BBK Nr. 3 vom Seite 110

Wertberichtigung von Forderungen

Udo Cremer *

Zum Bilanzstichtag [i]Cremer, Forderungen in der Handels- und Steuerbilanz, Beilage zu NWB 39/2018 S. 32 NWB KAAAG-94233 müssen Forderungen daraufhin überprüft werden, ob sie noch voll werthaltig sind. Sind bis zum Bilanzstichtag Umstände eingetreten, die eine vollständige Werthaltung nicht mehr gewährleisten, muss eine Wertberichtigung bis hin zur vollständigen Abschreibung erfolgen.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Handelsrechtliche Bewertung

1. Kategorisierung der Forderungen

[i]Cremer, Forderungen, Lexikon NWB PAAAG-51439 Da Forderungen aus Lieferungen und Leistungen im Rahmen von Schuldverhältnissen entstehen, stellen sie den Gegenwert zu einer erbrachten Lieferung oder Leistung dar [1] und sind als Vermögensgegenstände mit den Anschaffungskosten einzeln, d. h. zum Nennwert ggf. einschließlich Umsatzsteuer, zu bewerten (§§ 252 Abs. 1 Nr. 3, 253 Abs. 1 Satz 1 HGB). Zum Bilanzstichtag sind im Umlaufvermögen auszuweisende Forderungen aufgrund des strengen Niederstwertprinzips mit dem niedrigeren beizulegenden Wert anzusetzen (§ 253 Abs. 4 Satz 2 HGB). Aus diesem Grund werden Forderungen nach ihrer Bonität häufig wie folgt eingeteilt:


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Einwandfreie Forderungen
Zweifelhafte Forderungen
Uneinbringliche Forderungen
Es besteht kein Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Schuldners; Zahlungsausfälle sind nicht zu erwarten.
Der Zahlungseingang erscheint unsicher, z. B. weil der Kunde trotz mehrfacher Mahnung nicht reagiert.
Der Forderungsausfall steht zum Bilanzstichtag endgültig fest, z. B. wegen eidesstattlicher Versicherung oder weil das Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet wird.
Ansatz einer Pauschalwertberichtigung.
Ansatz einer Einzelwertberichtigung.
Abschreibung der Forderungen.S. 111
Bewertung mit dem niedrigeren beizulegenden Wert:
Nennwert der Forderung abzgl. Pauschalwertberichtigung.
Bewertung mit dem niedrigeren beizulegenden Wert:
Nennwert der Forderung abzgl. Einzelwertberichtigung, d. h. mit dem wahrscheinlichen Wert. [2]
Bewertung mit 0 Euro.
Keine Umsatzsteuerberichtigung
Umsatzsteuerberichtigung [3]

2. Einzelwertberichtigung bei zweifelhaften Forderungen

[i]Hoffmann, Forderungsausfall und Wertberichtigung, StuB 3/2016 S. 85 NWB TAAAF-49414 Am Bilanzstichtag wird jede Forderung einzeln daraufhin überprüft, ob zwischenzeitlich Umstände eingetreten sind, die die Forderung nicht mehr voll werthaltig erscheinen lassen. Bestehen (berechtigte) Zweifel an der vollen Werthaltigkeit der Forderung, ist diese in Form einer Einzelwertberichtigung auf den niedrigeren beizulegenden Wert [4] abzuschreiben, d. h. auf den wahrscheinlichen Wert, mit dem ein Zahlungseingang zu erwarten ist. [5]

Dabei sind nicht nur Umstände zu berücksichtigen, die sich aus der Person des Schuldners (er will oder kann nicht zahlen) oder aus der Eigenschaft der Forderung selbst ergeben, sondern alle Umstände, die den Forderungseingang zweifelhaft erscheinen lassen.

[i]Schätzung des AusfallrisikosSteht zum Bilanzstichtag noch nicht endgültig fest, inwieweit die zweifelhafte Forderung ausfallen wird, muss der Forderungsausfall ggf. geschätzt werden. Im Rahmen der Schätzung sind etwaige Sicherheiten sowie Rückgriffsmöglichkeiten wie z. B. Grundpfandrechte, Sicherungseigentum oder Bürgschaften zu berücksichtigen, [6] da auch für besicherte Forderungen eine Abwertung zum Bilanzstichtag grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist. [7] Dabei sind Forderungen mit Delkredereversicherung genauso als vollwertig anzusehen wie Exportforderungen, deren Ausfallrisiko durch eine Hermes-Versicherung gedeckt ist. [8]

[i]Bemessungsgrundlage und BuchungBemessungsgrundlage für die Einzelwertberichtigung ist der Nettobetrag der einzelnen Forderung, d. h. ohne Umsatzsteuer. [9] Aus Praktikabilitätsgründen werden vor der Vornahme einer Einzelwertberichtigung die einwandfreien von den zweifelhaften Forderungen buchhalterisch getrennt. Der geschätzte Forderungsausfall kann buchungstechnisch in zwei Varianten erfolgen:

  • Direkte Abschreibung: Der Forderungsbetrag wird direkt durch eine Abschreibung vermindert.

  • Indirekte Abschreibung: Der Forderungsbetrag bleibt unverändert, die Wertberichtigung wird indirekt über ein Einzelwertberichtigungskonto gebucht, das im Rahmen der Bilanzaufstellung mit dem Wert der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen saldiert wird.

Hinweis:

Sind zum Bilanzstichtag zweifelhafte Forderungen bis zum Tag der Bilanzaufstellung beglichen worden, scheidet eine Einzelwertberichtigung zum Bilanzstichtag aus, weil spätestens mit dem Zahlungseingang die Zweifel bezüglich der vollen Werthaltigkeit nicht mehr bestehen.S. 113

3. Abschreibung uneinbringlicher Forderungen

[i]Endgültiger AusfallSteht zum Bilanzstichtag allerdings schon fest, dass der Forderungsbetrag endgültig ausfallen wird und damit uneinbringlich geworden ist, ist der Nettobetrag der Forderungen abzuschreiben und die Umsatzsteuer zu berichtigen. Dabei erfolgt die Forderungsabschreibung erfolgswirksam über folgende Konten:


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Forderungsverluste (übliche Höhe) [i]Broemel/Endert, Bilanzielle Abbildung der Uneinbringlichkeit bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, BBK 2/2014 S. 64 NWB CAAAE-52310
Forderungsverluste (soweit unüblich hoch)
Abschluss über „sonstige betriebliche Aufwendungen“. [10]
Abschluss über „Abschreibungen auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten“. [11]

Hinweis:

Unüblich hoch ist ein Forderungsverlust, wenn der Forderungsausfall wesentlich von den „geglätteten“ durchschnittlichen Abschreibungen der letzten drei bis fünf Jahre abweicht, [12] d. h. die über die Üblichkeit hinausgehenden Beträge müssen deutlich höher sein als die Durchschnittswerte der letzten Jahre.

4. Pauschalwertberichtigung zur Risikoabdeckung

[i]Allgemeines AusfallrisikoSelbst wenn zum Bilanzstichtag keine konkreten Gründe für einen niedrigeren Wert als den Nennwert sprechen, ist zu erwarten, dass zum Bilanzstichtag noch einwandfreie Forderungen in der Zukunft ausfallen werden. Dies wird zum Bilanzstichtag bereits durch eine Pauschalwertberichtigung berücksichtigt, die das allgemeine Forderungsausfallrisiko abdecken soll, da es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, beim Jahresabschluss alle vorhersehbaren Risiken zu berücksichtigen. [13]

[i]Gesetzliche GrundlageGesetzliche Grundlage für die pauschale Wertberichtigung von Forderungen sind § 242 Abs. 1 Satz 1 HGB und § 252 Abs. 2 HGB, da nur in begründeten Ausnahmefällen von der Einzelbewertung abgewichen werden darf.

[i]BemessungsgrundlageGrundlage für die Bemessung der Pauschalwertberichtigung sind die Nettobeträge der einzelnen Forderungen, d. h. unter Herausrechnung der Umsatzsteuer. [14] Dabei scheiden Forderungen aus, die bereits einer Einzelwertberichtigung unterzogen wurden sowie bereits abgeschriebene Forderungen. Durch die Bildung einer Pauschalwertberichtigung werden folgende Risiken abgedeckt: [15]


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Ausfallrisiko
(Forderungsausfälle ∙ 100)/Netto-Sollumsatz
Bargeschäfte werden dabei nicht berücksichtigt.
Skonti und ähnliche
Erlösschmälerungen
(Preisnachlässe [16] (in Form von Skonti und dergleichen) ∙ 100)/Netto-Sollumsatz
einschließlich Bargeschäfte.
Zinsverlust
Kalkulatorisch entstehender Zinsverlust durch die verspätete Kundenzahlung.
Einziehungsrisiko
(Einzugskosten ∙ 100)/Brutto-Sollumsatz
Zu den Einzugskosten zählen z. B. Mahnkosten, Kosten für eine gerichtliche Verfolgung, Kosten der Zwangsvollstreckung [17], Inkassokosten und dergleichen. S. 114

Im [i]Happe, Pauschalwertberichtigungen bei der Bewertung von Forderungen, BBK 14/2016 S. 685 NWB OAAAF-77469 Gegensatz dazu bleiben mittelbare wirtschaftliche Folgen verspäteter Zahlungseingänge, z. B. durch Aufnahme eines zusätzlichen Bankkredits oder Nachteile aus nicht möglicher Skontoinanspruchnahme für eigene Verbindlichkeiten, bei der Bestimmung der Höhe der Pauschalwertberichtigung unberücksichtigt. [18]

Hinweis:

Von der Bildung einer Pauschalabwertung auf den nicht einzeln bewerteten Forderungsbestand darf nicht schon deshalb abgesehen werden, weil Grund zu der Annahme besteht, dass keine Risiken vorliegen. Nur wenn explizit ausgeschlossen werden kann, dass solche bestehen, [19] z. B. wenn zum Tag der Bilanzaufstellung sämtliche zum Bilanzstichtag vorhandenen Forderungen tatsächlich beglichen wurden, ist eine Pauschalwertberichtigung obsolet.

[i]BuchungenAuf die Bemessungsgrundlage wird ein individueller Prozentsatz angewendet, dessen Höhe sich aus den Erfahrungswerten der vergangenen Jahre ergibt und für die Zukunft geschätzt werden muss. [20] Im Rahmen der Berechnung sind jedoch bessere Erkenntnisse bis zum Tag der Bilanzaufstellung einzubeziehen. Dabei wird die erst zum Bilanzstichtag zu berechnende Pauschalwertberichtigung auf dem Passivkonto „Pauschalwertberichtigungen auf Forderungen“ verbucht, welches im Rahmen der Bilanzaufstellung mit dem Aktivkonto „Forderungen aus Lieferungen und Leistungen“ verrechnet wird.

II. Steuerrechtliche Behandlung

1. Einzelwertberichtigung

[i]Wertminderung voraussichtlich dauerhaft?Grundsätzlich sind auch im Steuerrecht Forderungen mit ihren Anschaffungskosten (= Nennwert) anzusetzen, [21] d. h. bei Geldforderungen mit dem Betrag, auf dessen Zahlung der Steuerpflichtige einen Anspruch hat. [22] Eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert [23] kommt nur bei besonderen Verhältnissen des Schuldners und auch nur bei voraussichtlich dauernder Wertminderung in Betracht, beispielsweise wenn sich der Schuldner in einer schlechten wirtschaftlichen Lage befindet. [24] Eine Einzelwertberichtigung kommt nur bei einem über dem allgemeinen Kreditrisiko hinausgehenden Ausfallrisiko infrage.

[i]Cremer, Einzelwertberichtigungen von Forderungen, Lexikon NWB DAAAG-69896 (Endgültig) uneinbringliche Forderungen sind vollständig abzuschreiben [25] und zweifelhafte Forderungen mit ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen. [26] Ist mit einem Ausfall der Forderung nicht zu rechnen, scheidet eine Forderungsabschreibung auf den niedrigeren Teilwert aus. [27] Dabei steht der Wertberichtigung von Forderungen nicht entgegen, dass sie nach dem Tag der Bilanzerstellung (teilweise) erfüllt worden sind und der Gläubiger den Schuldner weiterhin beliefert hat. [28] S. 116

2. Pauschalwertberichtigung

2.1 Kriterium der voraussichtlich dauernden Wertminderung

[i]Cremer, Pauschalwertberichtigung von Forderungen, Lexikon NWB XAAAG-89114 Auch der Ansatz einer Pauschalabwertung bedeutet steuerrechtlich die Bewertung der Forderungen zum (niedrigeren) Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung. [29] Grundlage für die Pauschalwertberichtigung ist eine wahrscheinliche, aber im Einzelfall noch nicht bekannte Wertminderung einzelner Forderungen, die dauerhaft ist. [30] Eine Pauschalabwertung ist allerdings keiner speziellen Forderung, sondern als Sammelbewertung einer (Teil-)Gesamtheit von Forderungen zuzuordnen. [31]

Hinweis:

Das pauschale Bewertungsverfahren ist immer dann geboten, wenn die individuelle Wertermittlung unmöglich, schwierig oder unzumutbar erscheint, [32] da auch bei einer größeren Anzahl gleichartiger Forderungen in aller Regel eine gewisse Ausfallwahrscheinlichkeit besteht. [33]

2.2 Berechnung der Pauschalwertberichtigung

[i]BemessungsgrundlageDie Höhe der Pauschalwertberichtigung darf steuerrechtlich mit einem geschätzten Prozentsatz des zu bewertenden Forderungsbestands angesetzt werden, der danach zu bemessen ist, wie ein sorgfältig die mutmaßliche Entwicklung der Verhältnisse beim Schuldner abschätzender Kaufmann die zweifelhaften Forderungen schätzt. Sinnvoll erscheint, den Pauschalsatz nach Inlands-, Auslands- sowie Wechselforderungen zu differenzieren. [34] Der festgesetzte (handelsrechtliche) Abwertungssatz ist auch in der Steuerbilanz anzusetzen.

Hinweis:

Aufgrund [i]Nichtaufgriffsgrenze der Diskussionsanfälligkeit der Höhe der gebildeten Pauschalwertberichtigung im Rahmen von Betriebsprüfungen wird in der Praxis häufig dazu übergegangen, die steuerbilanzielle Pauschalwertberichtigung auf die von der Finanzverwaltung definierte Nichtaufgriffsgrenze von 1 % [35] des um die Einzelwertberichtigungen bereinigten Forderungsbestands zu begrenzen. [36]

[i]Utz/Frank, Wertberichtigungen zu Forderungen (HGB, EStG), infoCenter NWB SAAAB-05367 Zur Orientierung kann der Erlass der SenFin Berlin [37] herangezogen werden, wonach ein Zinsverlust unter dem Kriterium der Ermittlung eines niedrigeren Teilwerts einer voraussichtlich dauernden Wertminderung grundsätzlich nicht standhält. Er ist damit steuerrechtlich unzulässig, zumal es bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (abgesehen von bei der Bemessung des Delkredere gesondert zu berücksichtigenden Ausfallrisiken bzw. Erlösschmälerungen) gewiss ist, dass sie zum Nennwert erfüllt werden und zwar unabhängig von der Einräumung eines Zahlungsziels. Der Zahlungszeitpunkt liegt dabei zudem i. d. R. in einem überschaubaren Zeitraum zum Bilanzstichtag, denn Kundenforderungen wird grundsätzlich ein kurzes, meist nur wenige Wochen dauerndes Zahlungsziel eingeräumt.

[i]Rätke, Neues zu Teilwertabschreibung, voraussichtlich dauernder Wertminderung und Wertaufholungsgebot, BBK 20/2016 S. 987 NWB MAAAF-83941 Damit ist ein voraussichtlich nachhaltiges Absinken des Werts des Wirtschaftsguts unter den maßgeblichen Buchwert nicht gegeben, womit keine dauerhafte S. 117Wertminderung angenommen werden kann. [38] Lediglich in gesondert gelagerten Ausnahmefällen ist die Berücksichtigung eines Zinsverlustes bei der Pauschalwertberichtigung zulässig, z. B. wenn

  • am Bilanzstichtag (abweichend vom Regelfall) ein nicht unerhebliches Volumen an Kundenforderungen mit längerfristigen Zahlungszielen vorhanden ist,

  • diese Forderungen im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung noch offen sind und

  • ein Zinsanspruch wegen der späten Zahlung nicht besteht bzw. nicht geltend gemacht wird.

2.3 Keine Berücksichtigung von Einziehungskosten

[i]Keine Berücksichtigung des EinziehungsrisikosDurch die Komponente „Einziehungsrisiko“ finden auch (möglicherweise eher rückstellungsfähige) Aufwendungen wie Mahn- oder Prozesskosten Eingang in die (handelsrechtliche) Pauschalwertberichtigung. Eine Einbeziehung dieser Aufwendungen in die (steuerrechtliche) Pauschalwertberichtigung scheidet jedoch grundsätzlich aus, da Einziehungskosten nur dann anfallen, wenn die Fälligkeit der Forderung überschritten wird. Außerdem kann bei Einziehungskosten für säumige Zahler i. d. R. davon ausgegangen werden, dass ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Schuldner besteht, was zu einer Nichtberücksichtigung bei der Bemessung der steuerrechtlichen Pauschalwertberichtigung führt.

Hinweis:

Lediglich [i]Ausnahmen in (begründeten) Ausnahmefällen, in denen kein entsprechender Erstattungsanspruch besteht oder in denen das Unternehmen glaubhaft machen kann, dass es auf die Geltendmachung der Kosten aus betrieblichen Gründen verzichtet bzw. verzichten wird, kann ein Einziehungsrisiko in entsprechender Höhe berücksichtigt werden.

III. Ausgangssachverhalte

1. Uneinbringliche Forderung

[i]InsolvenzverfahrenDer Kunde Schmitz stellt am einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Vom zuständigen Amtsgericht erhält die GmbH am (noch vor Bilanzaufstellung) die Mitteilung, dass das Insolvenzverfahren des Kunden Schmitz mangels Masse nicht eröffnet wird. Zum Bilanzstichtag hat die GmbH gegenüber dem Kunden Schmitz eine Forderung i. H. von 50.000 € zzgl. 19 % Umsatzsteuer.

2. Zweifelhafte Forderung

[i]MahnverfahrenDie GmbH hat seit dem gegenüber ihrem Kunden Schulz eine Forderung i. H. von 10.000 € zzgl. 19 % Umsatzsteuer offen stehen. Obwohl der Kunde bereits mehrfach angemahnt wurde, kann bis zum Bilanzstichtag kein Zahlungseingang festgestellt werden. Am schätzt die GmbH den voraussichtlichen Forderungsausfall auf 45 %.

3. Pauschalwertberichtigung

[i]Allgemeines AusfallrisikoZum beläuft sich der gesamte Forderungsbestand der GmbH auf insgesamt 752.000 € (vor Berücksichtigung der Fälle 1 und 2). In diesem Betrag sind Forderungen von insgesamt 85.600 € mit 7 % Umsatzsteuer enthalten, bei allen anderen Forderungen handelt es sich um Forderungen mit 19 % Umsatzsteuer. Nach Abzug der Fälle 1 und 2 soll vom verbleibenden Restbestand zur Berücksichtigung allgemeiner S. 118Forderungsausfälle und Risiken eine Pauschalwertberichtigung von 2 % vorgenommen werden. Die Schätzung stützt sich auf die Erfahrungen der letzten Jahre und ist nicht zu beanstanden.

  • Im Vorjahr wurde eine Pauschalwertberichtigung i. H. von 8.000 € gebildet, die bisher noch nicht aufgelöst wurde;

  • bis zum Tag der Bilanzaufstellung sind bis auf einen Restbetrag von 8.330 € (inkl. 19 % Umsatzsteuer) alle Forderungen eingegangen (die im Vorjahr gebildete Pauschalwertberichtigung betrug ebenfalls 8.000 €);

  • in dem 2%igen Pauschalwertberichtigungssatz sind auch 0,3 % für ein Zinsverlustrisiko berücksichtigt worden.

IV. Forderungsbewertung

1. Uneinbringliche Forderung

[i]Abschreibung und UmsatzsteuerberichtigungDie Forderung an den Kunden Schmitz ist zum uneinbringlich geworden und muss abgeschrieben werden, da der Forderungsausfall im Jahr 2018 eingetreten ist. Bei der Mitteilung des handelt es sich um eine wertaufhellende Tatsache, die zum zu berücksichtigen ist. [39] Zusammen mit der Forderungsabschreibung ist gleichzeitig auch die Umsatzsteuer zu berichtigen. [40] Buchung: [41]


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6936
Forderungsverluste 19 % USt (übliche Höhe)
59.500 €
an
1200
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
59.500 €

Hinweis:

Bei dem Konto 6936 handelt es sich um ein Automatikkonto. Die Umsatzsteuer von 9.500 € wird mit 19 % automatisch herausgerechnet und auf dem Umsatzsteuer-Sammelkonto 3806 erfasst.

2. Zweifelhafte Forderung

[i]Buchhalterische TrennungZwecks besserer Übersichtlichkeit wird die zweifelhafte Forderung am von den übrigen (zweifelsfreien) Forderungen getrennt:


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1241
Zweifelhafte Forderungen – Restlaufzeit bis 1 Jahr
11.900 €
an
1200
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
11.900 €

[i]EinzelwertberichtigungAnschließend erfolgt die Einzelwertberichtigung i. H. von 4.500 € (45 % des Nettoforderungswerts von 10.000 €).


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6923
Einstellung in die Einzelwertberichtigung auf Forderungen
4.500 €
an
1246
Einzelwertberichtigungen auf Forderungen – Restlaufzeit bis 1 Jahr
4.500 €

In der Bilanz wird der gesamte Forderungsbestand mit dem Passivkonto „Einzelwertberichtigungen auf Forderungen – Restlaufzeit bis 1 Jahr“ verrechnet und nur noch der Saldo im Umlaufvermögen unter dem Posten „Forderungen aus Lieferungen und Leistungen“ ausgewiesen.

3. Pauschalwertberichtigung

[i]Bemessungsgrundlage der PauschalwertberichtigungZur Ermittlung der Pauschalwertberichtigung ist zunächst die Bemessungsgrundlage zu bestimmen, indem vom gesamten Forderungsbestand die bereits S. 119einzelwertberichtigten bzw. abgeschriebenen Forderungen und vom Restbetrag die darin enthaltene Umsatzsteuer abgezogen werden:


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Forderungsbestand mit 7 % Umsatzsteuer
85.600 €
 
 
Forderungsbestand mit 19 % Umsatzsteuer
666.400 €
 
 
Forderungsbestand brutto
 
752.000 €
-
abgeschriebene Forderung gegen Schmitz unter 1.
 
59.500 €
-
einzeln wertberichtigte Forderung gegen Schulz unter 2.
 
11.900 €
=
Zwischensumme
 
680.600 €
 
davon mit 7 %
85.600 €
 
-
darin enthaltene Umsatzsteuer i. H. von 7 %
 
5.600 €
 
davon mit 19 % (666.400 € - 59.500 € - 11.900 €)
595.000 €
 
-
darin enthaltene Umsatzsteuer i. H. von 19 %
 
95.000 €
=
Bemessungsgrundlage für die Pauschalwertberichtigung
580.000 €
 
davon 2 %
 
11.600 €
-
bereits im Vorjahr gebildete Pauschalwertberichtigung
 
8.000 €
=
Aufstockungsbetrag zum
3.600 €

Buchung:


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6920
Einstellung in die Pauschalwertberichtigung auf Forderungen
3.600 €
an
1248
Pauschalwertberichtigung auf Forderungen – Restlaufzeit bis 1 Jahr
3.600 €

[i]Herabsetzung der PauschalwertberichtigungDa am Tag der Bilanzaufstellung nur noch ein Restforderungsbestand von brutto 8.330 € offen steht, kann auch nur noch ein maximaler Ausfall von 7.000 € (8.330 €/1,19) eintreten, so dass die Pauschalwertberichtigung zum auf maximal 7.000 € begrenzt ist. Insofern ist gegenüber dem Vorjahreswert ein Betrag von 1.000 € aufzulösen (8.000 € - 7.000 €):


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1248
Pauschalwertberichtigung auf Forderungen – Restlaufzeit bis 1 Jahr
1.000 €
an
4920
Erträge aus der Herabsetzung der Pauschalwertberichtigung auf Forderungen
1.000 €

[i]Handelsbilanzwert ≠ SteuerbilanzwertDie Bemessungsgrundlage für die steuerrechtliche Pauschalwertberichtigung beträgt ebenfalls 580.000 €, jedoch darf nur ein Prozentsatz von 1,7 % (2 % - 0,3 %) als Wert für die Pauschalwertberichtigung berücksichtigt werden: 1,7 % ∙ 580.000 € = 9.860 €. Da handelsrechtlich eine pauschale Wertberichtigung von 2 % weiterhin möglich ist, ist der handelsrechtliche Jahresüberschuss für die Ermittlung des steuerlichen Gewinns außerbilanziell [42] um 1.740 € (11.600 € - 9.860 €) zu erhöhen.

Autor

Udo Cremer,
Dipl.-Kfm. (FH), Aurich.

Fundstelle(n):
BBK 2019 Seite 110 - 119
NWB BAAAH-05975

1Vgl. Schubert/Berberich in Grottel u. a. (Hrsg.), Beck'scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 247 Rz. 75.

2Vgl. Kulosa in Schmidt, EStG, 37. Aufl. 2018, § 6 Rz. 302.

3§ 17 Abs. 2 Nr. 1 i. V. mit Abs. 1 Satz 1 UStG.

4§ 253 Abs. 4 Satz 2 HGB.

5Vgl. Schubert/Berberich in Grottel u. a. (Hrsg.), Beck´scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 253 Rz. 567.

6Vgl. Schubert/Berberich in Grottel u. a. (Hrsg.), Beck´scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 253 Rz. 570.

7 NWB OAAAA-97141.

8Vgl. Schubert/Berberich in Grottel u. a. (Hrsg.), Beck´scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 253 Rz. 590 f.

9, BStBl 1981 II S. 766 NWB JAAAB-02282.

10§ 275 Abs. 2 Nr. 8 HGB (GKV) bzw. § 275 Abs. 3 Nr. 7 HGB (UKV).

11§ 275 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b HGB.

12Vgl. Schmidt/Peun in Grottel u. a. (Hrsg.), Beck'scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 275 Rz. 145.

13§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB.

14, BStBl 1981 II S. 766 NWB JAAAB-02282.

15Endriss (Hrsg.), Bilanzbuchhalter-Handbuch, 11. Aufl. 2017, 1. Kap. Rz. 1507; , EFG 1978 S. 316 f.

16Vgl. Schubert/Berberich in Grottel u. a. (Hrsg.), Beck´scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 253 Rz. 582.

17Brösel/Scheren/Wasmuth in Petersen/Zwirner/Brösel, Systematischer Praxiskommentar Bilanzrecht, 3. Aufl. 2016, § 253 Rz. 252.

18Vgl. Schubert/Berberich in Grottel u. a. (Hrsg.), Beck´scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 253 Rz. 581.

19Vgl. Schubert/Berberich in Grottel u. a. (Hrsg.), Beck´scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 253 Rz. 578.

20, BStBl 1961 III S. 336 NWB KAAAB-47446.

21 NWB SAAAA-97225; § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG.

22Vgl. Kulosa in Schmidt, EStG, 37. Aufl. 2018, § 6 Rz. 140 „Forderungen“.

23§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG.

24, BStBl 1994 II S. 444 NWB EAAAA-94856.

25Vgl. Kulosa in Schmidt, EStG, 37. Aufl. 2018, § 6 Rz. 302.

26, BStBl 2003 II S. 941 NWB RAAAA-71738.

27 NWB BAAAA-97394.

28, BStBl 2003 II S. 941 NWB RAAAA-71738.

29§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG.

30Vgl. Kulosa in Schmidt, EStG, 37. Aufl. 2018, § 6 Rz. 304.

31Vgl. Schubert/Berberich in Grottel u. a. (Hrsg.), Beck´scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 253 Rz. 578.

32, BStBl 1989 II S. 359 NWB NAAAA-92805.

33 NWB BAAAA-97394.

34Vgl. Schubert/Berberich in Grottel u. a. (Hrsg.), Beck´scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 253 Rz. 586.

35.

36Utz/Frank, Wertberichtigungen zu Forderungen (HGB, EStG), infoCenter NWB SAAAB-05367.

37 III B - S 2174 - 1/06 - 1 NWB IAAAF-01644.

38-b/09/10002 :002, BStBl 2016 I S. 995 NWB BAAAF-81512, Rz. 5.

39§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB.

40§ 17 Abs. 2 Nr. 1 i. V. mit Abs. 1 UStG.

41Sämtliche Buchungen erfolgen nach dem SKR 04.

42§ 60 Abs. 2 EStDV.