Online-Nachricht - Freitag, 12.05.2017

Reiserecht | Ausgleichszahlung bei fehlender Unterrichtung über Flugannullierung (EuGH)

Ein Luftfahrtunternehmen, das nicht beweisen kann, dass ein Fluggast über die Annullierung seines Flugs mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, hat ihm einen Ausgleich zu leisten. Dies gilt auch bei einem über einen Online-Reisevermittler geschlossenen Beförderungsvertrag ().

Hintergrund: Die Unionsverordnung über Ausgleichsleistungen für Fluggäste bei Annullierung von Flügen sieht u.a. vor, dass den Fluggästen vom Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen eingeräumt wird, es sei denn sie sind über die Annullierung des Flugs mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden.

Sachverhalt: Der Kläger buchte über einen Online-Reisevermittler einen Hin- und Rückflug mit der Luftfahrtgesellschaft SLM. Der Hinflug war für den vorgesehen. Am unterrichtete SLM den Reisevermittler über die Annullierung dieses Flugs. Am wurde der Kläger mit einer E-Mail des Reisevermittlers darüber unterrichtet.

Unter Berufung auf die Unionsverordnung über Ausgleichsleistungen für Fluggäste bei Annullierung von Flügen forderte der Kläger von SLM die Zahlung des darin geregelten Pauschalbetrags von 600 €. SLM verweigerte jedoch einen Ausgleich mit der Begründung, dass die Information über die Änderung des Abflugdatums am an den Reisevermittler weitergegeben worden sei. Der Reisevermittler wies seinerseits gegenüber dem Kläger jede Verantwortung von sich, da sich seine Geschäftsbesorgung auf den Abschluss von Verträgen zwischen Fluggästen und Luftfahrtunternehmen beschränke und er somit nicht für Flugplanänderungen verantwortlich sei. Die Unterrichtung der Fluggäste obliege in einer solchen Situation dem Luftfahrtunternehmen, dem die E-Mail-Adresse des Fluggastes mit dem Buchungsvorgang übermittelt werde.

Hierzu führte der EuGH weiter aus:

  • Nach der Verordnung trägt das Luftfahrtunternehmen die Beweislast dafür, ob und wann der Fluggast über die Annullierung des Flugs unterrichtet wurde.

  • Wenn das Luftfahrtunternehmen nicht beweisen kann, dass der Fluggast über die Annullierung seines Flugs mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, ist es zur Zahlung des in der Verordnung vorgesehen Ausgleichs verpflichtet.

  • Eine solche Auslegung gilt nicht nur, wenn der Beförderungsvertrag unmittelbar zwischen dem Fluggast und dem Luftfahrtunternehmen geschlossen wurde, sondern auch dann, wenn er über einen Dritten wie einen Online-Reisevermittler geschlossen wurde.

  • Die Erfüllung der Verpflichtungen gemäß der Verordnung durch das Luftfahrtunternehmen lässt dessen Recht unbeschadet, nach geltendem Recht bei anderen Personen, von denen der Verstoß des Luftfahrtunternehmens gegen seine Verpflichtungen ausgeht, auch Dritten, Regress zu nehmen. Die Verordnung beschränkt nämlich in keiner Weise das Recht des Luftfahrtunternehmens, Erstattung von einem Reiseunternehmen oder einer anderen Person zu verlangen, mit der es in einer Vertragsbeziehung steht.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung Nr. 51/17 vom 11.05.2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB XAAAG-44800