OFD Hannover - S 0323 - 26 - StH 462 S 0323 - 1990 - StO 321

§ 152 AO Festsetzung von Verspätungszuschlägen

1 Zeitpunkt der Festsetzung

Verspätungszuschläge sind regelmäßig mit der Steuer, dem Steuermessbetrag oder der gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlage festzusetzen (§ 152 Abs. 3, Abs. 4 AO). Ergeht der Steuerbescheid ohne VZ und will sich das FA die Möglichkeit der Festsetzung vorbehalten, ist der Steuerpflichtige im Bescheid darauf hinzuweisen, dass über die Festsetzung eines VZ ggf. ein gesonderter Bescheid ergeht. Dieser ist alsbald zu erlassen. Ist die Festsetzung des VZ gesondert durchzuführen (z. B. bei verspäteter Abgabe einer Voranmeldung, von der das FA nicht abwelcht - § 167 AO - oder bei verspäteter Abgabe einer Erklärung zur gesonderten Feststellung von Einkünften), soll diese ebenfalls zeitnah durchgeführt werden, damit das FA die Möglichkeit der Festsetzung eines VZ nicht verwirkt. Die Nachholung der VZ-Festsetzung binnen Jahresfrist ist jedoch möglich, weil § 152 Abs. 3 AO nur als Ordnungsvorschrift anzusehen ist, die die Rechtmäßigkeit des Verspätungszuschlags nicht berührt [1].

2 Adressat

2.1 Grundsatz

Adressat der VZ-Festsetzung ist, wer zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet ist. Hat ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe die Steuererklärung eines Mandanten nicht oder verspätet abgegeben, ist der Verspätungszuschlag gegen den Steuerpflichtigen festzusetzen. Wird die Steuererklärung von einem gesetzlichen Vertreter oder einer sonstigen Person im Sinne der §§ 34, 35 AO abgegeben, so ist der VZ gleichwohl grundsätzlich gegen den Steuerschuldner festzusetzen. Eine Festsetzung gegen den Vertreter kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht (z. B. leichtere Beitreibbarkeit).

2.2 Einzel- und Ausnahmefälle

2.2.1 Fälle der Zusammenveranlagung

Gegen zusammenveranlagte Steuerpflichtige (§ 26 b EStG) kann ein einheitlicher Verspätungszuschlag festgesetzt werden [2]. Diese Festsetzung kann mit der Steuerfestsetzung in einem zusammengefassten Bescheid verbunden werden (§ 155 Abs. 3 AO).

2.2.2 Personengesellschaften und Gemeinschaften
2.2.2.1 Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte

Die Feststellungserklärung ist in den Fällen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO von den Feststellungsbeteiligten und den in § 34 AO bezeichneten Personen abzugeben (§ 181 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 AO). Jede dieser Personen ist zur Abgabe der Erklärung verpflichtet. Hat ein Erklärungspflichtiger eine Erklärung abgegeben, sind andere Beteiligte insoweit von der Erklärungspflicht befreit (§ 181 Abs. 2 Satz 3 AO). Obwohl in diesen Fällen mehrere Personen erklärungspflichtig sind, ist bei Nichtabgabe oder verspäteter Abgabe der Feststellungserklärung nur die Festsetzung eines VZ zulässig. Bei der Entscheidung über die Person des Schuldners hat das FA aus dem Kreis der Erklärungspflichtigen eine sachgerechte Auswahl zu treffen. In der Regel soll der VZ gegen denjenigen festgesetzt werden, der gegenüber dem FA in Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten hervorgetreten ist [3].

2.2.2.2 Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung

Bei der Umsatzsteuer ist die Personenmehrheit in ihrer Gesamtheit Unternehmer im Sinne von § 2 UStG und somit zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung verpflichtet. Der Umsatzsteuerbescheid richtet sich an die Personenmehrheit als umsatzsteuerlich rechtsfähige Personenvereinigung. Der VZ ist daher gegen die Personenmehrheit (Unternehmer) festzusetzen (vgl. Tz. 2.1).

Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist Steuerschuldner der Gewerbesteuer die Gesellschaft. Wie bei der Umsatzsteuer richtet sich der Gewerbesteuerbescheid gegen die Personenmehrheit. Der VZ ist daher gegen diese festzusetzen.

Bei atypisch stillen Gesellschaften ist der VZ stets gegen den Inhaber des Handelsgeschäfts festzusetzen.

2.2.2.3 Liquidationsfälle

Im Falle der Liquidation von Handelsgesellschaften ist der bestellte Liquidator das einzige zur Geschäftsführung und Vertretung befugte Organ. Der VZ ist gegen den Liquidator festzusetzen. Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, ist im Rahmen des Auswahlermessens der VZ gegen den Liquidator festzusetzen, der gegenüber dem Finanzamt in Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten im Liquidationsverfahren hervorgetreten ist.

Bei BGB-Gesellschaften steht gem. § 730 Abs. 2 S. 2 BGB im Falle der Auflösung die Geschäftsführung den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Im Rahmen des Auswahlermessens ist der VZ gegen den Gesellschafter festzusetzen, der gegenüber dem Finanzamt im Auflösungsstadium hervorgetreten ist.

Dies gilt auch bei der Abgabe der Feststellungserklärungen im Liquidationsstadium, wenn der Liquidator kein Gesellschafter ist, weil der Liquidator dann nach § 181 Abs. 2 Nr. 4 AO i. V. m. § 34 AO zur Abgabe der Feststellungserklärung verpflichtet ist.

2.2.2.4 Feststellung von Einheitswerten

Der VZ ist bei der Erklärung zur gesonderten Feststellung von Einheitswerten des Grundbesitzes gegen den erklärungspflichtigen Eigentümer festzusetzen (vgl. Tz. 2.2.2.1).

2.2.3 Juristische Personen

Die Steuer- und Feststellungsbescheide richten sich an die juristische Person. Der VZ soll daher gegen diese festgesetzt werden (Regelfall). Die Inanspruchnahme des gesetzlichen Vertreters kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht und ist besonders zu begründen [4].

Abweichend von diesem Grundsatz ist der VZ gegen den gesetzlichen Vertreter oder Verfügungsberechtigten (z. B. Liquidator, Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter, Testamentsvollstrecker, Vermögensverwalter) festzusetzen, wenn

  • sich die juristische Person in Liquidation oder im Insolvenzverfahren befindet,

  • wenn sie vermögenslas ist,

  • wenn der Ort der Geschäftsleitung oder der Sitz nicht bekannt sind oder

  • wenn sich dadurch für den Vollstreckungsfall bessere Beitreibungsmöglichkeiten ergeben (vgl. auch AEAO, Tz. 1 § 152 AO Karte 1).

2.2.4 Sonderfall GmbH & Co. KG

Bei verspäteter Abgabe bzw. Nichtabgabe der Gewinnfeststellung einer GmbH & Co. KG darf das FA ohne besondere Begründung den VZ gegen die Komplementär-GmbH festsetzen [5]. Für Umsatzsteuer und Gewerbesteuer vgl. Tz. 2.2.2.2, für die Feststellung von Einheitswerten vgl. Tz. 2.2.2.4.

OFD Hannover v. - S 0323 - 26 - StH 462 S 0323 - 1990 - StO 321

Fundstelle(n):
IAAAA-80758

1 BStBl II 2002 S. 124

2Vgl. BStBl II S. 836

3 BStBl II S. 764

4Vgl. BStBl II 1992 S. 3

5Vgl. BStBl II S. 675