Umsatzsteuerpflichtige, zur Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führende Entnahme der auf dem Ehegatten als Miteigentümern gehörenden Wohngrundstück befindlichen Werkstatträume bei Einbringung des bisherigen Einzelunternehmens des Ehemanns in eine GmbH, unentgeltlicher Überlassung der Werkstatträume an eine Ehegatten-GbR und anschließender umsatzsteuerpflichtiger Vermietung
Leitsatz
1. Bringt der Unternehmer sein Einzelunternehmen ohne eine umsatzsteuerlich durch Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs dem Unternehmensvermögen zugeordnete Werkstatt, die sich auf einem ihm zusammen mit seiner Frau als hälftigen Miteigentümern gehörenden Wohngrundstück befindet, in eine GmbH ein und überlässt er die Werkstatträumlichkeiten ab der Einbringung seines Unternehmens unentgeltlich einer aus ihm und seiner Ehefrau im Umfang der Miteigentumsanteile gebildeten GbR, die nunmehr die Werkstatträume unter Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung steuerpflichtig an die GmbH vermietet, so endet die Unternehmereigenschaft des Klägers als Einzelunternehmer mit der „Überführung” der Werkstatträume auf die GbR und der Einbringung des Einzelunternehmens.
2. Es liegt hinsichtlich der Werkstatträume keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen, sondern eine nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie, zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG führende Entnahme i. S. d. § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG der Werkstatträume vor, denn die Beendigung der Unternehmereigenschaft hat zur Folge, dass die dem Unternehmen zugeordneten Gegenstände aus diesem Unternehmen für Zwecke entnommen werden, die außerhalb des Unternehmens liegen.
Gesetze: UStG § 1 Abs. 1a S. 1, UStG § 1 Abs. 1a S. 2, UStG § 15a Abs. 1 S. 1, UStG § 15a Abs. 1 S. 2, UStG § 15a Abs. 8 S. 1, UStG § 15a Abs. 9, UStG § 15a Abs. 10 S. 1, UStG § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1, UStG § 9 Abs. 1, UStG § 4 Nr. 12 Buchst. a, UStG § 4 Nr. 9 Buchst. a, UStDV § 44 Abs. 2, UStDV § 44 Abs. 3 S. 2
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig
Tatbestand
Streitig ist die Berichtigung eines Vorsteuerabzugs im Jahr 2012 (Streitjahr).
1. Der Kläger war zunächst Einzelunternehmer unter der Firma Kl Werkzeuge e.K. (Handelsregister des Amtsgerichts –AG– X, HRA xxx). Das Einzelunternehmen wurde zum in eine K Werkzeuge GmbH (nachfolgend: GmbH, Amtsgericht –AG– X, HRB xxx, Gesellschaftsvertrag vom , Gerichtsakte zu 1 V 2532/17, Bl. 63 ff.) mit Sitz in Y eingebracht (vgl. Einbringungsvertrag, Gerichtsakte zu 1 V 2532/17, Bl. 94 ff.). Von den Geschäftsanteilen der GmbH hat der Kläger 75% übernommen, seine Tochter, L M, geb. K, 25%. Beide Gesellschafter sind als Geschäftsführer jeweils einzelvertretungsberechtigt. Gegenstand des Unternehmens der GmbH ist –wie der des bisherigen Einzelunternehmens– der Vertrieb von Werkzeugen und Messmitteln, Transportgeräten, Lager- und Betriebseinrichtungen sowie die Entwicklung von Werkzeugen und begleitenden Dienstleistungen.
Der Kläger und seine Ehefrau sind zu je 50% Miteigentümer des Grundstücks … straße x, Z. Auf diesem Grundstück wurde vom Kläger ein Gebäude mit einer Gesamtfläche von 270,76 m² errichtet. Das Gebäude besteht aus einer Wohnung mit einer Grundfläche von 196,42 m (d.h. 72,54% der Nutzfläche) und einer Werkstatt mit einer Grundfläche von 74,34 m² (d.h. 27,46% der Nutzfläche). Die Werkstatt diente zunächst als Lager, für die Entwicklung und Nachbearbeitung von Werkzeugen und zu Vorführzwecken bestimmter Vorrichtungen für sein Einzelunternehmen. Aus den Rechnungen für die gesamten Herstellungskosten des Gebäudes machte der Kläger einen Vorsteuerabzug i.H. von 27,46%, d.h. von insgesamt 27.612 Euro, geltend. Die Werkstatt wurde nicht in die GmbH eingebracht, sondern zurückbehalten (§ 1 Buchst. b des Einbringungsvertrages, Gerichtsakte zu 1 V 2532/17, Bl. 95).
Seit vermietet eine aus dem Kl und seiner Ehefrau bestehenden GbR (nachfolgend: GbR) –an der beide zu je 50% beteiligt sind– die Werkstatt an die GmbH. Die Nettomiete beträgt monatlich 1.000 Euro. Die GbR verzichtete auf die Umsatzsteuerbefreiung (Mietvertrag, Handakte USt Ap).
Mit Schreiben vom teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass die Werkstatt am in das Betriebsvermögen der GbR „überführt” worden sei (USt-Handakte, Lasche Gebäude … straße x, Z). Eine zivilrechtliche Übertragung auf die GbR habe nicht stattgefunden.
2. Aufgrund einer Umsatzsteuer-Nachschau am (vgl. USt-Akte, Bl. 2 f. und Schreiben vom , S. 1 f., Gerichtsakte zu 1 V 2532/17, Bl. 8 f.) stellte der Beklagte fest, dass eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen sei, denn bei der „Übertragung” der Werkstatt vom Kläger auf die GbR handele es sich nicht um eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung eines Unternehmens oder eines in der Gliederung gesondert geführten Betriebs im Ganzen nach § 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Voraussetzung dafür sei nämlich, dass die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten zumindest hinreichend ähnlich seien. Im Sachverhalt liege jedoch vor der Übertragung eine eigenunternehmerische Nutzung und nach der Übertragung eine Nutzung der Werkstatt zu Vermietungszwecken vor. Da es sich bei der „Übertragung” der Werkstatt somit weder um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen noch um eine Lieferung eines auf fremdem Boden errichteten Gebäudes nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit handele, liege eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG vor, die steuerbefreit sei. Auf die Steuerbefreiung könne nicht verzichtet werden.
Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs sei nach § 15a Abs. 8 UStG durchzuführen. Der Berichtigungszeitraum beginne am und ende am . Die Vorsteuerberichtigung für das Kalenderjahr der unentgeltlichen Wertabgabe und die Berichtigung für die noch folgenden Kalenderjahre des Berichtigungszeitraums seien nach § 15a Abs. 8 und 9 UStG, § 44 Abs. 3 Satz 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) gleichzeitig im Besteuerungszeitraum 2012 vorzunehmen.
Der Berichtigungsbetrag würde sich –ausgehend von einem Vorsteuerabzug i.H. von insgesamt 27.612 Euro– wie folgt errechnen (Schreiben vom , Gerichtsakte zu 1 V 2532/17, Bl. 9; USt-Handakte, Bl. 7):
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zu berichtigender Betrag für | mit |
– 2013 | 2.761,20 Euro |
– 2014 | 2.761,20 Euro |
– 2015 | 2.761,20 Euro |
– 2016 | 2.761,20 Euro |
– 2017 | 2.761,20 Euro |
– 2018 | 2.761,20 Euro |
– 2019 | 2.070,90 Euro |
insgesamt | 18.638,10 Euro |
Dabei hatte der Beklagte den Betrag für das Kalenderjahr 2019 mit drei Vierteln des Betrags errechnet, der für ein Kalenderjahr zu berichtigen wäre. Weiter ging er davon aus, dass der Vorsteuerabzug, der –zeitanteilig– für den Dezember des Streitjahres grundsätzlich vorzunehmen wäre (= 1/12 oder 8,33 % aus 27.612,00 Euro oder im Ergebnis 230,10 Euro), gemäß § 44 Abs. 2 UStDV entfällt.
3. Den zu berichtigenden Betrag von 18.638,10 Euro berücksichtigte der Beklagte sodann im Umsatzsatzsteuerbescheid für das Streitjahr vom (Gerichtsakte zu 1 V 2532/17, Bl. 5 und Bl. 61).
4. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom Einspruch ein. Der Einspruch wurde vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurückgewiesen (Gerichtsakte zu 1 V 2532/17, Bl. 7 ff.).
5. Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die Umsatzsteuer für das Kalenderjahr 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom zu ändern und dabei die Umsatzsteuer um 18.638,10 Euro zu mindern.
6. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt der Kläger aus, dass der Beklagte zu Unrecht von einer Entnahme aus dem Unternehmensvermögen ausgehe. Die an das Wohnhaus angrenzende Werkstatt sei durchgehend unternehmerisch genutzt worden, zunächst eigenbetrieblich durch den Kläger, anschließend durch die Eheleute im Rahmen einer Vermietung mit Option zur Umsatzsteuer. Aus diesem Grund bestehe kein Raum für eine Vorsteuerberichtigung.
Es liege eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, da die Räumlichkeiten als wesentliche Betriebsgrundlage durch eine langfristige angelegte Vermietung weiterhin dauerhaft dem Unternehmen dienten.
Der Beklagte verweist dem widersprechend auf seine bisherigen Ausführungen.
Mit Beschluss vom wurde vom Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) im Verfahren mit dem Aktenzeichen 1 V 2532/17 abgelehnt. Die Akten dieses Verfahrens wurden beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Unterlagen sowie auf die Behördenakten (USt-, ESt-, Ap-, Einheitswert- und Bilanzakte) und die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Umsatzsteuerbescheid für 2012 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs i.H. von 18.638,10 Euro erfolgte zu Recht.
1. Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG). Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile, bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden tritt an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein Zeitraum von zehn Jahren (§ 15a Abs. 1 Satz 2 UStG). Bei der Berichtigung ist für jedes Kalenderjahr der Änderung in den Fällen des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG von einem Fünftel und in den Fällen des § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG von einem Zehntel der auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuerbeträge auszugehen.
Eine Änderung der Verhältnisse liegt nach § 15a Abs. 8 Satz 1 UStG vor, wenn das noch verwendungsfähige Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet wird, vor Ablauf des maßgeblichen Berichtigungszeitraums veräußert oder nach § 3 Abs. 1b UStG geliefert wird und dieser Umsatz anders zu beurteilen ist als die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung. Diese Berichtigung ist so vorzunehmen, als wäre das Wirtschaftsgut in der Zeit von der Veräußerung oder Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 1b UStG bis zum Ablauf des maßgeblichen Berichtigungszeitraums unter entsprechend geänderten Verhältnissen weiterhin für das Unternehmen verwendet worden (§ 15a Abs. 9 UStG).
a) Die Werkstatt wurde durch die „Überführung in das Betriebsvermögen der GbR” zum i.S.v. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG geliefert.
Einer Lieferung ist nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, gleichgestellt. Eine Entnahme eines Gegenstands aus dem Unternehmen liegt allerdings nur dann vor, wenn der Vorgang bei entsprechender Ausführung an einen Dritten als Lieferung anzusehen wäre. Ein Vorgang, der Dritten gegenüber als sonstige Leistung zu beurteilen wäre, erfüllt die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG nicht, kann aber nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG steuerbar sein (Leonard in Bunjes, UStG, 16. Auflage, 2017, § 3 Rn. 144).
Der Kläger hat ausgeführt, dass die Werkstatt im Streitjahr in die GbR überführt worden sei, wobei es sich hierbei um eine „entgeltliche Überlassung” handele. Eine Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums auf die GbR habe jedenfalls nicht stattgefunden. Das Grundstück stehe weiterhin im jeweils hälftigen Miteigentum des Klägers und seiner Ehefrau. Vor diesem Hintergrund wäre der Vorgang bei Ausführung an einen Dritten an sich keine Lieferung, da der GbR keine Verfügungsmacht über die Werkstatt verschafft wurde (§ 3 Abs. 1 UStG).
Vorliegend endete jedoch die Unternehmereigenschaft des Klägers mit der „Überführung” der Werkstatt und der Einbringung des Einzelunternehmens spätestens zum . Die spätere Überlassung der Werkstatt an die GbR stellt mangels Einnahmenerzielungsabsicht nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG keine unternehmerische Tätigkeit dar, denn die GbR nutzte die Werkstatt für ihre Vermietungszwecke, ohne selbst ein Entgelt i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 UStG zu entrichten.
Ein entgeltliches Rechtsverhältnis setzt voraus, dass zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger eine Rechtsbeziehung besteht, die einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist (, BStBl II 2013, 937 und vom V R 60/05, BStBl II 2009, 486). Zwischen dem Kläger und der GbR war aber kein solches, entgeltliches Rechtsverhältnis vereinbart, da die Überlassung nicht entsprechend des Umfangs der Leistung abgegolten wurde (vgl. , BFH/NV 2015, 1442 Rn. 5). Die bloße Beteiligung an der unternehmerisch tätigen GbR als Gesellschafter begründet dagegen nicht die Unternehmereigenschaft des Klägers und seiner Ehefrau. Die Vermietungsleistungen werden im Streitfall nur von der GbR als Unternehmerin i.S. des § 2 Abs. 1 UStG ausgeführt. Ihre Tätigkeit wird umsatzsteuerrechtlich allerdings nicht ihren Gesellschaftern zugerechnet (, BFHE 156, 535, BStBl II 1989, 580; , rkr., Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht –MwStR– 2018, 488).
Soweit der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom (Gerichtsakte zu 1 V 2532/17, Bl. 124 ff.) Kontoauszüge als Beleg für eine entgeltliche Überlassung vorlegt, ergibt sich daraus nichts anderes. Die Zins- und Tilgungsleistungen hinsichtlich des Gebäudes wurden nämlich von den Eheleuten als Miteigentümern von ihrem gemeinsamen Konto bei der Bank I geleistet. Dies stellt kein Entgelt der GbR dar.
Die unternehmerischen Tätigkeiten der GmbH und der GbR können dem Kläger auch nicht kraft einer Organschaft i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG zugerechnet werden, denn Tatbestandsvoraussetzung dafür ist „ein Unternehmen des Organträgers”. Die Unternehmereigenschaft des Organträgers gehört danach zu den Voraussetzungen, nicht zu den Rechtsfolgen der Organschaft (, BStBl II 2017, 560 Rn. 19). Eine unternehmerische Tätigkeit des Klägers liegt aber –wie eben ausgeführt– durch die unentgeltliche Überlassung der Werkstatt an die GbR nicht vor.
Zudem kann eine Personengesellschaft (hier die GbR) nur dann einer juristischen Person bei Anwendung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG gleichgestellt werden, wenn zu den Gesellschaftern der Personengesellschaft nur der Organträger und die seinem Unternehmen finanziell eingegliederten Personen gehören (, BStBl II 2017, 547 Rn. 36). Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, denn der Kläger und seine Ehefrau sind jeweils hälftig an der GbR beteiligt.
Darüber hinaus wäre die GmbH zwar finanziell und organisatorisch, nicht jedoch wirtschaftlich eingegliedert. Obwohl der Kläger die Werkstatt nicht unmittelbar überlässt, kann sich eine wirtschaftliche Eingliederung zwar aus einer Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen verschiedener Organgesellschaften ergeben (, BStBl II 2010, 863 Rn. 47 ff.). Mangels Organschaft zwischen dem Kläger und der GbR ist jedoch die letztgenannte gerade keine Organgesellschaft; deren entgeltliche Überlassung der Werkstatt kann daher nicht zu einer wirtschaftlichen Eingliederung der GmbH führen.
Durch die unentgeltliche Überlassung an die GbR endete damit die Unternehmereigenschaft des Klägers. Dies führt zu einer Entnahme i.S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, denn die Beendigung der Unternehmereigenschaft hat zur Folge, dass die dem Unternehmen zugeordneten Gegenstände aus diesem Unternehmen für Zwecke entnommen werden, die außerhalb des Unternehmens liegen (, BStBl II 2014, 1029 Rn. 17 ff.).
b) Entgegen den Ausführungen des Bevollmächtigten sind hinsichtlich der Werkstatt nicht die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 15a Abs. 10 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1a UStG erfüllt, so dass ein Umsatz i.S.v. § 15a Abs. 8 UStG gegeben ist.
Eine Geschäftsveräußerung liegt nach § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird.
aa) Zwar handelt es sich bei der Einbringung von Unternehmensvermögen in die GmbH um eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen.
Der Unternehmer muss nämlich nicht das gesamte (bisherige) Unternehmensvermögen einbringen, so dass eine Geschäftsveräußerung auch vorliegen kann, wenn der Einbringende –oder auf seine Veranlassung eine andere Person (hier die GbR)– einzelne Wirtschaftsgüter seines Unternehmensvermögens an den Erwerber vermietet oder verpachtet. Die Dauer des Mietvertrags und damit der Nutzungsüberlassung ist dabei nur insoweit zu berücksichtigen, als sich hieraus –was vorliegend aufgrund der unbefristeten Überlassung nicht der Fall ist– ein Hindernis für die dauerhafte Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit ergibt (, BStBl II 2017, 563 Rn. 16 ff.).
bb) Unabhängig davon, ist aber die hier streitentscheidende und getrennt zu beurteilende „Überführung” der Werkstatt in die GbR keine Geschäftsveräußerung im Ganzen.
Werden –wie vorliegend– hinsichtlich der GbR nämlich gar keine Gegenstände des (bisherigen) Einzelunternehmens übereignet oder eingebracht, fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG. Eine bloße „Überführung” in Form einer Überlassung genügt nicht (, BStBl II 2014, 1029 Rn. 21).
Zudem setzt eine Geschäftsveräußerung eine Unternehmensfortführung beim Erwerber voraus (, BStBl II 2017, 563 Rn. 15 und Rn. 23).
Im Streitfall hat aber die GbR –selbst wenn ihr die Werkstatt übertragen worden wäre– diese nicht wie bisher zum Vertrieb von Werkzeugen und Messmittel sowie deren Entwicklung verwendet, sondern an die GmbH vermietet. Die vor und nach der –unterstellten– Übertragung ausgeübten Tätigkeiten stimmen weder überein noch sind sie sich hinreichend ähnlich.
Schließlich ergibt sich eine Übertragung oder Einbringung i.S.v. § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG auch nicht aus einer Gesamtbetrachtung von GmbH und GbR als einem Erwerber unter dem Gesichtspunkt einer zwischen beiden Gesellschaften bestehenden Organschaft. Eine finanzielle Eingliederung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG setzt sowohl bei einer Kapitalgesellschaft als auch bei einer Personengesellschaft als Organträger eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung der Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft an der Organgesellschaft voraus (, BStBl II 2011, 600). Diese ist im Streitfall nicht gegeben, so dass eine Organschaft auch insoweit ausscheidet.
Soweit sich der Bevollmächtigte auf das (BStBl II 2004, 662) beruft, ergibt sich daraus nichts Abweichendes, denn im Urteilsfall übertrug der dortige Kläger sein bisheriges Einzelunternehmen auf eine GbR. Das Geschäftsgrundstück wurde zurückbehalten und entgeltlich an die GbR überlassen, so dass der BFH eine Geschäftsveräußerung im Ganzen annahm. Vorliegend wurde jedoch das Einzelunternehmen in die GmbH eingebracht und die Werkstatt lediglich der GbR (als selbständigem Umsatzsteuersubjekt) unentgeltlich überlassen. Diese Sachverhalte sind nicht vergleichbar.
Soweit der Kläger durch Verweis auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) – Polski Trawertyn vom C-280/10, ABl EU 2012, Nr C 118, 2 eine für ihn günstige Rechtsfolge ableitet, ist festzustellen, dass diese Entscheidung den Vorsteuerabzug für Investitionskosten, die vor der Gründung und Eintragung einer Gesellschaft von den Gesellschaftern für die Zwecke und im Hinblick auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft getragen wurden, betrifft. Dies ist vorliegend nicht streitgegenständlich. Es geht vielmehr um die Frage, ob der unstreitig zu Recht vorgenommene Vorsteuerabzug bei einer späteren Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit zu berichtigen ist.
c) Die Entnahme nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG ist nach § 4 Nr. 9a UStG umsatzsteuerbefreit. Ein Verzicht auf diese Steuerbefreiung nach § 9 UStG ist nicht möglich (, BStBl II 1987, 44; vgl. Leipold in Sölch/Ringleb, UStG, Stand Oktober 2017, § 4 Nr. 9 Rn. 38), so dass im Dezember 2012 eine Änderung der Verhältnisse i.S.v. § 15a Abs. 1 und Abs. 8 Satz 1 UStG eintrat. Während die beabsichtigte Verwendung der Werkstatt im Zeitpunkt des Leistungsbezugs umsatzsteuerpflichtige Umsätze vorsah, fand im Dezember 2012 eine umsatzsteuerbefreite unentgeltliche Wertabgabe i.S.v. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG statt.
Der sich daraus ergebende Berichtigungsbetrag wurde vom Beklagten –soweit er sich auf die Jahre 2013 bis 2019 bezieht– gemäß § 15a Abs. 9 UStG i.V.m. § 44 Abs. 3 Satz 2 UStDV zutreffend berechnet. Der Senat kann es hingegen aufgrund des Verböserungsverbots offenlassen, ob der Beklagte den Berichtigungsbetrag für das Streitjahr i.H. von 230,10 Euro zu Recht unter Anwendung von § 44 Abs. 2 UStDV nicht geltend gemacht hat (vgl. , BFH/NV 1998, 961 Rn. 19; Ratschow in Gräber, FGO, 8. Aufl., 2015, § 96 Rn. 51 f.).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstelle(n):
GStB 2019 S. 145 Nr. 4
DAAAH-03157