FG Münster Urteil v. - 15 K 1768/17 U EFG 2019 S. 936 Nr. 11

Umsatzsteuer

Frage der Steuerbefreiung von Supervisionsleistungen

Leitsatz

1. Die Umsätze der Stpfl. aus der Erbringung von Supervisionsleistungen sind nicht bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes i. S.d. § 19 Abs. 3 UStG zu berücksichtigen, weil diese nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL als steuerfrei zu behandeln sind. In Bezug auf Lehrsupervisionen kann sich die Steuerfreiheit daher bereits daraus ergeben, dass ein Stpfl. andere darin unterrichtet, Supervisionen auszuführen. Hinsichtlich der übrigen Supervisionsleistungen ist zu berücksichtigen, dass diese vorrangig auf die spezifischen Bedürfnisse einer Berufstätigkeit ausgerichtet sein können, wenn sie dazu dienen, Lösungsmöglichkeiten für konkrete Arbeitsplatzsituationen zu erarbeiten und in gemeinsamer Reflexion Fehler und Schwachstellen aufzuarbeiten.

2. Da die Stpfl. sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL unmittelbar berufen kann, ist es aus Sicht des erkennenden Senats unschädlich, dass die Supervisionsleistungen der Stpfl. nach nationalem Umsatzsteuerrecht nicht von der USt befreit sind, da die Stpfl. nicht über eine hinreichende Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde gem. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG verfügt.

Gesetze: UStG § 4 Nr 21 Buchst a Doppelbuchst bb; UStG § 19; MwStSystRL Art 132 Abs 1 Buchst j ; UStG § 4 Nr 14

Instanzenzug: ,

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die von der Klägerin in 2014 erbrachten sog. Supervisionsleistungen umsatzsteuerfrei sind.

Die Klägerin erbrachte in 2014 als Supervisorin sog. Supervisionsleistungen für den Kreis …, für Träger der Wohlfahrtspflege, der Kinder- und Jugendhilfe, für die … und für ähnliche Einrichtungen. Zudem leitete sie Lehrveranstaltungen an der … Hochschule in Q.

Vor Durchführung der Supervisionssitzungen legte die Klägerin mit ihren Auftraggebern den Umfang der durchgeführten Supervisionssitzungen für die Arbeitnehmer der Auftraggeber schriftlich und mündlich fest. Niederschriften über die erbrachten Supervisionsleistungen wurden dem Auftraggeber nicht übergeben, um zu gewährleisten, dass die jeweiligen Sitzungen innerhalb eines geschützten Rahmens ohne zu befürchtende Sanktionen des Auftraggebers stattfanden. Die Klägerin protokollierte die durchgeführten Sitzungen mit ihren wesentlichen Inhalten. Auf den Inhalt der klägerseits durch Schriftsatz vom übersandten Sitzungsprotokolle, Supervisionsvereinbarungen sowie Evaluierungsschreiben über erbrachte Supervisionsleistungen (Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom , als Sonderhefter zur Gerichtsakte genommen) wird insoweit Bezug genommen.

Die Umsätze aus der Tätigkeit als Supervisorin behandelte die Klägerin in ihrer Umsatzsteuer(USt)-Erklärung 2014 – wie auch in den Vorjahren – in voller Höhe als nach § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) umsatzsteuerfrei.

Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom wurde bei der Klägerin durch den Beklagten eine steuerliche Außenprüfung u.a. auch für die Jahre 2013 und 2014 durchgeführt.

Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung erzielte die Klägerin in 2012, 2013 und 2014 aus der Erbringung der o.a. Supervisionsleistungen Gesamtumsätze in folgender Höhe:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
(Brutto-)Gesamtumsätze aus Supervisionsleistungen
2012
14.117,80 EUR
2013
26.170,30 EUR
2014
26.208,40 EUR

Überdies bezog die Klägerin nach den Feststellungen der Betriebsprüfung im Betriebsprüfungsbericht vom , auf den insoweit Bezug genommen wird, aus ihrer Lehrtätigkeit an der … Hochschule in Q in 2012, 2013 und 2014 die folgenden Entgelte:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
(Brutto-)Gesamtentgelt für Lehrtätigkeiten
2012
2.540,00 EUR
2013
2.928,00 EUR
2014
4.920,00 EUR

Für das Jahr 2013 ging der Beklagte im Betriebsprüfungsbericht angesichts der in 2013 (s.o.) und 2012 erzielten Umsätze der Klägerin davon aus, dass keine USt bei der Klägerin zu erheben sei, da die Grenzen der Kleinunternehmerschaft nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG in 2012 und 2013 nicht überschritten worden seien (Seite 6 des Betriebsprüfungsberichts vom , Bl. 6 der Betriebsprüfungsakte, zur GA genommen). Für 2014 vertrat der Beklagte demgegenüber die Auffassung, dass für die streitgegenständlichen steuerbaren Umsätze i.H.v. 26.208,40 EUR brutto (22.024,00 EUR netto) der Klägerin aus ihrer Tätigkeit als Supervisorin weder eine Steuerbefreiung nach nationalen, noch nach unionsrechtlichen Vorschriften in Betracht komme und wegen Überschreitens der für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung geltenden Grenzbeträge für 2014 die Umsatzsteuer festzusetzen sei.

Gegen die entsprechende Festsetzung der USt 2014 i.H.v. 4.184,37 EUR sowie Zinsen zur USt i.H.v. 145,00 EUR durch Bescheid des Beklagten vom hat die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben.

Zur Begründung führt sie aus: Zu Unrecht habe der Beklagte ihre streitgegenständlichen Umsätze aus den Supervisionsleistungen der Umsatzsteuer unterworfen, da diese Umsätze nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom (MwStSystRL) umsatzsteuerfrei seien. So habe bereits das Finanzgericht (FG) Köln entschieden, dass Supervisionsleistungen von der USt befreit seien, da es sich um die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler im Rahmen der beruflichen Fortbildung und damit um „von Privatlehrern erteilten Schulunterricht” handele (, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2016, 145). Auch der Bundesfinanzhof (BFH) habe klargestellt, dass die Steuerbefreiung aus Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG (für das Streitjahr Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL) nicht nur auf Schul- und Hochschulunterricht, sondern auch auf Aus- und Fortbildungen Anwendung finden müsse, sofern diesen nicht der Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung innewohne (, BFHE 245, 391). Die durch sie, die Klägerin, erbrachten Supervisionsleistungen dienten ausschließlich der beruflichen Aus- und Weiterbildung der Teilnehmer; anhand der von den Arbeitnehmern der Auftraggeber aufgeführten Problemfälle würden Handlungskompetenzen und -empfehlungen erarbeitet, die es den Teilnehmern künftig ermöglichten, genauer und umsichtiger mit den beruflichen Alltagsproblemen umzugehen. Supervision stelle keine Schulung und kein Training dar, sondern vielmehr die gemeinsame Erörterung eines Problems, die – u.a. – die Zusammenarbeit im Team fördere. Es finde in den Einheiten eine konstruktive Bearbeitung von Konflikten statt, was dazu führe, dass berufsbedingter Stress besser verarbeitet werden könne. Die Themen der Supervisionsleistungen seien nicht durch eine konkrete Auftragsanweisung festlegbar, sondern würden im Rahmen der Gruppensupervision durch die Teilnehmer gemeinsam erarbeitet. Ein Freizeitcharakter komme den Supervisionsleistungen nicht zu, da die Auftraggeber – die Arbeitgeber der Teilnehmer – die Teams durch Stärkung der beruflichen Kommunikation, des Erlernens von Kernkompetenzen und Handlungsmöglichkeiten anhand von realen Fällen für deren berufliche Tätigkeit fördern ließen. Allein das Gruppenkonzept indiziere die Berufsbezogenheit der Supervisionsleistungen, da die Gruppenteilnehmer stets Arbeitnehmer desselben Auftraggebers seien. Sofern sie, die Klägerin, (auch) Einzelsupervisionen durchgeführt habe, hätten diese der Vorbereitung von Gruppensupervisionen gedient. Um im Anschluss an die Sitzungen strukturelle Veränderungen in Einrichtungen und Unternehmen umzusetzen, fänden bei Bedarf Evaluationsgespräche mit dem jeweiligen Auftraggeber als dem Arbeitgeber der Teilnehmer statt. Demzufolge handele es sich bei ihrer Tätigkeit nicht um eine bloß beratende Tätigkeit, sondern um eine (umsatzsteuerbefreite) unterrichtende Tätigkeit, weshalb die USt-Festsetzung 2014 in voller Höhe rechtswidrig sei.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

den USt-Bescheid 2014 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahin abzuändern, dass die USt 2014 auf 0,00 EUR festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung und trägt insoweit ergänzend vor: Die durch die Klägerin erbrachten Supervisionsleistungen seien nicht von der USt befreit. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG komme nicht in Betracht, da die Leistungen der Klägerin nicht als Heilbehandlungen qualifizierten. Hierfür reiche es nicht aus, dass die Leistungen der Klägerin auch der gesundheitlichen Prophylaxe dienen könnten; vielmehr sei von einer Heilbehandlung nur dann auszugehen, wenn das Hauptziel der Gesundheitsschutz sei. Das sei im Hinblick auf die Leistungen der Klägerin nicht der Fall. Gleichsam scheide eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG aus, da die Klägerin die für eine Befreiung nach dieser Vorschrift erforderliche Bescheinigung nicht habe vorlegen können. Auch aus unionsrechtlicher Sicht komme eine Steuerbefreiung nicht in Betracht. Eine Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG (für das Streitjahr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) scheide aus, da die Klägerin weder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, noch eine solche mit staatlich anerkannter vergleichbarer Zielsetzung sei. Schließlich scheide auch eine Steuerbefreiung der streitgegenständlichen Umsätze nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG (für das Streitjahr Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL) aus. Nach dieser Vorschrift könnten nach der Rechtsprechung des BFH Supervisionsleistungen zwar steuerfrei sein (, BFHE 245, 391); dies setze aber voraus, dass die Supervisionsleistungen vorrangig auf die spezifischen Bedürfnisse einer Berufstätigkeit ausgerichtet seien, also dazu dienten, für konkrete Arbeitssituationen Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten und Kompetenzen zu vermitteln, die für den beruflichen Alltag der Teilnehmer erforderlich und hilfreich seien. Es müssten im Rahmen eines Gruppenkonzepts gemeinsam mit den Teilnehmern Lösungsstrategien erarbeitet werden, die diese dazu befähigten, künftig vergleichbare Schwierigkeiten selbst oder gegenseitig kollegial zu überwinden. Im Hinblick auf die Klägerin sei demgegenüber jedoch von einer beratenden Tätigkeit auszugehen; es sei weder ersichtlich, nach welchem Konzept sie arbeite, noch, dass sie andere darin unterrichte, Supervisionen auszuführen. Vielmehr diene die Supervisionstätigkeit der Klägerin vorliegend dazu, die Qualität der beruflichen Arbeit im Hinblick auf psychische, soziale und institutionelle Faktoren zu fördern sowie Probleme gemeinsam zu erörtern. Sie stelle indes weder eine Schulung, noch ein Training dar. Die Tätigkeit der Klägerin unterscheide sich insofern von den dem , EFG 2016, 145) zugrunde liegenden Supervisionsleistungen, als dass diese durch die dortige Klägerin über einen längeren Zeitraum gegenüber einer bestimmten Gruppe erbracht würden, die durch die Einheiten zusammenwachse und lerne, sich selbst zu helfen. Im Hinblick auf die Klägerin sei jedoch nicht klar, dass diese Gruppensitzungen abhalte bzw. das Lernen innerhalb einer Gruppe gegenüber der individuellen Problembewältigung im Vordergrund stehe. Überdies sei das Urteil des BFH, auf welches die Klägerin ihre Rechtsauffassung stütze, nicht amtlich veröffentlicht und aus diesem Grund nicht über den Einzelfall hinaus anwendbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO–).

I. Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.

Der angefochtene USt-Bescheid 2014 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO–), soweit der Bekl. die Umsätze der Klägerin aus der Erbringung von Supervisionsleistungen als steuerpflichtig erachtet hat. Die USt 2014 war gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. FGO auf 0 EUR festzusetzen, weil für das Streitjahr zu Gunsten der Klägerin die Kleinunternehmerregelung Anwendung findet.

Die Klägerin ist im Streitjahr als Kleinunternehmerin nach § 19 UStG zu besteuern, da sie die hierfür relevanten Umsatzgrenzen nicht überschritten und auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nicht verzichtet hat.

Gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG wird die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete USt von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird. Im Streitfall überschreitet die Klägerin die o.g. Umsatzgrenzen nicht. Sowohl für das Streitjahr (hierzu 1.), als auch das dem Streitjahr vorangehende Jahr (hierzu 2.) werden von ihr die maßgeblichen Umsatzgrenzen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung unterschritten.

1. Für die Klägerin war angesichts ihrer Umsätze aus den Vorjahren für 2014 abzusehen, dass sie die nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG relevante Umsatzgrenze von 50.000,00 EUR voraussichtlich nicht überschreiten würde. Dabei kann dahinstehen, wie die durch die Klägerin vereinnahmten Entgelte für ihre Lehrtätigkeit an der … Hochschule in Q in Höhe von (brutto) 4.920,00 EUR umsatzsteuerlich zu behandeln sind, da die Klägerin im Streitjahr nach Ansicht des erkennenden Senats davon ausgehen konnte, durch Erbringung der streitgegenständlichen Supervisionsleistungen keine weiteren, den Gesamtumsatz im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG erhöhenden, Umsätze zu erzielen.

a) Umsatz im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Umsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Gesamtumsatz ist gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, abzüglich im Einzelnen aufgeführter Umsätze nach dem nationalen Recht. Mit § 19 UStG hat der deutsche Gesetzgeber von der Möglichkeit nach Art. 281ff. MwStSystRL Gebrauch gemacht, Sonderregelungen für Kleinunternehmer einzuführen (, EFG 2017, 1699). Der Umsatz, der bei der Anwendung der Regelung dieses Abschnittes zu Grunde zu legen ist, setzt sich nach Art. 288 Satz 1 Nr. 1 MwStSystRL aus dem Betrag der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen zusammen, soweit sie besteuert werden. Zum Gesamtumsatz gehören nicht die nach Art. 132 der MwStSystRL steuerbefreiten Leistungen. Steuerfreie Umsätze nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der MwStSystRL gehören nicht zu dem Umsatz, der für Zwecke der Anwendung einer in einem Mitgliedsstaat eingeführten Sonderregelung für Kleinunternehmer als Umsatz gilt (hinsichtlich der Regelung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der MwStSystRL vgl. , juris). Danach sind die hier streitigen, nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der MwStSystRL steuerbefreiten Umsätze zwar nicht nach § 19 Abs. 3 UStG von dem für die Anwendung der Kleinunternehmergrenzen maßgeblichen Gesamtumsatzes im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG ausgenommen. Allerdings kann sich die Klägerin insoweit auf die für sie im Vergleich zur Regelung des § 19 Abs. 3 UStG günstigere Regelung des Art. 288 der MwStSystRL berufen, wonach nach Art. 132 der MwStSystRL befreite Umsätze nicht zu den Gesamtumsätzen zählen (vgl., , EFG 2017, 1699; , juris).

Dies hat die Klägerin für das Streitjahr zumindest dadurch konkludent getan, dass sie im Klageverfahren beantragte, die USt für das Streitjahr auf 0 EUR festzusetzen. Im Übrigen konnte der Senat keine Umstände als Beleg dafür feststellen, dass die Klägerin für das Streitjahr zur Besteuerung nach den allgemeinen Grundsätzen optiert hat.

b) Angesichts dieser Grundsätze sind die Umsätze der Klägerin aus der Erbringung von Supervisionsleistungen in 2014 nicht bei der Ermittlung des (voraussichtlichen) Gesamtumsatzes im Sinne des § 19 Abs. 3 UStG zu berücksichtigen, weil diese nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL als steuerfrei zu behandeln sind. Der Beklagte hat diese im Streitjahr insoweit unzutreffend der USt unterworfen. Denn die den streitgegenständlichen Umsätzen zugrunde liegenden Leistungen haben die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler im Rahmen der beruflichen Fortbildung und damit durch die Klägerin als Privatlehrerin erteilten Schulunterricht im Sinne dieser Vorschrift zum Gegenstand, die steuerfrei ist.

Da die Klägerin sich auf die o.g. Vorschrift unmittelbar berufen kann, ist es aus Sicht des erkennenden Senats unschädlich, dass die Supervisionsleistungen der Klägerin nach nationalem Umsatzsteuerrecht nicht von der USt befreit sind, da die Klägerin nicht über eine hinreichende Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) UStG verfügt, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

aa) Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten „den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht” von der USt. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Hinblick auf die wortgleiche Vorgängervorschrift des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG festgestellt hat, weichen die einzelnen Sprachfassungen dieser Richtlinien-Bestimmung voneinander ab (so im Französischen mit den Worten „leçons … portant sur” (Unterrichtseinheiten, die sich auf … beziehen)). Unter Berücksichtigung dieser Unterschiede sind aufgrund der Notwendigkeit der einheitlichen Auslegung der Richtlinie die Begriffe Schul- und Hochschulunterricht als „Unterrichtseinheiten, die … sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen” zu verstehen (, Eulitz, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFH/NV– 2010, 583).

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Studierende zwar ein besonders wichtiger Bestandteil der Unterrichtstätigkeit im Rahmen von „Schul- und Hochschulunterricht”, beschränkt sich indes nicht hierauf; vielmehr besteht die Tätigkeit aus einer Vielzahl von Elementen, zu denen neben denjenigen, die die zwischen den Unterrichtenden und den Studierenden zustande kommenden Beziehungen betreffen, gleichzeitig auch diejenigen gehören, die den organisatorischen Rahmen der Einrichtung ausmachen, in der der Unterricht erteilt wird (, Eulitz, BFH/NV 2010, 583; vom C-434/05, Horizon College, BFH/NV 2007, Beilage 4, 389). Da sich die früher in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG und nunmehr in Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL genannte Steuerbefreiung aber nicht unmittelbar auf den „Schul- oder Hochschulunterricht” bezieht, sondern auf „Unterrichtseinheiten, die sich auf einen solchen Unterricht beziehen”, ist das Wort „Unterrichtseinheiten” so zu verstehen, dass es im Wesentlichen die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler oder Studierende im Rahmen einer Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit einschließt. Dabei ist es „unerheblich”, dass Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG „nicht ausdrücklich die Aus- und Fortbildung erwähnt” (, Eulitz, BFH/NV 2010, 583), da „nicht zwischen dem Unterricht, der Schülern oder Studierenden erteilt wird, die an einer erstmaligen Schul- oder Hochschulausbildung teilnehmen, und dem Unterricht zu unterscheiden [ist], der Personen erteilt wird, die bereits über einen Schul- oder Hochschulabschluss verfügen und die aufgrund dieses Abschlusses ihre Berufsausbildung betreiben”, und da das „Gleiche für die Unterrichtseinheiten [gilt], die sich auf diesen Unterricht beziehen” (, Eulitz, BFH/NV 2010, 583). Der BFH ist dem unter Aufgabe seiner vorherigen entgegenstehenden Rechtsprechung gefolgt (, Sammlung der Entscheidungen des BFH –BFHE– 245, 391). Es kommt danach nicht darauf an, dass der Privatlehrer an einer Schule oder Hochschule tätig ist, sich an Schüler oder Hochschüler wendet oder es sich um einen in einen Lehr- oder Studienplan eingebetteten Unterricht handelt, da sich Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG – und damit auch die im vorliegenden Fall einschlägige Vorschrift des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL – auf jegliche Aus- und Fortbildung bezieht, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hat (, BFHE 245, 391). In Bezug auf Lehrsupervisionen kann sich die Steuerfreiheit daher bereits daraus ergeben, dass ein Steuerpflichtiger andere darin unterrichtet, Supervisionen auszuführen. Hinsichtlich der übrigen Supervisionsleistungen ist zu berücksichtigen, dass diese vorrangig auf die spezifischen Bedürfnisse einer Berufstätigkeit ausgerichtet sein können, wenn sie dazu dienen, Lösungsmöglichkeiten für konkrete Arbeitsplatzsituationen zu erarbeiten und in gemeinsamer Reflexion Fehler und Schwachstellen aufzuarbeiten (vgl. , BFHE 223, 1, Bundessteuerblatt –BStBl– II 2009, 108; , EFG 2016, 145). Für die erforderliche Berufsbezogenheit als Aus- und Fortbildungsmaßnahme kann es nach Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, ausreichen, dass der Steuerpflichtige Sozialarbeiter für die von diesen ausgeübte Berufstätigkeit anhand von Fallbeispielen gruppenweise anleitet (, BFHE 245, 391).

bb) In Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich nach Auffassung des erkennenden Senats nach den durch die Klägerin vorgelegten Unterlagen bei deren Tätigkeit um eine dem Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL unterfallende Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler im Rahmen der beruflichen Fortbildung.

(1) Die Klägerin hat insbesondere durch Vorlage der Sitzungsprotokolle und Supervisionsvereinbarungen durch Schriftsatz vom dargelegt, dass und wie sie professionelle Sozialarbeiter, Sozialpädagogen sowie andere in der Pflege tätige Arbeitnehmer im Auftrag deren Arbeitgeber in ihrer eigenen Handlungskompetenz gegenüber einander und den jeweiligen Klienten schult und weiterentwickelt. Anhand der Darstellung der Klägerin sowie der von ihr überreichten Unterlagen ist dem Senat ersichtlich, dass sie zunächst mit den Auftraggebern eine Absprache über Eckpunkte, bspw. Anzahl und Häufigkeit der Einheiten etc., und Inhalte der zu erbringenden Supervisionsleistungen trifft (so z.B. der „Kontrakt zur Durchführung von Teamsupervision mit dem Team …” mit der … vom , Bl. 102 des Sonderhefters mit der Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom , Übersicht über das „Projekt: …” der Stadt Q, Bl. 77f. des Sonderhefters mit der Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom oder „Vertrag über die Erteilung von Supervision” mit der … vom , Bl. 11ff. des Sonderhefters mit der Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom ). Die Festlegung der einzelnen Lehrinhalte erfolgt in diesem Stadium dabei abstrakt und allgemein, da die konkreten Frage- und Problemstellungen der Teilnehmer zu diesem Zeitpunkt weder dem jeweiligen Auftraggeber, noch der Klägerin bekannt sind. Vor diesem Hintergrund beinhalten die Vereinbarungen zwischen den einzelnen Auftraggebern und der Klägerin vielmehr „Ziele”, deren Erreichung durch die Supervisionsleistungen der Klägerin bezweckt werden. Ausweislich der zur Gerichtsakte gereichten Sitzungsprotokolle sind die einzelnen Supervisionseinheiten in der Regel so gestaltet, dass nach einer Eingangsübung einzelne Teilnehmer der Gruppe echte Problemfälle mit ihren Klienten vorstellen. In der Gruppe werden sodann Hypothesen über die Ursache des geschilderten Problems zusammengetragen und analysiert. Anschließend werden – jedenfalls soweit es aus den Protokollen der Klägerin ersichtlich ist – gemeinsam Lösungsmöglichkeiten erarbeitet und den Teilnehmern schlagwortartig an die Hand gegeben. Der erkennende Senat sieht es dabei als unschädlich an, dass die durch die Klägerin mit den Teilnehmern erarbeiteten Lösungsstrategien den Teilnehmern auch abseits des Berufsalltages von Nutzen sein können; aus Sicht des Senats gilt das nämlich für sämtliche Handlungs- und Verhaltenskompetenzen, die im Rahmen von pflegenden und betreuenden Berufen – also solchen Berufen, die insbesondere den persönlichen Umgang mit Menschen zum Gegenstand haben – vermittelt und erlernt werden. Innerhalb ihrer Sitzungen stellt die Klägerin verschiedene Methoden vor und lässt die Gruppe diese anwenden, lässt Rollenspiele durchführen und versucht auf diesem Wege, die Erfahrungen des einzelnen Teilnehmers zu abstrahieren und für die gesamte Gruppe fruchtbar zu machen. Die Klägerin ist dabei schwerpunktmäßig mit Beratern der Jugendhilfe sowie Pflegekräften tätig, so dass ein wesentlicher Gegenstand u.a. die Grenzziehung zwischen dem Teilnehmer als Berater und den Betroffenen sowie deren Angehörigen ist. Der gemeinsam für den besprochenen Einzelfall erarbeitete Lösungsvorschlag kann dann vom jeweiligen Teilnehmer umgesetzt und in der nächsten Supervisionseinheit reflektiert, bewertet und ggfs. korrigiert werden. Durch die gemeinsame Arbeit der Gruppe am geschilderten Fall werden das Lösungswissensspektrum und die Handlungskompetenzen der gesamten Gruppe gesteigert und nicht nur dem schildernden Teilnehmer ein konkreter Rat erteilt. Gegenstand der Supervisionseinheiten ist die Vermittlung im beruflichen Alltag erforderlicher Kompetenzen, nicht die Lösung persönlicher Probleme der Teilnehmer im Sinne einer Therapie. Denn ausweislich der von der Klägerin zur Gerichtsakte gereichten Sitzungsprotokolle werden zwar zumeist Einzelerfahrungen zum Gegenstand der Einheiten gemacht; gleichwohl beschränkt sich deren Inhalt nicht auf die Lösung eines konkreten Problems, sondern erstreckt sich auf die Erarbeitung von Bewältigungsstrategien für – künftige – vergleichbare Situationen aller Supervisionsteilnehmer und das Zusammenwachsen der Teilnehmergruppe. Es ist Aufgabe der Klägerin, diese Ziele umzusetzen. Die Auftraggeber haben in den durch die Klägerin überreichten schriftlichen Auftragserteilungen „Vertrag über die Erteilung von Supervision” mit der … vom , Bl. 11ff. des Sonderhefters mit der Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom .; Übersicht über das „Projekt: …” der Stadt Q, Bl. 77f. des Sonderhefters mit der Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom ) bzw. in den nachträglichen Bestätigungen (Stellungnahme des … vom , Bl. 34 d.GA.) übereinstimmend berufsbezogene Ziele für die mit ihren Arbeitnehmern durchzuführenden Supervisionssitzungen angegeben.

Der Beklagte hat – abseits des Hinweises darauf, dass seiner Auffassung nach nicht nachgewiesen sei, dass die Klägerin hauptsächlich Gruppensitzungen abhalte – die Schilderung der Klägerin und ihrer Auftraggeber – insbesondere in Bezug auf die Inhalte der Supervisionssitzungen – nicht in Zweifel gezogen. Demgegenüber hat der erkennende Senat nach der detaillierten Schilderung durch die Klägerin und der Vorlage der Sitzungsprotokolle der Klägerin keine Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Schilderungen der Klägerin und deren Vorbringen, dass sie die Sitzungen mit mehreren Teilnehmern jeweils eines Auftraggebers durchführt.

(2) Der Senat sieht hiernach in den Leistungen und der Methodik der Klägerin im Gegensatz zum Beklagten keine Beratung, sondern eine Unterrichtung im Sinne einer Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten. Zwar ist Ausgangspunkt der Tätigkeiten der Klägerin jeweils die konkrete Fragestellung durch die Teilnehmer, für die im Anschluss auf unterschiedliche Arten eine konkrete Handlungsoption erarbeitet und dem jeweiligen Teilnehmer zur Anwendung in der Praxis zur Verfügung gestellt wird. Ziel der Tätigkeit der Klägerin ist aber nach Interpretation des erkennenden Senats zuvörderst das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen und Handlungsmustern, die dazu befähigen, künftig im beruflichen Umfeld auftretende Schwierigkeiten selbst oder gegenseitig kollegial zu überwinden. Gegenstand der Tätigkeit der Klägerin ist danach nicht die Beratung für die Bewältigung von konkreten Einzelfällen, sondern die Vermittlung unterschiedlicher, für den beruflichen Alltag der Teilnehmer erforderlicher Kompetenzen durch Reflektion bisheriger Erfahrungen der teilnehmenden Personen. Es handelt sich insoweit bei den streitgegenständlichen Tätigkeiten der Sache nach um die vom , BFHE 245, 391) für ausreichend erachtete gruppenweise Anleitung anhand von Fallbeispielen für die jeweils ausgeübte Berufstätigkeit. Dies geht über die helfende Einzelfallberatung hinaus und führt zu einer Vermittlung von künftig beruflich nutzbaren Fähigkeiten, wobei es der erkennende Senat als unschädlich ansieht, dass Ausgangspunkt der von der Klägerin erbrachten Supervisionsleistungen die Reflexion des eigenen Handelns ist, da dies Teil der von der Klägerin vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten ist. Das durch den Einsatz der Klägerin intendierte Ziel des Erlernens von Kompetenzen ergibt sich aus Sicht des Senats bereits aus der Tatsache, dass die Sitzungen der Klägerin – nahezu ausschließlich – in Gruppen durchgeführt werden, was zur Folge hat, dass das individuelle Problem eines Gruppenmitglieds abstrakt durch sämtliche Mitglieder besprochen und damit für den – gemeinsamen – Gruppenlernerfolg fruchtbar gemacht wird. Denn die bloß individuelle Beratung eines Gruppenmitglieds wäre für die übrigen Gruppenmitglieder, anders als das gemeinschaftliche Erarbeiten und daraus folgend das Erlernen von beruflich nutzbaren Kompetenzen, von nur begrenztem Nutzen und Interesse. Entsprechend haben einzelne Auftraggeber der Klägerin dargelegt, dass sie eine direkte Verbesserung der beruflichen Tätigkeit ihrer Mitarbeiter in Bezug auf die Arbeit mit ihren Klienten durch die Leistungen der Klägerin erwarteten „Vertrag über die Erteilung von Supervision” mit der … vom , Bl. 11ff. des Sonderhefters mit der Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom ; Übersicht über das „Projekt: …” der Stadt Q, Bl. 77f. des Sonderhefters mit der Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom und Stellungnahme des … vom , Bl. 34 d.GA.). Die Tatsache, dass die von der Klägerin jeweils erbrachten Leistungen von den konkreten Fragestellungen aus dem beruflichen Alltag der Teilnehmer der Supervisionseinheiten abhängen, die zudem alle Mitarbeiter des gleichen Arbeitgebers sind (zur Homogenität der Teilnehmergruppe als Indiz für die Berufsbezogenheit vgl. , BFHE 223, 1, BStBl II 2009, 108 zum Werbungskostenabzug für Seminare zur Persönlichkeitsentfaltung), hat zur Folge, dass die von der Klägerin vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten immer auf die berufliche Tätigkeit aller Teilnehmer einer jeweiligen Sitzung bezogen sind. Im Hinblick auf diese zur Überzeugung des erkennenden Senats feststehende konkrete Anknüpfung der Supervisionssitzungen an konkrete beruflich bereits eingetretene oder jedenfalls potentiell anstehende Problem- und Fragestellungen der Teilnehmer hält es der Senat für ausgeschlossen, in den Leistungen der Klägerin eine Veranstaltung mit bloßem Freizeitcharakter für die Teilnehmer an den Supervisionseinheiten oder aber als Schulungsgegenstand lediglich die allgemeine Persönlichkeitsentwicklung o.ä. zu erkennen. Aus Sicht des erkennenden Senats spricht hierfür auch die Tatsache, dass Auftraggeber der Klägerin nicht die Teilnehmer der durch sie durchgeführten Veranstaltungen selbst, sondern vielmehr deren Arbeitgeber waren. Dabei geht der Senat davon aus, dass Letztere die Kosten der Klägerin nur zu tragen bereit gewesen sind, weil sie sich von deren Leistungen – vor allem – einen Mehrwert für die berufliche Tätigkeit ihrer Mitarbeiter versprachen.

Auch Anhaltspunkte dafür, dass die Leistungen der Klägerin weniger auf die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten abzielte, sondern eine therapeutische Wirkung auf die Teilnehmer (vgl. hierzu auch , BFHE 210, 188, BStBl II 2005, 675, wonach Supervisionsleistungen nicht nach § 4 Nr. 14 UStG als Heilbehandlung steuerbefreit ist) oder eine allgemeine, vom beruflichen Nutzen unabhängige Persönlichkeitsentwicklung bezwecke, liegen nach den Nachweisen der Klägerin über ihre Tätigkeiten – insbesondere die vorgelegten Sitzungsprotokolle – nicht vor. Zwar mag es sein, dass die Supervision als Methode auch in solchen Zusammenhängen Anwendung finden kann; im Streitfall ist dies jedoch nicht der Fall.

cc) Die Klägerin hat ihre Tätigkeit auch als „Privatlehrerin” im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL ausgeübt.

Anhand des Begriffs des „Privatlehrers” kann zwischen den Leistungen, die von den in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL genannten Einrichtungen erbracht werden, und den Leistungen im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL, die Lehrer für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung erbringen, unterschieden werden (, Haderer, Slg. 2007, I-4841, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2007, 806 für die – wortgleichen – Vorgängervorschriften aus Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG). Der Privatunterricht ist damit „privat” erteilt, wenn er auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung erfolgt (so auch , BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323). Dazu kann z. B. Privatunterricht gehören, bei dem zwischen dem konkreten Inhalt des Unterrichts und den Qualifikationen des Unterrichtenden grundsätzlich ein Zusammenhang besteht (, Haderer, Slg. 2007, I-4841, HFR 2007, 806). Der Unterrichtende muss lediglich bestimmte Mindestqualifikationen vorweisen; hierfür ist es nicht erforderlich, dass er ein Hochschulstudium absolviert oder die Befähigung zum Lehramt erworben hat (, EFG 2012, 560; , EFG 2012, 882; , juris). Die Tätigkeit als „Privatlehrer” wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Unterricht mehreren Personen gleichzeitig erteilt wird oder dass die der Unterrichtserteilung zugrunde liegende Vertragsbeteiligung zu einer anderen Person als dem Unterrichteten (im Streitfall den jeweiligen Arbeitgebern) besteht, denn die Zwischenschaltung Dritter (nur) auf Seiten des Leistungsempfängers durchschlägt nach der Rechtsprechung des EuGH nicht das Vorliegen einer unmittelbaren und umsatzsteuerbefreiten Leistungsbeziehung zwischen dem Leistenden – hier der Klägerin – und dem jeweiligen Vertragspartner – hier den Arbeitgebern der an den Veranstaltungen der Klägerin teilnehmenden Personen (, Haderer, Slg. 2007, I-4841, HFR 2007, 806). Der Ausschluss des Vergütungsanspruchs im Verhinderungsfall und bei Kurs-Ausfall spricht hingegen für eine als Privatlehrer ausgeübte Tätigkeit (, Haderer, Slg. 2007, I-4841, HFR 2007, 806; , BFHE 245, 391). Ausgeschlossen ist Privatunterricht hingegen, wenn er nicht vom Lehrer selbst angeboten wird. Die bloße Unternehmereigenschaft reicht also nicht aus (, Eulitz, BFH/NV 2010, 583; , BFHE 245, 391). Ebenfalls ist es schädlich, dass der Auftraggeber die Leistung des Unterrichtenden dazu verwendet, als eigenständige Bildungseinrichtung entgeltliche Unterrichtsleistungen zu erbringen. Hiernach hat die Klägerin die streitbefangenen Supervisions- und Lehrsupervisionsleistungen als Privatlehrerin, nämlich auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung, erbracht. Dafür, dass die Auftraggeber der Klägerin durch die streitgegenständlichen Supervisionsleistungen selbst in eine unmittelbare Leistungsbeziehung mit ihren Arbeitnehmern haben treten wollen, sind aus Sicht des erkennenden Senats keine Anhaltspunkte ersichtlich. Zweifel an der erforderlichen Qualifikation der Klägerin bestehen nicht und wurden auch vom Beklagten nicht vorgebracht. Eine schädliche Leistungserbringung durch eine andere Person als die Klägerin oder eine Verwendung ihrer Leistungen durch die Auftraggeber zur eigenen entgeltlichen Unterrichtserbringung ist in den Streitjahren hiernach nicht erfolgt.

dd) Der erkennende Senat kann im vorliegenden Fall dahinstehen lassen, ob es – entsprechend der 4. Vorlagefrage des BFH an den , BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017, das Vorabentscheidungsverfahren ist beim EuGH unter dem Az. C-449/17 anhängig) – mit der in der Überschrift des Kapitel 2 MwStSystRL zum Ausdruck kommenden Zielsetzung der „Steuerbefreiung für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten” in Einklang steht, dass nach Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe j MwStSystRL jegliche Aus- und Fortbildung befreit ist, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hat und die von Unterrichtenden erteilt wird, die für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln (so , BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017, Rz. 51). Denn die streitgegenständlichen Leistungen der Klägerin stellen nach Auffassung des Senats jedenfalls „dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten” im Sinne von Artikel 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL dar. Dabei kann aus Sicht des erkennenden Senats dahinstehen, ob nicht allein schon die Nennung der „unterrichtenden Tätigkeit” in Artikel 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL ausreicht, um sämtlichen unterrichtenden Tätigkeiten den Charakter als dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten beizumessen, da im vorliegenden Fall auch der Inhalt der durch die Klägerin geleiteten Veranstaltungen das Gemeinwohl betrifft und dieses zu fördern geeignet ist. Denn die Klägerin erbringt die streitgegenständlichen Supervisionsleistungen im Kontext pflegender, betreuender und erziehender Dienstleistungen und damit in Bereichen, die ausweislich ihrer ausdrücklichen Nennung in Artikel 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwStSystRL „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen”, „eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen” und „Erziehung von Kindern und Jugendlichen”) durch die MwStSystRL bereits dem Grunde nach als dem Gemeinwohl dienend angesehen werden.

2. Die Klägerin hat auch in dem dem Streitjahr vorangehenden Jahr 2013 die nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG relevante Umsatzgrenze von 17.500,00 EUR nicht überschritten. Dabei kann aus Sicht des erkennenden Senats dahinstehen, wie die in 2013 durch die Klägerin vereinnahmten Entgelte für ihre Lehrtätigkeit an der … Hochschule in Q in Höhe von (brutto) 2.928,00 EUR umsatzsteuerlich zu behandeln sind. Denn die Klägerin hat in 2013 nach Ansicht des erkennenden Senats keine weiteren, den Gesamtumsatz im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG erhöhenden, steuerpflichtigen Umsätze erzielt, da die durch sie in 2013 erzielten Umsätze aus den von ihr erbrachten Supervisionsleistungen gemäß den Ausführungen unter I.1.b) nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL umsatzsteuerbefreit sind und aus diesem Grund die Gesamtumsätze im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht erhöhen (hierzu bereits unter I.1.a)).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Voraussetzungen für eine Kostentragung der Klägerin in Anwendung der Ausnahme- und Ermessensvorschriften des § 137 Sätze 1 oder 2 FGO liegen – entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten – nicht vor. Zu den Voraussetzungen dieser Vorschriften gehört, dass dem Obsiegenden ein vorwerfbares, d.h. schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt werden kann (vgl. z.B. , BFH/NV 1999, 460; vom X R 22/07, BFH/NV 2010, 208; , BFH/NV 2015, 998). Der Klägerin ist kein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen, welches trotz ihres Obsiegens Anlass sein könnte, ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Denn den Steuerakten des Beklagten ist nicht zu entnehmen und es ist dem erkennenden Senat auch sonst nicht ersichtlich, dass die Klägerin – insbesondere im Rahmen der bei ihr auch für das Streitjahr durchgeführten Betriebsprüfung – ihren Mitwirkungspflichten nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße nachgekommen wäre. Insbesondere belegt ein in der Betriebsprüfungshandakte befindlicher handschriftlicher Vermerk über eine am bei der Klägerin durchgeführte Betriebsbesichtigung, dass die Klägerin bereits im Rahmen der Betriebsprüfung vorgetragen hat, „Teambesprechungen” – also Gruppensitzungen – durchzuführen.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

IV. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:FGMS:2019:0312.15K1768.17U.00

Fundstelle(n):
EFG 2019 S. 936 Nr. 11
IStR 2022 S. 214 Nr. 6
DAAAH-13198