Keine Berücksichtigung der von einer schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung bzw. Einzel-Krankentaggeldversicherung an einen im Inland ansässigen Grenzgänger ausbezahlten Krankentaggelder im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG
Leitsatz
1. Unterliegt ein im Inland ansässiger Grenzgänger in der Schweiz mit seinen nichtselbständigen Einkünften der Besteuerung im Inland, so gehören die infolge einer krankheitsbedingten Berufsunfähigkeit über die Arbeitgeberin an den Grenzgänger als Versicherten von einer schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung ausbezahlten Krankentaggelder nicht zum Arbeitslohn i. S. v. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und sind nach § 3 Nr. 1 Buchst. a bzw. § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG steuerfrei; auch dadurch, dass die Arbeitgeberin in die Auszahlung der Versicherungsleistungen eingeschaltet ist und sie an den Arbeitnehmer weiterleitet, werden diese nicht zu Arbeitslohn.
2. Die nach dem schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) von einer schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung bzw. schweizerischen Einzel-Krankentaggeldversicherung über den Arbeitgeber an den versicherten Arbeitnehmer ausbezahlten Krankentaggelder unterliegen weder nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG noch gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG dem Progressionsvorbehalt (gegen -St 133).
Gesetze: EStG 2016 § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b, EStG 2016 § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. k, EStG 2016 § 32b Abs. 2 S. 1 Nr. 1, EStG 2016 § 3 Nr. 1 Buchst. a, EStG 2016 § 3 Nr. 2 Buchst. e, EStG 2016 § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, DBA CHE Art. 15a, DBA CHE Art. 21
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt war, die von einer schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung ausbezahlten Krankentaggelder im Einkommensteuerbescheid für 2016 im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32 b Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen.
Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Kraftfahrer bei der X AG in Y/Schweiz. Mit den aus dieser Tätigkeit bezogenen Einkünften unterlag er als Grenzgänger im Sinne des Art. 15a Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom (Bundesgesetzblatt – BGBl – II 1972, 1022, Bundessteuerblatt – BStBl – I 1972, 518) in der Fassung des Protokolls vom (BGBl ll 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) – DBA-Schweiz – der Besteuerung im Inland.
Der Arbeitsvertrag des Klägers mit seiner Arbeitgeberin vom enthält u.a. folgende Bestimmungen:
„[…] Der Mitarbeiter bestätigt mittels seiner Unterschrift, vom Personalreglement der […] Gruppe […] Kenntnis genommen zu haben und akzeptiert deren Bedingungen.”
Das Personalreglement der […] Gruppe enthält u.a. folgende Regelungen:
„[…]
Art. 32
Bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Schwangerschaft, […] zahlt das Unternehmen während einer wie folgt definierten Zeitdauer den Lohn aus:
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Dienstjahre: | Lohnfortzahlung | |
- | vom 1. bis 4. Dienstjahr | 2 Monate zu 100 % |
- | vom 5. bis 9. Dienstjahr | 3 Monate zu 100 % |
[…]
Eine obligatorische Kollektivversicherung garantiert 80% des Lohnes während 720 Tagen im Fall von langer Krankheit. […] Die Prämie wird zu 50% vom Arbeitnehmer, und zu 50% vom Arbeitgeber bezahlt.”
In Erfüllung ihrer Verpflichtung aus der mit dem Kläger getroffenen arbeitsvertraglichen Regelung und aus Art. 324a des schweizerischen Obligationenrechts (OR) hatte die Arbeitgeberin des Klägers mit der K Krankenversicherung AG (im Folgenden: K) eine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung nach dem schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) zugunsten der Mitarbeiter abgeschlossen.
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (im Folgenden: AVB) für die hier in Rede stehende Kollektiv-Krankentaggeldversicherung wurden dem Finanzgericht (FG) vorgelegt, die Police dagegen nicht.
Nachdem der Kläger Anfang 2016 krankheitsbedingt arbeitsunfähig geworden war, bezog er für den Zeitraum bis August 2016 Krankentaggelder in Höhe von insgesamt 26.569 CHF. Ausbezahlt wurde das Krankentaggeld für diesen Zeitraum von der K an seine Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin zahlte dem Kläger für die Monate Mai bis August 2016 u.a. einen monatlichen Betrag in Höhe seines vollen Arbeitslohnes aus, den sie in den jeweiligen Lohnabrechnungen als „Monatslohn” bezeichnete. In den Monatslohnabrechnungen Mai 2016 bis September 2016 führte die Arbeitgeberin zudem einen in der Höhe unterschiedlichen Betrag als „Krankentaggeld” auf, den sie in gleicher Höhe als Korrekturposten „Krankentaggeld” sofort wieder abzog. Den Monatslohnabrechnungen ist weiter zu entnehmen, dass die Arbeitgeberin Beiträge des Klägers zur Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), zur Arbeitslosenversicherung, zur Nichtberufsunfall- und zur Krankentaggeldversicherung für den Betrag abzog, der sich u.a. aus dem um das Krankentaggeld und den Posten „Krankheit Anpassung” verminderten „Monatslohn” ergab. Auf den monatlichen Lohnabrechnungen wies die Arbeitgeberin u.a. folgende Beträge aus (s. ESt-Akte Bl. 8-12):
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Lohnabrechnung Mai 2016: | Monatslohn: | 6.050,00 CHF |
Krankentaggeld: | 2.908,95 CHF | |
Correction indemnité journ. maladie / Krankent: | 2.908,95 CHF | |
Lohnabrechnung Juni 2016: | Monatslohn: | 6.050,00 CHF |
Krankentaggeld: | 7.369,40 CHF | |
Korr. Krankentaggeld / 5.2016: | 7.369,40 CHF | |
Lohnabrechnung Juli 2016: | Monatslohn: | 6.050,00 CHF |
Krankentaggeld: | 4.266,45 CHF | |
Lohnabrechnung August 2016: | Korr. Krankentaggeld / 6.16: | 4.266,45 CHF |
Monatslohn: | 6.050,00 CHF | |
Krankentaggeld: | 6.011,85 CHF | |
Korr. Krankentaggeld 07.16: | 6.011,85 CHF | |
Lohnabrechnung Sept. 2016: | Krankentaggeld: | 6.011,85 CHF |
Korr. Krankentaggeld 08.16: | 6.011,85 CHF |
Am endete das Arbeitsverhältnis des Klägers mit seiner Arbeitgeberin. Mit Ende seiner Arbeitstätigkeit endete nach einem Schreiben der K vom an den Kläger (FG-Akte Bl. 41) auch der Versicherungsschutz aus der Taggeldversicherung. Danach trat der Kläger in eine Einzel-Taggeldversicherung bei der K über. Nach der für die Einzel-Taggeldversicherung vorgelegten Versicherungspolice trat die Taggeldversicherung ab in Kraft mit einer Wartefrist von 3 Tagen und einem versicherten Taggeldbetrag in Höhe von 193,95 CHF. Die Monatsprämie der „Versicherungen gemäss VVG” betrug 1.099,70 CHF (FG-Akte Bl. 49). Taggeldabrechnungen für den Zeitraum September 2016 bis Dezember 2016 legte der Kläger trotz Aufforderung nicht vor, jedoch ist aus den Krankentaggeldabrechnungen der K für das Jahr 2017 (ESt-Akte Blatt 38 f.) ersichtlich, dass sie dem Kläger ein Krankentaggeld in Höhe von 193,95 CHF pro Tag ausbezahlte.
Am reichten die Kläger die Einkommensteuererklärung für 2016 ein. Mit Einkommensteuerbescheid vom setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2016 auf 3.086 EUR fest. Er behandelte die Krankentaggelder aus der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung als steuerfreie Leistungen, unterwarf diese aber in Höhe von 24.311 EUR (= 26.569 CHF) dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG. Krankentaggelder aus der Einzel-Taggeldversicherung berücksichtigte er nicht.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein. Zur Begründung führten sie an, bei den Schweizer Krankentaggeldversicherungen handele es sich nicht um Einrichtungen, die mit inländischen öffentlichen Kassen vergleichbar seien. In der Schweiz bestehe keine gesetzliche Pflicht, eine solche Krankentaggeldversicherung abzuschließen. Es handele sich um private Einrichtungen, die mit der privaten Krankentaggeldversicherung in Deutschland vergleichbar seien. Die Leistungen aus dieser privaten Zusatzversicherung unterlägen ebenfalls nicht dem Progressionsvorbehalt. Auch aus der Gesetzesbegründung zu § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG (BR-Drucks. 184/14, S. 79) ergäbe sich nicht, dass diese Leistungen unter den Progressionsvorbehalt fallen sollten, da lediglich „bestimmte Sozialleistungen” erfasst werden sollten. Aufgrund der Eigenschaft als private Zusatzversicherung könne es sich bei den Leistungen aus der Schweizer Krankentaggeldversicherung nicht um Sozialleistungen handeln. Daher betreffe das Schreiben der Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe vom , S 2255/250-St 133 (juris) möglicherweise andere Sachverhalte.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, gemäß der erstmals für den Veranlagungszeitraum 2015 anzuwendenden Vorschrift des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG seien die nach § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG steuerfreien Leistungen bei der Bemessung des anzuwendenden besonderen Steuersatzes (§ 32b Abs. 2 EStG) zu berücksichtigen, wenn vergleichbare Leistungen inländischer Kassen nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a bis j EStG dem Progressionsvorbehalt unterfielen. Nach § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG seien die mit den in § 3 Nr. 1 bis 2 Buchst. d EStG genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung finde oder in der Schweiz hätten, steuerfrei. Unter der mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2015 neu eingeführten Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG fielen demzufolge auch die Leistungen einer schweizerischen Krankentaggeldversicherung, die der Bundesfinanzhof (BFH) schon in der Vergangenheit als steuerfreie Leistungen im Sinne von § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG angesehen habe. Die Leistungen fielen demzufolge auch unter § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG. Denn die Leistungen der schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung seien mit dem im Inland von der gesetzlichen Krankenversicherung gezahlten Krankengeld, das nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG dem Progressionsvorbehalt unterliege, vergleichbar. Ein in Deutschland erkrankter Arbeitnehmer, der Versicherter in einer deutschen gesetzlichen Krankenkasse sei, erhalte nach einer sechswöchigen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber ebenfalls ein Krankengeld von der Krankenkasse. Jeweiliger Zweck der Leistungen sei die – in der Regel reduzierte – Lohnfortzahlung bei längerem Krankheitsausfall.
Die Kläger erhoben am Klage. Zur Begründung tragen sie vor, Krankentaggelder aus der Schweiz unterlägen nicht dem Progressionsvorbehalt. Es sei bereits zweifelhaft, ob § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG neben § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG zur Anwendung komme. Nach dem (BStBl II 1998, 581) stelle § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG Leistungen aus einer Krankenversicherung steuerfrei und zwar unabhängig davon, ob diese aus einer inländischen/ausländischen oder gesetzlichen/privaten Krankenkasse geleistet werden. § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG sei eine Auffangvorschrift, um vergleichbare Leistungen nach § 3 Nr. 1 bis Nr. 2 Buchst. d EStG, die aus der Europäischen Union bzw. aus der Schweiz geleistet wurden, den deutschen gleichzustellen und somit um eine Benachteiligung dieser zu vermeiden. Damit steuerfreie Einkünfte dem Progressionsvorbehalt gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG unterliegen, bedürfe es steuerfreier Einkünfte nach § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG, die aus vergleichbaren inländischen öffentlichen Kassen geleistet würden und den abschließenden aufgezählten Leistungen des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a bis j EStG entsprächen. Die Krankentaggelder aus der Schweiz könnten nicht mit dem Krankengeld nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG verglichen werden. Diese Vorschrift erfasse ausschließlich vergleichbare gesetzliche Krankengelder und damit nicht Krankengelder aus einer ausländischen privaten Versicherung. Die Differenzierung zwischen gesetzlichem und privatem Krankengeld sei nach dem (BStBl II 2015, 563) verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber habe in § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG bewusst ausschließlich Leistungen von gesetzlichen Versicherungsträgern dem Progressionsvorbehalt unterworfen, so dass auch keine Gesetzeslücke vorliege. Die Auflistung sei nach dem (BStBl II 2009, 376) abschließend. Eine teleologische Gesetzesauslegung des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG komme ebenfalls zu dem Ergebnis, dass das aus der Schweiz bezahlte Krankentaggeld nicht mit dem deutschen Krankengeld vergleichbar sei. Der Buchst. k sei eingeführt worden, um „bestimmte Sozialleistungen” dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahin zu ändern, dass die in 2016 gezahlten Krankentaggelder nicht dem Progressionsvorbehalt unterworfen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich im Wesentlichen auf seine Begründung in der Einspruchsentscheidung und ergänzt, die Erfassung der Leistungen der Krankentaggeldversicherung unter § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG schließe die gleichzeitige Anwendung des § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG nicht aus. Entscheidend sei, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG erfüllt seien. Damit komme § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG zur Anwendung.
Der dargestellte Sachverhalt beruht auf den im Klageverfahren eingereichten Schriftsätzen der Beteiligten und dem Inhalt der vorgelegten Einkommensteuerakte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird darauf Bezug genommen.
Gründe
I. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat zu Unrecht Krankentaggelder in Höhe von 24.311 EUR dem Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG unterworfen.
1. Der Bundesrepublik Deutschland steht entweder nach Art. 15a oder Art. 21 des DBA-Schweiz als Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die dem Kläger ausbezahlten Krankentaggelder zu (vgl. , Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2009, 1625).
2. Bei den von der Arbeitgeberin jeweils in Höhe des Monatslohns ausbezahlten Beträgen für den Zeitraum bis August 2016 handelt es sich nicht um Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
a) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit neben den Gehältern und Löhnen u.a. auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Ein Vorteil wird für eine Beschäftigung gewährt, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst worden ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Einnahmen im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweisen. Dabei ist die Frage, ob eine Zuwendung Ertrag der Arbeitsleistung ist, danach zu beurteilen, wozu die Zahlung erfolgt ist. Auch Leistungen eines Dritten können Arbeitslohn sein, wenn ein Zusammenhang zwischen der Leistung und dem Dienstverhältnis besteht. Kein Arbeitslohn liegt demgegenüber vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (, BStBl II 2008, 826 m.w.N.).
Soweit Leistungen aus einem Versicherungsverhältnis, welches die Arbeitnehmer für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes absichert, auf eigene – nicht lediglich dem Arbeitgeber zustehende – Ansprüche des Arbeitnehmers erbracht werden, liegt nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig auch dann kein Arbeitslohn vor, wenn der Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gewährt wird (vgl. , a.a.O. und BFH-Beschlüsse vom VI B 108/98, BFH/NV 2000, 836 und vom IV B 172/04, juris). Denn in diesem Fall begründe bereits der Anspruch auf diese Leistung einen Zufluss von Arbeitslohn. Das sich aus der Versorgungszusage ergebende Versprechen des Arbeitgebers werde bereits mit Zahlung der Beiträge erfüllt (, BStBl II 1994, 246).
Etwas anderes gelte aber in den Fällen, in denen sich der Arbeitgeber zur Finanzierung arbeitsrechtlicher Ansprüche rückversichert und selbst alleiniger Anspruchsberechtigter gegenüber dem Versicherungsunternehmen ist (vgl. , a.a.O. und BFH-Beschlüsse vom VI B 108/98, a.a.O. und vom IV B 172/04, a.a.O.).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen, denen sich der Senat anschließt, handelt es sich bei den strittigen Beträgen nicht um Arbeitslohn.
aa) Zwar könnte die verwendete Formulierung „Monatslohn” in den monatlichen Gehaltsauszügen dafür sprechen, dass dem Kläger Lohn ausbezahlt wurde. Jedoch erfolgte die Auszahlung im Hinblick auf die erwarteten Krankentaggelder der K, die diese der Arbeitgeberin ausrichtete. Dementsprechend „verrechnete” die Arbeitgeberin in den Lohnausweisen für Mai 2016 bis September 2016 den jeweiligen „Monatslohn” mit den Krankentaggeldern, indem sie die ihr von der K ausbezahlten Krankentaggelder dem Kläger gutschrieb und sofort wieder als Minusbetrag in gleicher Höhe abzog. Dem Schweizer Lohnausweis kommt bei der Einkommensteuerveranlagung im Inland ebenso wenig wie der deutschen Lohnsteuerbescheinigung konstitutive Wirkung des Inhalts zu, dass dort als Bruttolohn angegebene Beträge als Arbeitslohn anzusehen und Einwendungen gegen den Lohncharakter ausgeschlossen seien, wie auch umgekehrt der Nachweis zulässig ist, dass Arbeitslohn nicht erfasst worden ist. Durch diese Urkunden wird das Verwaltungsverfahren lediglich im Normalfall vereinfacht. Jedoch wird nicht die Feststellung und Bewertung von Zuflüssen im Einzelfall erübrigt (, a.a.O.). Allein aus der verwendeten Formulierung „Lohn” ergibt sich daher nicht, dass es sich bei den strittigen Zahlungen um Lohn der Arbeitgeberin gehandelt hat. Der Senat sieht diese Zahlungen in der Höhe nicht als Lohnzahlungen an, in der die Arbeitgeberin dem Kläger die ihr von der K überwiesenen Krankentaggelder als Korrekturposten wieder vom Monatslohn abzog. Diese Zahlungen stellen aus Sicht des Senats teilweise vorweggenommene Leistungen aus der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung dar, da die Arbeitgeberin die dem Kläger als „Monatslohn” ausbezahlten Beträge mit den Krankentaggeldern der K „verrechnete”. Dass die Arbeitgeberin dem Kläger keinen Lohn in Höhe der später ausgerichteten Krankentaggelder auszahlen wollte, lässt sich auch daran erkennen, dass sie den Betrag in Höhe der ihr ausbezahlten Krankentaggelder nicht in die Berechnung der Beiträge zur AHV einbezog. Denn in Art. 5 Abs. 2 Schweizer Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) ist Krankentaggeld nicht als „massgebender Lohn” aufgeführt, von dem ein Beitrag für die AHV erhoben wird, sodass Krankentaggelder nicht AHV-pflichtig sind (s. Bundesamt für Sozialversicherungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft unter folgendem Link: www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/informationen-fuer/kmu/fall-zu-fall/krankheit.html).
bb) Die dem Kläger ausbezahlten Krankentaggelder sind auch deswegen keine Lohnzahlungen, weil sie aus Versicherungsansprüchen resultierten, die ihm deswegen unmittelbar gegenüber der K zustanden, da seine Arbeitgeberin ihrer aus dem Arbeitsvertrag vom und aus dem Personalreglement eingegangenen Verpflichtung nachgekommen ist, eine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung abzuschließen.
Der Kläger ist Versicherter der von seiner Arbeitgeberin mit der K abgeschlossenen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung. Nach Art. 5 Nr. 1 AVB bestimmt die Versicherungspolice die Versicherten. Zwar liegt dem Senat die Versicherungspolice nicht vor, jedoch ist Art. 10 AVB zu entnehmen, dass der versicherte Kreis die Arbeitnehmer umfasst. So beginnt nach dessen Nr. 1 die Versicherung für jeden Versicherten mit dem Tag seines Dienstantritts im Unternehmen, und die Nr. 2 regelt die Versicherungsdeckung nach einem unbezahlten Urlaub des Versicherten. Da Art. 2 Nr. 3 AVB ausdrücklich auf das VVG als rechtliche Grundlage des Vertrags Bezug nimmt, umfasst diese auch Art. 87 VVG, der den Versicherten und damit auch dem Kläger ein direktes Forderungsrecht gegen den Versicherer zuerkennt. Dieses direkte Forderungsrecht darf nach Art. 98 Satz 1 VVG weder in den AVB noch im Versicherungsvertrag zuungunsten des Arbeitnehmers geändert werden.
Nachdem sich das aus der Versorgungszusage ergebende Versprechen des Arbeitgebers bereits mit Zahlung der Beiträge erfüllt hat, da K die Krankentaggelder auf Ansprüche des Klägers zu erbringen hatte, sind die strittigen Krankentaggelder kein Arbeitslohn. Dementsprechend handelt es sich jedoch bei den Beitragsleistungen der Arbeitgeberin des Klägers zur Kollektiv-Krankentaggeldversicherung um Arbeitslohn (vgl. , BStBl II 2000, 406, und vom X R 31/08, a.a.O.)
cc) Die ausbezahlten Versicherungsleistungen stellen auch keine Leistung aus einer Rückversicherung des Arbeitgebers dar. Zwar war die Arbeitgeberin verpflichtet, dem Kläger nach dem Arbeitsvertrag für 3 Monate und nach Art. 324a OR für einen gewissen Zeitraum, Lohn weiter zu entrichten. Insofern könnte wenigstens für den Zeitraum dieser arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnfortzahlungspflicht bzw. für die sich aus Art. 324a OR ergebende „beschränkte Zeit” eine Rückversicherung des Arbeitgebers bestanden haben. Der Senat sieht jedoch für eine Rückversicherung als kennzeichnend an, dass Versicherter der Arbeitgeber ist, der sich selbst für das Risiko „Lohnfortzahlung” versichert. Versicherter ist im vorliegenden Streitfall jedoch der jeweilige Arbeitnehmer, der einen direkten Anspruch auf Krankentaggeld nach Art. 87 VVG hat, während sein Arbeitgeber diesen Anspruch nicht selbst geltend machen kann (vgl. Urteil Schweizerisches Bundesgericht – BGE – vom 120 V 38, unter folgendem Link: www.bger.ch). Im Übrigen bestimmt Art. 101 Satz 1 Nr. 1 VVG, dass das VVG keine Anwendung auf Rückversicherungsverträge findet, sodass der Senat davon ausgeht, dass auch nach schweizerischem Recht der hier vorliegende Vertrag über die Kollektiv-Krankentaggeldversicherung kein Rückversicherungsvertrag ist.
Gegen die Annahme einer Rückversicherung spricht ferner, dass nach schweizerischem Recht Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Lohn bei einer gleichwertigen Regelung gemäß Art. 324a Abs. 4 OR verlieren. Das bedeutet, dass sich die Arbeitgeberin mit dem Abschluss des Versicherungsvertrags und den diesbezüglichen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Lohnfortzahlungspflicht entledigt hat (vgl. Urteil des BGE vom 120 V 38, a.a.O.). Eine Regelung sei jedenfalls dann gleichwertig, wenn sie „bei hälftiger Prämienteilung Taggelder von 80% des Lohnes während maximal 720 innert 900 Tagen ausrichtet” (vgl. Online-Handbuch der Koordination Schweiz GmbH unter folgendem Link: https://www.koordination.ch/de/online-handbuch/krankentaggeld/lohnfortzahlungspflicht und Urteil des BGE vom 4C.275/2002 unter folgendem Link: www.koordination.ch/fileadmin/files/urteile/andere/4c_275_2002.pdf). Läge eine Gleichwertigkeit der Regelung nicht vor, bliebe die Leistungspflicht des Arbeitgebers gemäß Art. 324a Abs. 1 bis 3 OR bestehen (vgl. Online-Handbuch der Koordination Schweiz GmbH a.a.O.). Dafür, dass im Streitfall nicht von einer Gleichwertigkeit ausgegangen werden kann, gibt es keine Anhaltspunkte.
dd) Dadurch, dass die Arbeitgeberin in die Auszahlung der Versicherungsleistungen eingeschaltet ist und sie an den Arbeitnehmer weiterleitet, werden diese nicht zu Arbeitslohn (, a.a.O. und BFH-Beschlüsse vom 25. Januar 2000 VI B 108/98, a.a.O. und vom IV B 172/04, a.a.O.). Nach Ansicht des Senats gilt dies auch in den Fällen, in denen der Arbeitgeber – wie in der Schweiz bei Leistungen aus kollektiven Krankentaggeldversicherungen nicht unüblich – die Versicherungsleistungen vorweg dem Arbeitnehmer ausbezahlt und die erhaltenen Krankentaggelder der kollektiven Krankentaggeldversicherung später mit den bereits ausbezahlten Beträgen verrechnet.
3. Aufgrund der im Klageverfahren vorgelegten Police über die Einzel-Krankentaggeldversicherung ist der Senat davon überzeugt, dass dem Kläger auch im Zeitraum September 2016 bis Dezember 2016 Krankentaggelder zugeflossen sind, die ebenso wenig als Arbeitslohn anzusehen sind, weil der Kläger die Einzelkrankentaggeldversicherung für die Zeit nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses abgeschlossen hat. Somit können die ihm nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugeflossenen Krankentaggelder keine Gegenleistung für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft darstellen.
4. Es kann dahinstehen, ob in den aufgrund der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung und der Einzel-Krankentaggeldversicherung ausbezahlten Krankentaggeldern Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG zu sehen sind. Denn das Krankentaggeld unterliegt nicht der Einkommensteuer.
a) Gemäß § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG sind u.a. Leistungen aus einer Krankenversicherung steuerfrei. Das von der K ausbezahlte Krankentaggeld stellt eine „Leistung aus einer Krankenversicherung” im Sinne des § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG dar. Unerheblich ist, ob es sich um eine inländische oder ausländische Krankenversicherung handelt, da § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG nur eine Auszahlung aus „einer Krankenversicherung” voraussetzt (vgl. z.B. , a.a.O.).
b) Durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (BGBl I 2014, 1266, BStBl. I 2014, 1126) wurde mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2015 der § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG neu eingeführt. Gemäß § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG sind mit den in den Nr. 1 bis 2 Buchstabe d genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben, steuerfrei. Das ausbezahlte Krankentaggeld der K ist „eine mit der Nummer 1 Buchst. a vergleichbare Leistung eines ausländischen Rechtsträgers, der seinen Sitz in der Schweiz hat”. Somit ergibt sich die Steuerbefreiung des Krankentaggelds der K im Streitzeitraum auch aus § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG.
5. Das im Streitjahr vom Kläger bezogene Krankentaggeld unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt. Entgegen der Auffassung des Beklagten und entgegen dem , S 2255/250-St 133 (a.a.O.) gilt das sowohl für das aufgrund der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung als auch für das aufgrund der Einzel-Krankentaggeldversicherung ausbezahlte Krankentaggeld.
a) Die dem Kläger ausbezahlten Krankentaggelder werden nicht von § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG umfasst. Nach dieser Vorschrift ist ein besonderer Steuersatz anzuwenden, wenn ein Steuerpflichtiger in einem Veranlagungszeitraum u.a. Krankengeld nach dem Fünften, Sechsten oder Siebten Buch Sozialgesetzbuch bezogen hat. Dieser besondere Steuersatz ergibt sich, wenn – bezogen auf den Streitfall – bei der Berechnung der Einkommensteuer das Krankengeld dem zu versteuernden Einkommen hinzugezählt wird (§ 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG – Progressionsvorbehalt). Bei der zu berücksichtigenden Leistung muss es sich um eine aus der gesetzlichen Krankenversicherung handeln. Leistungen privater Krankenversicherungen unterliegen nicht dem Progressionsvorbehalt, da sie nicht auf den in Nr. 1 Buchst. b genannten Sozialversicherungsgesetzen beruhen (, BFH/NV 2009, 739 und vom III R 36/13, BStBl II 2015, 563, Kuhn in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 292. Lieferung 06.2019, § 32b EStG Rn. 82 f, Schmidt/Heinicke, EStG, 38. Auflage 2019, § 32b Rn. 11). Da die Leistungen an den Kläger aus einer schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung bzw. aus einer schweizerischen Einzel- Krankentaggeldversicherung nach VVG resultieren und damit von einer privaten Versicherung gezahlt wurden, unterfallen sie mithin nicht dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG.
b) Das schweizerische Krankentaggeld unterfällt auch nicht § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG. Nach dieser durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (a.a.O.) eingeführten Vorschrift ist ab dem Veranlagungszeitraum 2015 ein besonderer Steuersatz anzuwenden, sofern ein Steuerpflichtiger nach § 3 Nr. 2 Buchstabe e EStG steuerfreie Leistungen bezogen hat, wenn vergleichbare Leistungen inländischer öffentlicher Kassen nach den Buchstaben a bis j des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dem Progressionsvorbehalt unterfallen.
Das Krankentaggeld kann in der Schweiz nach zwei verschiedenen Gesetzen versichert werden, und zwar einerseits gestützt auf das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) und andererseits gestützt auf das VVG. Die Taggeldversicherung nach dem VVG beruht auf einem privatrechtlichen Versicherungsvertrag und kann nach Art. 87 VVG auch als Kollektivversicherung abgeschlossen werden. Im Streitfall resultieren die dem Kläger ausgezahlten Taggelder aus einer Kollektiv-Krankentaggeldversicherung bzw. aus einer Einzel-Krankentaggeldversicherung nach dem VVG und damit auf einer privaten Versicherung.
aa) Es kann dahinstehen, ob § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG überhaupt in den Fällen zur Anwendung kommt, in denen sich die Steuerfreiheit einer Leistung neben § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG bereits aus § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG ergibt.
bb) Denn das von der K bezogene Krankentaggeld stellt keine einer inländischen öffentlichen Kasse vergleichbare Leistung nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG dar, auch wenn der jeweilige Zweck der Leistungen die – in der Regel reduzierte – Lohnfortzahlung bei längerem Krankheitsausfall ist.
aaa) Das von der K bezogene Krankentaggeld unterscheidet sich vom gesetzlichen Krankengeld in seiner Ausgestaltung in privater Organisationsform. Im Gegensatz zum gesetzlichen Krankengeld nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ist es keine Leistung einer gesetzlichen Krankenkasse als Träger öffentlicher Verwaltung.
bbb) Ein gewichtiger Unterschied ergibt sich auch aus der Ausgestaltung des schweizerischen Krankentaggelds in Form einer freiwilligen Versicherung. Obligatorisch ist in der Schweiz gemäß Art. 3 Abs. 1 KVG nur die Krankenversicherung. Ein Krankentaggeld gehört nicht zum Leistungsumfang der schweizerischen Krankenkassen und ist dementsprechend auch nicht in den Art. 24 ff. KVG, welche den Leistungsbereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung umschreiben, aufgeführt. Der Abschluss einer Krankentaggeldversicherung ist in der Schweiz somit gesetzlich nicht verpflichtend. Das Krankengeld der gesetzlichen deutschen Krankenkasse nach § 44 SBG V hingegen stellt eine gesetzlich vorgeschriebene Regelleistung dar, die mit den normalen Beiträgen zur Krankenversicherung abgegolten ist.
ccc) Im Gegensatz zum Krankengeld der gesetzlichen deutschen Krankenkasse sind hinsichtlich Höhe, Dauer und Voraussetzung der Leistung eines schweizerischen Krankentaggelds die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien maßgebend (vgl. dazu Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 731 16 246/190 unter folgendem Link: https://www.baselland.ch/politik-und-behorden/gerichte/rechtsprechung/kantonsgericht).
Denn das VVG enthält außer in Art. 87 VVG keine spezifischen Bestimmungen zum Krankentaggeld. Somit gilt in der Taggeldversicherung nach dem VVG der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Eine Aufnahmepflicht der Versicherer gibt es im Gegensatz zu den deutschen gesetzlichen Krankenkassen mithin nicht. Nur für den Übertritt in die Einzelversicherung bestimmt Art. 11 AVB, dass Personen, die nicht mehr zum Kreis der Versicherten gehören, das Recht haben, ihre Versicherungsdeckung beim Versicherer als Einzelversicherte fortzuführen. Versicherungsvorbehalte für bestehende Krankheiten können zeitlich unbefristet angebracht und bestimmte Krankheitsrisiken von der Leistungspflicht ausgenommen werden. Auch Höhe und Dauer der Leistungen können frei vereinbart werden (vgl. hierzu Schweizer Bundesamt für Gesundheit zur freiwilligen Taggeldversicherung unter folgendem Link: www.bag.admin.ch/bag/de/home/ver sicherungen/krankenversicherung/krankenversicherung-versicherte-mit-wohnsitz-in-der- schweiz/freiwillige-taggeldversicherung.html). Für die Einzelversicherung bestimmen Art. 11 Nr. 3 AVB, dass „allfällige im Rahmen des Kollektivvertrags festgelegte Vorbehalte” auch beim Übertritt in die Einzelversicherung aufrechterhalten werden, und Art. 11 Nr. 4 AVB, dass die Person Anspruch auf die bisher versicherten Leistungen und Bedingungen hat.
Damit können sich erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Höhe, der Dauer und der Voraussetzungen zu dem von deutschen gesetzlichen Krankenkassen bezahlten Krankengeld ergeben. So endet der Anspruch auf Taggeld z.B. nach Art. 10 Nr. 3 Buchst. a AVB, wenn der Versicherte nicht mehr zum Kreis der Versicherten zählt und nach Art. 10 Nr. 3 Buchst. c nach Ablauf eines zeitlich begrenzten Arbeitsvertrags. Gemäß Art. 11 Nr. 6 Buchst. c AVB haben Personen, die einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen haben, kein Anrecht auf den Übertritt in die Einzelversicherung. Die deutschen gesetzlichen Krankenkassen müssen im Gegensatz dazu auch nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Krankengeld bezahlen, sofern die zur Arbeitsunfähigkeit führende Krankheit noch während des Beschäftigungsverhältnisses aufgetreten ist (s. § 44 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Nach Art. 10 Nr. 3 Buchst. j AVB i.V.m. Art. 22 Nr. 4 Satz 3 AVB ruht die Leistungspflicht bei Zahlungsverzug des Arbeitgebers, während die Nichtzahlung der Sozialversicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber für einen gesetzlich versicherten Arbeitnehmer in Deutschland keine Auswirkungen auf seinen Anspruch auf Krankengeld hat.
ddd) Für die Nichtvergleichbarkeit des schweizerischen Krankentaggelds nach dem VVG mit dem Krankengeld der gesetzlichen deutschen Krankenkassen spricht auch die Nichteinbeziehung des Krankengelds einer privaten deutschen Krankenversicherung in den Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG. Nach der Rechtsprechung des BFH durfte der Gesetzgeber zwischen den Krankengeldern der unterschiedlichen Krankenkassen differenzieren (vgl. , a.a.O. und vom III R 36/13, a.a.O.). Ausschlaggebend waren für den BFH die unterschiedliche Ausgestaltung in öffentlich-rechtlicher bzw. privater Organisationsform und die dadurch bedingten unterschiedlichen Grundstrukturen sowie die unterschiedliche Ausrichtung durch das Solidarprinzip bei der gesetzlichen Krankenversicherung einerseits und das Äquivalenzprinzip bei der privaten Krankenversicherung andererseits. Auch das Krankentaggeld der K ist vergleichbar mit der privaten deutschen Krankenversicherung eine Leistung einer privaten Versicherung. Art. 23 AVB ist zu entnehmen, dass K die Höhe der Prämie aufgrund der Entwicklung der „Schadenfälle”, aufgrund veränderter Verhältnisse oder bedeutender Änderungen in der Zusammensetzung des Versichertenkreises anpassen kann. Somit geht der Senat davon aus, dass sich die Bemessung der Prämienhöhe neben der Höhe und dem Umfang des versicherten Lohnes auch nach dem Versicherungsrisiko der Versicherten richtet und damit eher dem Äquivalenzprinzip der privaten deutschen Krankenversicherung entspricht.
cc) Ferner spricht auch die Gesetzesbegründung zu § 32 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG (vgl. Bundesrats-Drucksache 184/14, 77 ff.) für die Nichteinbeziehung des aufgrund der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung bzw. aufgrund der Einzel-Krankentaggeldversicherung ausbezahlten Krankentaggelds in den Progressionsvorbehalt. Nach der Gesetzesbegründung nimmt die Neufassung des § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG „auch bestimmte Sozialleistungen” aus EU-/EWR-Staaten und aus der Schweiz von der Besteuerung aus, die dem Progressionsvorbehalt unterfallen. Das Krankentaggeld der K stellt keine solche Sozialleistung dar, da sie eine Leistung eines privaten schweizerischen Versicherers ist.
II. Dass der am verkündete und bei der Geschäftsstelle hinterlegte Tenor als Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung den Monat Oktober angibt, ist eine offenbare Unrichtigkeit und wird im Rahmen des vollständigen Urteils gemäß § 107 FGO berichtigt.
III. Die aufgrund der vorstehenden Ausführungen gebotene Festsetzung der Einkommensteuer 2016 wird dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
V. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709, 711 Zivilprozessordnung.
VI. Die Revision war zuzulassen, weil der Frage, ob die Leistungen aus der schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung nach dem VVG dem Progressionsvorbehalt unterliegen, grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
IWB-Kurznachricht Nr. 2/2020 S. 43
KÖSDI 2020 S. 21551 Nr. 1
DAAAH-35159