Online-Nachricht - Donnerstag, 16.01.2020

Einkommensteuer | Rabattfreibetrag für Fahrvergünstigung der Deutschen Bahn AG im Fernverkehr (BFH)

Der Rabattfreibetrag erstreckt sich auf alle Fahrvergünstigungen, die die Deutsche Bahn AG (ehemaligen) Arbeitnehmern gewährt. Dies gilt auch dann, wenn die unentgeltlich oder verbilligt gewährten Freifahrtscheine aufgrund besonderer Nutzungsbestimmungen fremden Letztverbrauchern nicht angeboten werden (Parallelverfahren und ). Mit dem Bezug der Freifahrtscheine ist der darin verkörperte geldwerte Vorteil unabhängig vom konkreten Fahrtantritt zugeflossen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Personalrabatte (§ 8 Abs. 3 EStG)

Rabatte für Waren und Dienstleistungen, die ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, sind als geldwerter Vorteil lohnsteuerpflichtig, können aber nach § 8 Abs. 3 EStG begünstigt besteuert werden. Die Bewertung erfolgt dann mit dem Endpreis (Angebotspreis oder „Ladenpreis“) des Arbeitgebers, unter Anwendung eines Rabattfreibetrages i. H. v. 1 080 € und eines pauschalen Abschlags von 4 %.

Voraussetzung für die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG ist, dass es sich bei den verbilligten Zuwendungen an den Arbeitnehmer um unternehmenseigene Sachzuwendungen des Arbeitgebers handelt, die der Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht hat. Der Arbeitgeber muss mit den Waren oder Dienstleistungen im eigenen Namen selbst Marktteilnehmer sein. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im EStG Kommentar: KKB/Wünnemann, § 8 EStG Rz. 136 ff., 4. Aufl., Stand: .

Sachverhalt: Der Kläger ist Ruhestandsbeamter des BEV und erzielte im Streitjahr (2014) geldwerte Vorteile in Form von Fahrvergünstigungen (Tagesfreifahrtscheine im Fernverkehr mit und ohne Zuzahlungen sowie im Regionalverkehr). Die Tagesfreifahrtscheine wurden von der DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften (Nachfolger des früheren Sondervermögens Deutsche Bundesbahn) gewährt.

Der Kläger bezog im Streitjahr 16 Tagesfreifahrtscheine für den Fernverkehr sowie 26 Tagesfreifahrtscheine für den Regionalverkehr. Der Sachbezugswert betrug 1.746,08 €. In seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger, diesen geldwerten Vorteil gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG um den Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 € zu kürzen.

Das FA nahm lediglich eine Kürzung i.H.v. 565 € für die Fahrvergünstigungen im Regionalverkehr vor. Denn Tagesfreifahrtscheine im Fernverkehr biete die DB AG in dieser Form nur ihren Mitarbeitern, nicht aber ihren Kunden an. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb im Wesentlichen erfolglos. Das FG gab der daraufhin erhobenen Klage statt ().

Der BFH weist die Revision des FA als unbegründet zurück:

  • Unstreitig ist, dass es sich bei den Fahrvergünstigungen um Arbeitslohn (geldwerter Vorteil) i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG handelt.

  • Der geldwerte Vorteil aus den Tagesfreifahrtscheinen ist dem Kläger im Streitjahr zugeflossen.

    • Zugeflossen sind Einnahmen dann, wenn der Empfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt hat.

    • Eine Sachzuwendung ist zugeflossen, wenn der Arbeitnehmer den Vorteil tatsächlich in Anspruch genommen hat (z.B. , Rz 16, m.w.N.).

    • Im Streitfall ist der geldwerte Vorteil bereits mit dem Bezug des einzelnen Freifahrtscheins zugeflossen. Denn die DB AG hat hiermit das Leistungsversprechen, unentgeltliche oder vergünstigte Fahrtberechtigungen auszureichen, ihm gegenüber bewirkt.

  • Auf die Fahrvergünstigungen im Fernverkehr ist die Bewertungsvorschrift des § 8 Abs. 3 EStG ebenfalls anzuwenden.

    • Auf Fahrvergünstigungen, die die DB AG Ruhestandsbeamten des BEV in Form von Tagesfreifahrtscheinen gewähren, ist gemäß § 12 Abs. 8 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG entsprechend anwendbar.

    • Es handelt sich nicht um "Waren oder Dienstleistungen", die die DB AG überwiegend für den Bedarf ihrer Arbeitnehmer erbringt. Zwar bietet die DB AG die Fahrten im Fernverkehr nicht zu gleichen Konditionen am Markt an, dies ist aber unschädlich, weil Bewertungsgegenstand nicht der Tagesfreifahrtschein als solcher, sondern die darin verkörperte Beförderungsleistung ist.

    • Im Streitfall erhielt der Kläger mit der Überlassung der Tagesfreifahrtscheine Wertpapiere, die den Beförderungsanspruch gegenüber der DB AG verbrieften. Diese ermöglichten dem Kläger, das Beförderungsangebot der DB AG zu nutzen. Die (Personen-)Beförderung gehört dabei unstreitig zur Produktpalette der DB AG, die nicht überwiegend gegenüber ihren Arbeitnehmern, sondern gegenüber jedermann angeboten wird.

Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter am BFH:

Die Bedeutung der Entscheidung liegt weniger in der Erstreckung des Rabattfreibetrags auf Ruhestandsbeamte der Deutschen Bahn AG gemäß § 12 Abs. 8 Deutsche Bahn Gründungsgesetz. Das hat der Senat bereits mit Urteil vom in der Sache VI R 41/13 (BStBl II 2015, 39) entschieden.

Das vorliegende Urteil enthält jedoch Ausführungen, die von darüberhinausgehendem Interesse sind. Denn der Lohnsteuersenat hat in der Besprechungsentscheidung verdeutlicht, dass nicht die Fahrkarte als solche, sondern die darin verkörperte Beförderungsleistung Bewertungsgegenstand ist. Dies führt zum einen zur einer „Ausweitung“ des Rabattfreibetrags dahingehend, dass der Bezug von Waren und Dienstleistungen zu besonderen - dritten Letztverbrauchern nicht zugänglichen - Bedingungen unschädlich ist. Zum anderen folgt daraus aber, dass die in den Freifahrtscheinen verbriefte Beförderungsleitung und damit der darin verkörperte geldwerte Vorteil bereits mit Bezug der Freifahrtscheine und nicht erst mit deren Einlösung bei Fahrtantritt zugeflossen ist. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass es sich bei den Freifahrtscheinen um Wertpapiere handelt und gilt bei vergleichbaren Sachverhalten, beispielsweise der Ausgabe von „anderen“ Gutscheinen entsprechend.

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB UAAAH-39984