1%-Regelung bei privater Pkw-Nutzung: keine Geringfügigkeitsgrenze - keine Geltung der 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 ff. EStG im Umsatzsteuerrecht
Leitsatz
1. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 ff. EStG sieht keine Geringfügigkeitsgrenze vor. Eine solche ist auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht erforderlich. Möchte der Steuerpflichtige die 1%-Regelung umgehen, muss er ein Fahrtenbuch führen.
2. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 ff. EStG gilt nicht im Umsatzsteuerrecht. Es wird dem Steuerpflichtigen lediglich ein Wahlrecht eingeräumt, diese Vorschrift auch bei der Umsatzsteuer anzuwenden. Macht der Unternehmer umsatzsteuerlich von der 1%-Regelung keinen Gebrauch oder werden die pauschalen Wertansätze durch die sog. Kostendeckelung auf die nachgewiesenen tatsächlichen Kosten begrenzt und liegen die Voraussetzungen der sog. Fahrtenbuchregelung nicht vor, ist der private Nutzungsanteil für Umsatzsteuerzwecke anhand geeigneter Unterlagen im Wege einer sachgerechten Schätzung zu ermitteln. Fehlen geeignete Unterlagen für die Schätzung, ist der private Nutzungsanteil mit mindestens 50 % zu schätzen, soweit sich aus den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles nichts Gegenteiliges ergibt; aus den Gesamtaufwendungen sind die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten in der belegmäßig nachgewiesenen Höhe auszuscheiden.
Gesetze: EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 ff., FGO § 69
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns 2015 und den Umsatzsteuerbescheid 2015. Insbesondere streiten die Beteiligten darüber, ob bzw. in welcher Höhe ein Nutzungsanteil für die private Pkw-Nutzung zu berücksichtigen ist.
Der Antragsteller ist selbständiger Steuerberater. Er wohnt in A. Ihm gehört dort ein altes Landhaus. Im Februar 2015 verlegte er seine berufliche Tätigkeit nach Hamburg in den Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners. Neben den Mandaten, die der Antragsteller durch einen Kanzleikauf erhalten hat, betreut er ca. 100 Mandate in A und weitere in anderen Städten.
Die Erklärung zur gesonderten Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung reichte der Antragsteller am ein. U.a. erklärte er Kfz-Kosten in Höhe von 1.386,92 € und 5.867,01 € und AfA in Höhe von 5.943 € (insgesamt 13.196,93 €). Einen Anteil für private Nutzung des Pkw erklärte er nicht.
Der Antragsgegner bat den Antragsteller durch Schreiben vom insbesondere um die Ermittlung der Kfz-Kosten und Angaben zu möglichen Kfz-Privatanteilen. An die Beantwortung der Fragen erinnerte der Antragsgegner durch Schreiben vom .
Der Antragsteller teilte durch Schreiben vom mit, dass er die Kfz-Kosten nach tatsächlichen Kosten ermittelt habe und versehentlich die Berücksichtigung eines 5%igen Anteils für Privatfahrten unterlassen habe. Er bat um Erhöhung der Betriebseinnahmen um 659,85 € und der Umsatzsteuer um 112,20 €. Mit Schreiben vom teilte der Antragsteller mit, dass er zwischen 45.000 und 50.000 Kilometer jährlich fahre und seine privat getätigten Fahrten nicht ins Gewicht fallen würden. Er vertrat die Ansicht, eine "berufsbedingte" Erleichterung beim Führen des Fahrtenbuches zu haben.
Mit Bescheid vom über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellte der Antragsgegner Einkünfte des Antragstellers in Höhe von 53.474,62 € fest. Er wich von der Erklärung des Antragstellers ab und setzte im Rahmen der 1%-Regelung einen Privatanteil in Höhe von 5.088 € an. Dabei ging der Antragsgegner von einem Wert des Pkw in Höhe von 35.648,74 € aus. Dieser Wert ergab sich aus der Übersicht des Antragstellers über die Entwicklung des Anlagevermögens. Umsatzsteuer ermittelte der Antragsgegner in Höhe von 773,30 € (19 %). Dabei ging er von 80 % von 5.088 € aus. Außerdem berücksichtigte der Antragsgegner noch Wege für Familienheimfahrten und Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte. Insgesamt erfolgte eine Gewinnkorrektur für die private Nutzung des Kfz in Höhe von 8.786,20 €. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Anlage zum Bescheid verwiesen.
Am selben Tag erging der Umsatzsteuerbescheid 2015.
Der Antragsteller legte am Einspruch ein gegen den Bescheid vom über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, den Umsatzsteuerbescheid und den Bescheid über die Zinsen zur Umsatzsteuer. Zur Begründung führte er an, dass die 1%-Regelung zu Unrecht angewandt worden sei, da die privat zurückgelegten Kilometer unterhalb von 10 % liegen würden. Er beantragte die entsprechende Aussetzung der Vollziehung (AdV). Bezüglich der Zinsen zur Umsatzsteuer beantragte er das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des BFH (I R 77/15) und des FG Münster (10 K 2472/16).
Der Antragsgegner lehnte den AdV-Antrag am ab.
Im Rahmen des weiteren Schriftverkehrs teilte der Antragsteller mit Schreiben vom mit, dass er seine gefahrenen Gesamtkilometer korrigieren müsse, weil es nur rund 32.000 Kilometer gewesen seien. In diesem Zusammenhang legte er zwei Erklärungen vor. Ein Mandant bescheinigte, dass der Antragsteller in 2015 46 Fahrten zu ihm nach B durchgeführt habe. Ein Mitarbeiter bescheinigte dem Antragsteller, dass er sich an sechs Freitagen und sieben Samstagen mit dem Antragsteller getroffen habe.
Mit Einspruchsentscheidung vom half der Antragsgegner insbesondere bezüglich der Familienheimfahrten und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ab. Bezüglich der Anwendung der 1%-Regelung wies er den Einspruch als unbegründet ab. Die Einspruchsentscheidung enthält im Rubrum den Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns 2015, den Umsatzsteuerbescheid 2015, jeweils vom und die Bescheide, durch die AdV abgelehnt wurde. Der Zinsbescheid wurde nicht in der Einspruchsentscheidung erwähnt.
Hiergegen hat der Antragsteller am Klage erhoben und einen gerichtlichen AdV-Antrag gestellt.
Mit Bescheid vom gewährte der Antragsgegner bezüglich der Zinsen zur Umsatzsteuer AdV.
Zur Begründung seines AdV-Antrags trägt der Antragsteller vor, dass es rechtswidrig sei, die 1%-Regelung dann anzuwenden, wenn nur eine geringste Privatnutzung vorliege. Die von ihm, dem Antragsteller, bereits im Rechtsbehelfsverfahren vorgelegten Nachweise bezüglich seiner beruflichen Fahrten würden einem Fahrtenbuch entsprechen.
Er, der Antragsteller, sei insgesamt in 2015 36.790 Kilometer gefahren. Dies ergebe sich aus den im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Wartungsrechnungen. Diese Fahrleistung entfalle weit überwiegend auf Fahrten vom Wohnort Hamburg zu dem Mandanten in C und den beiden freien Mitarbeitern des Antragstellers, die in dieser Region die Mandate des Antragstellers betreuten.
Zu Beginn des Besteuerungszeitraums habe er, der Antragsteller, sich in der Phase der Existenzgründung befunden. Neben den Mandaten, die er durch den Praxiskauf in Hamburg übernommen habe, habe er sich auch um das Mandat bei einer mittelständischen ... bemüht, deren Zentrale ihren Sitz in B habe. Gerade in der Anfangsphase sei er, der Antragsteller, gezwungen gewesen, dort wöchentlich zu erscheinen und Gespräche mit der Geschäftsleitung und den Mitarbeitern zu führen. Bei 46 Fahrten habe sich eine Strecke für dieses Mandat in Höhe von insgesamt 24.518 Kilometer ergeben.
Außerdem sei er dreimal nach D gefahren. Dies seien insgesamt 1.704 Kilometer gewesen. Für Mandantenbesuche in E seien 1.204 Kilometer angefallen. Durch die Besprechungen mit seinen Mitarbeitern, die in A tätig seien, seien zusätzlich 4.169 Kilometer angefallen. Die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb haben sich insgesamt auf 4.842 Kilometer belaufen. Privatfahrten habe er lediglich i.H.v. 351 Kilometer durchgeführt.
Seine Aufstellung habe die Präzision eines Fahrtenbuches und müsse deshalb der Maßstab für die Ermittlung der betrieblich veranlassten Fahrten sein. Die Anwendung der 1%-Regelung sei zu verwerfen, weil sie für ihn zu einer erheblichen steuerlichen Belastung führe, obwohl er mit dem Fahrzeug so gut wie überhaupt nicht privat unterwegs gewesen sei. Sämtliche Aufwendungen für das Kfz seien ohnehin in der Buchhaltung erfasst. Die Besuche bei den Mandanten könnten von diesen bestätigt werden, soweit noch nicht geschehen. Nehme man den Terminkalender zur Hilfe und z.B. die Tankquittungen, lasse sich ein ebenso genauer Nachweis führen wie mit einem Fahrtenbuch
Abschließend weise er darauf hin, dass seine Freundin einen eigenen Pkw besitze und er, der Antragsteller, streng darauf achte, dass sein Fahrzeug nicht für private Fahrten genutzt werde.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Antragstellers vom verwiesen.
Hinsichtlich der Nachzahlungszinsen ergebe sich sein Anspruch auf AdV aus dem .
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Feststellungsbescheides über die gesonderte Feststellung des Gewinns 2015 und des Umsatzsteuerbescheid 2015, jeweils vom , in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom in der Höhe auszusetzen, als darin ein privater Nutzungsanteil bzw. eine unentgeltliche Wertabgabe für die Pkw-Nutzung berücksichtigt ist
die Vollziehung des Bescheides über die Zinsen zur Umsatzsteuer vom auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner vertritt die Ansicht, dass die 1%-Regelung zwingend anzuwenden sei, wenn eine private Nutzung vorliege und kein Fahrtenbuch geführt werde. Das Gesetz enthalte keine Geringfügigkeitsgrenze.
II.
Der Antrag ist hinsichtlich des Zinsbescheides unzulässig und soweit er den Feststellungsbescheid und den Umsatzsteuerbescheid betrifft unbegründet.
1. Der AdV-Antrag hinsichtlich des Zinsbescheides ist unzulässig.
Der gerichtliche AdV-Antrag war zwar gem. § 69 Abs. 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässig, weil der Antragsgegner den bei ihm gestellten AdV-Antrag am abgelehnt hat.
Gegen die Zulässigkeit spricht auch nicht, dass bisher keine Einspruchsentscheidung bezüglich des Zinsbescheides ergangen ist, denn das für den gerichtlichen AdV-Antrag erforderliche offene Hauptsacheverfahren kann auch das noch nicht abgeschlossene Rechtsbehelfsverfahren sein.
Aber der Antragsgegner hat am AdV gewährt. Damit hat sich der gerichtliche AdV-Antrag hinsichtlich des Zinsbescheides in der Hauptsache erledigt. Der Antragsteller hat seinen Antrag bei Gericht indes nicht umgestellt. Für seinen ursprünglich gestellten Antrag ist das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, so dass der Antrag unzulässig wurde.
2. Der Antrag ist unbegründet soweit er den Feststellungsbescheid und den Umsatzsteuerbescheid betrifft.
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO).
Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte sind weder vom Antragsteller vorgetragen worden noch ansonsten erkennbar. Eine AdV kommt deshalb nur bei Vorliegen von ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide in Betracht.
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Die AdV setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 120/10, BFH/NV 2011, 1549; vom IV B 126/07, BStBl II 2009, 156). Die Entscheidung über einen Antrag auf AdV ergeht wegen dessen Eilbedürftigkeit aufgrund des Prozessstoffs, der sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Akten der Finanzbehörde und präsenten Beweismittel ergibt (vgl. , BFH/NV 1995, 116).
Daran gemessen, bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Feststellungsbescheides 2015 und des Umsatzsteuerbescheides 2015. Selbst nach dem Vortrag des Antragstellers wären die Anträge nicht in vollem Umfang begründet, denn der Antragsteller bestreitet nicht, den Pkw auch privat genutzt zu haben.
a) Der Bescheid für 2015 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2ff EStG sind Entnahmen des Steuerpflichtigen mit dem Teilwert anzusetzen. Die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird, ist für jeden Kalendermonat mit 1 Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Die private Nutzung kann abweichend von Satz 2 mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.
Unstreitig ist, dass das Kfz überwiegend beruflich, aber auch privat genutzt wurde. Der vom Antragsteller behauptete Privatanteil variierte zwar im Laufe des Verfahrens. Er hat allerdings nie behauptet, dass er überhaupt nicht privat gefahren sei.
Der Antragsteller hat unstreitig kein Fahrtenbuch geführt. Es ist nicht ausreichend, dass es eventuell möglich wäre, alle erforderlichen Daten aus der Buchhaltung des Antragstellers heraussuchen zu können. Voraussetzung für ein Fahrtenbuch ist insbesondere, dass es zeitnah erstellt wird, so dass eine in 2018 nachträgliche Erstellung eines Fahrtenbuches für das Jahr 2015 nicht möglich ist.
Das Gesetz sieht keine Geringfügigkeitsgrenze vor. Eine solche ist auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht erforderlich (vgl. z.B. , EFG 2016, 1076). Der Antragsteller hätte ein Fahrtenbuch führen können. Dies gilt insbesondere, weil der Antragsteller nur relativ wenige, dafür aber relativ lange Fahrten durchgeführt hat. Der Antragsteller hat auch nicht dargelegt, wieso ihm das Führen eines Fahrtenbuchs nicht möglich gewesen sein soll. Nicht überzeugend ist die Argumentation des Antragstellers, dass ihm eine "berufsbedingte" Erleichterung als Steuerberater zustehen solle. Eine solche Differenzierung ist weder gesetzlich vorgesehen, noch wäre sie zulässig.
Die Höhe des ermittelten Listenpreises begegnet im summarischen Verfahren ebenfalls keinen Bedenken. Der Antragsgegner ist von den Werten des Antragstellers ausgegangen. Im Hauptsacheverfahren müsste der tatsächliche Listenpreis ggf. noch an Hand des Kaufvertrages ermittelt werden. Der Antragsteller hat hierzu bisher noch keine ausreichenden Angaben gemacht.
b) Der Umsatzsteuerbescheid vom in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom ist nach summarischer Prüfung ebenfalls rechtmäßig.
Die vom Antragsgegner geschätzte Umsatzsteuer in Höhe von 773,30 € ist nach summarischer Prüfung nicht überhöht.
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 ff. EStG gilt zwar nicht im Umsatzsteuerrecht. Nach der Praxis wird dem Steuerpflichtigen lediglich ein Wahlrecht eingeräumt, diese Vorschrift auch bei der Umsatzsteuer anzuwenden (vgl. z.B. , BStBl II 2011, 451).
Macht der Unternehmer umsatzsteuerlich von der 1%-Regelung keinen Gebrauch oder werden die pauschalen Wertansätze durch die sog. Kostendeckelung auf die nachgewiesenen tatsächlichen Kosten begrenzt und liegen die Voraussetzungen der sog. Fahrtenbuchregelung nicht vor, ist der private Nutzungsanteil für Umsatzsteuerzwecke anhand geeigneter Unterlagen im Wege einer sachgerechten Schätzung zu ermitteln. Fehlen geeignete Unterlagen für die Schätzung, ist der private Nutzungsanteil mit mindestens 50 % zu schätzen, soweit sich aus den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles nichts Gegenteiliges ergibt; aus den Gesamtaufwendungen sind die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten in der belegmäßig nachgewiesenen Höhe auszuscheiden (, BStBl II 2011, 451).
Wegen dieser Abhängigkeit des Steuertatbestands des Verwendungseigenverbrauchs vom Vorsteuerabzug muss zunächst festgestellt werden, für welche bei Ausführung des Verwendungseigenverbrauchs entstandenen Kosten bzw. für welche mit dem Betrieb des Fahrzeugs zusammenhängenden Eingangsleistungen der Unternehmer den vollen Vorsteuerabzug geltend gemacht hat. Der Antragsteller hat die auf das Fahrzeug entfallenen Betriebsausgaben mit 5.867,01 € (ohne Steuern, Versicherungen und Maut) und Abschreibungen in Höhe von 5.943,00 € und damit in Höhe von 11.810,01 € erklärt. 19 % Umsatzsteuer wären 2.243,90 €. Hiervon 50 % wären 1.121,95 €. Der Antragsgegner ist bei seiner Schätzung lediglich von 773,30 € Umsatzsteuer ausgegangen und liegt damit unterhalb des 50%-Rahmens.
Zwar behauptet der Antragsteller, dass seine Privatnutzung nur sehr gering gewesen sei. Das Gericht ist jedoch nicht von dieser sehr geringen Nutzung überzeugt. Der Antragsteller hat seine Behauptungen nicht in der erforderlichen Weise glaubhaft gemacht.
Der Antragsteller hat bereits mehrfach unterschiedliche Angaben zur Gesamtfahrleistung erklärt. Nachdem er zunächst 45.000 bis 50.000 Kilometer erklärte, meinte er zwischenzeitlich nur 32.000 Kilometer gefahren zu sein. Im gerichtlichen Verfahren erklärte er dann 36.790 gefahrene Kilometer. Die unterschiedlichen Angaben erklärte der Antragsteller damit, dass er sich verrechnet habe. Zwar hat der Antragsteller nunmehr Unterlagen eingereicht, aus denen sich ergibt, dass er 24.527 Kilometer gefahren ist. Diese Leistung hat er indes auf 12 Monate hochgerechnet und dementsprechend geschätzt. Gegen diese Schätzung spricht, dass der Antragsteller die Kanzlei in Hamburg erst im Februar 2015 erworben hat, so dass für Januar 2015 nicht angenommen werden kann, dass er ähnlich viel gefahren ist.
Auch die Angaben des Antragstellers zu den Privatfahrten variieren erheblich. Zunächst behauptete er, dass ein Privatanteil von 5 % angemessen sei, dann erhöhte er auf 10 %. Nach seinen neuesten Berechnungen betragen die Privatfahrten nur 351 Kilometer von 36.790 Kilometer und damit weniger als 1 % bzw. 14 %, wenn man die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb einbezieht.
Zudem ergibt sich aus der Akte, dass der Antragsteller in A lebt und er da auch Familie und Haustiere hat und Mitglied in Vereinen ist. Es kann deshalb nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden, dass die Fahrten nach A tatsächlich ausschließlich beruflich motiviert gewesen sind. Zudem wurde auch nicht dargelegt bzw. glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller tatsächlich alle Fahrten durchgeführt hat. Es besteht auch die Möglichkeit, dass er die Hamburger Mandanten zumindest teilweise auch aus A betreut hat, weil er nach Terminen in A dort übernachtet hat. Ebenso ist es möglich, dass er mehrere Termine in A verbunden hat, z.B. die mit dem neuen Mandanten am Freitag und nach einer Übernachtung in seinem Haus in A am Sonnabend mit seinem Mitarbeiter.
Das Gericht ist auf Grund der eingereichten Unterlagen im summarischen Verfahren deswegen nicht in der Lage, den Umsatzsteueranteil selbst zu schätzen, so dass die Anwendung einer 50%igen Schätzung angemessen wäre. Eine Verböserung ist im gerichtlichen Verfahren jedoch nicht möglich.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Gründe für die Zulassung der Beschwerde liegen nicht vor (§ 128 Abs. 3, § 115 Abs. 2 FGO).
Fundstelle(n):
DAAAG-94364