FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 3 K 3144/15 EFG 2017 S. 1512 Nr. 18

Ermittlung der „ortsüblichen Marktmiete” und Überprüfung der Einkunftserzielungsabsicht bei Vereinbarung einer Bruttowarmmiete in einem Angehörigen-Mietvertrag für eine sehr alte und schlecht isolierte Wohnung

Leitsatz

1. Beträgt die bei einer Vermietung an Angehörige (hier: in den Streitjahren 2008 bis 2010) vereinbarte Bruttowarmmiete mindestens 56 %, aber weniger als 75 % der ortsüblichen Marktmiete (= Summe aus der durchschnittlichen ortsüblichen Kaltmiete zuzüglich der umlagefähigen Betriebskosten für die vermietete Wohnung), so ist die Einkünfteerzielungsabsicht des Vermieters anhand einer Überschussprognose zu prüfen. Ist die Überschussprognose positiv, sind die mit der verbilligten Vermietung zusammenhängenden Werbungskosten in voller Höhe abziehbar. Ist die Überschussprognose negativ, ist die Vermietungstätigkeit nach § 21 Abs. 2 EStG 2007 in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen; die anteilig auf den entgeltlichen Teil entfallenden Werbungskosten sind abziehbar.

2. Das FG ist nicht zwingend zur Hinzuziehung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der ortsüblichen Miete verpflichtet. Es ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden, wenn das FA zur Schätzung der ortsüblichen Marktmiete die Werte aus einem von ihm selbst erstellten internen Mietspiegel abgeleitet hat, dem u.a. auch der Größe nach vergleichbare Wohnungen zugrunde liegen. Nicht zulässig ist es, wenn das FA die übliche Marktmiete aus einem arithmetischen Mittel der Mieten für Wohnungen verschiedenster Größen, die zum Teil nicht mit den streitgegenständlichen Wohnungen vergleichbar sind, ableitet. Die ortsübliche Miete kann nicht durch die Mietangaben in einem Zeitungsartikel nachgewiesen werden, der bereits fünf Jahre vor dem ersten Streitjahr verfasst worden ist.

3. Von der durchschnittlichen Miete für vergleichbare Wohnungen in dem Mietspiegel sind bei negativen Ausstattungsmerkmalen der vermieteten Wohnung Abschläge (im Streitfall: 20 % wegen lediglich einfach verglaster Fenster und des hohen Alters der Immobilie) vorzunehmen. Muss – von Fremdvermietungen abweichend – nicht der Angehörigen-Mieter, sondern der Vermieter die Schönheitsreparaturen tragen, ist die Kaltmiete laut Mietspiegel um 10 % zu erhöhen.

4. Bei Vereinbarung einer Bruttowarmmiete bietet es zur Ermittlung der umlagefähigen Nebenkosten als Bestandteil der ortsüblichen Miete an, die für vergleichbare Wohnungen empirisch ermittelten durchschnittlichen Betriebskosten zugrunde zu legen.

Gesetze: EStG 2007 § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, EStG 2007 § 21 Abs. 2 S. 1, EStG 2007 § 21 Abs. 2 S. 2, EStG 2007 § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, EStG 2007 § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, AO § 162

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Beklagte berechtigt war, die von den Klägern geltend gemachten Werbungskosten – WK – zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – V+V – nur teilweise steuerlich zu berücksichtigen.

Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger sind Eigentümer eines Wohnhauses aus dem 18. Jahrhundert, welches in der Altstadt von C… liegt. Nach den insoweit unbestrittenen Angaben in den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre verfügt das Gebäude über eine Gesamtwohnfläche von 182 m²; im Vorderhaus befindet sich die von den Klägern zu eigenen Wohnzwecken genutzte Hauptwohnung mit einer Wohnfläche von 84 m² sowie – im Dachgeschoss – eine an die Tochter der Kläger vermietete Wohnung mit einer Wohnfläche von 50 m². Im Nebengebäude (bzw. Hinterhaus) liegt eine 48 m² große Wohnung, welche im Streitzeitraum an den Sohn der Kläger und dessen Ehefrau vermietet war. Nach den vorliegenden, in den wesentlichen Punkten inhaltsgleichen Mietverträgen, jeweils vom , ist mit beiden Mietparteien eine Bruttowarmmiete vereinbart; außerdem ist festgehalten, dass sowohl die Kosten von Schönheitsreparaturen als auch von sog. Kleinreparaturen vom Vermieter zu tragen sind (Bl. 57-64 Streitakte). Die mit der Tochter vereinbarte Miete für die 50 m²-Wohnung beträgt monatlich 202,83 EUR, die Miete für die 48 m²-Wohnung des Sohnes 200 EUR. Somit beträgt die vereinbarte Bruttowarmmiete mit der Tochter rund 4,06 EUR/m² und mit der Familie des Sohnes knapp 4,17 EUR/m². Unter Nr. 4. der beiden Mietverträge ist jeweils festgehalten, dass die Miete bis zum unverändert bleibt.

In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2008 bis 2010, welche jeweils im Folgejahr beim Beklagten eingereicht wurden, erklärten die Kläger aus der Vermietung der beiden Wohnungen in dem ihnen gemeinsam (zu gleichen Anteilen) gehörenden Wohnhaus jeweils Verluste; daneben erzielten die Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und sonstige Einkünfte (Renten).

Die erklärten V+V-Einkünfte betrugen im Einzelnen:


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2008:
Einnahmen:
4.834,00 EUR
Werbungskosten:
– AfA
1.749,00 EUR
– Erhaltungsaufwendungen
5.063,00 EUR
– Betriebskosten
3.211,00 EUR
Summe der WK
10.023,00 EUR
Verlust:
5.189,00 EUR
2009:
Einnahmen:
4.834,00 EUR
Werbungskosten:
– AfA
1.749,00 EUR
– Notar und Justizkasse
265,00 EUR
– Erhaltungsaufwendungen
3.371,00 EUR
– Betriebskosten
3.292,00 EUR
Summe der WK
8.677,00 EUR
Verlust:
3.843,00 EUR
2010:
Einnahmen:
4.834,00 EUR
Werbungskosten:
– AfA
1.749,00 EUR
– Erhaltungsaufwendungen
1.597,00 EUR
– Betriebskosten
3.836,00 EUR
Summe der WK
7.182,00 EUR
Verlust:
2.348,00 EUR

Der Beklagte führte die Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 2008, 2009 und 2010 zunächst mit jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung – VdN – gemäß § 164 Abs. 1 AbgabenordnungAO – stehenden Bescheiden – weitgehend – erklärungsgemäß durch. Im Jahr 2010 hatten die Kläger zunächst noch weitere WK zu den V+V-Einkünften in Höhe von 4.830 EUR für die Anschaffung eines unbebauten (Garten-)Grundstücks sowie bei den außergewöhnlichen Belastungen Kosten für ein Wertgutachten in Höhe von 1.428 EUR geltend gemacht. Diese Positionen sind vom Beklagten bei der Erstveranlagung nicht berücksichtigt worden; einen zunächst gegen den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom deswegen eingelegten Einspruch haben die Kläger wieder zurückgenommen.

In den ursprünglichen Einkommensteuerbescheiden, berücksichtigte der Beklagte folgende V+V-Einkünfte und setze die Einkommensteuer (ESt) wie folgt fest:


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– 2008:
V+V:
./.
5.189 EUR (Verlust)
ESt:
2.014 EUR
– 2009:
V+V:
./.
3.843 EUR (Verlust)
ESt:
2.030 EUR
– 2010:
V+V:
./.
2.348 EUR (Verlust)
ESt:
2.374 EUR.

Am führten zwei Mitarbeiter des Beklagten eine Ortsbesichtigung auf dem Grundstück der Kläger durch; eine Innenbesichtigung der an die Kinder der Kläger vermieteten Wohnungen wurde nicht gestattet. Auf den Aktenvermerk über die Ortsbesichtigung wird ergänzend Bezug genommen (Bl. 1 ff. ESt-Akte, Fach: „Ortsbesichtigung”).

Am erließ der Beklagte für alle Streitjahre geänderte ESt-Bescheide; die Änderungen wurde jeweils auf § 164 Abs. 2 AO gestützt und die Vorbehalte der Nachprüfung jeweils in den Änderungsbescheiden aufgehoben.

In den Änderungsbescheiden berücksichtigte der Beklagte folgende V+V-Einkünfte und setze die Steuer (ESt) wie folgt fest:


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– 2008:
V+V:
./.
1.520 EUR (Verlust)
ESt:
2.912 EUR
– 2009:
V+V:
./.
36 EUR (Verlust)
ESt:
2.960 EUR
– 2010:
V+V:
+
1.041 EUR (Überschuss)
ESt:
3.210 EUR.

Mit den hiergegen rechtzeitig eingelegten Einsprüchen machten die Kläger geltend, die Bescheide hätten aus formellen Gründen nicht mehr zu ihren Lasten geändert werden dürfen. Am Ende jedes der ursprünglichen Bescheide seien diverse Punkte aufgelistet worden, wegen denen die Bescheide noch offen – also änderbar – waren. Die Vermietungseinkünfte seien dort nicht genannt worden. Die Änderungen seien auch inhaltlich unhaltbar. Bei der Vermietung an ihre Kinder hätten sie, die Kläger, sich an einem Zeitungsartikel orientiert, in dem für C… eine Miete von 3,50 EUR/m² genannt worden sei. Die vereinbarten Mieten seien angemessen und deshalb auch steuerlich anzuerkennen; bei der Miethöhe müsse berücksichtigt werden, dass das Haus aus dem Jahr 1760 über keine ausreichende Wärmedämmung (Isolierung) sowohl von Fassade und Dach als auch der Fenster verfüge und dementsprechend hohe Heizkosten anfielen.

Mit Schreiben vom an die Kläger erläuterte der Beklagte die Gründe und rechtlichen Grundlagen, die zu den Bescheidänderungen geführt hatten; außerdem wies er die Kläger mit diesem Schreiben darauf hin, dass hinsichtlich der V+V-Einkünfte für 2008 eine sog. Verböserung in Betracht käme, weil bisher ein zu hoher Werbungskostenbetrag berücksichtigt worden sei, und dass die Kläger dies durch Rücknahme ihres Einspruchs verhindern könnten.

Die Kläger erwiderten hierauf mit Schreiben vom , sie nähmen die Einsprüche nicht zurück, und sie begründeten dies mit den bereits zuvor wiedergegebenen Argumenten.

Mit seinen Einspruchsentscheidungen, jeweils vom , änderte der Beklagte die Steuerfestsetzungen der Streitjahre und wies die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurück.

In den Einkommensteuerbescheiden (Anlagen zu den Einspruchsentscheidungen) berücksichtigte der Beklagte folgende geänderte V+V-Einkünfte und setze die Einkommensteuer (ESt) wie folgt fest:


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– 2008:
V+V:
./.
1.253 EUR (Verlust)
ESt:
2.978 EUR (Verböserung)
– 2009:
V+V:
./.
387 EUR (Verlust)
ESt:
2.874 EUR (Herabsetzung)
– 2010:
V+V:
+
786EUR (Überschuss)
ESt:
3.146 EUR (Herabsetzung).

Zur Begründung führte der Beklagte in seinen Einspruchsentscheidungen folgendes aus: Sämtliche Einkommensteuerbescheide der Streitjahre seien gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Solange der Vorbehalt wirksam sei, könne der entsprechende Bescheid uneingeschränkt geändert werden. Zweifel an der Zulässigkeit der vom Beklagten vorgenommenen Änderungen seien daher nicht ersichtlich.

Auch materiell-rechtlich seien die Bescheide – in der Form, die sie durch die Einspruchsentscheidungen erfahren hätten – nicht zu beanstanden. Insbesondere seien die Nutzungsüberlassungen der Wohnungen zu Recht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Anteil aufgeteilt worden. Nach der ständigen höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung falle die Vermietung eines Gebäudes nur dann unter die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, wenn der Vermieter die Absicht habe, auf die Dauer der Vermögensnutzung, nämlich auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung durch den Nutzenden, einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen; Veräußerungsgewinne blieben hierbei unberücksichtigt (Einkünfteerzielungsabsicht).

Da die Absicht der Einkünfteerzielung eine innere Tatsache sei, könne diese nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden. Aus objektiven Umständen müsse auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis insofern begründen könnten, der jedoch vom Steuerpflichtigen entkräftet werden könne.

Diese Grundsätze würden auch bei einer verbilligten Vermietung gelten. Betrage die Vertragsmiete mindestens 56 % der ortsüblichen Marktmiete, so sei es nach der im Streitfall anzuwendenden Fassung des § 21 Abs. 2 Satz 2 EinkommensteuergesetzEStG – zwar nicht gesetzlich geregelt, dass die Vermietungseinkünfte aufzuteilen sind. Allerdings sei

es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – als ein Beweisanzeichen gegen die Einkünfteerzielungsabsicht zu werten, wenn eine Wohnung zu einem erheblich unter der ortsüblichen Marktmiete liegenden Preis vermietet werde (, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1999, 826). Als „erheblich” zu niedrig sei eine Miete anzusehen, die zwar mehr als 56 %, jedoch weniger als 75 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Liege die vereinbarte Miete in der genannten Spanne zwischen 56 % und unter 75 % der ortsüblichen Marktmiete, so sei die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Überschussprognose zu prüfen. Falle die Überschussprognose positiv aus, so seien die mit der verbilligten Vermietung zusammenhängenden Werbungskosten in voller Höhe abziehbar. Sei die Überschussprognose hingegen negativ, so sei die Vermietungstätigkeit in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen; nur die anteilig auf den entgeltlichen Teil entfallenden Werbungskosten seien abziehbar (, BStBl II 2002, 726).

Grundsätzlich sei bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit davon auszugehen, dass dies in der Absicht geschehe, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften. Nur ausnahmsweise sei in diesen Fällen die Einkunftserzielungsabsicht zu verneinen. Ein solcher Ausnahmefall sei nach dem BFH aber dann gegeben, wenn eine Wohnung zu einem erheblich unter der ortsüblichen Marktmiete liegenden Preis vermietet werde (Urteil vom , IX R 40/99, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2003, 316).

Im Streitfall betrage die durchschnittliche ortsübliche Marktmiete (kalt) in C… für vergleichbare Objekte 5,04 EUR/m². Dieser Wert folge aus einer vom beklagten Finanzamt angelegten Sammlung der Mietpreise in der Stadt C… (Bl. 47 ESt-Akte Fach 2010). Hierbei seien nur solche Mietverträge als Vergleichswerte herangezogen worden, die bereits im Streitjahr bestanden hätten. Auch die Größe der Vergleichswohnungen sei auf die hier zu beurteilenden Objekte abgestimmt worden.

Die ortsübliche Vergleichsmiete von 5,04 EUR/m² sei entsprechend der Absprache mit den Klägern anlässlich der Ortsbesichtigung am um 10 % aufgrund der Beschaffenheit der Fenster (60 Jahre alt und einfach verglast) sowie um weitere 10 % wegen des Gebäudealters zu kürzen. Für das Gebäude der Kläger sei dementsprechend von einer Vergleichsmiete i.H.v. 4,03 EUR/m² auszugehen (5,04 EUR/m² abzgl. 20 %). Da es sich hierbei um eine Kaltmiete handele, sei dieser gefundene Mietwert um die umlagefähigen Nebenkosten zu erhöhen. Aufgeteilt nach den jeweiligen Wohnflächen entfielen auf die Wohnung im 1. Obergeschoss (Tochter) 27,47 % und auf die Wohnung im Nebengebäude (Sohn) 26,37 % der insgesamt im Haus entstandenen Nebenkosten.

Rechnerisch ergäben sich für das Gebäude der Kläger in den Streitjahren die folgenden Beträge an Nebenkosten pro Quadratmeter und Monat:


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– 2008:
2,77 EUR/m²/Monat,
– 2009:
2,79 EUR/m²/Monat,
– 2010:
3,25 EUR/m²/Monat.

Die ortsübliche Vergleichsmiete (brutto/warm) ermittle sich daher wie folgt:


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– 2008:
4,03 EUR + 2,77 EUR =
6,80 EUR/m²/Monat,
– 2009:
4,03 EUR + 2,79 EUR =
6,82 EUR/m²/Monat,
– 2010:
4,03 EUR + 3,25 EUR =
7,28 EUR/m²/Monat.

Die mit den Kindern der Kläger vereinbarten Mieten lägen dementsprechend in den Streitjahren bei folgenden Werten (Prozentsätzen) der ortsüblichen Mieten:


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– Tochter:
– vereinbart:
4,06 EUR/m²/Monat
– üblich:
– 2008:
6,80 EUR/m²
:
4,06 EUR/m²
=
59,70 %,
– 2009:
6,82 EUR/m²
:
4,06 EUR/m²
=
59,53 %,
– 2010:
7,28 EUR/m²
:
4,06 EUR/m²
=
55,77 %;
– Sohn:
– vereinbart:
4,16 EUR/m²/Monat
– üblich:
– 2008:
6,80 EUR/m²
:
4,16 EUR/m²
=
61,18 %,
– 2009:
6,82 EUR/m²
:
4,16 EUR/m²
=
61,00 %,
– 2010:
7,28 EUR/m²
:
4,16 EUR/m²
=
57,14 %;

Da die Totalüberschussprognose in Bezug auf beide vermietete Wohnungen negativ sei, seien die geltend gemachten Werbungskosten auf die vorgenannten Prozentsätze zu kürzen. In den Einspruchsentscheidungen nahm der Beklagte bezogen auf alle drei Streitjahre jeweils Totalüberschussprognosen für einen 30-Jahres-Zeitraum, beginnend ab dem Jahr des Grundstückserwerbs 1996, vor; danach betrug der (negative) Totalüberschuss aus Sicht des Jahres 2008 rund – 86.927 EUR, aus Sicht des Jahres 2009 rund – 86.659 EUR und aus Sicht des Jahres 2010 rund – 85.078 EUR; auf die Darstellung in den Gründen der Einspruchsentscheidungen wird insoweit ergänzend Bezug genommen.

Nach entsprechender Kürzung der geltend gemachten Werbungskosten ergaben sich lt. den Einspruchsentscheidungen in den Streitjahren die folgenden steuerlich anzuerkennenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung:


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– 2008:
– 1.253 EUR (Verlust),
bisher angesetzt:
– 1.520 EUR (Verlust),
– 2009:
– 387 EUR (Verlust),
bisher angesetzt:
– 36 EUR (Verlust),
– 2010:
+ 786 EUR (Überschuss),
bisher angesetzt:
+ 1.041 EUR (Überschuss).

Mit ihrer hiergegen rechtzeitig erhobenen Klage begehren die Kläger weiterhin die volle Berücksichtigung der von ihnen geltend gemachten Werbungskosten zu den V+V-Einkünften. Eine Aufteilung der Werbungskosten in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Anteil hätte nach ihrer Ansicht nicht vorgenommen werden dürfen.

Die vom Beklagten zu Grunde gelegte Kaltmiete von 5,04 EUR/m²/Monat werde unter Bezugnahme auf eine vom Finanzamt angelegte Wertesammlung bestimmt, ohne dass die Kriterien der Vergleichswohnungen genau benannt worden wären. Außerdem sei die Addition der tatsächlichen anteiligen Betriebskosten zur Kaltmiete nicht zu akzeptieren. Durch diese Vorgehensweise werde nicht eine ortsübliche Marktmiete im Sinne von § 21 Abs. 2 EStG ermittelt, sondern ein Wert, der eine Mischung aus ortsüblicher Marktmiete und vertraglich geschuldeter Miete darstelle.

Die tatsächlich zu berücksichtigende Marktmiete (Bruttowarmmiete) habe in C… im Streitzeitraum jedenfalls nicht mehr als 5,40 EUR/m²/Monat betragen. Zum Beweis beziehen sich die Kläger auf ein einzuholendes Sachverständigengutachten.

Unter Berücksichtigung einer ortsüblichen Miete von 5,40 EUR/m² lägen die mit den Mietern vereinbarten Mieten i.H.v. 4,06 EUR und 4,17 EUR bei mindestens 75 % der ortsüblichen Marktmiete. Eine Kürzung der Werbungskosten hätte demnach nicht vorgenommen werden dürfen, vielmehr seien die V+V-Einkünfte wie erklärt steuerlich zu berücksichtigen.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide für 2008, 2009 und 2010, jeweils vom und in der Fassung der Einspruchsentscheidungen vom , dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Verluste) der Kläger im Jahr 2008 i.H.v. – 5.189 EUR, im Jahr 2009 i.H.v. – 3.843 EUR sowie im Jahr 2010 i.H.v. – 2.348 EUR berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt der Beklagte im Wesentlichen Bezug auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidungen. Ergänzend weist er darauf hin, dass für den Streitzeitraum kein amtlicher Mietspiegel für die Stadt C… existiert habe. Die Sammlung der Mieten werde bei ihm, dem Beklagten, seit dem Jahr 2010 geführt und ständig aktualisiert und vervollständigt. Diese Sammlung sei daher zur Ermittlung einer Vergleichsmiete geeignet. Im Hinblick auf § 30 AO (Steuergeheimnis) sei es notwendig gewesen, den vorgelegten Auszug aus diesem internen Mietspiegel durch Entfernung der Straßennamen und Hausnummern zu anonymisieren.

Die von den Klägern angeführte Vergleichsmiete von 5,40 EUR/m² (brutto-warm) sei nicht nachvollziehbar, insbesondere sei nicht erkennbar, wie die Kläger diese Vergleichsmiete ermittelt bzw. aus welchen Quellen sie diese entnommen hätten.

Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung neben der Streitakte die vom Beklagten für die Kläger zur Steuernummer … geführte Einkommensteuerakte, in der sich die Vorgänge der Streitjahre befinden, sowie eine Vertragsakte vorgelegen, auf die ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist nur hinsichtlich des Streitjahres 2010 teilweise begründet; im Übrigen – hinsichtlich der Jahre 2008 und 2009 – ist sie unbegründet.

1.

Der Beklagte hat zutreffend ausgeführt, dass es keinen Zweifel an der Berechtigung gibt, dass er die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO stehenden Bescheide noch zum Nachteil der Kläger ändern durfte. Denn ein Vorbehaltsbescheid kann bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist ohne sachliche Einschränkung jederzeit in vollem Umfang aus formellen oder materiellen Gründen geändert werden (vgl. Darstellung bei Rüsken in: Klein, AO-Kommentar, 13. Aufl. 2016, § 164 Rz. 21 ff. mit zahlr. weiteren Nachweisen). Der Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO war in allen angegriffenen Einkommensteuerbescheiden wirksam gesetzt, und die Festsetzungsverjährung war zum Zeitpunkt des Erlasses der gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheide (Oktober 2013) noch für keines der Streitjahre 2008 bis 2010 eingetreten (vgl. §§ 169 ff. AO).

2.

Die Ermittlung der Vermietungseinkünfte hat der Beklagte dem Grunde nach und auch von der Methode her zutreffend durchgeführt.

Allerdings hat das Gericht den Wert der ortsüblichen Bruttowarmmiete für die streitgegenständlichen Wohnungen mit 6,89 EUR/m²/Monat ermittelt, während der Beklagte von Werten zwischen 6,80 EUR und 7,28 EUR/m²/Monat ausging (dazu unter I.3.).

Die vereinbarten Mieten mit den Kindern der Kläger (4,06 EUR bzw. 4,17 EUR) liegen sowohl nach der Berechnung des Beklagten als auch nach derjenigen des Gerichts innerhalb der Spanne von 56 bis unter 75 vom Hundert der ortsüblichen Marktmiete (dazu unter I.4).

Die Totalüberschussprognose in Bezug auf die Vermietungseinkünfte der Kläger ist in allen drei Streitjahren negativ (dazu unter I.5.), weshalb eine Kürzung der Werbungskosten vorzunehmen war (dazu unter I.6.)

3.

a) Die von den Klägern mit ihrer Tochter und der Familie des Sohnes vereinbarten Mieten waren in den Streitjahren nicht marktgerecht. Soweit die Kläger vortragen, sie hätten sich an einem Zeitungsartikel orientiert, in dem eine Miete in Höhe von 3,50 EUR/m² für C… genannt worden sei, hat der Beklagte bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Artikel aus dem Jahr 2003 stammte und deshalb der dort genannte Wert als Vergleichswert für die Streitjahre nicht herangezogen werden konnte.

b) Soweit die Kläger einen üblichen Quadratmeterpreis von 5,40 EUR behauptet haben, sind sie für dessen Herleitung – auch auf Nachfrage des Gerichts – jeden Nachweis schuldig geblieben. Es liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei diesem Mietwert um einen errechneten Wert handelte, mit dem dargelegt werden sollte, dass die niedrigste der vereinbarten Mieten (mit der Tochter der Kläger = 4,06 EUR/m²/Monat) mindestens 75 vom Hundert der ortsüblichen Marktmiete erreichte (75 % von 5,40 EUR = 4,05 EUR).

c) Es ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden, dass der Beklagte zur Schätzung der ortsüblichen Marktmiete die Werte aus dem von ihm, dem Finanzamt, selbst erstellten internen Mietspiegel abgeleitet hat. Denn diese Anschreibungen stellen ein geeignetes Mittel zur Ermittlung der ortsüblichen Miete dar; dies jedenfalls, wenn und soweit vergleichbare Wohnungen herangezogen werden.

aa) Der Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Ermittlung der ortsüblichen Miete bedurfte es nicht. Einerseits ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Ermittlung von ortsüblichen Mieten stets um Schätzungen im Sinne von § 162 AO handelt, denen immer eine gewisse Unsicherheit anhaftet. Um zu einem möglichst richtigen Schätzergebnis zu gelangen, sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Üblicherweise bedient sich die Finanzverwaltung – und ihr nachfolgend das Finanzgericht – zur Schätzung ortsüblicher Mieten der von den Gemeinden erstellten Mietspiegel. Liegt ein solcher Mietspiegel – wie im Streitfall – nicht vor, kommt die Ermittlung durch einen (Immobilien-)Sachverständigen in Betracht. Allerdings ist dies nicht der einzig denkbare Weg zur Ermittlung der üblichen Miete. Auch von der Finanzverwaltung selbst aufgestellte Mietspiegel bzw. angelegte Sammlungen von Mietdaten können durchaus zur Schätzung herangezogen werden; so hat der BFH z.B. mehrfach bestätigt, dass im Rahmen der Einheitsbewertung zur Schätzung der in Berlin (West) zum Bewertungsstichtag geltenden Wohnungsmieten die von der damaligen Oberfinanzdirektion – OFD – Berlin im Jahre 1991 aufgestellten Mietspiegel herangezogen werden können. Dem erkennenden Senat als dem für ganz Berlin und Brandenburg zuständigen (Immobilien-)Bewertungssenat ist zudem bekannt, dass auch andere Institutionen – wie z.B. die Industrie- und Handelskammern – Mietspiegel z.B. für Gewerbemieten erstellen, die sowohl von Steuerpflichtigen als auch von der Finanzverwaltung und den Finanzgerichten zur Ermittlung (Schätzung) ortsüblicher Gewerbemieten herangezogen werden. Ein Grundstückssachverständiger ist ebenfalls auf derartige Mietpreissammlungen angewiesen, um eine zutreffende ortsübliche Marktmiete zu ermitteln (schätzen).

bb) Die Mietpreissammlung des Beklagten stellt nach Überzeugung des erkennenden Senats eine geeignete Grundlage für die Schätzung der ortsüblichen Mieten für die streitgegenständlichen Wohnungen dar; nach den Erfahrungen des Senats mit Gutachten von Grundstückssachverständigen ist kaum vorstellbar, dass ein Sachverständiger über eine vergleichbar breite Datensammlung über Mieten aus der Stadt C… – bezogen auf die Jahre 2008 bis 2010 – verfügt. Deshalb wäre nach Einschätzung des Gerichts von einem Gutachten kein „besseres” Ergebnis zu erwarten, als durch die Auswertung der vorhandenen Daten des Finanzamts.

d) Nicht zu folgen ist dem Beklagten indes insoweit, als er die übliche Marktmiete in C… aus einem arithmetischen Mittel der Mieten für Wohnungen verschiedenster Größen, die zum Teil nicht mit den streitgegenständlichen Wohnungen vergleichbar sind, abgeleitet hat. Eine Heranziehung der neun Vergleichswohnungen aus der Liste des Beklagten mit einer Wohnfläche von 43 m² bis 55 m² erscheint dem Gericht angesichts des Umstands, dass die streitgegenständlichen Wohnungen 48 m² bzw. 50 m² groß sind, angemessener, als die Mietwerte sämtlicher Wohnungen aus der Liste mit Größen von 28 m² bis zu 160 m² heranzuziehen, wie es der Beklagte getan hat.

aa) Die neun Wohnungen aus der Liste mit einer Größe von 43 m² bis 55 m², die das Gericht seiner Berechnung zugrunde legt, wurden zu einer durchschnittlichen Nettokaltmiete von 5,39 EUR/m²/Monat vermietet. Von diesem durchschnittlichen Mietzins ist bei den streitgegenständlichen Wohnungen ein Abschlag i.H.v. 20 % wegen der lediglich einfach verglasten Fenster sowie wegen des Alters des Gebäudes (und der damit einhergehenden mangelhaften Isolierung) vorzunehmen; dies führt in einem Zwischenschritt zu einem durchschnittlichen Mietpreis von 4,31 EUR/m² (netto-kalt).

bb) Allerdings ist hierbei noch nicht berücksichtigt, dass die Kläger sich in den Mietverträgen gegenüber den Mietern zur Übernahme der Kosten der Schönheitsreparaturen verpflichtet haben. Eine solche Verpflichtung wird in Mietverträgen zwischen fremden Dritten nach den Erfahrungen der Senatsmitglieder so gut wie nie von den Vermietern übernommen; falls dies ausnahmsweise doch der Fall ist, führt dies zu einem entsprechenden Zuschlag zum Mietpreis. Daher hält es das Gericht vorliegend für angebracht, die Kaltmiete für die streitgegenständlichen Wohnungen wegen der übernommenen Schönheitsreparaturen durch die Kläger um 10 % zu erhöhen. Die ortsübliche Kaltmiete wird demgemäß vom Gericht auf 4,74 EUR/m²/Monat geschätzt (5,39 EUR abzgl. 20 % [Fenster und Gebäudealter] = 1,08 EUR = Zwischensumme: 4,31 EUR, zzgl. 10 % [Schönheitsreparaturen] = 0,43 EUR, in der Summe: 4,74 EUR).

cc) Die so im Schätzwege ermittelte ortsübliche Nettokaltmiete muss, da die Kläger mit ihren Mietern eine Bruttowarmmiete vereinbart haben, noch um die umlagefähigen Betriebskosten erhöht werden. Der Beklagte hat dies in der Weise umgesetzt, dass er für jedes der Streitjahre die tatsächlich entstandenen Betriebskosten pro Quadratmeter/Wohnfläche ermittelt und zu der von ihm ermittelten Nettokaltmiete hinzu addiert hat.

(1) Das Gericht hält diese Methode aus den von den Klägern angeführten Gründen für falsch. Um eine ortsübliche (Bruttowarm-)Miete im Schätzwege zu ermitteln, kann nicht rückschauend in Kenntnis der tatsächlich entstandenen Betriebskosten ein Zuschlag auf die Kaltmiete errechnet werden. Vielmehr muss für den Ansatz der warmen Betriebskosten ein objektiver Maßstab für die Schätzung gefunden werden. Denn bei Vereinbarung einer Bruttowarmmiete hat der Vermieter keine Möglichkeit, ggf. höher ausfallende Betriebskosten als von ihm kalkuliert später vom Mieter nachzufordern; wie auch der Mieter

keinen Anspruch auf Rückzahlung von Betriebskosten für den Fall hat, dass diese niedriger ausfallen als vom Vermieter kalkuliert. Im Streitfall kommt hinzu, dass eine Unabänderlichkeit der Miethöhe bis zum Jahr 2012 vertraglich vereinbart ist; somit scheidet in den Streitjahren auch eine Änderungskündigung zur Angleichung der Miethöhe an die gestiegenen Betriebskosten aus.

(2) Deshalb bietet es sich nach Ansicht des Gerichts an, die für vergleichbare Wohnungen empirisch ermittelten durchschnittlichen Betriebskosten zugrunde zu legen. Die vom Gericht zur Ermittlung der Netto-Kaltmiete herangezogenen neun Vergleichswohnungen aus der Liste des Beklagten weisen Nebenkosten in einer Spanne von 1,15 EUR bis zu 2,68 EUR/m²/Monat auf, im Mittel 2,15 EUR.

e) Um diesen Mittelwert von 2,15 EUR ist die Netto-Kaltmiete von 4,74 EUR zu erhöhen, so gelangt man zu der üblichen Bruttowarmmiete von 6,89 EUR/m²/Monat für die streitgegenständlichen Wohnungen. Dieser Wert ist in allen drei Streitjahren anzusetzen.

4.

a) Bezogen auf die übliche Bruttowarmmiete von 6,89 EUR/m²/Monat erreicht die mit der Tochter der Kläger vereinbarte Miete (4,06 EUR/m²) lediglich 58,93 % und die mit dem Sohn der Kläger vereinbarte Miete (4,17 EUR/m²) lediglich 60,52 % der ortsüblichen Marktmiete.

b) Dass die von den Klägern mit ihren Kindern vereinbarten Bruttowarmmieten in der Spanne von 56 % bis unter 75 % der ortsüblichen Vergleichsmieten lagen, hat zur Folge, dass die volle Berücksichtigung der Werbungskosten nur bei einer positiven Totalüberschussprognose in Betracht kommt; der BFH hat hierzu (bezogen auf eine frühere Fassung des § 21 Abs. 2 EStG, in der eine Mindesthöhe der ortsüblichen Marktmiete von 50 vom Hundert gefordert wurde) ausgeführt: „ Beträgt der Mietzins 50 v.H. und mehr, jedoch weniger als 75 v.H. der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Überschussprognose zu prüfen. Ist die Überschussprognose positiv, sind die mit der verbilligten Vermietung zusammenhängenden Werbungskosten in voller Höhe abziehbar. Ist die Überschussprognose negativ, ist die Vermietungstätigkeit in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen; die anteilig auf den entgeltlichen Teil entfallenden Werbungskosten sind abziehbar.” (Urteile vom , IX R 48/01, BStBl II 2003, 646 sowie IX R 40/99, BFH/NV 2003, 316). Diese vom BFH entwickelten Grundsätze sind auf die vorliegend anzuwendende Fassung des § 21 Abs. 2 EStG, die eine Mindesthöhe der vereinbarten Miete von 56 vom Hundert der ortsüblichen Marktmiete fordert,

weiter (bis zum Jahr 2011) entsprechend anzuwenden (Kulosa in Schmidt, EStG-Kommentar, 36. Aufl. 2017, § 21 Rz. 158).

5.

Der Beklagte hat auch die Totalüberschussprognosen für die vermieteten Wohnungen der Kläger zutreffend mit dem Ergebnis durchgeführt, dass diese negativ waren; insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der Einspruchsentscheidungen Bezug, die sich das Gericht gemäß § 105 Abs. 5 FinanzgerichtsordnungFGO – zu Eigen macht.

6.

a) Demgemäß sind die auf die Wohnung der Tochter entfallenden Werbungskosten (51,02 % der gesamten auf die vermieteten Wohnungen entfallenden Werbungskosten) lediglich i.H.v. 58,93 % und die auf die Wohnung des Sohnes entfallenden Werbungskosten (48,98 % der gesamten auf die vermieteten Wohnungen entfallenden Werbungskosten) lediglich i.H.v. 60,52 % steuerlich zu berücksichtigen. Dies führt unter Berücksichtigung gleich bleibender Einnahmen aus der Vermietung in Höhe von jeweils 4.834 EUR in den Streitjahren nach den Berechnungen des Gerichts zu folgenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
– 2008:
– 1.181,06 EUR,
lt. Einspruchsentscheidung:
– 1.253,20 EUR,
– 2009:
– 340,37 EUR,
lt. Einspruchsentscheidung:
– 387,26 EUR,
– 2010:
+ 551,68 EUR,
lt. Einspruchsentscheidung:
+ 786,00 EUR.

b) Die Berechnung sieht im Einzelnen wie folgt aus:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
– 2008:
Einnahmen:
4.834,00 EUR
Werbungskosten Tochter:
58,93 % von
5.139,75 EUR:
– 3.028,85 EUR
Werbungskosten Sohn:
60,52 % von
4.934,25 EUR:
– 2.986,21 EUR
V+V-Einkünfte 2008:
– 1.181,06 EUR
– 2009:
Einnahmen:
4.834,00 EUR
Werbungskosten Tochter:
58,93 % von
4.421,39 EUR:
– 2.605,53 EUR
Werbungskosten Sohn:
60,52 % von
4.244,61 EUR:
– 2.568,84 EUR
V+V-Einkünfte 2009:
– 340,37 EUR
– 2010:
Einnahmen:
4.834,00 EUR
Werbungskosten Tochter:
58,93 % von
3.659,15 EUR:
– 2.156,34 EUR
Werbungskosten Sohn:
60,52 % von
3.512,85 EUR:
– 2.125,98 EUR
V+V-Einkünfte 2010:
+ 551,68 EUR.

c) In den Jahren 2008 und 2009 hat der Beklagte demnach bereits höhere Verluste anerkannt, als den Klägern nach Auffassung des Gerichts zustanden; insoweit hat die Klage somit keinen Erfolg, allerdings verbleibt es bei den angesetzten Einkünften laut Bescheiden, da das Gericht nicht über das Klagebegehren der Kläger hinausgehen darf (Verbot der sog. Verböserung, § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO).

d) Im Streitjahr 2010 wird der angesetzte (positive) Überschuss durch die Gerichtsentscheidung von 786 EUR auf 551 EUR vermindert, insoweit hat die Klage also Erfolg.

II. Die Übertragung der Steuerberechnung auf den Beklagten richtet sich nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO; da der Beklagte nur zu einem sehr geringen Teil unterlegen ist (ca. 2,24 %, Verminderung der Einkünfte um 235 EUR), ist es angemessen, den Klägern die Kosten des Verfahrens ganz aufzuerlegen.

III. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Fundstelle(n):
DStR 2018 S. 8 Nr. 36
DStRE 2019 S. 141 Nr. 3
EFG 2017 S. 1512 Nr. 18
CAAAG-57200