Online-Nachricht - Mittwoch, 28.06.2017

Spanien | Steuerbefreiung der katholischen Kirche (EuGH)

Steuerbefreiungen, in deren Genuss die katholische Kirche in Spanien kommt, können verbotene staatliche Beihilfen darstellen, wenn und soweit sie für wirtschaftliche Tätigkeiten gewährt werden ().

Hintergrund: Ein vor dem Beitritt Spaniens zu den Europäischen Gemeinschaften geschlossenes Abkommen zwischen Spanien und dem Heiligen Stuhl sieht verschiedene Steuerbefreiungen zugunsten der katholischen Kirche vor.

Sachverhalt: Im Streitfall beruft sich die katholische Kirche in ihrer Eigenschaft als Trägerin einer kirchlichen Schule in der Nähe von Madrid auf dieses Abkommen, um die Erstattung einer Gemeindesteuer auf Bauwerke, Einrichtungen und Baumaßnahmen in Höhe von knapp 24.000 Euro zu erwirken, die sie auf Baumaßnahmen an einem Schulgebäude, in dem die Aula der Schule untergebracht ist, entrichtet hat. Die Räume werden für staatlich reglementierten Primar- und Sekundarunterricht genutzt, der dem Unterricht an öffentlichen Schulen gleichsteht und vollständig aus dem öffentlichen Haushalt finanziert wird.

Sie werden auch für freien Vorschulunterricht, außerschulischen Unterricht und Unterricht im Anschluss an die Schulpflicht genutzt, der nicht aus dem öffentlichen Haushalt subventioniert wird und für den Einschreibegebühren erhoben werden.

Die Steuerbehörde lehnte den Erstattungsantrag ab. Die Steuerbefreiung finde keine Anwendung, da sie für eine Tätigkeit der katholischen Kirche begehrt werde, mit der kein strikt religiöser Zweck verfolgt werde.

Hierzu führten die Richter des EuGH u.a. weiter aus:

  • Eine Steuerbefreiung kann eine verbotene staatliche Beihilfe darstellen, wenn die in den fraglichen Räumlichkeiten ausgeübten Tätigkeiten wirtschaftlicher Art sind, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

  • Nur die nicht vom spanischen Staat subventionierten Unterrichtstätigkeiten dürften wirtschaftlichen Charakter haben, da sie im Wesentlichen mittels privater finanzieller Beteiligungen an den Schulgebühren finanziert werden.

  • Das nationale Gericht wird ferner zu klären haben, ob und in welchem Umfang die fraglichen Räumlichkeiten, zumindest teilweise, für solche wirtschaftlichen Tätigkeiten genutzt werden.

  • Die Befreiung von der fraglichen Gemeindesteuer scheint zumindest zwei der vier Voraussetzungen für die Einstufung als verbotene staatliche Beihilfe zu erfüllen, da sie 1. der die Schule betreibenden Kongregation einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil verschaffen würde und 2. zu einer Verringerung der Einnahmen der Gemeinde und damit zum Einsatz staatlicher Mittel führt.

  • Zu den beiden anderen Voraussetzungen (Auswirkungen des wirtschaftlichen Vorteils auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und Vorliegen einer Wettbewerbsverzerrung) stellt der Gerichtshof fest, dass die streitige Befreiung möglicherweise dazu führt, die Erbringung der Unterrichtsleistungen der religiösen Kongregation im Vergleich zu Einrichtungen, die auf dem gleichen Markt tätig sind, attraktiver zu gestalten.

  • Das Unionsrecht bestimmt allerdings, dass Beihilfen, die einen Gesamtbetrag von 200.000 Euro innerhalb von drei Jahren nicht übersteigen, den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen und den Wettbewerb nicht verfälschen oder zu verfälschen drohen, so dass solche Maßnahmen vom Begriff der staatlichen Beihilfen ausgenommen sind.

  • Das nationale Gericht wird daher prüfen müssen, ob dieser Schwellenwert im vorliegenden Fall erreicht wird, wobei nur die Vorteile zu berücksichtigen sind, die die religiöse Kongregation aus ihren etwaigen wirtschaftlichen Tätigkeiten zieht.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 27.06.2017 (il)

Fundstelle(n):
NWB JAAAG-48626