OFD Hannover - S 0323 - 27 -StH 462 S 0323 - 1991 - StO 321

§ 152 AO Bearbeitung von Einsprüchen gegen die Festsetzung von Verspätungszuschlägen

1. Unzulässige Einsprüche

Hält das Finanzamt den Einspruch für unzulässig, so soll das dem Steuerpflichtigen im Allgemeinen kurz dargelegt und er gebeten werden, innerhalb eines Monats zu erklären, ob er den Einspruch gleichwohl aufrechterhält. Dieses Verfahren kommt in erster Linie in den Fällen in Betracht, in denen die Rechtsbehelfsfrist gem. § 355 Abs. 1 AO nicht eingehalten wurde und Gründe, die die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen würden, weder aus den Akten noch aus dem Einspruchsschreiben ersichtlich sind. Nach Ablauf der Monatsfrist ist seitens des Finanzamts zu entscheiden.

2. Anträge nach § 130 Abs. 1 AO

Ist ein Einspruch unzulässig, so kommt daneben noch ein Antrag nach § 130 Abs. 1 AO (Antrag auf Änderung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts) in Betracht. Diesen Antrag muss Jedoch der steuerpflichtige ausdrücklich stellen. In einem unzulässigen Einspruch ist ein solcher Antrag nicht enthalten. Liegt jedoch ein Antrag vor, so ist zunächst zu prüfen, ob der bisherige Verspätungszuschlag einen rechtswidrigen Verwanungsakt darsteln. Die Beantwortung dieser Frage führt immer zu einer gebundenen Entscheidung. Es besteht deshalb in diesem Zusammenhang kein Ermesson. Ist das Ergebnis der Prüfung aber ein rechtswidriger Verwaltungsakt, so ist die weltere Entscheidung über den Antrag auf Änderung nach § 130 Abs. 1 AO eine Ermessensentscheidung. Das Ermessen ist nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist regelmäßig dahin auszuüben, dass der Antrag auf Änderung abzulehnen ist, wenn Gründe vorgetragen werden, die auch im Rechtsmittelverfahren hätten geltend gemacht werden können [1].

3. Eingaben, die als Erlassanträge bezeichnet werden

Häufig beantragen Steuerpflichtige innerhalb der Einspruchsfrist den Erlass festgesetzter Verspätungszuschläge ausschließlich mit Gründen, die die Entschuldbarkeit der verspäteten Abgabe dartun sollen. Derartige Anträge sind im Hinblick auf § 357 Abs. 1 Satz 4 AO grundsätzlich als Einspruch gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags zu behandeln. Das gilt nicht, wenn das Schreiben von einem AdstB verfasst und eindeutig als Antrag auf Erlass von Verspätungszuschlägen bezeichnet wurde. [2] In Zweifelsfällen ist umgehend bei dem Steuerpflichtigen bzw. seinem Berater anzufragen. Das Ergebnis einer fernmündlichen Anfrage ist aktenkundig zu machen. Ist die Eingabe als Einspruch zu behandeln, so richtet sich das weitere Verfahren ausschließlich nach der Nr. 4 dieses Karteiblatts. Eine Ablehnung des ”Erlassantrags” erübrigt sich damit.

4. Nochmalige Überprüfung der Zuschlagsfestsetzung durch das Finanzamt

Ist der Einspruch zulässig, so ist die Rechtmäßigkeit des festgesetzten Zuschlags unter Beachtung der Hinweise in AO-Kartei § 152 AO Karte 2 ff. in vollem Umfang erneut zu überprüfen. Dabei ist seitens des Finanzamts eine vollständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige keine Einspruchsbegründung abgibt. Sowohl das Entschließungsermessen (ob überhaupt ein Verspätungszuschlag festgesetzt wird) als auch das Auswahlermessen (Höhe des Verspätungszuschlags) sind im Einzelnen in der Einspruchsentscheidung darzustellen. Ertorderlichenfalls ist auch der Sachverhalt, insbesondere in Bezug auf die vorgebrachten Entschuldigungsgründe, weiter aufzuklären. Bei nicht entschuldbarer Fristversäumnis ist nochmals zu prüfen, ob der Zuschlag - insbesondere im Verhältnis zur Höhe der Abschlusszahlung - angemessen ist. Ist z. B. die Abschlusszahlung wesentlich niedriger ausgefallen als bei der Festsetzung des Zuschlags angenommen wurde und erscheint der Zuschlag danach überhöht, so ist er durch teilweise Rücknahme nach § 130 Abs. 1 i. V. m. § 132 AO herabzusetzen. Gleichzeitig ist der Steuerpflichtige zu befragen, ob er damit seinen Einspruch als erledigt betrachtet.

5. Herabsetzung bzw. Bestätigung des VZ während des Klageverfahrens

Ist eine VZ-Festsetzung bereits mit zulässiger Klage angefochten und wird diese außergerichtlich korrigiert oder bestätigt, so ersetzt der neue Verwaltungsakt die rechtshängige VZ-Festsetzung [3]. Die neue VZ-Festsetzung wird gem. § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens (Rechtslage ab ). Die dem Finanzgericht zur Ermessensüberprüfung (§ 102 FGO) dann vorliegende neue VZ-Festsetzung muss erkennen lassen, dass und von welchen Ermessenserwägungen die Finanzbehörde bei der Festsetzung ausgegangen ist [4]. Andernfalls wird die Ermessensentscheidung vom Finanzgericht grundsätzlich als rechtsfehlerhaft aufgehoben [5].

In den Fällen, in denen während eines bereits anhängigen Klageverfahrens wegen der Festsetzung eines VZ diese außergerichtlich korrigiert oder bestätigt wird, ist deshalb auf eine ausreichende Begründung der neuen VZ-Festsetzung zu achten. Die Begründung muss auf die für die Änderung der Verspätungszuschlagsfestsetzung maßgeblichen geänderten Bemessungskriterien eingehen.

OFD Hannover v. - S 0323 - 27 -StH 462 S 0323 - 1991 - StO 321

Fundstelle(n):
ZAAAA-80761

1BFH BStBl II 1991, 552; BFH/NV 1992, 354

2 (BStBl II 1970, 813); - (n. v.)

3BFH-Uried vom , BStBl II 1991 S. 2

4vgl. BStBl II 1989 S. 231

5 BStBl II 1988 S. 170 Das bisherige Karteiblatt § 152 AO Karte 5 (Kontroll-Nr. 1413) ist auszusondern.