BGH Beschluss v. - 4 StR 250/18

Gesamtstrafenbildung im Falle der Einbeziehung einer Bewährungsstrafe: Anrechnung erfüllter Bewährungsauflagen

Gesetze: § 55 Abs 1 S 1 StGB, § 56f Abs 3 S 2 StGB, § 58 Abs 2 S 2 StGB, § 267 StPO

Instanzenzug: LG Zweibrücken Az: 4144 Js 2718/16 - 1 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung „unter Einbeziehung der Verurteilung“ des und „unter Einbeziehung der Verurteilung“ des Amtsgerichts Kaiserslautern vom unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten und darüber hinaus wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitstrafe von drei Monaten verurteilt. Seine hiergegen eingelegte und auf die Sachrüge gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

21. Die Überprüfung des Schuldspruchs und der verhängten Einzelstrafen hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StGB).

3Die Darstellung des Ergebnisses der molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung entspricht den von der Rechtsprechung dazu entwickelten Anforderungen (vgl. , NStZ 2016, 490, 492; Urteil vom - 4 StR 439/13, NStZ 2014, 477, 478 f., Urteil vom - 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 217).

4Der Umstand, dass die Feststellungen im Fall II. 1 der Urteilsgründe eine gefährliche Körperverletzung in der Variante des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht tragen, begründet keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten, weil das Landgericht eine gefährliche Körperverletzung in der Variante des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zutreffend bejaht und bei der Bemessung der Einzelstrafe die Annahme einer gefährlichen Körperverletzung auch in der Variante des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht straferschwerend berücksichtigt hat.

52. Der Ausspruch über die Gesamtstrafe aus den Einzelstrafen für die Taten II. Fälle 1 und 2 der Urteilsgründe und den (Einzel-)Strafen aus den rechtskräftigen Urteilen der Amtsgerichte Nürnberg und Kaiserslautern vom und hält dagegen revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Denn die Strafkammer teilt nicht mit, welche Einzelstrafen das Amtsgericht Kaiserslautern für die am 5. und begangenen Diebstähle festgesetzt hat (vgl. , Rn. 6 mwN). Der Senat kann daher nicht überprüfen, ob die Gesamtstrafenbildung rechtsfehlerfrei erfolgt ist.

63. Soweit eine Entscheidung über die Anrechnung von Leistungen unterblieben ist, die im Rahmen der für die einbezogenen Strafen gewährten Strafaussetzung zur Bewährung erbracht worden sind, war das Urteil ebenfalls aufzuheben. Werden - wie hier mit den Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Kaiserslautern vom - Strafen nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB in eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitstrafe einbezogen, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war, entfällt die ursprünglich gewährte Strafaussetzung zur Bewährung. Das Landgericht war daher gehalten, gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2, § 56 f Abs. 3 Satz 2 StGB über die Anrechnung von Leistungen zu entscheiden, die der Angeklagte zur Erfüllung von Auflagen aus dem Bewährungsbeschluss des Amtsgerichts erbracht hat. Eine Berücksichtigung bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe genügt regelmäßig nicht (vgl. , NStZ-RR 2017, 199 f. [Ls]; Beschluss vom - 3 StR 442/13, NStZ-RR 2014, 138 [Ls]; Beschluss vom - 1 StR 283/89, BGHSt 36, 378, 381 ff.; jeweils mwN). Die fehlende Anrechnung ist hier auch auf die Sachrüge hin zu beachten (vgl. dazu , StraFo 2007, 249; Beschluss vom - 2 StR 43/01, Rn. 3; Beschluss vom - 1 StR 361/87, BGHSt 35, 238, 241), weil das Urteil des Landgerichts Angaben zu „bereits geleisteten Arbeitsstunden und Zahlungen“ enthält (UA 29) und diese - rechtsfehlerhaft - bei der Gesamtstrafenbildung zu seinen Gunsten Beachtung gefunden haben (vgl. ). Die Kammer hätte daher darlegen müssen, welche Leistungen der Angeklagte auf die Bewährungsauflagen erbracht hat und diese durch eine die Vollstreckung verkürzende Anrechnung auf die Gesamtfreiheitsstrafe ausgleichen müssen (zu einem möglichen Anrechnungsmaßstab vgl. , NStZ-RR 2009, 201).

74. Schließlich unterliegt der Strafausspruch auch insoweit der Aufhebung, als das Landgericht dem Angeklagten eine Aussetzung der (weiteren) Freiheitsstrafe von drei Monaten für die Tat II. Fall 3 der Urteilsgründe ohne Begründung verweigert hat (§ 56 Abs. 1 StGB). Die Strafkammer hat sich mit der Frage einer möglichen Strafaussetzung in den Urteilsgründen nicht befasst. Erörterungen hierzu wären hier aber - ungeachtet der Vorschrift des § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO - erforderlich gewesen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung dieser Entscheidung zu ermöglichen (vgl. , Rn. 3 mwN).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:150818B4STR250.18.0

Fundstelle(n):
IAAAH-52351