Kein Abzug von Zinsen für schenkweise begründete Darlehen unter Angehörigen, wenn Schenkung von Darlehensversprechen abhängt
Leitsatz
Verpflichtet sich ein Steuerpflichtiger in einem notariellen Vertrag, seinen Kindern Geldbeträge zuzuwenden, die sie dem Vater sogleich wieder als "Darlehen" zur Verfügung zu stellen haben, sind die "Zinsen" bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht abziehbare Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG (Anschluß an , BFHE 141, 308, BStBl II 1984, 705).
Gesetze: EStG § 4 Abs. 4EStG § 12 Nr. 2
Instanzenzug: FG Baden-Württemberg
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger betreibt eine Apotheke. Am schloß er mit seinen vier damals noch minderjährigen Kindern einen notariell beurkundeten Vertrag, bei dem diese durch den jetzigen Prozeßbevollmächtigten als gerichtlich bestelltem Ergänzungspfleger vertreten waren. Der Kläger verpflichtete sich, jedem der Kinder einen Betrag von 50000 DM zu schenken. In derselben Urkunde wurde vereinbart, daß die Kinder die geschenkten Beträge dem Kläger als Darlehen zur Finanzierung von Wareneinkäufen für die Apotheke überließen. Der Zinssatz betrug 2 v.H. über dem jeweiligen Diskontsatz der Bundesbank, mindestens 6 v.H., höchstens 12 v.H. Die Zinsen waren jeweils jährlich nachschüssig auf mündelsichere Sparkonten der Kinder einzuzahlen. Die Tilgung der Darlehen in monatlichen Raten von 1000 DM begann laut Vertrag mit der Volljährigkeit eines jeden Kindes. Eine Kündigung der Darlehen aus wichtigem Grund war möglich. Die Ansprüche der Kinder aus dem Darlehensvertrag wurden durch Eintragung einer - nach Angaben der Kläger hinreichend werthaltigen - Sicherungshypothek auf dem Apothekengrundstück gesichert. Mit Wertstellung per wurden 200000 DM vom Geschäftskonto des Klägers vereinbarungsgemäß auf das Konto des Pflegers überwiesen und mit Wertstellung vom gleichen Tage wieder zurücküberwiesen. Die bewilligten Sicherungshypotheken wurden am im Grundbuch eingetragen.
In der Folgezeit wurden die Zinsen wie vereinbart abgerechnet und gezahlt. Am tilgte der Kläger das Darlehen seiner ältesten, im Jahre 1987 volljährig gewordenen Tochter H durch Überweisung von 50000 DM. Wenige Tage später zahlte er auch die Darlehen der drei jüngeren, noch nicht volljährigen Kinder zurück.
Im Rahmen seiner Gewinnermittlung in den Wirtschaftsjahren 1978/79 bis 1982/83 behandelte der Kläger die folgenden Zinszahlungen als Betriebsausgaben: 1978/79: 1000 DM; 1979/80: 16101 DM; 1980/81: 19000 DM; 1981/82: 19000 DM; 1982/83: 15188 DM.
Nach einer Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Darlehensverträge nicht an und kürzte die Betriebsausgaben um die Zinsbeträge. Das Finanzgericht (FG) hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Sein Urteil ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG), 1989, 103.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.
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Sie beantragen, 1. das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, 2. hilfsweise die Zinszahlungen in Höhe von 1000 DM (1978/79), 16101 DM (1979/80), 19000 DM (1980/81), 19000 DM (1981/82) und 15180 DM (1982/83) als weitere Betriebsausgaben anzuerkennen. |
Das FA und der Bundesminister der Finanzen (BMF), der dem Verfahren beigetreten ist, beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Die angefochtenen Bescheide sind im Revisionsverfahren - teilweise mehrfach - geändert worden, ohne daß sich nach den Angaben der Beteiligten die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs verändert haben. Die Kläger haben die Änderungsbescheide gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens erklärt. Angefochten sind nunmehr die berichtigten Bescheide vom (für 1979), vom (für 1980) und vom (für 1981, 1982 und 1983).
Gründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (, BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160). Bei einem Vertrag zwischen nahen Angehörigen kann von einer betrieblichen Veranlassung nach ständiger Rechtsprechung nur ausgegangen werden, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und - abgesehen von dem zwischen Fremden nicht üblichen Entstehungsgrund der Schenkung - sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Durch diese steuerrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere durch das Erfordernis des Fremdvergleichs, wird sichergestellt, daß die Vertragsbeziehungen tatsächlich im betrieblichen und nicht im privaten Bereich (§ 12 EStG) wurzeln (ständige Rechtsprechung des BFH, zuletzt , BFHE 163, 431, BStBl II 1991, 581). Der Große Senat des (BFHE 158, 563, 571, BStBl II 1990, 160, unter C. III. 2.) für Arbeits- und Mietverträge bekräftigt, daß die klare und eindeutige Trennung der Einkommens- und Vermögenssphären von nahen Angehörigen ein wesentliches Beweisanzeichen für eine betriebliche Veranlassung der hier fraglichen Rechtsvorgänge ist.
2. Die Rechtsprechung hat zu Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen u.a. die folgenden Grundsätze aufgestellt:
a) Eltern steht es frei, von ihren Kindern Darlehen aufzunehmen. Ein solcher Darlehensvertrag kann auch dann anzuerkennen sein, wenn die Valutabeträge aus Mitteln stammen, die den Kindern zuvor von den Eltern geschenkt worden waren. Dies hat der VIII. Senat des (BFHE 163, 444, BStBl II 1991, 911) für den Fall anerkannt, daß Schenkung und Darlehen "unabhängig voneinander" vereinbart werden. Die Vermögensbereiche der Beteiligten stehen sich von vornherein selbständig gegenüber, wenn der Gläubiger das Darlehen allein aus seinen Mitteln gewährt (, BFHE 165, 53, BStBl II 1991, 838).
Besteht jedoch zwischen Schenkung und Darlehensgewährung insbesondere deswegen "ein offensichtlicher Zusammenhang", weil der Steuerpflichtige die Schenkung mit der Auflage einer Darlehensgewährung verbindet, ist die Rechtslage insgesamt nach den für Rechtsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen geltenden Grundsätzen unter Beachtung des Fremdvergleichs zu beurteilen (, BFHE 163, 423, BStBl II 1991, 391, unter II. 3.). Diese Fallgestaltung steht für die einkommensteuerrechtliche Wertung der schenkweisen Zuwendung einer Darlehensforderung nahe.
b) Vereinbarung und Durchführung des Darlehensvertrages entsprechen nur dann dem zwischen Fremden Üblichen, wenn
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- eine Vereinbarung über die Laufzeit und über Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens getroffen worden ist (z.B. BFH-Urteile vom VIII R 45/66, BFHE 105, 263, BStBl II 1972, 533; vom III R 234/84, BFH/NV 1988, 628, m.w.N.; - die Zinsen zu den Fälligkeitszeitpunkten entrichtet werden (, BFHE 154, 503, 508, BStBl II 1989, 137); - der Rückzahlungsanspruch bei langfristiger Laufzeit ausreichend gesichert ist (, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555, m.w.N.; vom IV R 73/85, BFH/NV 1987, 765; vom VIII R 134/86, BFHE 163, 438, 443, BStBl II 1991, 882, m.w.N., und in BFHE 163, 423, BStBl II 1991, 391). Das BFH-Urteil in BFHE 165, 53, BStBl II 1991, 838 hat diese Aussage beschränkt auf die Fälle einer "Umwandlung" von betrieblichem Barvermögen oder stehengelassenem Arbeitslohn in Darlehen. |
3. Der erkennende Senat hat sich in seinem Urteil vom X R 126/87 (BFHE 163, 49, BStBl II 1991, 291) dieser Rechtsprechung angeschlossen, jedoch ausdrücklich offengelassen, ob für den Fall, daß die Darlehensvaluta in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag geschenkt wird, aus dem Urteil des VIII. Senats des (BFHE 141, 308, BStBl II 1984, 705) weitere einschränkende Rechtsfolgen zu ziehen sind. Er schließt sich nunmehr der Rechtsauffassung des VIII. Senats mit der Maßgabe an, daß in Fällen wie dem vorliegenden "Zinsen" als Zuwendungen nicht abziehbar sind. Dies folgt aus einer einkommensteuerrechtlichen Bewertung am Maßstab der §§ 4 Abs. 4, 12 Nr. 2 EStG. Die Vorfrage nach der zivilrechtlichen Qualifikation der bürgerlich-rechtlichen Beziehungen (hier: Schenkung unter der Auflage einer Darlehensgewährung oder Vereinbarungsdarlehen) ist nur insofern von Bedeutung, als die zivilrechtlichen Rechtsfolgen und der durch sie bewirkte wirtschaftliche Erfolg Gegenstand der steuerrechtlichen Wertung sind. Dies gilt unabhängig davon, ob der Rückzahlungsanspruch aus dem bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbarten Darlehen werthaltig gesichert ist.
4. Der VIII. Senat des BFH hat in BFHE 141, 308, BStBl II 1984, 705 entschieden:
Verpflichtet sich ein Steuerpflichtiger in einem notariellen Vertrag, seinen Kindern Geldbeträge zuzuwenden, die sie laut Vertrag dem Schenker sogleich wieder als "Darlehen" zur Verfügung zu stellen haben, liegt keine Schenkung mit anschließendem Darlehensvertrag vor, sondern nur ein "befristetes Schenkungsversprechen, dem es an einer betrieblichen Veranlassung fehlt"; die auf dieser Grundlage gezahlten Zinsen sind bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 12 Nr. 2 EStG nicht abziehbare Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht. Nach Auffassung des VIII. Senats des BFH ist eine Schenkung nach ihrem vermögensrechtlichen Charakter "eine endgültige und materielle, nicht nur vorübergehende oder formale Vermögensmehrung"; davon kann nicht die Rede sein, wenn "der Vater seinen Kindern mit der einen Hand gibt, was er ihnen mit der anderen sogleich wieder nimmt", wenn also "nur Geldbeträge hin- und hergeschoben werden, ohne daß eine materielle Vermögensverschiebung eintritt". Die Verpflichtung aus dem hierbei geschlossenen "Darlehensvertrag" ist nach ihrem zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt lediglich ein durch die Kündigung des "Darlehens" aufschiebend bedingtes Schenkungsversprechen i.S. des § 518 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Daß dieser Vertragsteil Regelungen unterstellt ist, die für Darlehen typisch sind, berührt nicht die rechtliche Einordnung als Schenkungsversprechen.
Der VIII. Senat stellt, insoweit übereinstimmend mit dem (BFHE 125, 254, BStBl II 1978, 618) entscheidend darauf ab, daß die Verfügungsmacht über die angeblich geschenkten Beträge beim angeblichen Schenker verblieben ist (vgl. ferner , BFH/NV 1985, 83, und vom VIII R 137/85, BFH/NV 1991, 518).
5. Auch nach Auffassung des erkennenden Senats unterliegen die Darlehenszinsen dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG (Zuwendungen).
Das Merkmal der Zuwendung (§ 12 Nr. 2 EStG) ist Teil einer Regelung, die einkommensteuerrechtlich irrelevante Leistungen der privaten Vermögenssphäre von solchen abgrenzt, die einen Abzug als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) oder Werbungskosten (§ 9 EStG) gestatten. Der Zweck der Vorschrift gebietet es, die Abgrenzung weniger an formalen Erklärungen als an wirklichen (wirtschaftlichen) Gegebenheiten auszurichten. Geht es darum, ob Zahlungen von Eltern an Kinder Zuwendungen oder Leistungen für Gegenleistungen der Kinder an die Eltern sind, so ist auf den wirtschaftlichen Gehalt der Befugnisse abzustellen, die den Kindern eine Gegenleistung an die Eltern ermöglichen. Eine solche Gegenleistung der Kinder an die Eltern ist dann ausgeschlossen, wenn Eltern zuvor lediglich formalrechtlich Vermögen an ihre Kinder übertragen, tatsächlich und wirtschaftlich aber gegenwärtig (noch) nicht aus der Hand gegeben und den Kindern deswegen auch kein Recht zur freien Entscheidung darüber zugestanden haben, ob sie das "übertragene" Vermögen im Betrieb der Eltern oder in anderer Weise verwenden wollen. Ist die "Übertragung" an die Kinder von vornherein an die Voraussetzung geknüpft, daß die Kinder das Vermögen der Eltern "zur Nutzung" belassen müssen, verbleibt das Vermögen tatsächlich und wirtschaftlich den Eltern. Es ist im Verhältnis der Eltern zu den Kindern alles beim alten geblieben. Was den Kindern in der äußeren Form von Schuldzinsen bezahlt wird, ist in Wirklichkeit eine Zuwendung.
Der Abzug von Schuldzinsen setzt mithin nicht nur voraus, daß die Darlehensmodalitäten einem Fremdvergleich standhalten, sondern weiterhin, daß im Verhältnis von Schenker und Beschenktem eine endgültige Vermögensverschiebung bewirkt worden ist: Der Schenker muß bereits in der Gegenwart Kapital übertragen haben, das ihm der Zuwendungsempfänger wiederum aufgrund eigener Verfügungsmacht zur Nutzung überlassen hat (vgl. , BFHE 121, 458, BStBl II 1977, 414; in BFHE 125, 254, BStBl II 1978, 618, unter 2.; Senatsurteil in BFHE 163, 49, BStBl II 1991, 291). Nur unter dieser Voraussetzung fällt ein an die Kinder gezahltes Nutzungsentgelt nicht unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG.
6. Diese rechtliche Aussage entspricht in ihren wesentlichen Grundzügen der ständigen Rechtsprechung des BFH.
a) Bei privatschriftlicher "einheitlicher Vereinbarung" von Schenkung und Darlehen zwischen nahen Angehörigen hat der BFH "Zinsen" "nach ihrem wirtschaftlichen Kern (§ 1 Abs. 3 StAnpG)" als Zuwendungen/Unterhaltsleistungen, nicht als Entgelt für die Nutzung von Kapital angesehen: Im Fall der langfristigen Unkündbarkeit des ungesicherten Darlehens habe sich mangels nachweislich ernstgemeinter und gegenwärtiger Entreicherung des Schenkers und ebensolcher Bereicherung des Beschenkten "wirtschaftlich nichts Wesentliches geändert" (, BFHE 78, 184, BStBl III 1964, 74, zur Abziehbarkeit privater Schuldzinsen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1958).
Unter Bezugnahme auf diese Grundsätze hat der BFH in BFHE 121, 458, BStBl II 1977, 414) zum Fall der notariell beurkundeten Schenkung von Geld und zeitgleicher oder zeitnaher Vereinbarung von langfristigen und ungesicherten "Darlehen" ausgeführt: Zahlungen von Eltern an ihre Kinder seien häufig "nach dem wirtschaftlichen Kern der zugrunde liegenden Vereinbarungen (§ 1 Abs. 3 StAnpG)" Schenkungen an die Kinder, insbesondere dann, wenn die Zahlungen als Gegenleistung für die Überlassung von Mitteln deklariert würden, die zuvor von den Eltern an die Kinder geschenkt worden sein sollten. Die Kinder hätten dann keine Verfügungsmacht über die angeblich geschenkten Beträge erhalten. Bereits der enge zeitliche Zusammenhang zwischen den "Schenkungen" und der Rückgewähr der "geschenkten" Beträge spreche gegen eine ernstgemeinte Übertragung einer Einkunftsquelle auf die Kinder derart, daß sich die Eltern der Verfügungsmacht über die letztlich bei ihnen verbliebenen Mittel entäußern wollten. Niemand habe etwas zu verschenken, was zugleich wieder benötigt werde. Die Modalitäten der Darlehensverträge seien ein gewichtiges Indiz dafür, daß die Eltern das - nur pro forma geschenkte - Kapital solange wie möglich "selbst nutzen" wollten.
Nach dem BFH-Urteil in BFHE 125, 254, BStBl II 1978, 618 vermag das notariell beurkundete schenkweise Anerkenntnis, ein für die beschenkten Kinder unkündbares und ungesichertes Darlehen zu schulden, die einkommensteuerrechtliche Wertung der laufenden Zahlungen als Unterhaltsleistungen jedenfalls dann nicht zu ändern, wenn die "Zinsen" bestimmungsgemäß zum Unterhalt der Kinder verwendet werden. Die schenkweise Zuwendung einer Darlehensforderung stehe in dieser steuerrechtlichen Hinsicht dem bloßen Schenkungsversprechen gleich. Daß jedenfalls die für die "Darlehen" gezahlten "Zinsen" nicht Entgelt für die Überlassung von Kapital sind, begründet der IV. Senat des BFH wie folgt: Die Kinder überließen nicht aus eigener Willensentscheidung Kapital zur Nutzung. Bei ihnen sei noch keine Vermögensmehrung (und entsprechend beim Vater keine Vermögensminderung) eingetreten, die es zulasse, die laufenden Zahlungen "dieser Vermögensmehrung als Ertrag zuzuweisen". Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Vaters, der nach wie vor laufende Zahlungen zum Unterhalt seiner Kinder erbringe, sei nicht berührt. Letztlich sei er "vermögensmäßig nicht mehr belastet als durch ein erst in Zukunft zu erfüllendes Schenkungsversprechen". Der IV. Senat zieht hieraus den Schluß: Eine Gestaltung dieser Art "erhält durch ihre Anlage auf einen erst zukünftigen Kapitaltransfer zwischen den Eltern und den Kindern hin (Erfüllung der Darlehensforderung nach Kündigung) und durch ihren funktionalen Sinn (laufende Zahlungen als Unterhaltsbeiträge) - unabhängig von der zivilrechtlichen Konstruktion - ein wirtschaftliches, für die einkommensteuerrechtliche Einordnung maßgebliches Gepräge, das es verbietet, die laufenden Zahlungen nicht als Zuwendungen an unterhaltsberechtigte Personen zu werten (und damit der Vorschrift des § 12 Nr. 2 EStG zuzuordnen), sondern als Entgelt für die Überlassung eines bestimmten Kapitalbetrags zur Nutzung, also als Zinsen".
b) Der erkennende Senat sieht die tragende Begründung der Urteile in BFHE 125, 254, BStBl II 1978, 618, und in BFHE 141, 308, 310, BStBl II 1984, 705 in der Aussage, daß die Gestaltung im Innenverhältnis zwischen den Beteiligten auf einen künftigen Vermögenstransfer hin angelegt ist und die Kinder deswegen nicht selbst und gegenwärtig "Kapital zur Nutzung überlassen", mithin den "Zinsen" keine rechtlich und wirtschaftlich ausreichend gewichtige Leistung der Kinder gegenübersteht, - was für den Ausschluß des § 12 Nr. 2 EStG erforderlich wäre -. Der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Er verkennt nicht, daß eine werthaltige Sicherung, wie sie hier möglicherweise gegeben ist, die auch schenkweise zugewendete Darlehensforderung als ein den Kindern zustehendes abtretbares und pfändbares Vermögensrecht ausweist. Indes kommt es für die Beurteilung am Maßstab der §§ 4 Abs. 4, 12 Nr. 2 EStG nicht entscheidend auf diesen äußeren, vor allem haftungsrechtlichen Gesichtspunkt an, sondern auf den wirtschaftlichen Gehalt der im Innenverhältnis zwischen Zuwendendem und Zuwendungsempfänger bestehenden Rechtsbeziehung.
c) Dem Urteil des IV. Senats in BFHE 125, 254, BStBl II 1978, 618 ist auch darin zu folgen, daß es für die einkommensteuerrechtliche Einordnung gemäß § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 2 EStG nicht entscheidend auf die zivilrechtliche Konstruktion ankommt. Auch die Entscheidung des VIII. Senats beruht auf der ausdrücklichen Wertung, daß die Verpflichtung "aus dem Darlehensvertrag" dem rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt nach "als Schenkungsversprechen i.S. des § 518 Abs. 1 BGB" anzusehen ist (Urteil in BFHE 141, 308, 311, BStBl II 1984, 705). - Hierin liegt weder eine unzulässige ausschließlich wirtschaftliche Betrachtungsweise noch eine Verkennung des Rechtsinstituts des Vereinbarungsdarlehens (§ 607 Abs. 2 BGB), sondern eine einkommensteuerrechtliche Bewertung der bürgerlich-rechtlich gewollten Rechtsfolgen. In diesem Zusammenhang ist die Bemerkung des VIII. Senats in seinem Urteil in BFHE 141, 308, 310, BStBl II 1985, 705 rechtlich bedeutsam, eine endgültige und materielle, nicht nur vorübergehende oder formale Vermögensverschiebung bewirke derjenige nicht, der seinen Kindern mit der einen Hand etwas gibt, was er ihnen mit der anderen sogleich wieder nimmt. Bei dieser steuerrechtlichen Sicht ist die Frage, ob der Kläger mit seinen Kindern eine Schenkung unter Auflage vereinbart hat, letztlich unerheblich.
d) Eine die Anwendung des § 12 Nr. 2 EStG ausschließende Gegenleistung und damit ein steuerrechtlicher Rechtsgrund für den Abzug der Schuldzinsen als Betriebsausgaben liegt auch dann nicht vor, wenn man bürgerlich-rechtlich ein schenkweise zugewendetes Vereinbarungsdarlehen (§ 607 Abs. 2 BGB) annimmt.
Auch wenn man die pro forma vollzogenen rechtsgeschäftlichen Zwischenschritte, deren Rechtsfolgen sich jedenfalls im wirtschaftlichen Ergebnis zum Teil gegenseitig aufheben, außer Betracht läßt, verbleibt es jedenfalls "per saldo" dabei, daß der Kläger seinen Kindern eine Forderung schenkweise zugewendet hat; hierauf weist der Bundesminister der Justiz (BMJ) in seiner vom BMF wiedergegebenen Stellungnahme unter Berufung auf Tiedtke (Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A - DStZ/A - 1985, 287, 288) und Jauernig/Vollkommer (Bürgerliches Gesetzbuch, 4. Aufl., § 516 Anm. 4g) zu Recht hin. Den Vertragsbeteiligten stand es frei, diese Forderung dem Recht des Darlehensvertrages (§§ 607 ff. BGB) zu unterstellen. War die formwirksame Vereinbarung ernstlich gewollt, ist die Verpflichtung zu einer künftigen Zahlung der "Darlehensvaluta" und von "Zinsen" bürgerlich-rechtlich wirksam entstanden.
Indes können zwar die Vertragspartner - im Rahmen des rechtlich Zulässigen - über diese gewollten Zivilrechtsfolgen verfügen, nicht aber über deren steuerrechtliche Bewertung. Für diese gibt § 12 Nr. 2 EStG den rechtlichen Maßstab. Der dem rein formalen Hin- und Herschieben von Geld zugrunde liegende Gesamtplan bezweckt, daß die Kinder die Darlehensvaluta gerade nicht zu ihrer freien Verfügung und damit zum Erzielen eigener Einkünfte erhalten sollten; vielmehr wollte der Kläger die Darlehensvaluta zu einem späteren, von der Kündigung durch die Kinder abhängigen Zeitpunkt zu deren freier Verfügung auszahlen.
e) Zu dem hier vertretenen Ergebnis kommen auch die Autoren, die bei der Beurteilung solcher Fallgestaltungen - ohne Rückgriff auf § 12 Nr. 2 EStG - darauf abheben, daß die Kinder ihrem Vater nicht aus eigener Willensentscheidung eigenes Kapital überlassen und ihnen deswegen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind (so z.B. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, § 12 Anm. 10a; Tiedtke, Der Betrieb - DB - 1988, 69, 72).
7. Der Senat kann offenlassen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Anerkennung von Darlehenszinsen als betrieblich veranlaßt vereinbar wäre mit den Grundsätzen des Großen Senats zur betrieblichen Entstehung von Schulden (, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 2. und 3.) und deren verfassungsrechtlichen Vorgaben (Großer Senat in BFHE 161, 290, 301, BStBl II 1990, 817, unter Bezugnahme auf Entscheidungen des , BVerfGE 50, 386, 393; vom 1 BvR 68/88, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1989, 316). Er weist in diesem Zusammenhang auf folgendes hin: Der VIII. Senat des BFH hat in seinem Urteil in BFHE 141, 308, BStBl II 1984, 705 entschieden, dem befristeten Schenkungsversprechen habe es an einer betrieblichen Veranlassung gefehlt. Bereits im Urteil in BFHE 125, 254, 256, BStBl II 1978, 618 wurde ausgeführt, in rechtssystematischer Hinsicht müsse man wohl in der Rechtsprechung des BFH zur schenkweisen Zuwendung von Darlehensforderungen eine begrenzte Ausnahme von dem Grundsatz sehen, daß Schulden nicht durch einen Willensakt des Steuerpflichtigen Betriebsvermögen werden können. Eine schenkweise zugewandte Darlehensschuld könne nicht als Betriebsschuld anerkannt werden, wenn es für die Zugehörigkeit der Darlehensverbindlichkeit zum Betriebsvermögen ausnahmslos auf den tatsächlichen Verwendungszweck des Darlehens ankomme (vgl. zu letzterem , BFHE 163, 551, BStBl II 1991, 514).
8. Der Senat weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des BFH ab.
a) Indem sich der erkennende Senat den vom IV. und VIII. Senat aufgestellten Grundsätzen anschließt, ergibt sich keine Divergenz zu dem Urteil des III. Senats vom III R 197/83 (BFHE 149, 464, BStBl II 1988, 603). Der III. Senat hat seine Rechtsauffassung gegenüber dem Urteil des VIII. Senats in BFHE 141, 308, BStBl II 1984, 705 unter Hinweis auf die Anzahl der Urkunden abgegrenzt. Er hat ausdrücklich offengelassen, ob er sich der Entscheidung des VIII. Senats in BFHE 141, 308, BStBl II 1984, 705 anschließen könnte. Der erkennende Senat hält die Auffassung, daß die Anzahl der schriftlichen Urkunden rechtlich bedeutsam sei, nicht für überzeugend, braucht sich mit ihr jedoch nicht abschließend auseinanderzusetzen, weil im Streitfall Schenkungs- und Darlehensvereinbarung in einer einzigen Urkunde enthalten sind.
b) Die vom Senat vertretene Auffassung macht es nicht erforderlich, einen systematisch tragfähigen Grund für die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung der schenkweisen Begründung von Beteiligungen an Personengesellschaften des Handelsrechts darzulegen und insbesondere mit Blick auf die stille Gesellschaft eine auch praktikable Grenzlinie zu ziehen. Der Senat läßt dahingestellt, ob er dem Urteil des IV. Senats vom IV R 35/89 (BFHE 164, 238) folgen könnte, soweit dieser eine steuerrechtlich unterschiedliche Behandlung von geschenkter Darlehensforderung und schenkweise begründeter stiller Gesellschaft für gerechtfertigt hält. Die Grenze könnte dort zu ziehen sein, wo sich die Begründung einer insbesondere typischen stillen Beteiligung in der Zuwendung eines Forderungsrechts erschöpft (s. hierzu Karsten Schmidt in Schlegelberger, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., 1986, § 230 n.F. Rdnrn. 86 ff.; ders., Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., 1991, S. 1552 f.; vgl. auch , BFH/NV 1990, 692). Im Streitfall ist für die Anwendung des § 12 Nr. 2 EStG entscheidend, daß die Schenkung unter der Auflage der Darlehensgewährung und die schenkweise zugewendete Darlehensforderung auf einen zukünftigen Kapitaltransfer hin angelegt sind.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 1992 II Seite 468
BFH/NV 1992 S. 36 Nr. 6
EAAAA-94091