Online-Nachricht - Donnerstag, 03.12.2020

Verfahrensrecht | Inhaftungnahme für Tabaksteuer (BFH)

Im Haftungsrecht nach der AO gilt der Grundsatz, dass sich Steuerschuldnerschaft und Haftung gegenseitig ausschließen. Wer als Besitzer von in Deutschland unversteuerten Zigaretten zur Entrichtung der Tabaksteuer nach § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG verpflichtet ist, kann für diese Steuer nicht zugleich durch Haftungsbescheid nach § 71 AO in Anspruch genommen werden (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 71 AO haftet derjenige, der eine Steuerhinterziehung bzw. Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen beteiligt ist, für die entgangenen Steuern und Zinsen.

Sachverhalt: Der Kläger hatte von einem Zwischenhändler unverzollte und unversteuerte Zigaretten erworben und diese weiterverkauft oder selbst verbraucht. Deshalb gingen die Zollbehörden von einer strafbaren Steuerhehlerei aus und nahmen den Kläger nach § 71 AO als Haftungsschuldner in Anspruch.

Das FG bestätigte den Haftungsbescheid und entschied zugleich, dass der Kläger auch Schuldner der Tabaksteuer geworden sei. Werden Zigaretten aus einem anderen Mitgliedstaat nach Deutschland geschmuggelt, ist nach § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG auch derjenige Schuldner der entstandenen Tabaksteuer, der Besitz an den eingeschmuggelten Zigaretten erlangt. Trotz Annahme einer Steuerschuldnerschaft hielt das FG eine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner für zulässig ().

Der BFH hat die Revision als begründet angesehen und das FG Urteil aufgehoben:

  • Steuerschuld und Haftungsschuld schließen sich gegenseitig aus.

  • "Haften" bedeutet, dass jemand für die Schuld eines Anderen einstehen muss. Demnach kann eine Person nicht für ihre eigene Abgabenschuld haften.

  • Die praktischen Probleme der zuständigen Behörden bei der Feststellung der Steuerschuldnerschaft verkennt der BFH indes nicht. Insbesondere lässt sich der genaue Transportweg der Zigaretten häufig nur unter erschwerten Bedingungen feststellen und auch die Beteiligten wissen häufig nicht über alle Einzelheiten der Beschaffung Bescheid.

  • Dieses Problem gebietet jedoch keinen Systemwechsel in der AO durch richterrechtliche Rechtsfortbildung. Vielmehr ist es Aufgabe des Gesetzgebers, Abhilfe zu schaffen.

Quelle: ; BFH, Pressemitteilung Nr. 57/2020 v. ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
MAAAH-65606