FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 5 K 5040/15 EFG 2018 S. 413 Nr. 5

Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung

Uneinbringlichkeit einer Entgeltforderung

Leitsatz

1. Die nachträgliche Berichtigung einer Rechnung wirkt auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zurück.

2. Eine Entgeltforderung ist nicht schon dann uneinbringlich, wenn der Leistungsempfänger die Zahlung nach Fälligkeit verzögert, sondern erst, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann.

Gesetze: UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1UStG § 17 Abs. 1UStG § 14c Abs. 1 EWGRL 388/77 Art. 10 Abs. 2 EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 1

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig

Tatbestand:

Der Kläger war Eigentümer des Geschäftsgrundstücks B…-straße in C… und vermietete dieses zu 42,865 % steuerfrei. Mit geändertem Umsatzsteuerbescheid vom setzte der Beklagte die Umsatzsteuer im Anschluss an eine Betriebsprüfung auf 52.408,56 EUR fest und ging dabei von einer zum Vorsteuerabzug führenden steuerbaren und steuerpflichtigen Vermietung von nur 57,135 % aus. Für die Vorjahre wurde in ebenfalls geänderten Umsatzsteuerbescheiden der Vorsteuerabzug für den Gewährleistungseinbehalt und eine noch strittige Restzahlung aus Bauleistungen der D… GmbH nicht zum Abzug zugelassen, weil der Prüfer insoweit die Auffassung vertreten hatte, dass mit Zahlungen nicht mehr zu rechnen sei. Auf Textziffer 21 und 26 a des Betriebsprüfungsberichts vom wird verwiesen.

Im November 2011 beantragte der Kläger die Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2007 und reichte die Schlussrechnung der D… GmbH vom ein, die in der Buchführung bislang nicht enthalten gewesen war. Die darin ausgewiesene Differenz zwischen ausgewiesener und geleisteter Umsatzsteuer machte er i. H. v. 57,135 % (10.405,28 EUR) als Vorsteuer geltend. Er wies zudem darauf hin, dass er am eine Zahlung i. H. v. 21.917,05 EUR an die D… GmbH geleistet habe, wie sich dies aus dem Kontoauszug der F… Bank vom ersehen lasse. Auf den Einwand des Beklagten hin, dass die Leistung bereits in den Jahren 2004 und 2005 erbracht worden sei und der Leistende nur eine Steuer i. H. v. 16 % habe ausweisen dürfen, machte der Kläger geltend, dass die Hauptleistung die Herstellung der Fassade sowie der Treppengeländer und einzelner Metallarbeiten umfasst habe. Diese Arbeiten seien erst im Jahr 2007 fertiggestellt worden. Damit sei die Hauptleistung im Jahr 2007 erbracht worden, wenngleich das Abnahmeprotokoll aufgrund von zahlreichen Mängeln auf den datiere.

Mit Schreiben vom (Bl. 84 der Gerichtsakte) überreichte der Kläger eine berichtigte Schlussrechnung der D… GmbH vom , mit der er eine Minderung der Umsatzsteuer 2007 von 52.408,56 EUR auf 38.340,52 EUR begehrte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben verwiesen.

Mit Bescheid vom lehnte der Beklagte die Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2007 ab. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung berief der Beklagte sich darauf, dass im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt worden sei, dass der Kläger auf die zum gegenüber der D… GmbH bestehenden Verbindlichkeiten lediglich am einen Betrag i. H. v. 5.000,00 EUR bezahlt haben. Aus diesem Grunde seien die Verbindlichkeiten als uneinbringlich angesehen worden. Dem habe der Kläger nicht widersprochen. Auch aus den eingereichten Unterlagen sei ersichtlich, dass zwischen dem Kläger und der D… GmbH zunächst Uneinigkeit hinsichtlich der vollständigen bzw. mangelfreien Arbeit der GmbH bestanden habe. Trotz Vorlage der Schlussrechnung vom sei der Kläger mehr als drei Jahre lang nicht bereit gewesen, den in Rechnung gestellten Restbetrag zu zahlen. Erst im Jahr 2011 habe er weitere Zahlungen i. H. v. 21.197,05 EUR und 37.839,10 EUR geleistet.

Mit der Klage macht der Kläger geltend, dass nach Art. 17 Abs. 1 i. V. m. Art. 10 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie das Recht auf Vorsteuerabzug entstehe, sobald die Lieferung des Gegenstandes oder die Dienstleistung bewirkt worden sei. Dies sei hier im Jahr 2007 mit der Fertigstellung der Fassade und Vorlage der Schlussrechnung der Fall gewesen. Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union könne nicht entnommen werden, dass es auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung ankomme. Andernfalls würde der Vorsteuerabzug von dem zum Teil willkürlichen Handeln des Rechnungsausstellers abhängen. Aus der Rechtsprechung ergebe sich im Gegenteil, dass der Steuerpflichtige das Recht auf Vorsteuerabzug sofort ausüben dürfe, sofern es keine einschränkenden Vorschriften gebe. Dies entspreche auch dem Neutralitätsprinzip.

Die vorgelegte Schlussrechnung entspreche den von der Mehrwertsteuersystemrichtlinie aufgestellten Rechnungsanforderungen. Die spätere Berichtigung wirke auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zurück. Die ursprüngliche Schlussrechnung sei im Jahr 2007 erstellt und vorgelegt worden. Es treffe zwar zu, dass diese einen Stempelaufdruck des Architekten vom aufweise. Dieser betreffe aber nur die rechnerische, technische und wirtschaftliche Prüfung und die damit verbundene Bestätigung, dass keine Mängel mehr vorlägen, so dass die Zahlung erfolgen könne. Über den Zeitpunkt der Rechnungserteilung sage der Stempel nichts aus. Soweit das Schreiben der D… GmbH vom einen Bruttobetrag inkl. 16 % Umsatzsteuer i. H. v. 782.782,15 EUR ausweise, belege dies ebenfalls nicht, dass die Schlussrechnung erst nach diesem Zeitpunkt erstellt worden sei. Der sich nach Abzug der 16-%igen Umsatzsteuer ergebende Nettobetrag von 674.812,19 EUR entspreche genau dem Nettobetrag der Schlussrechnung vom vor Abzug des Nachlasses. Es sei davon auszugehen, dass der Nachlass ein Angebot der D… GmbH aufgrund der im Jahr 2007 vorhandenen Mängel gewesen sei. Spätestens im Jahr 2010 habe den Beteiligten klar sein müssen, dass das Bauvorhaben ab dem mit 19 % abzurechnen gewesen sei. Da der Bau aber überwiegend zu Zeiten abgewickelt worden sei, in denen die Umsatzsteuer 16 % betragen habe, habe sich dieser Prozentsatz in den Köpfen festgesetzt und sei infolgedessen auch im Schreiben vom übernommen worden. Abgesehen davon sei darauf hinzuweisen, dass die Mängel handschriftlich auf der ursprünglichen Rechnung vermerkt seien. Es stelle sich die Frage, warum man dies habe tun sollen, wenn die Schlussrechnung vom nach der Überzeugung des Beklagten erst nach dem erstellt worden wäre, als die Mängel bereits beseitigt gewesen seien. Die D… GmbH gehe in ihrem Schreiben vom offensichtlich davon aus, dass die Mängel zwischenzeitlich beseitigt worden seien, so dass ein Nachlass nicht mehr vorgenommen werden könne. Dies habe zu einer Zahlung i. H. v. 21.917,05 EUR geführt.

Soweit der Prüfer die zum bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der D… GmbH für uneinbringlich erachtet habe, habe dies keine Auswirkung auf den Vorsteuerabzug aus der erstmals im Jahr 2007 vorgelegten Schlussrechnung. Bei Bauleistungen entstehe die Umsatzsteuerschuld mit der Verschaffung der Verfügungsmacht an dem vollendeten Bauwerk, wenn eine Werklieferung vorliege, für die das Werkvertragsrecht vereinbart sei. Bei sonstigen Bauleistungen entstehe die Umsatzsteuer nach den allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Regelungen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der Unternehmer alles getan habe und der Leistungserfolg eingetreten sei. Auf die Abnahme komme es dabei nicht an, weil diese immer nur die zivilrechtliche Beweislast bei Mängeln betreffe. Er, der Kläger, habe auch zu keinem Zeitpunkt die Forderungen der D… GmbH ganz oder zum Teil bestritten. Soweit in der Rechnung vom ein zu geringer Vorsteuerbetrag und ein zu geringes Entgelt ausgewiesen seien, habe dies keinen Einfluss auf die Höhe der abzuführenden Steuer, weil das Entgelt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UmsatzsteuergesetzUStG – gesetzlich definiert sei als all dasjenige, was der Leistungsempfänger aufwende, um die Leistung zu erhalten, abzüglich der Umsatzsteuer. Damit habe die D… GmbH im Jahr 2007 die Umsatzsteuer in voller Höhe, also i. H. v. 123.274,32 EUR geschuldet. Dem Neutralitätsgrundsatz folgend sei im gleichen Zeitpunkt das Recht auf Vorsteuerabzug entstanden. Dieses Recht habe er, der Kläger, auch ausüben dürfen, weil er über eine Rechnung verfügt habe, die alle gesetzlich vorgeschriebenen Bestandteile aufweise.

Es liege auch kein Fall von § 17 UStG vor. Dieser könne in der im Jahr 2012 vorgenommenen Rechnungsberichtigung nicht gesehen werden, weil sich die Bemessungsgrundlage dadurch nicht geändert habe. Eine solche Änderung der Bemessungsgrundlage liege erst mit der Einigung vom als dem Zeitpunkt der Bestätigung der Mängelbeseitigung vor. Das Entgelt habe sowohl in der Rechnung vom als auch in der berichtigten Rechnung vom 648.812,20 EUR betragen. Das Entgelt bestimme sich nämlich – wie ausgeführt – nicht nach dem, was in der Rechnung stehe, sondern danach, was der Leistungsempfänger für die Leistung aufwende, abzüglich der Umsatzsteuer. Maßgeblich seien damit die Beträge, die er, der Kläger, geleistet habe. Dies seien insgesamt 781.482,15 EUR gewesen. Auf die Aufstellung auf Bl. 47 der Gerichtsakte wird verwiesen. Allerdings sei die Rechnung vom insofern fehlerhaft, als darin per 16.666,00 EUR abgezogen würden statt tatsächlich gezahlter 18.000,00 EUR. Auch die korrigierte Rechnung vom sei fehlerhaft, weil darin der Nachlass von 26.000,00 EUR erneut abgezogen worden sei, so dass man offensichtlich die Einigung vom unberücksichtigt gelassen habe. Folglich sei die Überzahlung von 9.395,63 EUR nicht als Überzahlung zu werten, sondern die berichtigte Rechnung sei erneut zu korrigieren.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuer 2007 unter Änderung des Bescheides vom und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom auf 38.340,52 EUR festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Schlussrechnung vom könne nicht in diesem Jahr erstellt worden sein. Darin werde ein Bruttobetrag inkl. 19 % Umsatzsteuer i. H. v. 731.935,19 EUR in Rechnung gestellt. Im Schreiben der D… GmbH vom sei demgegenüber von einem Bruttobetrag inkl. 16 % Umsatzsteuer i. H. v. 782.782,15 EUR die Rede. Damit könne die angebliche Schlussrechnung erst nach diesem Zeitpunkt erstellt worden sein und sei damit im Streitjahr 2007 nicht zu berücksichtigen. Darüber hinaus sei auf der eingereichten Rechnung ein Stempel des Architekten mit einem Datum vom aufgebracht und es sei auch bereits ein Nachlass für bleibende Mängel i. H. v. 26.000,00 EUR berücksichtigt, welcher zum Zeitpunkt des Schreibens vom noch nicht festgestanden habe.

Abgesehen davon könne nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – Uneinbringlichkeit bereits im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung eintreten, was sich auch auf den Leistungsempfänger hinsichtlich des Vorsteuerabzugs auswirke, wenn er – wie im vorliegenden Fall – von Anfang an das Bestehen der Forderung ganz oder teilweise bestreite und damit zum Ausdruck bringe, dass er die Forderung nicht bezahlen werde.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Herrn E… zu der Frage, wann die D… GmbH die Schlussrechnung vom an den Kläger erteilt hat und wann die darin abgerechneten Arbeiten durchgeführt worden sind.

Neben der Gerichtsakte haben dem Gericht bei der Entscheidung die Umsatzsteuerakte (blattiert bis Bl. 97) und eine Akte mit Betriebsprüfungsbericht (unblattiert) vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet, weil die von dem Beklagten ausgesprochene Ablehnung der Änderung des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheides 2007 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 101 Satz 1 FinanzgerichtsordnungFGO –).

Dem Kläger steht der Vorsteuerabzug aus der berichtigten Rechnung der D… GmbH vom im Streitjahr 2007 zu. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt nach Satz 2 der zitierten Norm voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Diese Voraussetzungen sind im Streitjahr erfüllt.

Der Kläger hat bis einschließlich 2007 Lieferungen und sonstige Leistungen von der D… GmbH bezogen. Der Zeuge hat in der Vernehmung ausgesagt, dass die D… GmbH ihre Leistungen im Jahr 2003 begonnen hatte und der Bau im Jahr 2004 „dicht” gewesen sei, so dass das Gebäude habe genutzt werden können. Bis zum Jahr 2007 habe die D… GmbH dann weitere Leistungen erbracht, so dass Ende 2007 noch Arbeiten zur Mängelbeseitigung verblieben seien, die mit einem Betrag von 26.000,00 EUR zu beziffern gewesen seien, wie er dies in dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Faxschreiben vom (Anlage K 18 zur Klageschrift) niedergelegt habe. Der Senat hat keinen Anhaltspunkt, um an der Glaubhaftigkeit der Angaben oder der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln.

Der Kläger war im Streitjahr 2007 auch im Besitz einer Rechnung, nämlich derjenigen vom . Soweit der Beklagte im Verwaltungsverfahren Zweifel daran geäußert hat, ob diese Rechnung tatsächlich im Jahr 2007 erteilt worden ist, steht aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung für den Senat fest, dass diese Zweifel unberechtigt sind. Der Zeuge hat insoweit bekundet, dass die D… GmbH ihm Ende 2007 den Entwurf einer Schlussrechnung zugeleitet habe. Daraufhin habe er dieser mit Faxschreiben vom mitgeteilt, wie die Schlussrechnung nach seiner Vorstellung auszusehen habe, und zwar insbesondere unter Abzug eines Betrages für noch verbliebene Mängel i. H. v. 26.000,00 EUR. Dem entsprechend habe die D… GmbH mit der Schlussrechnung vom abgerechnet, die er unmittelbar danach erhalten habe. Der Senat hat auch insoweit keinen Anlass, an den Angaben des Zeugen zu zweifeln, zumal der auf der Rechnung angebrachte Prüfstempel des Architekten mit Datum nichts über den Zeitpunkt der Rechnungslegung besagt, sondern lediglich über den Zeitpunkt der abschließenden Prüfung durch den Architekten, wie der Kläger dies bereits zutreffend vorgetragen hat. Auch die Verwendung des 19 %igen Mehrwertsteuersatzes spricht nicht gegen die Angaben des Zeugen, der dazu nachvollziehbar angegeben hat, dass man aus Gründen der Vereinfachung darauf verzichtet habe, eine Aufteilung der Leistungen nach dem bis zum geltenden Steuersatz von 16 % und dem nach diesem Zeitpunkt anzuwendenden Steuersatz von 19 % vorzunehmen.

Die D… GmbH hat die Rechnung vom am berichtigt, weil die ursprüngliche Rechnung insofern fehlerhaft war, als die D… GmbH darin den Sicherheitseinbehalt vor Berechnung der Umsatzsteuer abgezogen hatte. Diese Berichtigung wirkt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der sich der Senat anschließt, auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung im Jahr 2007 zurück (Gerichtshof der Europäischen Union – EuGH –, Urteil vom – C-518/14, Senatex, Umsatzsteuer Rundschau – UR – 2016, 800; Urteil vom – C-516/14, Barlis 06 – Investimentos Imobiliarios e Turisticos, UR 2016, 795). Dem steht das , Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 255, 474) nicht entgegen. Damit hat der BFH zwar entschieden, dass einer Rechnungsberichtigung im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG keine Rückwirkung zukommt, weil diese Norm § 17 Abs. 1 UStG für anwendbar erkläre, die in Satz 7 festlege, dass die Berichtigung für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen sei, in dem – bezogen auf die Berichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG – die Rechnung berichtigt worden sei. Um eine solche Berichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG geht es vorliegend allerdings nicht, weil diese Norm ausschließlich die Berichtigung der Rechnung in den Fällen des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG betrifft, in denen der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag gesondert ausgewiesen hat, als er nach dem UStG für den Umsatz schuldet. Vorliegend hat die D… GmbH indes in der ursprünglichen Rechnung einen niedrigeren Steuerbetrag als geschuldet ausgewiesen.

Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte darauf, dass der Vorsteuerabzug aus der Rechnung der D… GmbH bereits im Streitjahr 2007 nach § 17 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 UStG wegen Uneinbringlichkeit des vereinbarten Entgelts zu berichtigen sei. Uneinbringlich ist eine Entgeltforderung nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, nicht schon dann, wenn der Leistungsempfänger die Zahlung nach Fälligkeit verzögert, sondern erst, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann (, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2007, 22). Das kann unter anderem auch dann der Fall sein, wenn und ggf. soweit der Leistungsempfänger das Bestehen dieser Forderung ganz oder teilweise substantiiert bestreitet und damit erklärt, dass er die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) nicht bezahlen werde (BFH am angegebenen Ort). Dies war vorliegend in Bezug auf die im Jahr 2007 erteilte Schlussrechnung aber nicht der Fall. Der Zeuge hat dazu erklärt, dass es keine Äußerungen dergestalt gegeben habe, dass Rechnungen der D… GmbH nicht mehr bezahlt würden. Anderenfalls hätte er auch nicht die Aufstellung gefertigt, die mit Telefax vom an die D… GmbH übersandt worden war. Dies hält der Senat jedenfalls für das Streitjahr 2007, auf das es hier ausschließlich ankommt, für plausibel. Die D… GmbH hatte in ihrer Schlussrechnung diejenigen Positionen übernommen, die der Zeuge in dem Telefaxschreiben vorgegeben hatte, und zwar einschließlich des Abzugs für noch verbliebene Mängel. Angesichts dessen vermag der Senat für das Streitjahr keine Weigerung des Klägers zur Rechnungsbegleichung festzustellen. Eine solche Weigerung lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass der Betriebsprüfer davon ausgegangen war, dass der Kläger den noch offenen Gewährleistungseinbehalt und eine noch strittige Restzahlung aus Bauleistungen nicht begleichen werde. Abgesehen davon, dass dies in Bezug auf die erteilte Schlussrechnung der Aussage des Zeugen widerspricht, liegen weder substantiierte diesbezügliche Prüfungsfeststellungen vor, noch käme dieser für die Vorjahre vertretenen Einschätzung eine Bindungswirkung für die separat zu beurteilende Schlussrechnung zu.

Dem Kläger steht damit im Streitjahr 2007 der Vorsteuerabzug aus der berichtigten Schlussrechnung vom zu. Diese weist einen Zahlbetrag von brutto 18.256,19 EUR aus. Darin enthalten sind 19 % Umsatzsteuer i. H. v. 2.914,85 EUR. Da die Vertragsparteien übereinstimmend von einer Anwendung des erhöhten 19 %igen Umsatzsteuersatzes ausgegangen sind, hat der Senat keinen Anlass, eine Überprüfung dergestalt vorzunehmen, ob – abweichend von der Einschätzung der Vertragsparteien – Leistungen zum Teil mit nur 16 % Umsatzsteuer abzurechnen gewesen wären. Da die D… GmbH den höheren Steuerbetrag ausgewiesen und wohl auch abgeführt hat – abweichende Feststellungen des Beklagten liegen jedenfalls nicht vor – gebietet es der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, dem Kläger auch den Vorsteuerabzug aus dem ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag zu gewähren. Nach dem zwischen den Beteiligten unstreitigen Aufteilungsschlüssel sind von der ausgewiesenen Umsatzsteuer i. H. v. 2.914,85 EUR 57,135 % als Vorsteuer abziehbar. Dies sind 1.665,40 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZivilprozessordnungZPO –.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
DStR 2018 S. 9 Nr. 27
DStRE 2018 S. 1004 Nr. 16
EFG 2018 S. 413 Nr. 5
KÖSDI 2018 S. 20708 Nr. 4
CAAAG-69224