Schenkung von Aktien an Minderjährige: Ist künftig ein Ergänzungspfleger erforderlich?!
Lediglich rechtlicher Vorteil bei der Schenkung „abgeltungsteuerverhafteter” Aktien?
Bei nach 2008 angeschafften Wertpapieren führt eine Veräußerung im Anschluss an eine Schenkung beim Beschenkten zwingend zu einer Steuerpflicht, sofern der Veräußerungserlös die Anschaffungskosten des Schenkers übersteigt. Im Folgenden soll daher der Frage nachgegangen werden, ob zukünftig Schenkungen von Wertpapieren an Minderjährige einen Ergänzungspfleger erfordern, da sie nicht nur einen rechtlichen Vorteil gewähren, sondern eine bedingte Steuerbelastung mit sich bringen.
Alle Beiträge zur Abgeltungsteuer NWB QAAAC-73228
I. Aktuelle Rechtslage
Wollen Eltern ihren Kindern Wertpapiere oder andere Vermögensgegenstände zuwenden, ist grundsätzlich ein Ergänzungspfleger zu bestellen (§ 1909 BGB). Hintergrund ist, dass die Eltern infolge des Selbstkontrahierungsverbots des § 181 BGB nicht gleichzeitig als Schenker und in Vertretung des Beschenkten handeln dürfen. Von diesem Grundsatz gibt es eine Ausnahme bei Schenkungen, die dem beschenkten Minderjährigen ausschließlich rechtliche Vorteile bringen. Hier ist gem. § 107 BGB keine Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und damit kein Ergänzungspfleger notwendig.
Darüber hinaus ist fraglich, ob es einer vormundschaftsgerichtlichen Zustimmung bedarf (vgl. §§ 1643 i. V. mit § 1822 BGB). Nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 BGB ist eine solche Zustimmung nur bei entgeltlichem Erwerb eines Erwerbsgeschäfts oder einer Beteiligung daran und nicht bei einer Schenkung erforderlich. Zwar wird zum Schutz des Minderjährigen argumentiert, dass auch bei Schenkungen entsprechender Beteiligungen eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist. Allerdings fallen Beteiligungen in Form von Aktien nicht unter den Begriff des Erwerbsgeschäfts.
II. Lediglich rechtlicher Vorteil der Schenkung?
Fraglich ist, ob in der latenten Steuerbelastung ein Nachteil gesehen werden kann, durch den die Schenkung nicht nur rechtlich vorteilhaft wird. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Börsenturbulenzen und dem Stichtagsprinzip der Erbschaftsteuer können sich Erbschaft- und Abgeltungsteuer insbesondere bei größeren Schenkungen schnell aufsummieren: Selbst bei einem Kurswert von 305.000 € bei Schenkung, nicht realisierten Kursgewinnen von 275.000 € und einem folgenden 40 %-Kursrückgang beläuft sich die Steuerschuld bei Verkauf auf 51.350 €, so dass von der ursprünglichen Schenkung nur noch gut 43 % übrig bleiben.
Bei der Prüfung, ob ein rechtlicher Vorteil besteht, bleiben Folgewirkungen wie der Verkauf und damit verbundene Steuerwirkungen jedoch grundsätzlich außen vor. Die Nachteile müssen sich direkt aus dem geschenkten Wirtschaftsgut ergeben und mit ihm zusammenhängen. Entscheidend ist nicht die wirtschaftliche, sondern die rein rechtliche Betrachtung: Der Beschenkte darf mit der Schenkung keine Belastungen wie z. B. Haftungsrisiken auf sich nehmen. Die Schenkung von (voll eingezahlten) Inhaberaktien gilt dagegen als Rechtsgeschäft, das dem Beschenkten einen lediglich rechtlichen Vorteil bringt, da sich aus der Übernahme der Aktien selbst keine Belastungen ergeben.
Anderes gilt nur, wenn nicht die Wertpapiere direkt geschenkt werden, sondern eine Beteiligung an einer (vermögensverwaltenden) Personengesellschaft. Auch bei der Verpflichtung des Beschenkten zur Übernahme der Schenkungsteuer im Rahmen des Schenkungsvertrags liegt u. U. kein lediglich rechtlicher Vorteil vor, da der Minderjährige die Steuerlast aus seinem Vermögen tragen muss.
Die Schenkung von Wertpapieren als Instrument der vorweggenommenen Erbfolge bleibt auch im Rahmen der Abgeltungsteuer ohne die Einschaltung eines Ergänzungspflegers erhalten. Infolge der latenten Abgeltungsteuerbelastung und der fehlenden Anrechnung auf die Erbschaftsteuer (und umgekehrt), kommt es jedoch zu deutlich höheren Steuerbelastungen.
Fundstelle(n):
BBEV 12/2008 Seite 413
BAAAC-96808