Online-Nachricht - Donnerstag, 03.12.2020

Bewertung | Wirtschaftliche Einheiten beim Erbbaugrundstück (BFH)

Lasten auf einem Grundstück mehrere Wohnungs- oder Teilerbbaurechte, zerfällt die wirtschaftliche Einheit des Erbbaugrundstücks nach der Verkehrsauffassung in eine entsprechende Anzahl wirtschaftlicher Einheiten. Mit jedem Wohnungs- oder Teilerbbaurecht korrespondiert eine wirtschaftliche Einheit in Gestalt des anteiligen Erbbaugrundstücks (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gemäß § 179 Abs. 1 AO werden die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in der AO oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist. Nach § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG sind Grundbesitzwerte gesondert festzustellen, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer von Bedeutung sind. Gegenstand der Bewertung sind die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens (§ 157 Abs. 3 Satz 1 BewG). Jede wirtschaftliche Einheit ist für sich zu bewerten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BewG).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Eltern schenkten ihre Miteigentumsanteile an einem Grundstück dem Kläger. Das Grundstück ist mit drei Wohn- und Geschäftshäusern und einer Tiefgarage bebaut. Auf dem Grundstück lastet seit 1973 ein bis zum bestehendes Erbbaurecht. Dieses ist in der Weise ausgestaltet, dass mit jedem Anteil am Erbbaurecht das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung (Wohnungserbbaurecht) bzw. an bestimmten nicht Wohnzwecken dienenden Räumen (Teilerbbaurecht) verbunden ist. Die so entstandenen Wohnungs und Teilerbbaurechte waren ab 1974 auf verschiedene Dritte übertragen worden.

Das FA stellte jeweils mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts auf den für Zwecke der Schenkungsteuer (Feststellungsbescheid) am (Schenkung der Mutter) und am (Schenkung des Vaters) den Wert eines anteiligen Miteigentumsanteils fest, der im Umfang einem einzelnen Teilerbbaurecht entsprach und den das FA mit Hilfe der Nummer des Aufteilungsplans bezeichnete. Die Art der wirtschaftlichen Einheit stellte es mit "Wohnungseigentum als Erbbaugrundstück" fest. Der Wertermittlung "für das Erbbaugrundstück" im Sachwertverfahren legte es einen im Grundstücksmarktbericht 2014 veröffentlichten Liegenschaftszinssatz des örtlichen Gutachterausschusses von 3,0 % für das Jahr 2013 zugrunde. Dabei ging es von der Grundstücksart "Wohnungseigentum, das nicht wie ein Ein- oder Zweifamilienhaus gestaltet ist", aus.

Hiergegen macht der Kläger u.a. geltend, er habe nicht einzelne Wohnungserbbaurechte, sondern Miteigentum an einem Grundstück erworben. Daher seien insgesamt nur zwei Feststellungsbescheide - einer für die Schenkung seiner Mutter und einer für die Schenkung seines Vaters - zu erlassen. Mit seiner Klage hatte er in erster Instanz Erfolg ().

Der BFH hob die Entscheidung auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:

  • Zum Grundvermögen gehören gem. § 157 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 176 Abs. 1 BewG neben dem Grund und Boden, den Gebäuden, den sonstigen Bestandteilen und dem Zubehör auch das Erbbaurecht und das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht sowie Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WoEigG), soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder Betriebsgrundstücke handelt.

  • Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 BewG nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen und bestimmt sich daher vornehmlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (u.a. ).

  • Lasten auf einem Grundstück mehrere Wohnungs- oder Teilerbbaurechte, zerfällt die wirtschaftliche Einheit "Erbbaugrundstück" nach der Verkehrsauffassung in mehrere, der Anzahl nach mit diesen Rechten korrespondierende wirtschaftliche Einheiten. So wie jedes Wohnungs- oder Teilerbbaurecht je eine wirtschaftliche Einheit darstellt, bildet der entsprechende Anteil des Erbbaugrundstücks nach der Verkehrsanschauung je eine wirtschaftliche Einheit für sich.

  • Zu bewerten sind die einzelnen wirtschaftlichen Einheiten "mit Wohnungs oder Teilerbbaurecht belasteter Anteil an einem Erbbaugrundstück", auf die sich der Miteigentumsanteil bezieht.

  • Verfahrensrechtlich hat die Finanzbehörde so viele Feststellungsbescheide zu erlassen, wie wirtschaftliche Einheiten "mit Wohnungs- oder Teilerbbaurecht belasteter Anteil an einem Erbbaugrundstück" vorhanden sind. Dem steht nicht entgegen, dass der Bedachte zivilrechtlich und schenkungsteuerrechtlich einen Miteigentumsanteil an einem Erbbaugrundstück erwirbt.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB BAAAH-65598