„Irrige Beurteilung” im Sinne von § 174 Abs. 4 AO betreffend die zeitliche Zuordnung eines Veräußerungsgewinns
inländischer Wohnsitz
Zuordnung landwirtschaftlicher Grundstücke zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Eigentümers
Erklärung der Betriebsaufgabe
Leitsatz
1. Eine irrige Beurteilung im Sinne von § 174 Abs. 4 AO liegt vor, wenn das Finanzamt nicht berücksichtigt, dass ein Veräußerungsgewinn gemäß § 4a EStG zwei Veranlagungszeiträumen jeweils hälftig zuzuordnen ist und deshalb den Gewinn zu Unrecht in vollem Umfang im ersten Veranlagungszeitraum ansetzt.
2. Ein Steuerpflichtiger kann mehrere Wohnsitze haben; der Wohnsitz im Inland muss nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen darstellen.
3. Die Existenz eines landwirtschaftlichen Anwesens mit Wirtschaftsgebäuden und das Eigentum an umfangreichen fruchtbaren landwirtschaftlichen Flächen sowie die von mehreren Vorfahren des Steuerpflichtigen absolvierte qualifizierte landwirtschaftliche Ausbildung (Studium der Landwirtschaft) sind Beweisanzeichen dafür, dass die Familie ihre landwirtschaftlichen Güter seit Generationen selbst verwaltet und bewirtschaftet hat und die landwirtschaftlich genutzten Flächen entsprechend zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörten.
4. Das Bestehen eines landwirtschaftlichen Betriebs und die Zurechnung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft setzen nicht voraus, dass der Betriebsinhaber selbst aktiv in der Landwirtschaft tätig wird. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sind demjenigen zuzurechnen, auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird.
5. Landwirtschaftliche Grundstücke bleiben in der Hand der Rechtsnachfolger Betriebsvermögen, wenn ursprünglich ein landwirtschaftlicher Betrieb bestanden hat und die Grundstücke später nicht entnommen wurden oder der Betrieb aufgegeben wurde.
6. Die Mitteilung, dass keine Eigenbewirtschaftung der landwirtschaftlichen Grundstücke, sondern nur noch Verpachtung erfolgt, kann nicht als „eindeutige und unmissverständliche Betriebsaufgabeerklärung” ausgelegt werden, wenn kein Aufgabegewinn ermittelt und dem FA mitgeteilt wird.
Gesetze: EStG § 1 Abs. 1, EStG § 4 Abs. 1, EStG § 4a, EStG § 13, EStG § 14, EStG § 16 Abs. 3, EStG § 55, AO § 8, AO § 174 Abs. 4
Instanzenzug:
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig
Tatbestand
Streitig ist, ob landwirtschaftliche Grundstücke zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Eigentümers gehörten mit der Folge, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke bei dessen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft der (Boden-) Besteuerung unterliegt.
1. Die Klägerin stammt aus einer Adelsfamilie, […]
Die Klägerin wurde Gesamtrechtsnachfolgerin ihres Großvaters G (G; …bis 1942). Die von der Klägerin geerbten landwirtschaftlichen Grundstücke in X hatten im Jahre 1955 eine Gesamtfläche von mehr als .. ha (vgl. Einkommensteuererklärung für 1955, Anlage K5 –Anlagenband–; s. ferner Besitzstandsbogen für das landwirtschaftliche Vermögen zum ; Einheitswertakten). Zu den geerbten Grundstücken gehörten die (im Jahr 2007 veräußerten) Flurstücke Nrn. xxx, yyyy, zzz (K… wiesen), die im Besitzstandsbogen als landwirtschaftliche Nutzfläche (Ackerland) gekennzeichnet und als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (Stückländerei) bewertet waren.
Die Erb- und Vermögensnachfolge wurde in der Familie in der Vergangenheit so geregelt, dass das Familienvermögen in X und in Y –es handelt sich jeweils um frühere (allodifizierte) Lehensgüter– getrennt und jeweils auf die übernächste Generation übertragen wurde (unter Überspringen einer Generation von „1 auf 3” und „von 2 auf 4” nach der Erläuterung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin). Entsprechend war das Familienvermögen in Y von der Gesamtrechtsnachfolge nach dem Tod des G nicht betroffen. Eigentümerin war beim Tod des G (bereits) dessen einzige Tochter, die Mutter der Klägerin, M. M hatte […] zusammen mit ihrer Tochter (Klägerin) und ihrem Vater auf dem Hofgut der Familie in X gelebt […].
In den Jahren 1992 und 1995 trafen die Mitglieder der Familie mehrere Regelungen zur vorweggenommenen Erbfolge. Der Sohn der Klägerin (C), der zugleich Adoptivsohn seiner Großmutter M ist, erhielt von M wesentliche Teile des Grundvermögens in Y übertragen, insbesondere Waldflächen (rd. xx ha) und Ackerland (rd. xx ha) sowie den Schlossgarten mit Grün- und Umland. In dem Übergabevertrag hat C zugleich seiner Mutter (der Klägerin) den umfassenden Nießbrauch an den erworbenen Grundstücken eingeräumt.
Wegen der Einzelheiten der Eigentumsverhältnisse wird Bezug genommen auf die vorgelegten Unterlagen (s. Übergabevertrag vom , Rechtsbehelfsakte, sowie Anlagenband Anlagen K46 f).
2. Im Rahmen der Bodenschätzung im Jahre 1937 waren die landwirtschaftlichen Betriebe in der Gemeinde X in Betriebsgrößengruppen eingeteilt worden. Ein Betrieb „KF” war dabei in der Gruppe „5 – 10 ha” mit einer Fläche von 8 ha erfasst worden (s. Betriebsprüfungsakten Bd. 1 Bl. 91 f).
Die Mutter der Klägerin (M) hatte noch aktiv eigene Landwirtschaft betrieben. Die Eigenbewirtschaftung der Äcker wurde ab Ende der 1950er Jahre zunehmend aufgegeben. Die Äcker in X wurden von örtlichen Landwirten bewirtschaftet. Auf die vorgelegten Bescheinigungen wird Bezug genommen (s. Betriebsprüfungsakten Bd. 1 Bl. 38 f). Die Einzelheiten, insbesondere ob und ggf. wann sämtliche Parzellen den örtlichen Landwirten zur Nutzung überlassen wurden, sind zwischen den Beteiligten streitig.
3. In der Einkommensteuererklärung der Klägerin für 1963 vom Februar 1965 (s. Anlage K6, Anlagenband), bei deren Anfertigung der damalige Steuerberater S mitgewirkt hatte, ist unter B.1. bei Zeile 8 (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) mit Schreibmaschine vermerkt:
„Ab 1963 keine eigene Landwirtschaft mehr. Nur Verpachtung.”
Einen Betriebsaufgabegewinn erklärte die Klägerin nicht. In der Zeile 14 „Veräußerungsgewinne im Sinn des § 14 EStG laut beigefügter Erklärung” wurde „-,-” eingetragen und auch keine Anlage beigefügt. Als „Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung … von anderem unbeweglichen Vermögen (z.B. aus Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs) …” erklärte die Klägerin bei Zeile 44 Einkünfte in Höhe von xxx DM.
Die Klägerin veräußerte in der Vergangenheit wiederholt Grundstücke (s. Erklärung von Steuerberater T mit Schreiben vom 20. November 2013, Betriebsprüfungsakten Bd. 1 Bl. 246, wonach das Finanzamt 30 Jahre (lang) nahezu xx Grundstücksverkäufe als steuerfrei und nicht der Bodenbesteuerung unterlegen beurteilt habe). Die Klägerin bestellte außerdem in erheblichem Umfang Erbbaurechte an ihren Grundstücken. Die Grundstücksveräußerungen und Erbbaurechtsbestellungen standen im Zusammenhang mit den Baulandumlegungen „Ried” und „… feld”. Die Baulandumlegungen betrafen insbesondere auch landwirtschaftliche Grundstücke der Klägerin in unmittelbarer Nähe des früher unmittelbar am […] Ortsrand von X gelegenen Hofguts (s. vorgelegte Unterlagen, Anlagenband).
4. Die Klägerin hatte […] zunächst die Landwirtschaftsschule besucht […] eine Ausbildung zur Dolmetscherin begonnen. […] heiratete 1957 in Spanien. Danach lebte die Klägerin überwiegend in Spanien und wurde in Deutschland in ihrer Abwesenheit teilweise von ihrer Mutter M vertreten, die auch im Auftrag der Klägerin auftrat und „i.A.” zeichnete (s. Vermögensteuerakten Bl. 11 RS, 29, 37 RS, 67, 70 RS, 71, 80 RS, 82, 83, 89 RS, 94 RS). M führte (auch) die Verhandlungen mit der Mineralöl X AG betreffend die langfristige Verpachtung eines (in der Nähe des Hofguts gelegenen) Grundstücks, auf dem eine Tankstelle errichtet wurde, sowie die damit im Zusammenhang stehenden Verhandlungen mit dem […] Stiftungsrat wegen eines erforderlichen Grundstückstauschs (s. Anlagenband Anlage K29 f). Die örtlichen Landwirte, die Ackerflächen der Klägerin in X landwirtschaftlich nutzten, erklärten, dass ihr Vertragspartner bis Ende der 1990er Jahre die Mutter der Klägerin gewesen ist und danach der Sohn der Klägerin (s. Betriebsprüfungsakten Bd. 1 Bl. 30, 38 f). Die Klägerin hielt sich nach einer Auskunft des Bürgermeisteramts X von Zeit zu Zeit (immer) einige Wochen in X auf (Vermögensteuerakten Bl. 33). In ihren Steuererklärungen sowie in Erklärungen gegenüber dem Notariat W erklärte die Klägerin, dass sie (weiterhin) einen Wohnsitz in X hat. In der ergänzenden Klagebegründung vom ließ die Klägerin (demgegenüber) vortragen, sie sei seit ihrem Umzug nach Spanien nicht mehr in X, ebenso wenig in Deutschland, wohnhaft gewesen.
Die Klägerin hat neben ihrem Sohn C (geb. xxxx) noch zwei Töchter (geb. xxxx bzw. xxxx); die beiden ältesten Kinder wurden in Deutschland geboren. C hat […] Betriebswirtschaftslehre studiert (Abschluss: Diplom-Kaufmann). Im Jahre 1991 hat die Klägerin ihrem Sohn C eine allgemeine Handlungsvollmacht erteilt und ihn außerdem mit der Verwaltung ihres gesamten Immobilienvermögens beauftragt (s. Verwaltervertrag vom , Rechtsbehelfsakten Bl. 54). In dem Vertrag wird der Vertragsgegenstand wie folgt bezeichnet:
§ 1 Vertragsgegenstand
Der Auftraggeber überträgt dem Auftragnehmer die Verwaltung seines gesamten Immobilienvermögens, die Verwaltung von Beteiligungen an Immobilienvermögen, die Verwaltung von Grundstücken und Stückländereien und die Verwaltung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen.
5. Aufgrund notariellen Vertrages vom veräußerte die Klägerin –vertreten durch C– die in ihrem Eigentum stehenden Flurstücke Nr. xxx, Nr. yyy und Nr. zzz in X an die Fa. Immobilien GmbH in L für einen Gesamtkaufpreis von xxx EUR (s. Vertrag vom , Bewertungsakten). In dem Kaufvertrag wurde der Kaufgegenstand wie folgt bezeichnet:
§ 1 Kaufgegenstand
Der Verkäufer ist als alleiniger Eigentümer folgenden Grundbesitzes eingetragen: BV-Nr. x: Flurstück Nr. xxx, Landwirtschaftsfläche, K … wiesen mit xxx qm BV-Nr. x: Flurstück Nr. yyy, Landwirtschaftsfläche, K … wiesen mit xxx qm BV-Nr. x: Flurstück Nr. zzz, Landwirtschaftsfläche, K … wiesen mit xxx qm Sämtliche Grundstücke sind unbebaut und reines Ackerland.
Nach § 8 „Wirtschaftlicher Übergang” erfolgte die Übergabe –vorbehaltlich der Zahlung der ersten beiden Kaufpreisraten– am . Ab diesem Zeitpunkt standen dem Käufer die Nutzungen des Vertragsgegenstandes zu und er hatte die Gefahr des zufälligen Untergangs bzw. der der zufälligen Verschlechterung und die Verkehrssicherungspflichten zu tragen.
Die veräußerten Grundstücke „K … wiesen” waren seit 1959 –neben weiteren Grundstücken– von dem Landwirt N P und später von dessen Sohn L P bewirtschaftet worden. Die Landwirte haben mit Schreiben vom an den steuerlichen Berater der Klägerin bescheinigt (s. Betriebsprüfungsakten Bd. 1 Bl. 30), dass sie die Landwirtschaftsflächen „gepachtet haben” und die Pacht „nicht schriftlich fixiert” wurde, da als Ausgleich keine Pachtzahlung stattgefunden habe, sondern M und später C andere (Sach-) Leistungen […] bekommen haben. In der Bescheinigung heißt es weiter:
„Als Frau M starb, wurde mit dem Nachfolger, ihrem Enkel Herrn C alles beibehalten, so dass bis heute […] von uns durchgeführt wird und wir dafür landwirtschaftliche Felder in Pacht haben, ohne dafür einen Pachtvertrag zu haben und ohne Pachtzahlungen zu leisten”.
Der Sohn der Klägerin C beantragte und erhielt im Streitjahr unter der Unternehmens-Nr. xxxxx landwirtschaftliche Betriebsprämien für eine Antragsfläche von xx ha. In dem Antrag waren die veräußerten Grundstücke „K … wiesen” mit dem Anbau von […] enthalten (s. Rechtsbehelfsakten Bl. 60). C beantragte und erhielt auch in der Folgezeit landwirtschaftliche Betriebsprämien.
Der Landwirt R U stellte am eine Bescheinigung für den steuerlichen Berater der Klägerin aus, in der ausgeführt wird, dass er seit dem die Grundstücke Flst-Nr.: xxx, xxx/1 und xxx unentgeltlich gepachtet habe und als „Entschädigung für die unentgeltliche Nutzung helfe ich bei […]” (s. Betriebsprüfungsakten Bd. 1 Bl. 42).
6. In der am eingereichten Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2007 erklärte die Klägerin als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gemäß Anlage L (lediglich) die Einkünfte aus ihrem Forstbetrieb in […] in Höhe von xxx Euro, die durch das Finanzamt H gesondert festgestellt wurden; daneben erklärte die Klägerin bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß Anlage V u.a. Einkünfte aus „Stückländereien, Erbbauzins” in Höhe von xxx Euro (s. Einkommensteuerakten 2007, Bl. 62, Bl. 70).
Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) setzte die Einkommensteuer für 2007 zunächst mit Bescheid vom gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest und berücksichtigte bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nur die gesondert festgestellten Einkünfte aus dem Betrieb in […].
Im Anschluss an eine im Juni 2012 angeordnete abgekürzte Außenprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, dass die von der Klägerin veräußerten Grundstücke „K … wiesen” bis zur Veräußerung im Jahr 2007 zu einem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen der Klägerin gehört hatten und mit der Veräußerung der sog. Bodengewinnbesteuerung unterlagen (s. Bericht über die abgekürzte Außenprüfung vom , Betriebsprüfungsakte Bl. 5). Der (steuerbare) Bodengewinn betrage –bei einem gemäß § 55 EStG ermittelten Buchwert in Höhe von xxx EUR– xxx EUR, der im Streitjahr 2007 (in vollem Umfang) bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen sei. Entsprechend setzte das FA die Einkommensteuer 2007 mit Bescheid vom auf xxx Euro geändert fest.
Die Klägerin erhob dagegen Einspruch und beantragte beim FA und in der Folge beim Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung.
Der Antrag auf gerichtliche Aussetzung der Vollziehung hatte nur teilweise Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Veräußerungsgewinn je zur Hälfte im Jahr 2007 und im Jahr 2008 zu versteuern ist (s. Beschluss vom 13 V 658/14). Das FA änderte in der Folge die Einkommensteuer für 2007 mit Bescheid vom und für 2008 mit Bescheid vom und erfasste den Veräußerungsgewinn in den beiden Veranlagungszeiträumen je zur Hälfte. Der erstmalige Einkommensteuerbescheid für 2008 war aufgrund der am eingereichten Steuererklärung am erlassen worden.
Die dagegen erhobenen Einsprüche blieben ohne Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidungen vom (für 2007) und vom (für 2008) wird Bezug genommen.
Mit den dagegen erhobenen Klagen wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Besteuerung des Veräußerungsgewinns. Das Klageverfahren betreffend Einkommensteuer 2007 wurde unter dem Az. 13 K 3773/16 geführt. Auf das Urteil des Senats vom wird Bezug genommen. Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor:
Die Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2008 mit Bescheid vom sei bereits verfahrensrechtlich nicht mehr zulässig gewesen, da mit Ablauf des Jahres 2013 Festsetzungsverjährung eingetreten sei und die Annahme einer verlängerten Festsetzungsfrist wegen leichtfertiger Steuerverkürzung mehr als fernliegend sei. Die Klägerin habe ohne weiteres davon ausgehen können, dass die veräußerten Grundstücke dem Privatvermögen zuzuordnen seien und die Veräußerung nicht steuerbar sei. Das FA sei auch nicht gemäß § 174 Abs. 4 AO zur Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2008 befugt gewesen. Es fehle an einer irrigen Beurteilung eines Sachverhaltes durch das FA, weil das FA bereits bei dem Erlass des Einkommensteuerbescheids für 2007 vom von laufenden landwirtschaftlichen Einkünften ausgegangen sei. Ein Irrtum des FA, dass laufende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nicht nach § 4a EStG zu veranlagen seien, würde die Existenz des § 4a EStG betreffen und könne nicht angenommen werden. Ferner beanstandet die Klägerin den konkreten zeitlichen Ablauf bei Erlass der Einkommensteueränderungsbescheide für 2007 und 2008 vom (für 2007) und vom (für 2008). Es fehle insoweit an einer nachträglichen Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2008, da die aufgrund der Entscheidung des Finanzgerichts im Aussetzungsverfahren erfolgte Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2007 erst am erfolgte und damit nicht Grundlage der (bereits) zwei Tage zuvor erfolgten Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2008 gewesen sein konnte. Mit Erlass des Einkommensteuerbescheids für 2008 habe die Behörde den Veräußerungsgewinn außerdem rechtswidrig zu (insgesamt) 150 v.H. besteuert, da zu diesem Zeitpunkt noch der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom gegolten habe, der den Veräußerungsgewinn in vollem Umfang angesetzt hatte und nun noch die hälftige Erfassung des Gewinns aufgrund des Einkommensteueränderungsbescheids für 2008 hinzugetreten sei.
Der Einkommensteueränderungsbescheid für 2008 sei aber auch materiell rechtswidrig. Die veräußerten Grundstücke seien Teil des Privatvermögens der Klägerin gewesen. Die Klägerin habe keinen landwirtschaftlichen Betrieb von ihrem Großvater übernommen. Der Großvater der Klägerin (G) habe niemals einen landwirtschaftlichen Betrieb in eigener Person geführt. Der Großvater habe die …laufbahn eingeschlagen und er sei aufgrund einer Verletzung schon körperlich, aber auch fachlich zur Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs nicht in der Lage gewesen. Nach einer Bestätigung des Landratsamts […] existierten dort keine Aufzeichnungen zu der Person des G. Ein landwirtschaftlicher Betrieb unter diesem Namen werde somit bei dem Amt für Landwirtschaft und Naturschutz nicht geführt. Der Übergang eines solchen Betriebes auf die Klägerin könne daher nicht unterstellt bzw. zur Begründung eines landwirtschaftlichen Betriebs der Klägerin herangezogen werden.
Die Klägerin selbst habe auch keinen landwirtschaftlichen Betrieb begründet. Die Klägerin habe zwar gemäß der vorgelegten Einkommensteuererklärung für 1955 einen …garten unterhalten. Eine aktive Tätigkeit in Gestalt eines jährlichen Bestellens der Felder oder vergleichbare Tätigkeiten habe die Klägerin aber zu keinem Zeitpunkt ausgeübt. Darüber hinaus habe es der Klägerin auch an der Gewinnerzielungsabsicht gefehlt. Die Klägerin habe spätestens mit der Einkommensteuererklärung für 1963 einen etwa von ihr zu diesem Zeitpunkt unterhaltenen landwirtschaftlichen Betrieb aufgegeben und damit sämtlichen Grundbesitz in und um X, soweit dieser Bestandteil des Betriebsvermögens eines solchen landwirtschaftlichen Betriebs war, in ihr Privatvermögen überführt.
Die Klägerin trägt vor, sie habe in ihrer Einkommensteuererklärung für 1963 mit dem Vermerk – „Ab 1963 keine eigene Landwirtschaft mehr. Nur Verpachtung” – vor dem Hintergrund zahlreicher zu berücksichtigender Umstände eine Betriebsaufgabeerklärung abgegeben. Die Klägerin habe bereits in der Einkommensteuererklärung für 1955 mitgeteilt, dass von einer im Eigentum der Klägerin stehenden Gesamtfläche von xxx ha an Dritte xx ha verpachtet seien. Aufgrund der zuletzt durchgeführten Recherchen sei nunmehr festgestellt worden, dass zu dem damaligen Zeitpunkt neben einem …garten von × ha entgegen den Angaben in der damaligen Einkommensteuererklärung keine Fläche im Umfang von × ha × Ar von der Klägerin als „Äcker (Korn, Früchte)” tatsächlich bewirtschaftet worden sei. Diese Flächenangabe beziehe sich (tatsächlich) vor allem auf das Hofgrundstück nebst Garten, sei jedoch fehlerhaft eingetragen worden. Die Klägerin habe damit lediglich über den eigenbewirtschafteten …garten sowie Hof- und Gartenflächen verfügt. Sämtliche Ackerflächen seien damals bereits verpachtet gewesen. Sie habe damit einzig Einkünfte aus …kulturen erzielt. Dieser …garten sei dann in der Folgezeit wegen geplanter Baulandumlegungen und wegen der Beschädigung durch […] Truppen nach 1945 nicht mehr gewinnbringend zu bewirtschaften gewesen und aufgegeben worden.
Das FA habe im Einkommensteuerbescheid für 1963 die Betriebsaufgabe der Klägerin auch steuerlich umgesetzt. Dies ergebe sich aus der Erläuterung, wonach der Gewinn aus dem Wirtschaftsjahr 1962/1963 in Höhe von xxx DM noch zur Hälfte auf das Jahr 1963 entfalle und insoweit abweichend von der Steuererklärung im Jahr 1963 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von xxx DM anzusetzen seien.
Noch weitere Umstände sprächen gegen die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebs in der Person der Klägerin: Ein landwirtschaftlicher Betrieb der Klägerin sei nach einem Schreiben des Amtes für Landwirtschaft und Naturschutz des Landratsamtes […] dort nicht bekannt. Die Betriebsprämienanträge habe der Sohn der Klägerin im eigenen Namen für von der Klägerin an Dritte verpachtete landwirtschaftliche Flächen gestellt. Die Klägerin sei an der Antragstellung und den erhaltenen Leistungen nicht beteiligt. Die Mitgliedschaft der Klägerin in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse habe ausschließlich im Zusammenhang mit dem erblichen Erwerb des F in […] gestanden und sich nur auf die dort übernommene Forstwirtschaft bezogen, da sämtliche landwirtschaftliche Flächen verpachtet waren. Eine Versicherung in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse aufgrund eines landwirtschaftlichen Betriebs in X habe dagegen zu keinem Zeitpunkt bestanden, obwohl für Landwirte eine Pflichtversicherung besteht.
Der durch den Übergabevertrag im Jahre 1992 übertragene Grundbesitz (in Y) sei bei der Festsetzung der Schenkungsteuer weitestgehend als Grundvermögen im Sinne des BewG bewertet worden. Die Stadt E habe in der Folge gegenüber der Klägerin die Grundsteuer B festgesetzt.
Das FA und das Gericht (wohl gemeint: AdV-Beschluss des Senats vom ) verkenne die rechtlichen Grundlagen der Bewertung und gehe auch von einem unvollständigen Sachverhalt aus, wenn es die steuerliche Behandlung im Rahmen der Einheitsbewertung und der Veranlagung zur Grundsteuer als Indiz für das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebs in ertragsteuerlicher Sicht heranziehe. Zum einen sei der Grundbesitz in und um X nicht stets und ausschließlich als Stückländereien bzw. als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des BewG behandelt worden. So sei auch für das Hofgrundstück der Klägerin in X eine Steuermesszahl von x,x v.T. herangezogen worden und das Gebäude folglich als Einfamilienhaus und nicht als Hofstelle eines landwirtschaftlichen Betriebs bewertet worden. Der Grundbesitz der Klägerin sei in bewertungsrechtlicher Hinsicht vom FA und von den Gemeinden seit jeher unterschiedlich eingeordnet worden. Der Umstand, dass die Klägerin für einen Teil ihres Grundbesitzes zur (niedrigeren) Grundsteuer A veranlagt wurde, könne daher kein objektives Beweisanzeichen für das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebs sein.
Außerdem sei für die Einordnung von Grundbesitz allein die Zweckbestimmung bzw. Nutzbarkeit maßgebend.
Soweit das FA und das Gericht die steuerliche Behandlung des Grundbesitzes der Klägerin bei der Einheitsbewertung und bei der Grundsteuer (Veranlagung zur Grundsteuer A) als objektives Beweisanzeichen dafür angesehen habe, dass auch einkommensteuerrechtlich ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft vorliege, widerspreche dies der Rechtslage. Das Beweisanzeichen sei erschüttert, wenn es sich um einen Verpachtungsbetrieb handele, der bei dem Eigentümer zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führt. Es lägen keine Belege vor, dass Stückländereien von der Klägerin vor 1963 oder nach 1963 eigenbewirtschaftet wurden. Die Bewertung von Grundstücken der Klägerin als Stückländereien könne daher nicht als Indiz für die ertragsteuerliche Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebs herangezogen werden.
Wegen weiterer Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Rechtsvortrages der Klägerin wird auf die eingereichten Schriftsätze und die vorgelegten Anlagen (s. Anlagenband) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Einkommensteueränderungsbescheid 2008 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahin zu ändern, dass bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft der (anteilige) Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke „K … wiesen” nicht angesetzt wird, hilfsweise Zulassung der Revision.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Änderung des ursprünglichen Einkommensteuerbescheids für 2008 sei verfahrensrechtlich zulässig gewesen, da die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO vorgelegen hätten. Außerdem sei nach den Gesamtumständen des Streitfalls der Tatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung gemäß § 378 AO erfüllt, mit der Folge, dass die Festsetzungsfrist fünf Jahre betrug und erst mit Ablauf des Jahres 2014 endete. Die Änderung sei auch materiell rechtmäßig, da die veräußerten Grundstücke zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörten. Die Klägerin habe durch Gesamtrechtsnachfolge von ihrem Großvater einen landwirtschaftlichen Betrieb übernommen. Nach der Einkommensteuererklärung 1955 habe ein eigener landwirtschaftlicher Betrieb der Klägerin bestanden, wobei bei einer erklärten Fläche von xx,xx ha eine Fläche von x,xx ha selbst bewirtschaftet wurde (x ha …anbau, x,xx ha Anbau von Korn und Früchten). Nach der Einkommensteuererklärung 1955 wurden xx Tiere gehalten und eine fremde, ständige männliche Arbeitskraft beschäftigt. Ferner habe nach den Vermögensteuererklärungen in X ein selbst bewirtschafteter landwirtschaftlicher Betrieb der Klägerin bestanden. Nach dem Einheitswertbescheid vom (Hauptfeststellung auf den ) sei für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (Belegenheit in X) der Einheitswert auf xxx DM festgestellt worden und bei der Wertfortschreibung auf den vom sei der Einheitswert für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft –Stückländerei– (Belegenheit in X) auf xxx DM festgestellt worden. Aus den noch vorliegenden Vermögensteuerakten gehe hervor, dass ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb in X bestanden habe. Es seien die Werte des eigenen landwirtschaftlichen Betriebs bzw. –ab – des landwirtschaftlichen Vermögens erklärt und ab nur ein Pächteranteil abgezogen worden (s. Einspruchsentscheidung, S. 5).
Das FA weist darauf hin, dass nach den im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegten Pachtverträgen zu diesem Zeitpunkt nur xx,xx ha verpachtet gewesen seien und damit eine Differenz von xx ha bestehe. Dies spreche gegen eine parzellenweise Verpachtung der Grundstücke im Ganzen. Die Klägerin habe trotz mehrfacher Aufforderung keine grundstücksbezogene Einzelaufstellung zu den erklärten Einnahmen in den Anlagen „V Stückländereien” vorgelegt. Es sei nicht dargelegt worden, wie sich die erklärten Pachteinnahmen grundstücksbezogen ab 1963 zusammensetzen. Auch seien die in den Einkommensteuererklärungen ab 1963 angegebenen Pachteinnahmen trotz Dauerverpachtung sehr schwankend. Die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung müssten außerdem deutlich höher sein, wenn sie die Verpachtung der gesamten landwirtschaftlichen Grundstücke erfassen sollten. Das FA weist insoweit hin auf die Verpachtung des Grundstücks an die Mineralöl X AG und die daraus erzielten hohen Mietzahlungen, auch in Form der zunächst gezahlten sog. Stillhaltemiete.
Das FA trägt weiter vor, der Sohn der Klägerin habe landwirtschaftliche Betriebsprämien beantragt und erhalten und dabei –für das Streitjahr 2007– eine Anbaufläche von xx ha angegeben. Die veräußerten Grundstücke „K … wiesen”) seien in den Flächenaufstellungen zu den Betriebsprämienanträgen (FIONA) als landwirtschaftlich genutzte Flächen im Rahmen eines von ihm geleiteten landwirtschaftlichen Betriebes aufgenommen gewesen. Da die Klägerin ihrem Sohn eine Generalvollmacht erteilt habe, seien der Klägerin die Handlungen ihres Sohnes zuzurechnen. C habe noch im Jahre 2013 eine Fläche von x,xx ha angegeben.
Des Weiteren könne selbst eine parzellenweise Betriebsverpachtung im Ganzen ohne ausdrückliche Betriebsaufgabeerklärung keine Betriebsaufgabe begründen. Die Voraussetzungen des Erlasses vom (S 2230 A-24/83) lägen nicht vor. Es sei nicht dargelegt bzw. nachgewiesen worden, dass stille Reserven vor dem aufgedeckt und versteuert worden sind. Es sei auch nicht nachgewiesen worden, dass eine Verpachtung im Ganzen vorlag.
Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten am auf dem Hofgut der Klägerin erörtert.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgelegten Behördenakten (Einkommensteuerakten, Rechtsbehelfsakten, Betriebsprüfungsakten –2 Bände–, Einheitswertakten, Vermögensteuerakten) sowie die Gerichtsakten samt Anlagenband Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Einkommensteueränderungsbescheid für 2008 ist rechtmäßig. Die Behörde war zur Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2008 vom gemäß § 174 Abs. 4 AO befugt. Die Behörde ist dabei zu Recht davon ausgegangen, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke „K … wiesen” der (Boden-) Besteuerung unterliegt und bei den Einkünften der – unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen – Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft im Streitjahr zur Hälfte anzusetzen ist. Die veräußerten Grundstücke „K … wiesen” waren bis zur Veräußerung Bestandteil des Betriebsvermögens des landwirtschaftlichen Betriebs der Klägerin, den die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin ihres Großvaters übernommen hat. Der landwirtschaftliche Betrieb wurde auch nicht im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 1963 aufgegeben.
1. Der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2008 vom durfte zwar mit Ablauf des Jahres 2013 grundsätzlich nicht mehr geändert werden, da die Einkommensteuerklärung im November 2009 eingereicht wurde und die regelmäßige Festsetzungsfrist daher mit Ablauf des Jahres 2013 endete (s. §§ 169 Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO). Das FA war indes nach § 174 Abs. 4 AO zur Änderung befugt. Die Voraussetzungen für eine Änderung nach dieser Vorschrift sind bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung am eingetreten.
a) Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Die Regelung bezweckt den Ausgleich einer zugunsten des Steuerpflichtigen eingetretenen Änderung; derjenige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen. Die Vorschrift regelt die verfahrensrechtlichen (inhaltlichen) Folgerungen aus einer vorherigen Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides auf Antrag des Steuerpflichtigen zu dessen Gunsten. Diese Aufhebung oder Änderung löst sodann „nachträglich” die Rechtsfolge des § 174 Abs. 4 AO aus, dass ein anderer Bescheid erlassen oder geändert werden kann. Für den Erlass eines rechtmäßigen Änderungsbescheids nach § 174 Abs. 4 AO reicht es dabei aus, dass die Voraussetzungen für die Änderung –insbesondere die Änderung des anderen Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen– bis zur Entscheidung über den Einspruch gegen den auf § 174 Abs. 4 AO gestützten Änderungsbescheid vorliegen (s. , BStBl II 2009, 35, m.w.N.; , BFH/NV 2012, 698).
b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Das FA war bei Erlass des geänderten Einkommensteuerbescheids für 2007 vom zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der streitbefangene Veräußerungsgewinn der Bodenbesteuerung unterliegt. Auf das Urteil des Senats in der Sache 13 K 3773/16 vom heutigen Tage wird insoweit Bezug genommen (s. ferner unten ab 2.). Das FA hatte aber nicht berücksichtigt, dass der Veräußerungsgewinn gemäß § 4a EStG den Veranlagungszeiträumen 2007 und 2008 jeweils hälftig zuzuordnen ist. Das FA hat den Sachverhalt insoweit i.S.d. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO „irrig” beurteilt und den Gewinn zu Unrecht in vollem Umfang im Veranlagungszeitraum 2007 und nicht anteilig in den Veranlagungszeiträumen 2007 und 2008 angesetzt. Ein derartiger Rechtsanwendungsfehler fällt entgegen der Auffassung der Klägerseite unter § 174 Abs. 4 AO. Die Behörde war danach zur Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2008 nach vorheriger Änderung des angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheids für 2007 zugunsten der Klägerin befugt.
Der Umstand, dass das FA in der Folge bei Erlass der Einkommensteueränderungsbescheide für 2007 vom und für 2008 vom abweichend von der im Gesetz angelegten Reihenfolge den Änderungsbescheid für 2008 schon vor der Änderung des Bescheids für 2007 erlassen hat, ist nach dem BFH-Urteil in BStBl II 2009, 35 unschädlich. Denn für die Rechtmäßigkeit des aufgrund § 174 Abs. 4 AO geänderten Einkommensteuerbescheids für 2008 reicht es aus, dass zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung über den Einkommensteuerbescheid für 2008 am die Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids für 2007 erfolgt war. Es ist also insoweit zulässig, zuerst den zweiten Bescheid zu ändern oder zu erlassen, und erst dann den ersten Bescheid aufgrund des Rechtsbehelfs oder Antrags des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern, vorausgesetzt, dass diese Aufhebung oder Änderung des ersten Bescheids –wie im Streitfall– vor Erlass der Einspruchsentscheidung über den Einspruch gegen den zweiten Bescheid erfolgt ist (so ausdrücklich Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO, § 174 AO Rz. 143, m.w.N.).
c) Der reguläre Ablauf der Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2013 stand der Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2008 nicht entgegen. Denn nach § 174 Abs. 4 Satz 3 AO ist der Ablauf der Festsetzungsfrist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. Entsprechendes muss gelten, wenn –wie im Streitfall– die steuerlichen Folgerungen sogar schon zwei Tage vor der Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen wurden.
Eine Durchbrechung der Festsetzungsfrist ist im Streitfall auch nicht etwa dadurch ausgeschlossen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem der später im Einspruchsverfahren geänderte Einkommensteuerbescheid für 2007 erging, die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung für 2008, bei der der Sachverhalt richtigerweise hätte berücksichtigt werden müssen, bereits abgelaufen war (s. § 174 Abs. 4 Satz 4 AO; vgl. Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO, § 174 AO Rz. 184, m.w.N.). Denn der im Anschluss an die Außenprüfung geänderte Einkommensteuerbescheid für 2007, bei dem der Veräußerungsgewinn zu Unrecht in vollem Umfang angesetzt worden war, wurde am erlassen und zu diesem Zeitpunkt war die Festsetzungsfrist für den Einkommensteuerbescheid für 2008 noch nicht abgelaufen. Die Behörde durfte daher die zutreffende Entscheidung später noch so durchsetzen, wie es ihr bei Erlass des angefochtenen Bescheids für 2007 möglich gewesen wäre, hätte sie die richtige Entscheidung bereits in diesem Zeitpunkt getroffen (vgl. Frotscher, a.a.O., Rz. 186).
Der von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung angesprochene Umstand, bei Erlass des Einkommensteueränderungsbescheids für 2008 vom sei der Veräußerungsgewinn in der Zusammenschau mit dem zu diesem Zeitpunkt noch geltenden Einkommensteuerbescheid für 2007 vom (rechtswidrig) zu 150 v.H. besteuert gewesen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Maßgeblicher Verfahrensgegenstand ist im vorliegenden Verfahren (nur) der geänderte Einkommensteuerbescheid für 2008 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung, in dem der Veräußerungsgewinn zutreffend nur zur Hälfte angesetzt wurde. Entsprechend war für die gerichtliche Beurteilung auch im Parallelverfahren 13 K 3773/16 nur der Einkommensteueränderungsbescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung maßgeblich, in dem der Veräußerungsgewinn ebenfalls nur zur Hälfte angesetzt wurde. Die von der Klägerseite beanstandete Rechtslage am war insoweit nur eine „Momentaufnahme”, die bereits zwei Tage später überholt war. Das FA hat die zeitliche Verschiebung bei Erlass der Einkommensteueränderungsbescheide für 2007 und 2008 insoweit nachvollziehbar dahin erläutert, dass die EDV-technische Umsetzung (Eingabe) bei beiden Bescheiden zwar am selben Tag erfolgte, die sog. Freigabe und abschließende Zeichnung des Änderungsbescheids für 2007 wegen des dem Sachgebietsleiter insoweit vorbehaltenen Zeichnungsrechts aber zwei Tage später als beim Einkommensteuerbescheid für 2008 verfügt wurde (s. Schriftsatz vom , Finanzgerichtsakte Bl. 91).
d) Da das FA danach trotz Ablaufs der regelmäßigen Festsetzungsfrist gemäß § 174 Abs. 4 AO zur Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2008 befugt war, kann dahinstehen, ob die Festsetzungsfrist im Streitfall gemäß § 169 Abs. 2 Sätze 2 und 3 AO fünf Jahre beträgt.
2. Die Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft aus der Veräußerung der Grundstücke „K … wiesen” unterliegen der Besteuerung in Deutschland.
a) Die Klägerin ist unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG, da sie ihren Wohnsitz auf dem Hofgut in X auch nach ihrer Heirat und dem Umzug nach Spanien beibehalten hat.
Die Klägerin hat zwar im Klageverfahren zuletzt vortragen lassen, sie sei seit ihrer Heirat und dem Umzug nach Spanien nicht mehr in X und ebenso wenig in Deutschland wohnhaft gewesen. Das Gericht ist indes aufgrund einer Würdigung der Sachumstände davon überzeugt, dass die Klägerin auch nach ihrem Umzug nach Spanien stets für gewisse Zeiträume in X auf dem Hofgut der Familie gewohnt und ihren Wohnsitz in X nicht aufgegeben, sondern beibehalten hat.
Der Beibehaltung des Wohnsitzes der Klägerin in X steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt nach Spanien verlegt und seit ihrer Heirat weitgehend dort gelebt hat. Denn ein Steuerpflichtiger kann mehrere Wohnsitze haben und der Wohnsitz im Inland muss nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen darstellen. Für die Beibehaltung des Wohnsitzes in X spricht vor allem das langjährige tatsächliche (Erklärungs-) Verhalten der Klägerin. Die Klägerin hat gegenüber den Finanzbehörden, dem Notariat W und Verhandlungspartnern stets erklärt, dass sie einen Wohnsitz in Deutschland hat und während ihrer Aufenthalte in Deutschland auf ihrem Hofgut in X wohnt (s. Einkommensteuererklärung für 2007, Einkommensteuerakten Bl. 59). Für die Beibehaltung des Wohnsitzes in X nach ihrer Heirat und dem Umzug nach Spanien spricht ferner eine Stellungnahme des Bürgermeisteramts X aus dem Jahre 1960, also drei Jahre nach der behaupteten Aufgabe ihres Wohnsitzes in X. Das Bürgermeisteramt X teilte dem FA auf Anfrage mit, dass die Klägerin weiterhin ihren Hauptwohnsitz in X habe und sich „auch von Zeit zu Zeit einige Wochen hier (aufhalte)” (s. Vermögensteuerakten Bl. 32 RS). Tatsächliche Anhaltspunkte für eine spätere Aufgabe des Wohnsitzes der Klägerin in X wurden nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich.
b) Die Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft aus dem Betrieb in X unterlägen im Übrigen nach dem sog. Belegenheitsprinzip auch bei beschränkter Steuerpflicht der Besteuerung im Inland (s. Art. 6 DBA Spanien i.V.m. Art. 23 DBA Spanien).
3. Die im Jahr 2007 veräußerten Grundstücke gehörten ursprünglich zum Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Großvaters der Klägerin. Der Großvater der Klägerin, G (…bis 1942) war Eigentümer des Hofguts und der zugehörigen landwirtschaftlichen Grundstücke in X, wo die Familie der Klägerin seit vielen Generationen ansässig ist und ebenso wie in Y erhebliches Grundvermögen besitzt, das jeweils aus früheren sog. allodifizierten Lehensgütern stammt.
a) Das Hofgut in X, zu dem in früherer Zeit ein sog. Pächterhaus gehörte, diente ersichtlich der Verwaltung und (jedenfalls teilweisen) Eigenbewirtschaftung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens der Familie. Es handelt sich um ein abgeschlossenes landwirtschaftliches Anwesen, auf dem sich neben dem Herrenhaus mehrere (ehemalige) Wirtschaftsgebäude befinden. Die noch vorhandenen Gebäude sind Beweisanzeichen für die (frühere) landwirtschaftliche Nutzung und das Vorhalten von Räumlichkeiten für angestelltes Personal. Nach den vorgelegten Grundbuchauszügen befinden bzw. befanden sich auf dem (Hof-) Grundstück Nr. xxx Gebäude mit den Bezeichnungen „Stall Futterkammer und Zimmer”, „Schopf mit Schweineställen und Aborten”, „Pferdestall”, „Scheuer mit Schopf”, „Hühnerstall”, „Kelterschopf” sowie –auf dem später veräußerten Flurstück Nr. xxx– Gebäude mit den Bezeichnungen „Schopf mit Schweineställen und zwei Zimmern, Abortanhang”, „Scheuer mit Stall mit Schopfanhang” (s. Anlagenband Anlagen K16 und K17). Die Existenz eines landwirtschaftlichen Anwesens mit Wirtschaftsgebäuden und das Eigentum an umfangreichen fruchtbaren landwirtschaftlichen Flächen sowie die von mehreren Vorfahren der Klägerin absolvierte qualifizierte landwirtschaftliche Ausbildung (Studium der Landwirtschaft) sind Beweisanzeichen dafür, dass die Familie ihre landwirtschaftlichen Güter seit Generationen selbst verwaltet und bewirtschaftet hat und die landwirtschaftlich genutzten Flächen entsprechend zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörten.
b) Das Bestehen eines landwirtschaftlichen Betriebes und die Zurechnung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft setzen nicht voraus, dass der Betriebsinhaber selbst aktiv in der Landwirtschaft tätig wird. Der von der Klägerseite (bildhaft) betonte Umstand, weder der Großvater der Klägerin noch die Klägerin selbst seien jemals „mit einem Trecker über den Acker gefahren” oder hätten eine „Mistgabel in der Hand gehalten”, ist daher steuerrechtlich nicht erheblich. Denn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sind demjenigen zuzurechnen, auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird (siehe etwa Schmidt/Kulosa, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 16. Aufl., § 13 Rz. 111, m.w.N.). Dies ist derjenige, dem die Nutzungen des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, insbesondere des Grund und Bodens, zustehen, in der Regel also der Eigentümer der Grundstücke und sonstigen Betriebsmittel. Dies gilt selbst dann, wenn der Eigentümer den Betrieb nicht selbst führt, sondern durch einen Dritten, zum Beispiel einen Verwalter, bewirtschaften lässt. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob der Betriebsinhaber bei den Landwirtschaftsbehörden oder der landwirtschaftlichen Alters-o- der Krankenkasse als Landwirt geführt wird. Die Mitgliedschaft kann indes ein Beweisanzeichen für das Bestehen eines landwirtschaftlichen Betriebs sein.
Der Großvater der Klägerin hat damit als Eigentümer und Nutzungsberechtigter Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt, auch wenn er –anders als sein Vater oder sein älterer und vorverstorbener Bruder– selbst nicht Landwirtschaft studiert oder eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert hatte und wegen einer Verletzung zu eigener aktiver Tätigkeit nicht (mehr) in der Lage war. Für die Zurechnung der Einkünfte ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige gleichsam selbst „Hand anlegt”. Entsprechend hat auch die Klägerin –worauf die Behörde in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat– Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus ihrem Hofgut in […] erzielt, auch wenn sie dort ebenfalls nicht in eigener Person aktiv tätig ist.
c) Der Großvater der Klägerin hat den auch von ihm übernommenen landwirtschaftlichen Betrieb (weiter-) geführt und jedenfalls noch in bestimmtem Umfang eigene Landwirtschaft betrieben. Diese Würdigung steht in Einklang mit der Tatsache, dass bei der Bodenschätzung im Jahre 1937 und der damaligen Einteilung der landwirtschaftlichen Betriebe in Betriebsgrößengruppen in X ein Betrieb „KF” mit einer Fläche von × ha aufgeführt wurde (s. Betriebsprüfungsakten Bd. 1 Bl. 92).
Die Klägerseite hat bei der Erörterung dieses Umstands in der mündlichen Verhandlung (zwar) den nicht weiter konkretisierten Einwand erhoben, es könne sich hierbei auch um eine „andere Person” gehandelt haben. Nach Würdigung des Gerichts gibt es dafür jedoch keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Denn nach der (nur) auszugsweise vorgelegten Familienchronik ist der ältere Bruder des Großvaters der Klägerin (B) im Jahre 1914 unverheiratet gestorben und ferner ist mit dem Tode des Großvaters der Klägerin (G) das Geschlecht KF „im Mannstamm” ausgestorben. Dies bedeutet, dass mit der Bezeichnung „KF” nur der 1942 verstorbene Großvater der Klägerin, G, als Betriebsinhaber gemeint sein konnte.
Das Gericht war in diesem Zusammenhang nicht verpflichtet, dem in der Verhandlung gestellten Antrag stattzugeben und der Klägerin eine Frist zum Nachreichen eines Schriftsatzes und zur Ergänzung der tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen einzuräumen. Die Klägerseite hatte in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit, sich zu der Erwähnung des Betriebs „KF” in der o.g. Aufstellung der landwirtschaftlichen Betriebe in X zu äußern. Die Aufstellung war im Übrigen Teil der dem Gericht vorgelegten Behördenakten und stand den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zur Einsicht offen. Die landwirtschaftliche Nutzung der Grundstücke zum Zeitpunkt der ersten Bodenschätzung im Jahre 1937 wurde außerdem bereits im Rahmen der Außenprüfung zwischen den Beteiligten erörtert (s. Schreiben der Betriebsprüfungsstelle vom an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, S. 6 unten; Betriebsprüfungsakten Bd. 1 Bl. 239) und auch in dem Beschluss des Senats über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung angesprochen.
d) Für das Bestehen eines seit Generationen bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs spricht ferner der vorgelegte Auszug aus der Familienchronik. Daraus ergibt sich u.a., dass (bereits) die Vorfahren Landwirtschaft betrieben haben und der Urgroßvater der Klägerin, der Landwirtschaft […] studiert hatte, nach seinem Abschied aus der Armee für seinen hochbetagten Vater die „Verwaltung der Güter” übernommen hatte und in X gestorben ist. Der ältere Bruder des Großvaters der Klägerin, der unverheiratet in X gestorben ist, hatte ebenfalls Landwirtschaft studiert. Der Umstand, dass auch die Klägerin als Alleinerbin ursprünglich eine landwirtschaftliche Ausbildung begonnen hatte, kann ebenfalls als Beweisanzeichen für den Bezug der Familie zur Landwirtschaft auf dem eigenen Grund und Boden gewertet werden.
e) Das Bestehen eines eigenen landwirtschaftlichen Betriebs des Großvaters der Klägerin würde im Übrigen nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Betrieb früher durch einen Verwalter geführt wurde (siehe oben unter b) oder ggf. an einen Pächter verpachtet gewesen war, wofür das frühere Vorhandensein eines Pächterhauses sprechen könnte. Die Klägerseite hat den Sachverhalt insoweit in der mündlichen Verhandlung, als das früher vorhanden gewesene Pächterhaus angesprochen wurde, nicht weiter erläutert. Eine mögliche Verpachtung würde indes nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Die Verpachtung hätte lediglich zu Folge gehabt, dass –mangels Betriebsaufgabeerklärung des Verpächters– zwei landwirtschaftliche Betriebe –ein Verpachtungsbetrieb und ein Pächterbetrieb– bestanden hätten.
4. Die Klägerin ist als (Gesamt-) Rechtsnachfolgerin in die Rechtsstellung ihres 1942 verstorbenen Großvaters eingetreten. Die Grundstücke „K … wiesen” gehörten daher nunmehr zum Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs der Klägerin. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH (s. , BStBl II 2011, 792, m.w.N.), dass landwirtschaftliche Grundstücke in der Hand der Rechtsnachfolger Betriebsvermögen geblieben sind, wenn –wie im Streitfall– ursprünglich ein landwirtschaftlicher Betrieb bestanden hat und die Grundstücke später nicht entnommen wurden oder der Betrieb aufgegeben wurde (s. dazu unter 5.).
a) Der Umstand, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Erbfalls (1942) noch minderjährig war und nach ihrer Heirat ab 1957 weitgehend in Spanien gelebt hat, steht einer Zurechnung des Betriebs und der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nicht entgegen.
Die Zurechnung der Einkünfte auf den Eigentümer wird dem Grunde nach nicht dadurch berührt, dass der Grund und Boden nicht vom Eigentümer, sondern von einem Angehörigen bewirtschaftet wird, der allein nach außen auftritt (s. Leingärtner/Kreckl, Besteuerung der Landwirte, Kap. 14 Rz. 4, m.w.N.). Entsprechend blieben die Grundstücke im Streitfall Betriebsvermögen der Klägerin, unbeschadet dessen, dass der Betrieb nicht von der Klägerin selbst, sondern durch ihre Mutter M geführt wurde.
Der Senat würdigt die maßgeblichen Sachumstände dahin, dass M den auf ihre Tochter übergegangenen landwirtschaftlichen Betrieb in X für ihre (zunächst noch minderjährige und später überwiegend im Ausland lebende) Tochter aus familiärer Verbundenheit ab 1942 in deren Auftrag und auf deren Rechnung geführt hat. Diese Würdigung steht in Einklang mit der Erklärung des C, dass seine Großmutter M noch selbst Landwirtschaft betrieben und seinerzeit sogar noch einen Traktor angeschafft habe. Auch aus den Bescheinigungen der örtlichen Landwirte ergibt sich, dass M nach außen für das Hofgut aufgetreten ist und von den Landwirten P (sogar) als Inhaberin des Hofguts angesehen wurde (s. Betriebsprüfungsakten Bd. 1 Bl. 30). Soweit die Klägerseite vorträgt, M habe ausschließlich die in ihrem Eigentum stehenden Flächen in Y bewirtschaftet, gibt es dafür keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte. Dagegen dürfte sprechen, dass die örtlichen Landwirte die Grundstücke in und um X erst ab dem Jahre 1959 in die Bewirtschaftung genommen haben. Nach Würdigung des Senats kann daher angenommen werden, dass die Mutter der Klägerin, die nach dem Tod ihres Vaters das Hofgut geführt und noch aktiv Landwirtschaft betrieben hat, (auch) die Grundstücke in und um X bis Ende der 1950er Jahre für ihre Tochter (jedenfalls teilweise) bewirtschaftet hat bzw. bewirtschaften ließ. Es kann insoweit dahinstehen, ob neben dem Betrieb der Klägerin in X daneben noch ein eigener Betrieb der Mutter der Klägerin in Bezug auf deren eigenes Grundvermögen in Y, zu dem auch ein xx ha großer Wald gehörte, bestanden hat bzw. noch heute –nunmehr in der Hand des C– besteht.
b) Die Mutter der Klägerin hat auch danach noch in gewissem Umfang eigene Landwirtschaft betrieben. Ein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen betreffend die Verpachtung eines Grundstücks an die Mineralöl X AG und dem damit zusammenhängenden Grundstückstausch mit der […]. Der […] Stiftungsrat X hatte sich mit Schreiben vom an die Mutter der Klägerin damit einverstanden erklärt, dass ein bestimmter Raum „auch in Zukunft als Hühnerstall oder zur Lagerung landwirtschaftlicher Geräte benutzt werden (darf)” (s. Anlagenband Anlage K31).
c) Für die Übernahme und das Fortbestehen eines landwirtschaftlichen Betriebs durch die Klägerin kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Klägerin im Jahre 1955 – wie seinerzeit erklärt– auf einer Fläche von x,xx ha Korn und Früchte angebaut hat oder ob es sich insoweit –wie die Klägerin nunmehr dargetan hat– um eine unrichtige Eintragung im Erklärungsformular gehandelt hat und die als „Äcker” erklärte Fläche von x,xx ha im Wesentlichen die Hof- und Gartenfläche des Hofgutgeländes von x,x ha betraf. Abgesehen davon, dass die vorgelegte Berechnung eine –wenn auch geringe– Differenz von knapp 1 Ar aufweist, dürfte gegen eine vollständige Verpachtung der Ackerflächen im Jahre 1955 allerdings sprechen, dass die örtlichen Landwirte die Flächen in X erst ab 1959/1960 in die Bewirtschaftung genommen haben. Hinzu kommt, dass auf dem Hofgut in gewissem Umfang Tierhaltung erfolgte (Pferde, Kühe, Schweine, Hühner) und […] Arbeitskräfte beschäftigt wurden […]. Die für die Tierhaltung erforderlichen Futtervorräte dürften in der Landwirtschaft seinerzeit aber regelmäßig durch den Anbau von Korn und Früchten auf den eigenen Grundstücken erzeugt worden sein, insbesondere wenn eigene Arbeitskräfte vorhanden waren.
d) Die für das Erzielen von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 13 EStG erforderliche Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin ist nicht weggefallen. Die Gewinnerzielungsabsicht ist zu verneinen, wenn andauernde Verluste auf das Fehlen der Gewinnabsicht hindeuten und aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich ist, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt. Nach der Rechtsprechung kann man in der Land- und Forstwirtschaft in der Regel erst nach einer Reihe von verlustbringenden Anlaufjahren davon ausgehen, dass diese Verluste im Laufe der Gesamtentwicklung des Betriebes durch spätere Gewinne einschließlich möglicher Veräußerungsgewinne nicht ausgeglichen werden können (s. , BStBl II 1986, 808). Daran fehlt es im Streitfall.
Die Klägerseite hat zwar vorgetragen, aufgrund der Baulandumlegungen […] und wegen einer Beeinträchtigung der … gartengrundstücke (infolge der Stationierung der […] Truppen) seien aus dem früheren …garten keine Einnahmen mehr zu erzielen gewesen. Damit wird indes nicht substantiiert dargetan, dass die früher nicht buchführungspflichtige Klägerin aus ihrem gesamten (Verpachtungs-) Betrieb Verluste erwirtschaftet hätte. Nach der Rechtsprechung kann indes ein Landwirt, der den Gewinn nach Durchschnittsätzen ermittelt, nicht geltend machen, sein Betrieb sei ein einkommensteuerlich nicht relevanter Liebhabereibetrieb, wenn er die Verluste nicht nachweist (s. BFH-Urteil IV R 137/84 in BStBl II 1986, 808). Die Klägerin, die nach der Vorläuferregelung von § 13a EStG den Gewinn ermittelt hatte, hat daher durch den Vortrag, der frühere …garten sei nicht mehr gewinnbringend zu bewirtschaften gewesen, das Fehlen bzw. den Wegfall der Gewinnerzielungsabsicht nicht dargetan. Nach der Rechtsprechung des BFH führt im Übrigen eine Verkleinerung eines Eigentumsbetriebs nicht zu einer Betriebsaufgabe. Dies gilt auch dann, wenn die verbleibenden landwirtschaftlich genutzten Flächen eine ertragreiche Bewirtschaftung nicht mehr ermöglichen (, BFHE 218, 569, BStBl II 2008, 113).
e) Die veräußerten Grundstücke waren –wie ausgeführt– Teil des von der Klägerin übernommenen Betriebsvermögens. Für das Fortbestehen eines landwirtschaftlichen Betriebs und die Zurechnung der veräußerten Grundstücke „K … wiesen” zum Betriebsvermögen der Klägerin kommt es damit nicht mehr darauf an, ob die Behandlung der Grundstücke im Rahmen der Einheitsbewertung und bei der Grundsteuer als (weitere) objektive Beweisanzeichen für das Bestehen eines landwirtschaftlichen Betriebes anzusehen sind, wie es das Finanzgericht im Verfahren über die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz aufgrund der damaligen Aktenlage angenommen hat (zur Rechtslage s. , BFH/NV 2014, 324).
Es kann daher offen bleiben, ob den dagegen gerichteten Rechtsausführungen des Prozessbevollmächtigten uneingeschränkt gefolgt werden könnte. Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Bewertung einzelner Grundstücksflächen als Stückländereien und damit als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gemäß § 34 Abs. 7 BewG grundsätzlich ein objektives Beweisanzeichen dafür, dass (auch) einkommensteuerrechtlich ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft besteht (, BFHE 197, 468, BStBl II 2002, 80, und vom IV R 48/08, BFHE 234, 11, BStBl II 2011, 792). Das Beweisanzeichen ist allerdings erschüttert, wenn es sich –wovon die Klägerseite im Streitfall ausgeht– um einen Verpachtungsbetrieb handelt, der bei dem Eigentümer zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führt (BFH-Urteil in BFHE 234, 11, BStBl II 2011, 792).
5. Der von der Klägerin übernommene land- und fortwirtschaftliche Betrieb wurde nicht aufgegeben. Die Klägerin hat insbesondere im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 1963 keine eindeutige und unmissverständliche Betriebsaufgabeerklärung abgegeben. Die veräußerten Grundstücke sind daher bis zur Veräußerung Bestandteil des Betriebsvermögens geblieben.
a) Eine (parzellenweise) Verpachtung der Ackerflächen und die allmähliche Aufgabe der Selbstbewirtschaftung führen für sich genommen regelmäßig nicht zu der Betriebsaufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs. Eine Zerschlagung des Betriebs und eine daraus folgende Zwangsaufgabe liegt nach der Rechtsprechung nicht vor, wenn der Landwirt die Selbstbewirtschaftung der eigenen Nutzflächen aufgibt und sie an andere Landwirte verpachtet, das lebende und tote Inventar verkauft, aber die Hofgebäude für andere Zwecke genutzt werden. Der Betrieb besteht dann als sog. Verpachtungsbetrieb fort mit der Folge, dass alle Wirtschaftsgüter einschließlich der verpachteten Betriebsvermögen bleiben. Wenn –wie im Streitfall– die Möglichkeit besteht, dass der Betrieb, sei es durch den bisherigen Inhaber, sei es durch einen Rechtsnachfolger wieder selbst bewirtschaftet wird, kann die Absicht der dauernden Betriebseinstellung (daher) nur bei einer unmissverständlichen Erklärung des Steuerpflichtigen gegenüber der Finanzbehörde angenommen werden. Dieses Erfordernis gilt auch dann, wenn die landwirtschaftlichen Flächen vor Einführung der Bodengewinnbesteuerung verpachtet wurden (s. , BFH/NV 1998, 1345, m.w.N.).
Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Ganzen verpachtet, so kann der Verpächter wählen, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S. des § 14 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 3 EStG behandelt und damit die Gegenstände seines Betriebs in sein Privatvermögen überführt mit der Folge, dass die im Betriebsvermögen ruhenden stillen Reserven realisiert werden, oder ob er den Betrieb während der Verpachtung in anderer Form fortführen will (ständige Rechtsprechung seit dem , BStBl III 1964, 124; s. die Zusammenfassung der Rechtsprechung im , BFH/NV 2007, 1640, sowie zuletzt im , BFH/NV 2017, 1172). Diese sog. Betriebsverpachtungsgrundsätze gelten auch für die parzellenweise Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen als den wesentlichen Grundlagen eines landwirtschaftlichen Betriebs an verschiedene Landwirte (s. , BStBl II 1988, 260). Aus Beweisgründen kann die Absicht, der Betrieb werde bei einer Verpachtung der wesentlichen Betriebsgrundlagen endgültig aufgegeben, nur bei einer unmissverständlichen und eindeutigen Aufgabeerklärung des Steuerpflichtigen angenommen werden.
Die Aufgabeerklärung ist allerdings nicht an eine bestimmte Form gebunden, sie kann – bzw. konnte– sich nach der Rechtsprechung auch aus konkludenten Handlungen ergeben (s. nunmehr das Erfordernis der ausdrücklichen Betriebsaufgabeerklärung gemäß § 16 Abs. 3b EStG n.F.). Soweit ausnahmsweise mangels ausdrücklicher Aufgabeerklärung aus anderen Umständen, Handlungen oder Äußerungen auf eine Betriebsaufgabe geschlossen wird, muss das als Aufgabeerklärung gewertete Verhalten erkennbar von dem Bewusstsein getragen sein, dass es als Folge dieser Erklärung zur Versteuerung der stillen Reserven kommt; damit wird der rechtsgestaltenden Wirkung der Erklärung Rechnung getragen. Mit dem Zugang der Betriebsaufgabeerklärung beim FA ist die Betriebsaufgabe vollzogen und abgeschlossen, sofern ihre Verwirklichung keine weiteren Handlungen erfordert (s. , BStBl II 2008, 113, m.w.N.).
b) Nach diesen Grundsätzen wurde der landwirtschaftliche Betrieb der Klägerin durch die Abgabe der Einkommensteuererklärung für 1963 nicht aufgegeben. Eine unmissverständliche und eindeutige Aufgabeerklärung der Klägerin, die erkennbar von dem Bewusstsein hätte getragen sein müssen, dass infolge der Aufgabeerklärung die stillen Reserven versteuert werden (s. , BFH/NV 1996, 398), liegt im Streitfall ersichtlich nicht vor.
aa) Die Klägerin hat zwar in der Einkommensteuererklärung für 1963, die im Februar 1965 eingereicht wurde, unter Mitwirkung ihres damaligen Steuerberaters S unter B.1. bei Zeile 8 (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) mit Schreibmaschine den Vermerk angebracht:
„Ab 1963 keine eigene Landwirtschaft mehr. Nur Verpachtung.”
Das Gericht kann der Ansicht der Klägerin, hierin liege „sowohl nach dem Wortlaut als nach den aufgezeigten Begleitumständen eine eindeutige und unmissverständliche Aufgabeerklärung” (s. Schriftsatz vom , S. 25), jedoch nicht beitreten. Die Klägerin hat dem FA mit diesem Vermerk nur die Tatsache mitgeteilt, dass sie ihre landwirtschaftlichen Grundstücke ab 1963 nicht mehr selbst bewirtschaftet, sondern nur noch verpachtet. Unter Berücksichtigung des im November 1963 ergangenen Urteils des Großen Senats des BFH GrS 1/63 S zum Wahlrecht bei der Betriebsverpachtung spricht insoweit einiges dafür, dass bei dem Ausdruck „keine eigene Landwirtschaft mehr” die Betonung auf dem Adjektiv „eigene” liegt und dem FA mitgeteilt werden sollte, dass ab 1963 Landwirtschaft „in der (anderen) Form der Verpachtung” erfolgt. Hätte die Klägerin unter Mitwirkung ihres Steuerberaters S zum Ausdruck bringen wollen, dass sie den Betrieb verpachtet hat, weil sie ihn aufgeben wolle, dann wäre die Verwendung des Wortes „eigene” überflüssig und missverständlich gewesen.
Die Mitteilung, dass keine Eigenbewirtschaftung der landwirtschaftlichen Grundstücke, sondern nur noch Verpachtung erfolgt, kann jedenfalls nicht als „eindeutige und unmissverständliche Betriebsaufgabeerklärung” ausgelegt werden. Die Klägerin hat unter Mitwirkung ihres Steuerberaters weder ausdrücklich noch konkludent erklärt, dass der Betrieb aufgegeben werden solle mit der Folge, dass die gesamten im Betriebsvermögen mit Ausnahme des Grund und Bodens ruhenden stillen Reserven aufgedeckt werden. Die Einkommensteuererklärung für 1963 enthält keine Angaben zu den stillen Reserven. Die Klägerin hat insbesondere keinen Betriebsaufgabegewinn erklärt und in der Zeile 14 „Veräußerungsgewinne im Sinn des § 14 EStG laut beigefügter Erklärung” mit der Eintragung „-,-” gerade erklärt, das kein Veräußerungsgewinn erzielt wurde und entsprechend auch keine Anlage beigefügt. Eine Betriebsaufgabe setzt aber nach der Rechtsprechung voraus, dass sie den äußeren Umständen nach klar zu erkennen ist und den Willen des Steuerpflichtigen erkennen lässt, dass der Betrieb aufgegeben wird und auch nicht in der anderen Form der Verpachtung fortgeführt werden soll. Etwaige Zweifel gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen (s. BFH-Urteil in IV R 66/86 in BStBl II 1988, 260).
bb) Der von der Klägerin hervorgehobene Umstand, die Klägerin habe die Pachteinnahmen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zum einen stellt die Erfassung der Pachteinnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht außer Zweifel, dass der Steuerpflichtige tatsächlich eine außerbetriebliche Nutzung des bisherigen Betriebes und damit die endgültige Aufgabe will (s. BFH-Urteil IV R 66/86 in BStBl II 1988, 260). Zum anderen hat die Klägerin –bei genauer Betrachtung der Eintragung in dem damaligen Erklärungsformular– Einkünfte aus der „Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs” erklärt (s. den Klammerzusatz bei Zeile 44 des Formulars). Vor dem Hintergrund des am – und damit vor Einreichen der Einkommensteuererklärung für 1963 vom – ergangenen BFH-Urteils IV 114/61 S (BStBl III 1964, 303), wonach die vom Großen Senat des BFH (zugunsten der Steuerpflichtigen) kurz zuvor entwickelten Betriebsverpachtungsgrundsätze auch für die Verpächter von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben gelten, spricht die Erklärung von Einkünften aus der „Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs” insoweit nicht für eine „eindeutige und unmissverständliche Betriebsaufgabeerklärung”, sondern –wie bereits dargelegt– eher dafür, dass gerade die Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebs in der anderen Form der Verpachtung gewollt war und mitgeteilt werden sollte. Denn nach dem BFH-Urteil in BStBl III 1964, 303 hätte die Klägerin eine eindeutige Erklärung abgeben müssen, ob sie „mit der Verpachtung den landwirtschaftlichen Betrieb als aufgegeben behandelt wissen will mit der Folge, dass die gesamten im Betriebsvermögen mit Ausnahme des Grund und Bodens ruhenden stillen Rücklagen aufgedeckt werden.”
cc) Eine eindeutige und unmissverständliche Aufgabeerklärung ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerseite angeführten Begleitumständen zur Einkommensteuererklärung für 1963. Es kann insbesondere nicht angenommen werden, aus dem Einkommensteuerbescheid für 1963 ergebe sich, dass das FA selbst davon ausgegangen sei, dass eine Betriebsaufgabe erfolgt ist. Nachdem die Klägerin eine Betriebsaufgabe nicht ausdrücklich erklärt und auch keinen Betriebsaufgabegewinn ermittelt und mitgeteilt hatte, bestand für das FA keine Veranlassung zur Annahme, die Klägerin habe die Betriebsaufgabe erklären wollen. Es gibt für den Senat auch keine überzeugenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass das FA tatsächlich von einer Betriebsaufgabe ausgegangen sein könnte und eine Überprüfung der gemeinen Werte und der Buchwerte vorgenommen hat oder etwa eine Betriebsprüfung angeordnet wurde.
Diese Würdigung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH. Der (BFH/NV 1996, 110) ausgeführt, dass die Tatsache, dass die stillen Reserven nicht aufgedeckt wurden, gegen die Annahme einer Betriebsaufgabe spreche. Der BFH hat in dieser Entscheidung ferner ausgeführt, dass jedem Finanzbeamten klar sei, dass bei einer Betriebsaufgabe alle stillen Reserven aufzudecken sind und dass bei der Erklärung einer Betriebsaufgabe bei der Verpachtung eines Betriebs in aller Regel eine Betriebsprüfung stattfinde, in jedem Fall (aber) eine Überprüfung der gemeinen Werte und der Buchwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Aufgabe (§§ 14, 16 Abs. 3 EStG) erfolge. Wenn über derartige Vorgänge keine Unterlagen vorhanden seien, spreche dies mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Betriebsaufgabe nicht erklärt worden sei.
dd) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung nochmals hervorgehobenen Umstand, dass das FA im Einkommensteuerbescheid 1963 gemäß Abschnitt K. „Erläuterungen” aus dem Wirtschaftsjahr 1962/1963 herrührende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft „noch” im Veranlagungszeitraum 1963 zur Hälfte angesetzt und damit die Pachteinnahmen in demselben Steuerbescheid in zeitlicher Abhängigkeit unterschiedlichen Einkunftsarten zugeordnet hat. Die Klägerin ist der Ansicht, das FA habe insoweit bewusst eine zeitliche Abgrenzung vorgenommen und es sei offenkundig, dass das FA hier eine Betriebsaufgabe der Klägerin steuerlich umgesetzt habe.
Nach Würdigung des Gerichts wird der Verwendung des Wortes „noch” im Abschnitt K. „Erläuterungen” von der Klägerseite zu viel Bedeutung beigemessen. Das Gericht geht davon aus, dass das FA die Klägerin offenbar gemäß der –dem Gericht nicht vorgelegten– Einkommensteuererklärung für 1962 veranlagt und einen für 1962 erklärten Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von xxx DM entsprechend § 4a EStG zutreffend „noch” zur Hälfte im Kalenderjahr 1963 berücksichtigt hat. Der Folgerung der Klägerseite, das FA habe durch die Verwendung des Wortes „noch” eine Betriebsaufgabe steuerlich umgesetzt, ohne zugleich eine Überprüfung des Steuerfalles und der steuerlichen Auswirkungen vorzunehmen und ggf. eine Außenprüfung zu veranlassen, kann das Gericht nicht beitreten.
Soweit das FA ferner die erklärten Pachteinkünfte „aus Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs” erklärungsgemäß als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung behandelte, war dies materiell-rechtlich zwar nicht zutreffend, hatte aber keine steuerliche Auswirkung. Bei der Würdigung ist aus heutiger Sicht zu berücksichtigen, dass die Rechtslage damals in Bewegung war und die –im Hinblick auf die mögliche Belastung mit der Gewerbesteuer– bedeutsameren Einkünfte aus der Verpachtung eines (nicht aufgegebenen) Gewerbebetriebs noch bis zu dem Urteil des Großen Senats des BFH GrS 1/63 S in BStBl III 1964, 124 als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung behandelt wurden. Es kommt daher in Betracht, dass die steuerliche Praxis auch die Verpachtungseinkünfte aus der Verpachtung eines (nicht aufgegebenen, sondern im Wege der Verpachtung fortgeführten) landwirtschaftlichen Betriebs (ebenfalls) als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung behandelt hat. Dafür könnte sprechen, dass die Einkünfte „aus Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs” nach den Einkommensteuererklärungsformularen für 1963 und 1964 (noch) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einzutragen waren und der entsprechende Klammerzusatz bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erst im Einkommensteuererklärungsformular für 1965 nicht mehr enthalten ist (s. Anlagenband Anlage K6– Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 1965–).
ee) Auch die weiteren von der Klägerin aufgeführten Umstände, wie die nach der Baulandumlegung durchgeführte Neufeststellung der Einheitswerte für unbebaute Grundstücke und die berichtigten Grundsteuerbescheide, führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Da es nach Würdigung des Senats ersichtlich an einer eindeutigen und unmissverständlichen Betriebsaufgabeerklärung fehlt, kommt den von der Klägerseite angesprochenen Begleitumständen keine entscheidende Bedeutung mehr zu. Die Neufeststellung der Einheitswerte für die von der Baulandumlegung betroffenen Grundstücke folgt im Übrigen den Regelungen des BewG. Das gilt auch für die Bewertung des Herrenhauses als Einfamilienhaus, die möglicherweise einem Urteil des RFH geschuldet sein könnte (vgl. , RStBl 1936, 1126).
6. Nach § 4a EStG wird der Gewinn bei Land- und Forstwirten regelmäßig nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermittelt, wobei das (Normal-) Wirtschaftsjahr den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni umfasst. Nach § 4 a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG ist der Gewinn sodann auf das Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr beginnt, und auf das Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr endet, entsprechend dem zeitlichen Anteil aufzuteilen. Die Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter ist dabei in die zeitanteilige Aufteilung einzubeziehen; die §§ 14, 14 a Abs. 1 bis 3 EStG sind insoweit nicht anwendbar, auch wenn –wie im Streitfall– die aufgedeckten stillen Reserven erheblich sind (s. Kanzler in Leingärtner, Besteuerung der Landwirte, Kap. 21 Rz. 39).
Für den Streitfall bedeutet dies, dass der erzielte Veräußerungsgewinn den Veranlagungszeiträumen 2007 und 2008 jeweils hälftig zuzuordnen ist. Der (Veräußerungs-) Gewinn wurde im Wirtschaftsjahr 2007/2008 realisiert, da das wirtschaftliche Eigentum an den Grundstücken nach der Regelung im Kaufvertrag am auf den Erwerber überging. Der Veräußerungsgewinn ist entsprechend (zeitanteilig) je zur Hälfte im Veranlagungszeitraum 2007 und im Veranlagungszeitraum 2008 zu erfassen. Einwände gegen die Berechnung des Veräußerungsgewinns in Höhe von xxx Euro wurden im Streitfall nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich (zur Berechnung s. Betriebsprüfungsakte Bl. 9).
7. Ein möglicher Anspruch der Klägerin auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist nicht Gegenstand dieses (Anfechtungs-) Klageverfahrens. Ein solcher Anspruch ist ggf. in einem gesonderten Billigkeitsverfahren nach Maßgabe der §§ 163, 227 der Abgabenordnung (AO) zu klären (vgl. BFH-Urteil IV R 57/04 in BFH/NV 2007, 1640). Der BFH hat in dieser Entscheidung darauf hingewiesen, dass Erlasse der Finanzverwaltung, die mit der Gesetzeslage nicht in Einklang stehen, keinen Vertrauenstatbestand begründen können. Der BFH hat ferner ausgeführt, dass sich ein schutzwürdiges Vertrauen in dem Urteilsfall nur hätte bilden können, wenn das FA anlässlich der Einstellung des Betriebs und der anschließenden parzellenweisen Verpachtung aller Grundstücke unter Verweis auf die Erlasslage tatsächlich von einer Betriebsaufgabe ausgegangen wäre und dementsprechend einen Aufgabegewinn bei der Einkommensteuerveranlagung erfasst hätte.
8. Der Steueranspruch ist nicht verwirkt. Das FA hat zwar in der Vergangenheit die Veräußerung von landwirtschaftlichen Grundstücken durch die Klägerin nicht der Besteuerung unterworfen. Es gibt im Streitfall jedoch keine zureichenden Anhaltspunkte, dass dadurch ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin begründet wurde, das zu einer Bindung der Finanzbehörde geführt haben könnte. Sobald die Behörde –wie im Streitfall– erkannt hat, dass ein Veräußerungsvorgang der Besteuerung unterliegt, ist sie daher gemäß § 85 AO zur Festsetzung und Erhebung der Steuern gesetzlich verpflichtet.
9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
10. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsmaßstäbe sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt. Der von der Klägerin besonders herausgestellte Streitpunkt, ob im Streitfall eine wirksame Betriebsaufgabeerklärung vorliegt, betrifft im Hinblick auf die Einfügung des § 16 Abs. 3b EStG durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 im Übrigen ausgelaufenes bzw. auslaufendes Recht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DStRE 2019 S. 1418 Nr. 22
EFG 2019 S. 1255 Nr. 15
DAAAH-22727