw. bei einer Vertragsverlängerung ein Honorar vom bisherigen Verein zu erlangen.

Ein Spielervermittler würde sicherlich keine erheblichen Aufwendungen für die Betreuung und Beratung eines Spielers tätigen, wenn er nicht die Aussicht auf ein künftiges Honorar vom Verein hätte. Diese Honoraraussicht ermöglicht ihm der Spieler ausdrücklich oder stillschweigend. Damit steht der Leistung des Vermittlers eine Gegenleistung des Spielers gegenüber, auch wenn das künftige Entgelt nicht vom Spieler selbst, sondern von einem Dritten (Verein) gezahlt wird. Leistung und Gegenleistung stehen in einem wechselseitigen, unmittelbaren Zusammenhang. Die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch (vgl. Abschn. 1.1. Abs. 1 UStAE) zwischen dem Vermittler als leistendem Unternehmer und dem Spieler als Leistungsempfänger liegen damit m. E. vor.

3. Verhältnis des Vereins zum Spielervermittler

a) Abwägung von Kosten und Nutzen

[i]Vermittler erhöhen Kosten des VereinsAus Vereinssicht sind Spielervermittler ein Übel, mit dem sich die Vereine aufgrund der Gepflogenheiten im Profifußball mehr oder weniger abgefunden haben. Zum einen wird ein mit der Branche gut vertrauter und gewiefter Berater für seinen Spieler erheblich S. 106mehr herausholen, als dies dem Spieler selbst gelänge; dies erhöht die Personalkosten des Vereins. Zum anderen ist der Verein faktisch gezwungen, dem mitwirkenden Vermittler nach dem Abschluss eines Arbeitsvertrags mit dem Spieler eine sog. Provision zahlen, was die Kosten des Vereins nochmals erhöht. Für einen Verein ist es daher aus finanzieller Sicht nicht erstrebenswert, einen Vermittler von sich aus zu engagieren.

Weil es bei Vertragsverhandlungen wohl nicht immer einvernehmlich zugeht, haben Vereinsvertreter in der Vergangenheit schon erklärt, mit einem bestimmten Vermittler nie mehr zusammenzuarbeiten oder gar Haus- und Stadionverbote ausgesprochen. An derartige Bekundungen konnten man sich allerdings meist nicht mehr erinnern, wenn ein Spieler aus dem „Portfolio“ des betreffenden Vermittlers verpflichtet werden sollte. Hier muss also die Frage erlaubt sein, ob ein Verein jemanden ernsthaft beauftragen kann, der diesen – ohne einen erkennbaren Nutzen zu bringen – finanziell belastet.

b) Beauftragung eines Vermittlers

[i]Inhalt der Beauftragung eines VermittlersWill man gleichwohl nicht ausschließen, dass der Verein einen Vermittler beauftragen kann, wäre nach dem Inhalt dieses Auftrags zu fragen. Der Auftrag, einen geeigneten Spieler zu suchen, scheidet aufgrund der Gegebenheiten regelmäßig aus (vgl. oben IV, 1). Wenn überhaupt, könnte der Verein den Vermittler beauftragen, den von ihm betreuten Spieler vom Abschluss eines Arbeitsvertrags mit dem Verein zu überzeugen. Ein derartiger Auftrag wäre jedoch gekünstelt und im Übrigen völlig unnütz; in der Praxis würde sich hierdurch überhaupt nichts ändern.

Deshalb spricht vieles dafür, dass der Verein einen Vermittler – von Ausnahmefällen abgesehen – in seiner Eigenschaft als Berater bzw. Vertreter des gewünschten Spielers kontaktiert. Dies reicht dem BFH jedoch nicht aus, um eine Auftragsvergabe an den Vermittler und damit einen Leistungsaustausch zwischen dem Verein und diesem anzunehmen (vgl. oben III, 2).

c) Provisionszahlungen

[i]Schriftliche Vereinbarungen über Provisionsmodalitäten keine AuftragsvergabeNach dem erfolgreichen Abschluss von Arbeitsvertragsverhandlungen mit dem Spieler werden die Vereinbarungen über die Provisionszahlungen des Vereins an den Vermittler regelmäßig schriftlich festgehalten. Dabei werden zum Teil auch Ratenzahlungen vereinbart, die in dem Zeitpunkt entfallen können, in dem der Spieler den Verein vor Ablauf der Vertragslaufzeit vorzeitig verlässt.

Im Fall des NWB OAAAE-46617 wurden derartige Vereinbarungen als „Zahlungsvereinbarung“ bezeichnet, wonach „für die Beratung und Unterstützung beim Transfer“ bzw. bei der „Vertragsverlängerung“ des jeweiligen Spielers ein pauschales Vermittlungshonorar in konkretisierter Höhe zu zahlen war. Derartige schriftliche Vereinbarungen nach Abschluss der Vertragsverhandlungen sind nach der Entscheidung des BFH jedoch nicht als Auftragsvergabe des Vereins an den Vermittler anzusehen.

V. Konsequenzen aus dem BFH-Urteil

1. Umsatzsteuerliche Folgerungen

a) Kein Vorsteuerabzug aus sog. Provisionsabrechnungen

[i]Verein ist kein Leistungsempfänger und somit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigtNach den vorstehenden Ausführungen (vgl. oben IV, 3) fehlt es m. E. regelmäßig an einer Beauftragung des Vermittlers durch den Verein. Daher ist der Verein nicht als Empfänger von Leistungen des Vermittlers anzusehen. Dies wiederum hat zur Folge, dass dem Verein kein Vorsteuerabzug aus den Provisionsabrechnungen der Vermittler zusteht (vgl. oben III, 1). S. 107

Der Vermittler erbringt umsatzsteuerbare und zum allgemeinen Steuersatz von 19 % umsatzsteuerpflichtige Betreuungs- oder Beratungsleistungen an „seinen“ Spieler (vgl. oben IV, 2). Das Entgelt hierfür erhält er jedoch nicht – wie ansonsten üblich – vom Leistungsempfänger (Spieler), sondern von einem Dritten (Verein).

Hinweis

[i]Spieler ist mangels Unternehmereigenschaft nicht zum Vorsteuerabzug berechtigtFür den – eher untypischen – Fall, dass der Spieler das Beratungshonorar schuldet, wäre dies m. E. als Abkürzung des Zahlungswegs anzusehen: Der Verein will dem Spieler die Kosten für dessen Berater erstatten und müsste das Geld hierfür eigentlich an den Spieler überweisen. Der Spieler müsste es in diesem Fall an seinen Berater weiterleiten. Zur Abkürzung des Zahlungswegs erfolgt jedoch eine unmittelbare Überweisung vom Verein an den Vermittler. Bei dieser Sichtweise könnte der Verein aus den Zahlungen an den Spieler keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, weil der Zahlungsempfänger (Spieler) als Arbeitnehmer des Vereins in diesem Fall weder als Unternehmer i. S. des § 2 UStG tätig noch eine Leistung i. S. des § 1 UStG erbringen würde. Aus der Weiterleitung des Geldes hätte der Spieler als Empfänger der Leistungen des Vermittlers keinen Vorsteuerabzug, weil er kein Unternehmer i. S. des § 2 UStG ist.

aa) Entgelt von dritter Seite

[i]BFH hält eine Aufteilung des Entgelts für möglichDer BFH schließt in seinem Urteil vom - XI R 4/11 NWB OAAAE-46617 einen Leistungsaustausch zwischen Verein und Vermittler nicht von vornherein aus. Falls das FG Düsseldorf jedoch im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die Vermittler Leistungen an den Verein erbracht hätten, soll das Finanzgericht prüfen, ob und ggf. zu welchen – notfalls zu schätzenden – Teilen das vom Verein gezahlte Entgelt zugleich Entgelt von dritter Seite i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für vom Vermittler an seinen Spieler erbrachte Leistungen darstellt. Der BFH hält somit eine Aufteilung des Entgelts für möglich.

[i]Vorsteuerabzugsberechtigung beim Entgelt von dritter SeiteIn den Fällen eines Entgelts von dritter Seite ist nicht der Dritte (Verein), sondern nur der Leistungsempfänger (Spieler) dem Grunde nach zum Vorsteuerabzug berechtigt (vgl. Abschn. 14.10 Abs. 1 und Abschn. 15.2 Abs. 10 Satz 2 UStAE). Soweit das Entgelt auf eine Leistung des Vermittlers an seinen Spieler entfallen sollte, scheidet ein Vorsteuerabzug des Vereins aus, weil er die Leistung insoweit nicht empfangen hat. Ein Vorsteuerabzug des Spielers scheidet aus, weil dieser als Arbeitnehmer des Vereins kein Unternehmer i. S. des § 2 UStG ist.

bb) Rechnungsangaben

[i]Leistungsbeschreibungen offensichtlich nicht ausreichendFür den – m. E. untypischen – Fall, dass tatsächlich ein (anteiliger) Leistungsaustausch zwischen Verein und Vermittler anzunehmen ist, hat der BFH Zweifel, ob die in den Abrechnungen der Spielervermittler verwendeten Leistungsbeschreibungen den Anforderungen an eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung genügen.

Nach der aktuellen Rechtslage muss eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung den Umfang und die Art der sonstigen Leistung als Pflichtangabe enthalten (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG i. V. mit § 15 Abs. 1 UStG). Das Abrechnungspapier muss Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen (vgl. Abschn. 14.5 und Abschn. 15.2 Abs. 18 UStAE).

Der BFH hält die im Streitfall von den Vermittlern verwendeten Leistungsbeschreibungen „Beratung und Unterstützung beim Transfer“, „Beratung und Vermittlung“, „Mitwirkung bei dem Vertragsabschluss“, „Transfer-Provision“, „Beratung und Unterstützung bei der Vertragsverlängerung“, „Honorar für die Vertragsverlängerung“ offensichtlich nicht für ausreichend.S. 108

b) Zusätzliche Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG

[i]Angabe eines unzutreffenden Leistungsempfängers führt zu zusätzlicher SteuerschuldFür den – m. E. typischen – Fall, dass der Verein auch nicht teilweise Leistungen des Vermittlers empfängt, hätte der Spielervermittler in seiner Abrechnung statt des zutreffenden Leistungsempfängers (Spieler) einen falschen Leistungsempfänger (Verein) angegeben. Dies hat zur Folge, dass der Vermittler neben der Umsatzsteuer für die an den Spieler tatsächlich erbrachte Leistung eine zusätzliche Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG schuldet (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 14c Anm. 270; Radeisen in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 14c Rz. 126).

Die Rechnung, die den zusätzlich geschuldeten Steuerbetrag verursacht hat, kann jedoch berichtigt werden, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt ist (§ 14c Abs. 2 Satz 3 bis 5 UStG). Die Gefährdung des Steueraufkommens wäre hier beseitigt, wenn der betreffende Verein seine aus den Abrechnungen zu Unrecht abgezogene Vorsteuer an das Finanzamt zurückgezahlt hat.

c) Ort der sonstigen Leistung

[i]Im Ausland ansässige VermittlerWirken im Ausland ansässige Vermittler beim Transfer eines Spielers zu einem deutschen Verein oder an einer Vertragsverlängerung bei einem deutschen Verein mit, stellt sich die Frage nach dem Ort der sonstigen Leistung.

Wäre der Verein Leistungsempfänger, wird die sonstige Leistung des ausländischen Vermittlers nach § 3a Abs. 2 UStG an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Leistungsempfänger (deutscher Verein) sein Unternehmen betreibt. In diesem Fall wäre die sonstige Leistung des ausländischen Vermittlers im Inland steuerbar und steuerpflichtig. Die Steuerschuld würde nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. mit § 13b Abs. 5 UStG auf den deutschen Verein übertragen.

Ist dagegen der Spieler mit Wohnsitz im Inland als Empfänger der Leistung des im Ausland ansässigen Vermittlers anzusehen, ist die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung nicht so eindeutig und wäre noch zu klären.

2. Lohnsteuerliche Folgerungen

[i]Honorarzahlungen der Vereine als (zusätzlicher) Arbeitslohn der SpielerDavon ausgehend, dass die Spieler Empfänger der Leistungen ihres Vermittlers sind und dass die Honorarüberweisung des Vereins beim Spielervermittler als Entgelt von dritter Seite i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG anzusehen ist (vgl. oben V, 1, a), kommen auch Auswirkungen auf die Lohnsteuer in Betracht. Rechnet man nämlich die Honorarüberweisung des Vereins dem Spieler als Arbeitnehmer des Vereins zu, dürfte es sich um Arbeitslohn i. S. des § 19 EStG handeln. Die Vereine müssten diese Zahlungen dann als (zusätzlichen) Arbeitslohn der Spieler behandeln und hiervon Lohnsteuer einbehalten. Die fiktive Weiterleitung des Honorars vom Spieler an seinen Vermittler würde zwar dem Grunde nach zu Werbungskosten führen. Falls der Vermittler jedoch auch Betreuungsleistungen erbringt, die die Privatsphäre des Spielers betreffen (vgl. oben I), kann der Werbungskostenabzug allenfalls anteilig gewährt werden (vgl. hierzu NWB NAAAD-54609).

VI. Reaktion der Vereine

[i]Bezahlen die Vereine künftig nicht mehr den Vermittler?Es bleibt abzuwarten, wie die Verwaltung auf das NWB OAAAE-46617 reagieren wird. Allerdings könnten auch die Vereine die BFH-Rechtsprechung zum Anlass nehmen, ihr bisheriges Geschäftsgebaren in Bezug auf Spielervermittler zu überdenken. Es ist zwar üblich, dass die Vereine die Vermittler bezahlen. Zwangsläufig ist dies jedoch keineswegs.

Die Profifußballvereine in Deutschland – besser noch in ganz Europa – brauchten sich nur einig zu werden, für künftige Transfers bzw. Vertragsverlängerungen keine Zahlungen S. 109mehr an Vermittler zu leisten – nach dem Grundsatz „Wer bestellt, der bezahlt“. In diesem Fall würden sich die meisten steuerlichen Probleme von selbst erledigen.

Hinweis

Tatsächlich haben sich laut einem Bericht der Sportzeitschrift Kicker (vgl. Ausgabe vom S. 79) Vertreter der für die Organisation des Profifußballs in Deutschland zuständigen Deutschen Fußball Liga (DFL) und der Profifußballvereine kürzlich darauf verständigt, neue Wege bei der Vergütung von Beraterleistungen einzuschlagen. Bereits für Transfers in der Fußballwinterpause 2013/2014 soll ein neues System greifen, wonach der Spieler das Honorar seines Beraters in der Regel selbst zu zahlen habe.

Die Wahrscheinlichkeit, dass dabei ausnahmslos alle Profifußballvereine mitmachen und dies im Wettbewerb um die besten Spieler konsequent beibehalten, dürfte allerdings nach den Erfahrungen der Vergangenheit ähnlich hoch sein wie die Wahrscheinlichkeit, dass „mein“ (Noch)Zweitligist FC Kölle in der Amtszeit des derzeitigen Geißbockmaskottchens Hennes VIII. die Meisterschale an den Rhein holt (Hennes VIII. amtiert bereits seit dem Jahr 2008; die Amtszeiten seiner Vorgänger betrugen meist sieben Jahre).

FAZIT

Der NWB OAAAE-46617 nicht ausschließlich formal-juristische Gesichtspunkte berücksichtigt, sondern bei seiner Entscheidung – entsprechend der EuGH-Rechtsprechung, wonach die Berücksichtigung der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems darstellt – auch die tatsächlichen Verhältnisse herangezogen. Dem Urteil ist zuzustimmen.

Zunächst bleibt abzuwarten, wie die Verwaltung reagiert. Bei einer kommentarlosen Veröffentlichung des Urteils im BStBl II müssten die Finanzämter die Grundsätze des Urteils in allen offenen Fällen anwenden. Dies könnte – weil wohl alle Vereine bislang den Vorsteuerabzug aus sog. Provisionsabrechnungen der Vermittler von den Finanzämtern unbeanstandet in Anspruch genommen haben – zu erheblichen Vorsteuerrückzahlungen der Vereine führen. Weil das BFH-Urteil möglicherweise Auswirkungen auf Geschäftsbereiche außerhalb des Profifußballs hat (z. B. hinsichtlich der Beurteilung von Leistungsbeziehungen bei der Mitwirkung von Maklern und Vermittlern in anderen Branchen), käme auch eine Veröffentlichung im BStBl II nebst einem begleitenden BMF-Schreiben im BStBl I in Betracht.

Sollten die Vereine das Urteil tatsächlich zum Anlass nehmen, künftig keine Zahlungen mehr an Spielervermittler zu leisten, hätte der BFH indirekt zu mehr Transparenz in der Profifußballbranche beigetragen. Es bleibt spannend, nicht nur auf dem Rasen, sondern auch hinter den Kulissen im Profifußball.

Autor

Hans-Dieter Rondorf,
Dipl.-Finanzwirt, wechselte nach einigen Jahren als Betriebsprüfer in der Finanzverwaltung NRW zum BMF und war dort fast 20 Jahre lang in einem Umsatzsteuer-Referat tätig. Seit dem Jahr 2001 ist er in der Steuerabteilung des Bundesrechnungshofs mit der Prüfung von Steuerthemen befasst.

Fundstelle(n):
NWB 2014 Seite 102 - 109
NWB FAAAE-52267