FG Mecklenburg-Vorpommern Urteil v. - 2 K 220/13 EFG 2017 S. 1127 Nr. 13

Eisskulpturenausstellung kein dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegendes „Museum”

Leitsatz

1. Die Definition des Museums in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 4 UStG gilt auch für den Begriff des Museums in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG.

2. Museen sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen. Eine Kunstsammlung ist die Gesamtheit von unter einem bestimmten Gesichtspunkt auf Dauer zusammengetragenen Kunstgegenständen. Dabei ist Sammeln ein systematisches Suchen, Beschaffen, Erhalten und Aufbewahren von Dingen einer bestimmten Kategorie oder Art. Wenn ausgewählte Künstler Skulpturen nach einem von Veranstalter vorgegebenen Thema aus einem vom Veranstalter bereitgestellten Material (Eis) bildhauerisch angefertigt haben und diese Eisskulpturen nur für eine begrenzte Zeit besichtigt werden können, genügt dies den an eine Kunstsammlung zu stellenden qualitativen Mindestanforderungen nicht, um den umsatzsteuerrechtlichen Museumsbegriff ausfüllen zu können.

3. Der Umstand, dass eine Ausstellung nicht unter den Begriff des Museums fällt und damit nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterworfen wird, ist verfassungs- und europarechtlich unbedenklich.

4. Der Begriff der Kunstsammlung setzt zunächst voraus, dass die betroffenen Gegenstände „Kunst” sind. Bildhauerarbeiten aus Eis können „Kunst” sein (Ausführungen zum Kunstbegriff i. S. d. Art. 5 Abs. 3 GG). Die Vergänglichkeit der Objekte stellt den Kunstcharakter nicht in Frage.

5. Wissenschaftliche Sammlungen sind insbesondere zoologische, technische, volkskundliche, geschichtliche oder heimatgeschichtliche Sammlungen. Eine Sammlung unterscheidet sich von einer reinen Ansammlung von Dingen durch eine bestimmte Ordnung, in der Objekte erfasst sind, für die es Ein- und Ausschlusskriterien gibt; die Ordnung der Objekte vollzieht sich in einem bestimmten Raum. Sammlung ist die Gesamtheit von unter einem bestimmten Gesichtspunkt zusammengetragenen Gegenständen. Dabei ist Sammeln ein systematisches Suchen, Beschaffen, Erhalten und Aufbewahren von Dingen einer bestimmten Kategorie oder Art. Wesentlich wird eine Sammlung mithin dadurch gekennzeichnet, dass ein eigener Bestand des Sammelnden angelegt wird und dass die Sammlung für einen dauerhaften Zeitraum besteht.

6. Auch der Gleichheitssatz in Verbindung mit der Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht, jede wirtschaftliche Förderungsmaßnahme oder steuerliche Begünstigung allen Bereichen künstlerischen Schaffens gleichermaßen zugute kommen zu lassen; vielmehr können für die Beurteilung der Förderungsbedürftigkeit auch wirtschafts- und finanzpolitische Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Hierin liegt keine unsachgemäße Differenzierung, die allein einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellen würde (vgl. ).

Gesetze: UStG § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 4, UStG § 12 Abs. 1, UStG § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a, GG Art. 5 Abs. 3, MwStSystRL Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3, MwStSystRL Anhang III Kategorie 7

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a des UmsatzsteuergesetzesUStG– für Eintrittsgelder in den Monaten Januar, Februar und Dezember 2010.

Während der Wintermonate wird alljährlich eine Ausstellung durchgeführt, in deren Rahmen von nationalen und internationalen Künstlern Eisskulpturen geschaffen und den Besuchern gegen Entgelt präsentiert werden. Das Thema wird vom Kläger vorgegeben, der auch die Künstler auswählt und ihnen das Eis bereitstellt. Bei den ausgestellten Skulpturen wird eine Tafel angebracht, die über die Vita des jeweiligen Künstlers und sein bisheriges künstlerisches Schaffen informiert.

Die Ausstellung findet in einem separaten Bereich auf dem Gelände der Gesellschaft statt. Die Eintrittskarte gilt als Dauerkarte für die zweimonatige Ausstellung und berechtigt zum beliebig häufigen Besuch von Ausstellung und Eislaufbahn. Die Eislaufbahn öffnet bereits im November, etwa einen Monat vor der Ausstellung der Eisskulpturen; sie kann in der Zeit vor der Eröffnung der Ausstellung kostenlos genutzt werden. Zwischen der Ausstellung der Eisskulpturen und der Eislaufbahn besteht keine Sichtverbindung. Ausstellung und Eislaufbahn sind in getrennten Räumen untergebracht. Es ist jedoch möglich, zwischen beiden Räumen zu wechseln, ohne eine Eintrittskontrolle zu durchlaufen. Hinsichtlich der weiteren Beschreibung des Erlebnishofes und der Ausstellung wird auf die Kopien der Eintrittskarten und Ausdrucke aus dem Internet Bezug genommen.

Im Streit sind die 7. Q und die 8. Q.

Mit Schreiben vom teilte eine Steuerberaterin dem Beklagten auf dessen Nachfrage zu den berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Januar und Februar 2010 mit, dass im Rahmen der nachträglichen Anmeldung von Beiträgen zur Künstler-Sozialkasse für die Kalenderjahre ab 2008 bis 2010 aufgefallen sei, dass die Eintrittsgelder aus der jährlich stattfindenden Eisskulpturenausstellung irrtümlich mit dem Regelsteuersatz angemeldet worden seien. Die Umsätze aus den Eintrittsgeldern unterlägen als Eintrittsberechtigungen für Museen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a. in Verbindung mit § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 3 UStG (Kunstausstellungen).

Der Beklagte folgte dieser Ansicht nicht und setzte die Umsatzsteuervorauszahlungen für Januar und Februar 2010 mit Bescheiden jeweils vom fest.

Hiergegen wandte der Kläger sich mit seinem Einspruch, mit dem er an der von ihm vertretenen Rechtsauffassung festhielt und darauf hinwies, dass es sich bei der Eislaufbahn lediglich um eine unselbstständige Nebenleistung zur steuerbegünstigten Eintrittsberechtigung für die Ausstellung handele. Dementsprechend erklärte er die Erlöse aus der Eisskulpturenausstellung auch in der am beim Beklagten eingegangenen Umsatzsteuererklärung mit dem ermäßigten Steuersatz.

Mit Bescheid vom , geändert mit Bescheid vom , setzte der Beklagte die Umsatzsteuer für 2010 auf 1.252.801,17 EUR fest und forderte den Kläger zuletzt auf, 36.626,28 EUR zu zahlen. Dabei hielt er an der von ihm vertretenen Ansicht fest, dass die Erlöse aus der Ausstellung dem Regelsteuersatz unterlägen. Die Bescheide wurden gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 der AbgabenordnungAO – Gegenstand des Einspruchsverfahrens (vgl. Bundesfinanzhof – , BFH/NV 2012, 832).

Den mit Schriftsatz vom gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom ab. Der Kläger, der daraufhin die nachgeforderte Umsatzsteuer bezahlt hat, suchte um einstweiligen Rechtsschutz durch das Gericht nach. Diesen Antrag wies der Senat durch Beschluss vom , berichtigt durch Beschluss vom 16. August 2012 (2 V 15/12, Juris) zurück.

Der Kläger legte sodann im Einspruchsverfahren ein Gutachten von Rechtsanwalt K. vom (Rechtsbehelfsakte S. 128 ff.) über die „Anwendung und Auslegung des Begriffs des Museums im Rahmen des § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG unter besonderer Berücksichtigung der Ausstellung „Q” vor.

Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom zurück.

Er führte aus: Eine gesetzliche Definition des Begriffs „Museums” gebe es nicht. Nach der geläufigen Definition des Internationalen Museumsrates ICOM sei ein Museum eine gemeinnützige, auf Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zum Zwecke des Studiums, der Bildung und des Erlebens materielle und immaterielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschaffe, bewahre, erforsche, bekannt mache und ausstelle. An diesem Museumsbegriff orientiert sich auch die Standards für Museen des Deutschen Museumsbundes. Auch wenn wegen der zeitlichen Begrenzung einer Kunstausstellung (als im Umsatzsteuerrecht möglichen Unterfall des Museums) das Kriterium „auf Dauer angelegt” unbeachtlich sei, so verblieben doch die übrigen Merkmale – Gemeinnützigkeit, im Dienste der Gesellschaft, zu Studien- und Bildungszwecken, Bewahren, Erforschen – ‚die auch nach allgemeiner Anschauung zu den Merkmalen eines Museums gehörten und von der Q zum Teil nicht erfüllt werden könnten und ansonsten nicht erfüllt würden.

Die Gemeinnützigkeit der Q-Projekte sei bereits nicht gegeben. Es sei auch nicht die Absicht zu erkennen, das jeweilige Projekt im Ganzen oder einzelne Exponate zu bewahren oder erforschen zu lassen. Die Ausstellungen dienten auch nicht Studien- oder Bildungszwecken.

Die Ausstellungen zur 7. und 8. Q genügten auch nicht den – im Vergleich zur Museumsdefinition des ICOM geringeren – Anforderungen, die Abschnitt 4.20.3. (2) UStAE für die Anerkennung einer Kunstausstellung als Museum im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG voraussetze.

Selbst wenn die Qualität von Kunst nur nach subjektiven Maßstäben beurteilt werden könne, stehe außer Zweifel, dass die Skulpturen der Eisausstellungen kein Kunst- oder Kulturbesitz sein könnten, da sie nach drei Monaten nicht mehr vorhanden seien. Daher könne eine Werthaltigkeit der Skulpturen im Sinne eines dauerhaften Wertes für Kunst und Kultur nicht gegeben sein.

An eine Kunstausstellung seien für die Anerkennung als Museum im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG die gleichen Anforderungen zu stellen wie an eine wissenschaftliche Sammlung, d. h. die Sammlung bzw. Ausstellung müsse nach wissenschaftlichen bzw. hier eher künstlerischen Gesichtspunkten zusammengestellt und geordnet und durch entsprechende Beschriftungen und / oder Kataloge erläutert werden. Dies sei ebenfalls nicht der Fall.

Die Aufstellung der Skulpturen erfolge nicht in erster Linie nach künstlerischen Gesichtspunkten (z. B. Betrachtungsmöglichkeit der einzelnen Skulpturen), sondern nach dem vorgegebenen Thema, um einen möglichst hohen Erlebniswert für die Besucher zu erreichen.

Hauptzweck der Ausstellung sei das Anwerben von Besuchern in einer ansonsten eher besucherarmen Zeit, um die Gastronomie und auch den Handelszweig des Erlebnishofes auszulasten. Dass sich die Q allein offensichtlich als sehr profitabel erwiesen habe, dürfte ein willkommener Nebeneffekt sein.

Am hat der Kläger Klage erhoben.

Aus den Gründen:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen daher den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Eintrittsgelder für die Ausstellung der 7. und 8. Q 2010 dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG von 7 % zu unterwerfen.

Ausgangspunkt ist § 12 Abs. 1 UStG. Danach beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage. Für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler ermäßigt sich die Steuer gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG auf 7 Prozent.

I. Zunächst ist Voraussetzung für die Annahme einer Veranstaltung i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, dass der Besuch der Präsentationen „Q Nr. 7” und „Q Nr. 8” den eigentlichen Zweck des Eintritts ausmachen, obwohl die Eintrittskarten auch zum Besuch der Eisbahn berechtigten. Leistungen anderer Art, die in Verbindungen mit diesen Veranstaltungen erbracht werden, müssen von so untergeordneter Bedeutung sein, dass der Charakter der Veranstaltung als Besuch eines Museums nicht beeinträchtigt wird (vgl. , EFG 2013, 249; nachfolgend , BFHE 248, 382). Nicht begünstigt ist hier der Besuch der Eisbahn. Die Tages- oder Dauerkarten berechtigten zum Besuch auch der Eisbahn. Die Besucher bezahlten den ganz überwiegenden Teil ihres Eintrittsgeldes für den Besuch der Q, da der Besuch der Eisbahn in den Zeiten, bevor die streitgegenständlichen Veranstaltungen stattfanden, gratis möglich war.

II. 1. Für die Auslegung des Begriffs „Museum” in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG sind folgende Gesichtspunkte maßgebend:

§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG selbst definiert nicht, was unter einem Museum zu verstehen ist. Der Begriff wird jedoch im Zusammenhang mit der in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 4 UStG (in der bis zum geltenden Fassung Satz 3) geregelten Steuerbefreiung für Museen des Bundes, der Länder und der Gemeinden näher bestimmt. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind danach wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen.

Nach überwiegender Ansicht ist diese Begriffsbestimmung auch im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG maßgeblich (vgl. Abschnitt 12.5 Abs. 1 Satz 2 UStAE; Schuhmann in Rau/Dürrwächter, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG Rn. 20; Kraeusel in Reiß/Kraeusel/ Langer, § 12 UStG Rn. 202; Klezath in Hartmann/Metzenmacher, § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG Rn. 21; Klenk in Sölch/Ringleb, § 12 Abs. 2 (Nr. 7) UStG Rn. 265; Waza in Offerhaus/ Söhn/Lange, § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG Rn. 34; Stadie, § 12 UStG Rn. 42; Bosche in Birkenfeld, § 144 Rn. 142; ebenso ; offen gelassen von – juris).

Der Wortlaut des § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 4 UStG „im Sinne dieser Vorschrift”) zwingt zwar nicht dazu, die für § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG maßgebliche Legaldefinition des Museumsbegriffs gleichermaßen auch für § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG anzuwenden. Allein eine grammatikalische Auslegung liefert keine allgemeingültige Begriffsbestimmung, die sämtlichen Rechtsvorschriften zugrunde gelegt werden kann, in denen der Gesetzgeber einen Begriff verwendet. Zu berücksichtigen ist der Sinnzusammenhang, in den er gestellt worden ist, und der Zweck der jeweiligen gesetzlichen Regelung (vgl. , BFHE 231, 450). Andererseits ist davon auszugehen, dass Begriffe, die in verschiedenen Vorschriften desselben Gesetzes verwendet werden, grundsätzlich einheitlich auszulegen sind (BFH-Beschluss des Großen Senats vom GrS 2/01, BFHE 201, 1). § 4 UStG regelt Befreiung von der Umsatzsteuer, § 12 Abs. 2 UStG verminderte Steuersätze. Die Zielrichtungen dieser Vorschriften geben keinen Anhaltspunkt dafür, dass hier ein unterschiedliches Begriffsverständnis zu Grunde liegen könnte. Es gibt daher keinen Grund anzunehmen, dass der Gesetzgeber den Begriff des Museums in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG anders, mithin weiter als in § 4 Abs. 20 Buchst. a UStG verstanden wissen wollte (Senats-Beschluss vom a. a. O.; in juris; vgl. auch Heidner in Bunjes, 12. Auflage 2013, § 4 UStG Rn. 11).

Gesetzliche Begriffe sind nach Normzweck, Sinnzusammenhang und Wortlaut auszulegen. Dabei ist zudem der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung zu berücksichtigen (, DStR 2017, 777). Da beide Bestimmungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz der vollen Besteuerung nach § 12 Abs. 1 UStG enthalten, sind sie eng auszulegen (, BFHE 245, 409 unter Bezugnahme auf , Slg. 2001, I-445).

2. Museen sind nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 4 UStG „wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen”.

Wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen werden als Gegensätze in der Definition gesetzt. Wissenschaftliche Sammlungen sind danach insbesondere zoologische, technische, volkskundliche, geschichtliche oder heimatgeschichtliche Sammlungen (Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 4 Rn. 92). Um derartige Gegenstände geht es hier nicht. Hier kommt nur eine „Kunstsammlung” in Betracht.

Auf Grund der Bestimmung in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 4 UStG kann nicht, wie der Kläger meint (Gutachten K. S. 7) der Begriff „Kunstsammlung” isoliert und damit losgelöst davon bestimmt werden, dass er Teil der Definition des Museums ist und diese wiederum im Gesamtzusammenhang der §§ 4 und 7 UStG steht. Erst recht kann nicht der gewerberechtliche Begriff der Ausstellung etwas zur Klärung des hier in Rede stehenden Begriffs beitragen.

3. Der Begriff der Kunstsammlung setzt zunächst voraus, dass die betroffenen Gegenstände „Kunst” sind.

Der Lebensbereich „Kunst” i. S. v. Art. 5 Abs. 3 GG ist durch die vom Wesen der Kunst geprägten, ihr allein eigenen Strukturmerkmale zu bestimmen. Von ihnen hat die Auslegung des Kunstbegriffs der Verfassung auszugehen. Das Wesentliche der künstlerischen Betätigung ist die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Alle künstlerische Tätigkeit ist ein Ineinander von bewussten und unbewussten Vorgängen, die rational nicht aufzulösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers. Kunst ist einer staatlichen Stil- oder Niveaukontrolle nicht zugänglich. Allerdings können für die praktische Handhabung von Gesetzen, welche „Kunst” als Tatbestandsmerkmal enthalten, Formeln und Abgrenzungskriterien entwickelt werden (Burghart in: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Stand 08.2016 Art. 5 Rn. 1026 m. N. aus der Rspr. des BVerfG). Demgemäß sind Bildhauerarbeiten i. S. d. Umsatzsteuerrechts höchstpersönliche Schöpfungen, mit denen der Künstler einem ästhetischen Ideal Ausdruck verleiht ( (PKH), BFH/NV 2008, 121).

Davon kann hier ausgegangen werden. Die ausgestellten Werke sind Bildhauerarbeiten aus Eis. Die Vergänglichkeit der Objekte stellt den Kunstcharakter nicht in Frage.

4. Es muss sich zudem um eine „Sammlung” handeln.

a) Eine Sammlung unterscheidet sich von einer reinen Ansammlung von Dingen durch eine bestimmte Ordnung, in der Objekte erfasst sind, für die es Ein- und Ausschlusskriterien gibt; die Ordnung der Objekte vollzieht sich in einem bestimmten Raum (Wissenschaftsrat, Empfehlungen zu wissenschaftlichen Sammlungen als Forschungsinfrastrukturen, 2011 S. 16). Sammlung ist die Gesamtheit von unter einem bestimmten Gesichtspunkt zusammengetragenen Gegenständen. Dabei ist Sammeln ein systematisches Suchen, Beschaffen, E r h a l t e n und A u f b e w a h r e n von Dingen einer bestimmten Kategorie oder Art. Wesentlich wird eine Sammlung mithin dadurch gekennzeichnet, dass ein eigener Bestand des Sammelnden angelegt wird und dass die Sammlung für einen dauerhaften Zeitraum besteht. Von der Notwendigkeit einer Sammlung in diesem Sinne geht auch Nr. 4.20.3 Abs. 2 UStAE aus. Danach können auch Kunstausstellungen als Museen in Betracht kommen. Hierbei muss es sich allerdings um Kunstsammlungen handeln, die ausgestellt und dadurch der Öffentlichkeit zum Betrachten und zu den damit verbundenen kulturellen und bildenden Zwecken zugänglich gemacht werden. Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch dem Anwendungserlass ist also Voraussetzung für ein Museum, dass entweder eine eigene Sammlung des Museums vorhanden ist oder eine Kunstausstellung vorliegt, in der eine Kunstsammlung ausgestellt wird (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom , 6 K 2133/11.F, 6 K 2133/11, NJW 2013, 807).

b) Der Kläger hält keine eigene Sammlung von Kunstwerken. Die von ihm zusammengestellten Kunstwerke stellt er nur vorübergehend aus. Er stellt sie nicht systematisch und auf Dauer zusammen, es wird kein eigener Bestand aufgebaut oder erhalten. Allein dass die von ihm ausgewählten Künstler die Skulpturen nach einem von ihm vorgegebenen Thema aus einem von ihm bereitgestellten Material (Eis) bildhauerisch angefertigt haben, genügt den an eine Kunstsammlung zu stellenden qualitativen Mindestanforderungen nicht, um den umsatzsteuerrechtlichen Museumsbegriff ausfüllen zu können. Eine Einstufung als eine einem Museum vergleichbare Einrichtung käme deshalb nur in Betracht, wenn die vom Kläger veranstalteten Ausstellungen andere Kunstsammlungen zum Gegenstand hätten (, NVwZ-RR 2014, 85). Auch dies ist nicht der Fall. Bei den vom Kläger veranstalteten Kunstausstellungen handelt es sich um für die jeweilige Ausstellung zusammengestellte Objekte, die nicht aus einer anderen Sammlung stammen. Die Tätigkeit des Zusammenstellens von Werken der Kunst für eine Ausstellung erfüllt nicht das Merkmal des „Sammelns” von Kunst (VG Frankfurt-Urteil, Urteil vom , 6 K 2133/11.F, 6 K 2133/11, NJW 2013, 807).

Dem kann der Kläger nicht entgegen halten, dass auch eine temporäre Kunstausstellung als Unterfall des Museums anzusehen sei (Gutachten K.). Zwar dürfte es zutreffen, dass Museen auch neben dem Sammeln und Bewahren von Kulturgütern kulturelle Aufgaben dadurch erfüllen, dass sie in ihren Häusern wechselnde Ausstellungen in Form von Sonderausstellungen zeigen, die entweder komplett aus den Sammlungsbeständen anderer Einrichtungen oder privater Leihgeber zusammengestellt sind oder aber nur zu einem geringen Anteil aus der eigenen Sammlung bestückt werden. Aber zum einen betreibt der Kläger keine solche Einrichtung. Zum anderen ist nicht entschieden, dass in einem solchen Fall eine Umsatzsteuerermäßigung unter dem Aspekt des Museums gewährt würde.

Der Kläger kann auch nicht geltend machen, es liege in der Natur der Eisskulpturen als Ausstellungsgegenstände, dass sie nicht Gegenstand einer auf Dauer angelegten Sammlung sein könnten. Eine Erweiterung des Begriffs um die Ausstellung solcher Gegenstände scheidet aus, da ein enges Verständnis geboten ist. Dass für den Begriff des Museums und einer einem Museum gleichwertigen Einrichtung das Vorhandensein einer Sammlung erforderlich ist, also einer auf Dauer angelegten Tätigkeit, wird auch daraus deutlich, dass die weiteren in § 4 Nr. 20 a Satz 1 UStG bezeichneten Einrichtungen wie Theater, Orchester, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks und Archive Einrichtungen bezeichnen, die auf Dauer angelegt sind. Eine Zusammenstellung von Kunstwerken zu Ausstellungszwecken für nur eine begrenzte Zeit kann daher nicht mit dem Ziel der Steuerbefreiung in § 4 Nr. 20 a UStG in Einklang gebracht werden (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom , 6 K 2133/11.F, 6 K 2133/11, NJW 2013, 807).

c) Diese enge Auslegung des Begriffs der Sammlung ist auch geboten, da eine „Ausstellung” in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG und mittelbar in § 4 Nr. 20 a Satz 1 UStG nicht genannt ist.

Mit § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG hat der Gesetzgeber inhaltlich auf Artikel 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabsatz 3 in Verbindung mit Anhang H Kategorien 7 und 8 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. nunmehr Art. 98, 99 in Verbindung mit Anhang III Kategorien 7 und 9 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – MwStSystRL) Bezug genommen. Der Wortlaut orientiert sich auch sprachlich am Wortlaut der Richtlinie (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften, BT-Drucksache 15/3677, S. 41; Schulmann in Rau/Dürrwächter, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG Rn. 2.1). Gemäß Anhang III Kategorie 7 zur MwStSystRL (vgl. vormals Anhang H Kategorie 7 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG) können die Mitgliedstaaten einen ermäßigten Steuersatz für Eintrittsberechtigungen für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen anwenden.

Die Aufzählung ergibt, dass die Richtlinie den EU-Mitgliedstaaten insoweit einen weiten Beurteilungsspielraum einräumt. Die EU-Mitgliedstaaten haben bei Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität die Möglichkeit, konkrete und spezifische Aspekte einer Kategorie von Dienstleistungen i. S. des Anhangs III Kategorie 7 der MwStSystRL mit einem ermäßigten Steuersatz zu belegen. Auch hier gilt der Grundsatz, dass Bestimmungen, die Ausnahmen von einem allgemeinen Grundsatz darstellen, eng auszulegen sind, was auch für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gilt (, BFHE 245, 409).

Anhang III Kategorie 7 zur MwStSystRL unterscheidet insbesondere zwischen Museen, Ausstellungen sowie ähnlichen kulturellen Ereignissen und Einrichtungen. Demgegenüber nennt § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG nur Museen. Nicht genannt sind Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen. Sie sind daher nicht gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG begünstigt.

Selbst wenn die „Q” eine Ausstellung oder ähnliches kulturelles Ereignis darstellen würden, könnte dies der Klage somit nicht zum Erfolg verhelfen. Denn der nationale Gesetzgeber hat solche Leistungen von der Steuerermäßigung ausgenommen, indem er diese Begriffe nicht in dem Tatbestand des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a) UStG aufgenommen hat, sondern nur den Begriff des Museums.

Dies ist europa- und verfassungsrechtlich unbedenklich.

Die Mitgliedstaaten können entscheiden, für welche kulturellen Dienstleistungen sie den ermäßigten Steuersatz vorsehen und welche hiervon ausgenommen bleiben sollen. Die Mitgliedstaaten haben ein Auswahlrecht hinsichtlich dessen, welche kulturellen Dienstleistungen sie begünstigen wollen (vgl. , BFHE 233, 367). Daher ist es europarechtlich nicht zu beanstanden, wenn § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst a) UStG Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse nicht dem verminderten Steuersatz unterwirft.

Diese Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG verletzt auch nicht den Grundsatz der steuerlichen Neutralität. Dieser Grundsatz verbietet insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (vgl. , BFHE 233, 367 unter Hinweis auf EuGH-Urteil in Slg. 2003, I-12691, BFH/NV Beilage 2004, 37, Rz 20, m. w. N.).

Auch der Gleichheitssatz in Verbindung mit der Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht, jede wirtschaftliche Förderungsmaßnahme oder steuerliche Begünstigung allen Bereichen künstlerischen Schaffens gleichermaßen zugute kommen zu lassen; vielmehr können für die Beurteilung der Förderungsbedürftigkeit auch wirtschafts- und finanzpolitische Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Hierin liegt keine unsachgemäße Differenzierung, die allein einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellen würde (vgl. , BFH/NV 1995, 443).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
EFG 2017 S. 1127 Nr. 13
IStR 2017 S. 7 Nr. 23
EAAAG-48778