Online-Nachricht - Donnerstag, 22.10.2020

Verfahrensrecht | Bindungswirkung eines rechtskräftigen Urteils zur Schenkungsteuer (BFH)

Hat das FG in einem rechtskräftigen Urteil einen Schenkungsteuerbescheid mit der Begründung aufgehoben, der vom Finanzamt besteuerte Erwerb sei weder für den im Bescheid genannten Zeitpunkt noch für einen späteren Zeitpunkt feststellbar, steht die Rechtskraft des Urteils einer erneuten Besteuerung dieses Erwerbs entgegen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger.

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine im Jahr 2008 errichtete Stiftung, nach deren Satzung die Stifterin, deren Ehemann und deren Tochter begünstigt sind. Ferner ist bestimmt, dass neben der ältesten lebenden Generation zwei weitere Generationen partizipieren können.

Das FA unterwarf das Stiftungsgeschäft mit Bescheid v. nach § 7 Abs. 1. Nr. 8 ErbStG der Schenkungsteuer. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Das FG hob den Schenkungsteuerbescheid auf, da es davon ausging, dass "zum Stichtag das Aktienvermögen noch nicht auf die Klägerin übertragen worden ist." Das FA hob den Bescheid vom seinerseits am auf.

Anfang Juni 2015 ging beim FA ein Dokument ein, in dem die Stifterin und die Klägerin (vertreten durch die Stifterin und ihren Ehemann) unter einer "Präambel" bekundeten, sie seien sich einig, dass die Abtretung der Aktien mündlich unter dem erfolgt sei. Den Inhalt der mündlichen Abtretungserklärung gäben sie aus Klarstellungsgründen schriftlich wieder.

Daraufhin setzte das FA mit Bescheid v. für den Erwerb der Klägerin aus der Schenkung der Stifterin Schenkungsteuer fest. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (; s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 17.07.2017).

Der BFH dagegen gab der Klage statt und hob den Schenkungsteuerbescheid v. auf:

  • Hat das FG in einem rechtskräftigen Urteil einen Schenkungsteuerbescheid mit der Begründung aufgehoben, der vom FA besteuerte Erwerb sei weder für den im Bescheid genannten Zeitpunkt noch für einen späteren Zeitpunkt feststellbar, steht die Rechtskraft des Urteils einer erneuten Besteuerung dieses Erwerbs entgegen.

  • Eine nach dem FG-Urteil von den Beteiligten des Erwerbsvorgangs erstellte schriftliche Bestätigung des Erwerbs für den im aufgehobenen Bescheid genannten Zeitpunkt rechtfertigt nicht den Erlass eines neuen Steuerbescheids.

  • Denn der Erwerb war in diesem Fall bereits Gegenstand der rechtskräftigen finanzgerichtlichen Entscheidung.

  • Dies gilt auch, wenn nicht der Erwerb als solcher, sondern nur die anzuwendende Steuerklasse zwischen den Beteiligten streitig war.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB UAAAH-61646