Online-Nachricht - Freitag, 21.06.2019

Einkommensteuer | Keine Nachversteuerung thesaurierter Gewinne bei Übertragung auf eine Stiftung (BFH)

Die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf eine Stiftung löst keine Nachversteuerung von in der Vergangenheit nach § 34a EStG begünstigt besteuerten thesaurierten Gewinnen aus. Eine analoge Anwendung des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG kommt nicht in Betracht (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger hielt Anteile an einer GmbH & Co. KG, für die er in der Vergangenheit für nicht entnommene Gewinne die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG in Anspruch genommen hatte. Im Streitjahr 2012 übertrug er die Anteile auf eine neu gegründete Stiftung.

Das FA nahm eine Nachversteuerung der begünstigt besteuerten Gewinne vor mit der Begründung, dass die Übertragung auf eine Stiftung einer Einbringung in eine Kapitalgesellschaft gleichzustellen sei, weshalb der Nachversteuerungstatbestand des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG analoge Anwendung finde. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Nachversteuerungstatbestände des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG liegen nach dem Gesetzeswortlaut nicht vor: Weder ist eine Betriebsaufgabe oder -veräußerung gegeben, noch liegt eine Einbringung eines Mitunternehmeranteils "in eine Kapitalgesellschaft oder eine Genossenschaft" vor.

  • Raum für eine analoge Anwendung der Vorschrift besteht nicht: Sollte eine Regelungslücke bestehen, wäre diese nicht planwidrig. Das Gesetzgebungsverfahren hat gezeigt, dass der Gesetzgeber die Reichweite der Nachversteuerungstatbestände gründlich durchdacht hat.

  • Hätte er alle Fälle eines Wechsels zum Körperschaftsteuersystem erfassen wollen, hätte er in § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht nur die "Einbringung in eine Kapitalgesellschaft oder eine Genossenschaft", sondern - wie z.B. in § 6 Abs. 5 Sätze 5 und 6 EStG - auch Übertragungen auf "Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen" genannt.

  • Die von FA und BMF vertretene teleologische Extension mittels Analogie kommt somit nicht in Betracht, denn sie würde der vom Gesetzgeber gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände - Einbringungen in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft - widersprechen.

Anmerkung von RA, StB Prof. Dr. Hans-Joachim Kanzler, Mitherausgeber der NWB und Vorsitzender Richter am BFH a. D., Bad Kreuznach:

Das Finanzamt und das dem Verfahren beigetretene BMF konnten weder das FG noch den BFH von ihrer Auffassung überzeugen, dass die Übertragung einer Kommanditbeteiligung auf eine unternehmensverbundene Stiftung (sog. Beteiligungsträgerstiftung) ein analog zur „Einbringung in eine Kapitalgesellschaft“ gem. § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG zu behandelnder Nachversteuerungstatbestand sei.

Der BFH folgt damit zu Recht einer schon im Schrifttum vertretenen, im Urteil nicht erwähnten stiftungsfreundlichen Auffassung, wonach die Nachversteuerungstatbestände im Gesetz abschließend aufgezählt sind und es daher an einer analogiefähigen Gesetzeslücke fehlt (Maetz, FR 2013, 652; Bodden, FR 2014, 920; KKB/Bäuml, § 34a EStG Rz. 358, 4. Aufl., Stand: 01.01.2019; a.A. Haag, BB 2012, 1966).

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB SAAAH-21027