Hessisches Finanzgericht Urteil v. - 13 K 1005/00

Erforderlichkeit eines Arbeitszimmers bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Leitsatz

  1. Aufwendungen für ein Arbeitszimmer sind nur dann im Rahmen der Einkünfteermittlung berücksichtigungsfähig, wenn das Arbeitszimmer für die jeweilige Tätigkeit erforderlich ist.

  2. Für die Verwaltung von zwei Eigentumswohnungen ist trotz des erhöhten Verwaltungsaufwandes bei Anschaffung einer Eigentumswohnung die Unterhaltung eines Arbeitszimmers regelmäßig nicht erforderlich.

Gesetze: EStG § 12 Nr. 1, EStG § 9 Abs. 5, EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand

Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. Mit ihrer Einkommensteuererklärung 1997 beantragten sie die Anerkennung von Aufwendungen für zwei Arbeitszimmer in Höhe von je 2.400,-- DM im Rahmen ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die außergerichtlich weiterhin geltend gemachten Aufwendungen für Arbeitsmittel werden im gerichtlichen Verfahren nicht mehr verfolgt. Das Finanzamt versagte mit Einkommensteuerbescheid vom den Abzug als Werbungskosten, da die Kläger nicht glaubhaft gemacht hätten, daß die Aufwendungen für die Arbeitszimmer ausschließlich im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angefallen und die Arbeitszimmer lediglich für diese Zwecke bereit gehalten worden seien. Der Einspruch hiergegen wurde mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurückgewiesen.

Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter. Gerichtlich, wie bereits außergerichtlich, haben sich die Kläger wie folgt eingelassen:

Die beiden Arbeitszimmer seien bis einschließlich 1995 im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit benutzt worden. Durch Arbeitsplatzwechsel im Jahre 1995 habe sich im Rahmen der neuen Arbeitsverhältnisse und damit einhergehenden neuen Tätigkeitsschwerpunkten nicht mehr die Notwendigkeit für häusliche Arbeitszimmer ergeben. Die Arbeitszimmer seien jedoch für die Verwaltung von Immobilien ab 1997 erforderlich gewesen und ausschließlich zu diesem Zwecke benutzt worden. So habe jeder der Ehegatten im Jahre 1996 eine weitere zu einer bereits vorhanden gewesenen Eigentumswohnung hinzu erworben, so daß insoweit jeweils zwei Wohnungen zu verwalten gewesen seien. Bedingt durch die Übernahme der Verwaltungsgeschäfte von einem gewerblichen Verwalter, der Finanzierungsabwicklung hinsichtlich der neu angeschafften Wohnungen, Mieterwechsel, Vorbereitung von Eigentümerversammlungen und Problemen mit der Instandhaltungen der Wohnungen habe sich insbesondere in 1997, aber auch in den Folgejahren, ein hoher Verwaltungsaufwand ergeben. Dies sei auch anhand von Aufstellungen, die vorgelegt worden seien, nachzuweisen. Hieraus ergebe sich ein Verwaltungsaufwand für die Immobilien im Jahr in Höhe von ca. 500 Stunden. Die beiden Arbeitszimmer seien ausschließlich für diese Verwaltung - abgesehen von der Erstellung der Steuererklärungen - genutzt worden. Die jeweils in den beiden Zimmern (insgesamt 30 qm bei einer Gesamtwohnfläche von 141 qm) vorhandenen Computer seien auch ausschließlich nur für diese Zwecke genutzt worden. Eine Privatnutzung sei nicht erfolgt. Private Korrespondenz sei nicht angefallen.

Wegen Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Prozeßbevollmächtigten vom 21.02. und nebst den jeweiligen Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1997 vom in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom (abgesandt am ) dahingehend zu ändern, daß Aufwendungen für zwei häusliche Arbeitszimmer in Höhe von je 2.400,-- DM als Werbungskosten anerkannt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt hält auch im gerichtlichen Verfahren an seiner außergerichtlich geäußerten Rechtsansicht fest, daß die Kläger nicht glaubhaft gemacht hätten, daß die beiden Arbeitszimmer ausschließlich im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung benutzt würden. Wegen Einzelheiten wird insoweit auf den Schriftsatz des Finanzamtes vom Bezug genommen.

Die einschlägigen Steuerakten haben dem Senat vorgelegen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Das Finanzamt hat zu Recht die geltend gemachten Aufwendungen für die beiden Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten anerkannt, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2 EStG nur dann nicht, wenn entweder die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmer mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Vorliegend kommt eine Nutzung der Arbeitszimmer zu mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit nicht in Betracht. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Streitentscheidend kann somit nur die Frage sein, ob für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2 zweite Alternative EStG). In diesem Fall wäre ein begrenzter Abzug bis zu 2.400,-- DM gemäß § 6 Abs. 5 Nr. 6b Satz 3 erster Halbsatz EStG möglich. Die zunächst umstrittene Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Norm ist inzwischen durch das Der Betrieb 1999, 2610) entschieden. Nach diesem Urteil ist die beschränkte Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowohl formell als auch materiell verfassungsgemäß (so auch die vorangegangene Rechtsprechung des , Bundessteuerblatt -BStBl- II 2000, 7 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Vorliegend haben die Kläger jedoch bereits dem Grunde nach die Voraussetzungen für eine Abzugsfähigkeit nicht dargetan.

Zutreffend ist zunächst die Rechtsansicht der Kläger, daß im Rahmen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2 zweite Alternative, wenn mehrere Tätigkeiten ausgeübt werden, auf die jeweils einzelne einkünfteerzielende Tätigkeit - vorliegend Vermietung und Verpachtung - abzustellen ist ( BStBl I 1998, 863, 865; Finanzgericht des Landes Brandenburg Urteil vom 5 K 1588/97 E EFG 1998, 1678). Jedoch muß das Arbeitszimmer für diese Tätigkeit erforderlich sein. Dieses Kriterium ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift. Aus dem Sinnzusammenhang der Regelung zur Abzugsfähigkeit von Arbeitszimmern ist jedoch zu folgern, daß ein Aufwendungsabzug nur dann erfolgen darf, wenn das Arbeitszimmer tatsächlich erforderlich für die Einkünfteerzielung ist (so ausdrücklich , BStBl II 1997, 68). Hierdurch wird der Tatsache Rechnung getragen, daß es bei den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer wegen dessen Belegenheit im Privatbereich des Steuerpflichtigen zu Berührungen mit der Lebensführung kommt. Um einen Mißbrauch dergestalt zu vermeiden, daß Kosten der privaten Lebensführung in den beruflichen bzw. betrieblichen Bereich verlagert werden, ist es abweichend vom sonstigen Betriebsausgaben- und Werbungskostenbegriff sachgerecht, insoweit auf die Erforderlichkeit des Aufwandes abzustellen (BFH BStBl II 1997, 68; EFG 2000, 169 jeweils mit weiteren Nachweisen). Unterstützt wird diese Auffassung durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Durch das Jahressteuergesetz 1996 sollten u.a. auch Einschränkungen beim häuslichen Arbeitszimmer sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach vorgenommen werden (vgl. Nachweise der Entstehungsgeschichte in a.a.O.; BStBl II 1998, 351). Bei einer isoliert am Wortlaut des § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2 zweite Alternative EStG haftenden und Sinnzusammenhang und Entstehungsgeschichte des Gesetzes ignorierenden Auslegung würde dieser Gesetzeszweck in sein Gegenteil verkehrt, so daß beispielsweise für die Verwaltung von geringfügigen und einmalig jährlich anfallenden Einkünften aus Kapitalvermögen Aufwendungen für ein Arbeitszimmer bis zu 2.400,-- DM möglich wären. Dieses Ergebnis erscheint mehr als fraglich und vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollt (vgl. hierzu auch Kirchhoff-Söhn Einkommensteuergesetz § 4 Rz. Lb 146 m.w.N. und Frankenberger Finanzrundschau 1997, 597, 601).

Vorliegend haben die Kläger nicht nachgewiesen, daß die beiden Arbeitszimmer erforderlich in diesem Sinne waren.

So fällt auf, daß die Arbeitszimmer bis einschließlich des Veranlagungszeitraumes 1995 voll umfänglich im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und ab Veranlagungszeitraum 1997 ausschließlich für die Verwaltung der Immobilien genutzt worden sein sollen. Die Kläger haben dies in der mündlichen Verhandlung damit erklärt, daß durch einen zwischenzeitlich erfolgten Arbeitsplatzwechsel die Notwendigkeit für die häusliche Arbeit entfallen sei. Dies ist immerhin auffällig, da beide Kläger auch bei ihren neuen Arbeitgebern als kaufmännische Angestellte in leitenden Positionen tätig waren. Daß insoweit keine häusliche Arbeit mehr angefallen sein soll, ist daher - trotz der Erklärungsversuche der Kläger in der mündlichen Verhandlung - nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Der Senat kann dies jedoch dahin stehen lassen, da auch die weiteren von den Klägern vorgebrachten Argumente den Senat nicht von der Erforderlichkeit der Arbeitszimmer zu überzeugen vermochten. So haben die Kläger nicht überzeugend dargelegt, warum für die beiden bereits vorhandenen Eigentumswohnungen offensichtlich in den Vorjahren überhaupt kein Verwaltungsaufwand angefallen sein soll. Die Einlassung der Kläger, daß für die „Altwohnungen„ durch Übernahme der Verwaltung, Mieterwechsel und Reparaturen in 1997 eine erhöhte Arbeitsbelastung hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angefallen sei, mag zwar teilweise zutreffend sein. Daß insoweit in den Vorjahren jedoch überhaupt kein Verwaltungsaufwand angefallen sein soll, erscheint für den Senat jedoch wenig nachvollziehbar. Hinsichtlich der neu angeschafften Eigentumswohnungen ist zwar den Klägern zuzugeben, daß in der Anfangsphase ein erhöhter Verwaltungsaufwand vorgelegen haben mag. Aber auch insoweit ist nicht dargetan, daß die Vorhaltung von zwei Arbeitszimmern für diese Zwecke unter Zugrundelegung der von den Klägern vorgelegten Arbeitsaufstellung, die auch nach Auffassung des Senats aus den aus der Einspruchsentscheidung ersichtlichen Gründen zumindest in Teilbereichen wohl zeitlich überhöht sein dürfte, objektiv erforderlich war. Schließlich vermag der Senat den Klägern nicht darin zu folgen, daß die Arbeitszimmer ausschließlich für die Verwaltung der Mietobjekte und der beiden Immobilienfonds, deren zeitliche Verwaltung von untergeordneter Bedeutung ist, verwendet wurden. Soweit sich die Kläger dahingehend eingelassen haben, daß überhaupt keine private Korrespondenz angefallen sei, hält dies der Senat, da jeder Lebenserfahrung widersprechend, für nicht glaubhaft.

In einer Gesamtschau sämtlicher Umstände ist der Senat nicht davon überzeugt, daß die Aufwendungen für die beiden Arbeitszimmer im Sinne oben dargestellter Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, erforderlich waren.

Das Finanzamt hat daher zu Recht die insoweit geltend gemachten Werbungskosten nicht anerkannt, so daß die Klage mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen war.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:






Fundstelle(n):
FAAAB-13334