Schenkungsteuer bei Veruntreuung von Geldbeträgen zugunsten eines Dritten – Zuwendung durch verbotswidrige Verfügung – Bedeutung der Rückforderungsansprüche des Geschädigten – Unentgeltlichkeit der Leistung
Leitsatz
Die Überweisung veruntreuter Geldbeträge aus dem Vermögen ihres Arbeitgebers durch eine angestellte Buchhalterin auf der freien Verfügungsgewalt eines mit ihr kollusiv zuammenwirkenden Dritten unterliegende Bankkonten ist als freigebige Zuwendung der Schenkungsteuer zu unterwerfen.
Die Buchhalterin ist in diesem Fall als Zuwendende der Zahlungen anzusehen, da der Verfügung zugunsten des Dritten notwendig eine rechtswidrige Aneignung der Geldbeträge durch sie vorausgehen musste.
Das Bestehen von Rückforderungsansprüchen des Arbeitgebers gegenüber dem Zahlungsempfänger steht dessen Bereicherung im Innenverhältnis zu der zuwendenden Person nicht entgegen.
Das Versprechen des Empfängers, die Zahlungen später zur Deckung der Fehlbeträge zurückzuführen, und der Umstand, dass Zahlungen zur Förderung einer in Aussicht gestellten Eheschließung erfolgt sein sollen, schließen das Bewusstsein der Unentgeltlichkeit der Leistungen nicht aus.
Gesetze: ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Instanzenzug:
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig
Tatbestand
Die mit dem Kläger bekannte A war bei der B GmbH & Co. KG (B) als Buchhalterin angestellt. In dieser Eigenschaft gelang es ihr, in dem Zeitraum vom bis zum Überweisungsaufträge über insgesamt 225.462,79 € zu erteilen, die zu entsprechenden Abbuchungen auf für die B oder konzernangehörige Unternehmen geführte Bankkonten führten und denen keine Verbindlichkeiten der B oder konzernangehöriger Unternehmen gegenüberstanden. Stattdessen wurden die Geldbeträge auf Bankkonten Dritter gutgeschrieben, die der Kläger ihr zuvor bezeichnet hatte. Der Kläger erhielt die Geldbeträge anschließend zu eigener Verwendung.
A ließ sich in ihrer Vernehmung als Beschuldigte durch Beamte des Landeskriminalamts vom dahin ein, dass sie die Überweisungen auf die vom Kläger bezeichneten Bankkonten vorgenommen habe, weil ihr versprochen worden sei, dass sie dadurch finanzielle Probleme lösen könne, die einer Eheschließung mit dem Kläger entgegengestanden hätten. Er habe ihr versprochen, dass durch den Verkauf seines Hauses Gelder frei würden, mit denen die Geldbeträge zurückgeführt werden könnten.
Der Kläger räumte in einem Schreiben seines Bevollmächtigten vom der B gegenüber ein, dass die Zahlungen zu seinen Gunsten vorgenommen worden seien. Die Staatsanwaltschaft erhob unter dem gegen A und den Kläger wegen des vorgenannten Sachverhalts beim Amtsgericht Anklage.
Das beklagte Finanzamt ging davon aus, dass der Kläger auf Grund der von A begangenen Taten, von dieser am 14.300 €, am 1.000 €, am 11.512 €, am 6.289 €, am 11.586 €, am 19.096 €, am 14.280 €, am 25.005 €, am 17.900 €, am 11.600 €, am 3.000 €, am 1.700 €, am 5.000 €, am 4.000 €, am 9.500 € am 37.562 €, am 17.500 € zugewendet erhalten habe. Das beklagte Finanzamt deshalb gegen den Kläger mit 17 Steuerbescheiden insgesamt 61.620 € Schenkungsteuer fest.
Den hiergegen vom Kläger eingelegten Einspruch wies das beklagte Finanzamt mit Entscheidung vom zurück.
Der Kläger trägt mit seiner Klage vor: A habe die Geldbeträge ganz überwiegend unmittelbar von für die B geführte Bankkonten auf die von ihm bezeichneten Bankkonten überwiesen. Nur in einem Fall habe sie einen Geldbetrag zunächst auf ein für sie geführtes Bankkonto überwiesen, bevor sie ihm den Betrag übergeben habe. Sie sei deshalb durch die Zahlungen nicht entreichert worden. Allenfalls die B sei durch die Zahlungen entreichert worden. Dieser habe allerdings das erforderliche Zuwendungsbewusstsein gefehlt, weil deren Vertreter keine Kenntnis von den Zahlungen gehabt hätten. Er selbst sei nicht bereichert worden, weil der B gegen ihn zivilrechtliche Ersatzansprüche zustehen würden, falls die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zutreffen sollten.
Der Kläger beantragt,
die 17 Schenkungsteuerbescheide vom in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet. Die 17 Steuerbescheide vom in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. April 2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte Finanzamt hat die Schenkungsteuer zu Recht gegen den Kläger festgesetzt.
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist. Erforderlich ist eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten (, BFHE 254, 64).
Welche Person als Zuwendende an einer freigebigen Zuwendung beteiligt ist, bestimmt sich ausschließlich nach der Zivilrechtslage. Grundsätzlich ist Zuwendender derjenige, der Vermögen zugunsten eines anderen aus seinem Vermögen hingibt (, BFHE 250, 215, BStBl II 2015, 960).
Im Streitfall war A Zuwendende der fraglichen Zahlungen. Die in Rede stehenden Geldbeträge befanden sich zwar zunächst im Vermögen der B und konzernangehöriger Unternehmen, weil diesen entsprechende Herausgabeansprüche gegenüber den kontoführenden Banken zustanden (§§ 675 Abs. 1, 667 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Gleichwohl ist A nach Überzeugung des Gerichts im Verhältnis zum Kläger als Zuwendende anzusehen. Sie hat die Geldbeträge letztlich dem Kläger zukommen lassen, nachdem sie sich diese zuvor auf rechtswidrige Weise verschafft hatte. Der Zuwendung der Geldbeträge durch A hat notwendig eine rechtswidrige Aneignung der Geldbeträge durch sie vorausgehen müssen. Sie konnte die fraglichen Geldbeträge dem Kläger nur zukommen lassen, nachdem sie diese zunächst wie eigenes Vermögen behandelte, über das sie - wenn auch verbotswidrig - verfügt hat. Der Kläger hat selbst mit seinem Schriftsatz vom eingeräumt, dass A am einen Betrag von 17.500 € zunächst auf ein auf ihren Namen geführtes Bankkonto hat überweisen lassen, bevor sie ihm den Geldbetrag (in bar) übergeben habe. Es ist nicht ersichtlich, warum sie in den anderen Fällen, in denen sie die Geldbeträge zur Verschleierung ihrer Taten auf Bankkonten überwiesen hat, die der Kläger ihr genannt hatte und die für andere Personen geführt wurden, über diese Geldbeträge nicht wie eigenes Vermögen verfügt hat, bevor sie diese dem Kläger hat zukommen lassen. Selbst in strafrechtlicher Hinsicht kann sich ein Täter eine fremde Sache aneignen, wenn er sie einem Dritten schenkt, sofern er davon einen Nutzen oder Vorteil im weitesten Sinne, wenn auch nur mittelbar hat (, BGHSt 4, 236).
Der Umstand, dass sich der Kläger Rückforderungsansprüchen der B oder anderer konzernangehöriger Unternehmen ausgesetzt sieht, schließt die Annahme schenkungsteuerpflichtiger freigebiger Zuwendungen i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht aus. Der Empfänger einer freigebigen Zuwendung muss zwar über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen können. Ist der Empfänger einer Leistung dem Zuwendenden gegenüber zivilrechtlich zur Rückgewähr des Überlassenen verpflichtet, fehlt es insoweit an einer Bereicherung des Empfängers (, BFHE 237, 179, BStBl II 2012, 473). Es ist jedoch weder ersichtlich noch vom Kläger dargelegt worden, warum er A zur Rückgewähr der von dieser erhaltenen Geldbeträge verpflichtet sein sollte.
Die Zuwendungen der A erfüllen auch den subjektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Insoweit genügt das Bewusstsein des Zuwendenden der Unentgeltlichkeit seiner Leistung. Ein auf die Bereicherung des Empfängers gerichteter Wille im Sinne einer Bereicherungsabsicht ist demgegenüber nicht erforderlich (, BFHE 183, 253, BStBl II 1997, 832). Nach Überzeugung des Gerichts kann es keinem Zweifel unterliegen, dass sich A der Unentgeltlichkeit ihrer Leistungen bewusst war. Sie hat sich in ihrer Vernehmung vom dahin eingelassen, dass sie die Überweisungen auf die vom Kläger bezeichneten Bankkonten vorgenommen habe, weil ihr versprochen worden sei, dass sie dadurch finanzielle Probleme lösen könne, die einer Eheschließung mit dem Kläger entgegengestanden hätten. Sie wollte mithin die fraglichen Geldbeträge dem Kläger zuwenden, um seine finanziellen Probleme zu lösen. Die ihr möglicherweise in Aussicht gestellte Eheschließung schloss dabei offensichtlich die Unentgeltlichkeit ihrer Leistungen nicht aus. Soweit der Kläger ihr versprochen haben soll, dass durch den Verkauf seines Hauses Gelder frei würden, mit denen die Geldbeträge zurückgeführt werden könnten, schloss auch das im Verhältnis zu A die Unentgeltlichkeit ihrer Leistungen nicht aus. Denn eine etwaige Zurückzahlung der Geldbeträge durch den Kläger wäre allenfalls der B und konzernangehörigen Unternehmen zu Gute gekommen, hätte jedoch keine Gegenleistung im Verhältnis zu A dargestellt. Als wessen Vermögen diese die Geldbeträge laienhaft angesehen hat, ist für die Frage des Vorliegens des erforderlichen Zuwendungsbewusstseins unerheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
EFG 2018 S. 1911 Nr. 22
ErbBstg 2018 S. 267 Nr. 11
ErbStB 2019 S. 4 Nr. 1
EAAAG-97965