Online-Nachricht - Montag, 08.05.2017

Mehrwertsteuer | Befreiung selbständiger Zusammenschlüsse von Personen (EuGH)

Luxemburg hat die Regeln der Mehrwertsteuerrichtlinie in Bezug auf selbständige Zusammenschlüsse von Personen zu extensiv umgesetzt ().

Hintergrund: Im Unionsrecht unterliegen Dienstleistungen, die Steuerpflichtige (Gesellschaften oder natürliche Personen) erbringen, normalerweise der Mehrwertsteuer. Die Mehrwertsteuerrichtlinie sieht unter bestimmten Umständen eine Steuerbefreiung für Dienstleistungen vor, die von "selbständigen Zusammenschlüssen von Personen" ("Zusammenschluss", d.h. ein Zusammenschluss von Unternehmen oder Personen, der selbständig Gegenstände oder Dienstleistungen an seine Mitglieder liefert bzw. erbringt) erbracht werden.

Sachverhalt: Nach der luxemburgischen Regelung sind die von einem Zusammenschluss an seine Mitglieder erbrachten Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer nicht nur dann befreit, wenn diese Dienstleistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung der von der Steuer befreiten Tätigkeiten ihrer Mitglieder erbracht werden, sondern auch dann, wenn der Anteil der steuerbaren Tätigkeiten der Mitglieder (Tätigkeiten, die der Mehrwertsteuer unterliegen) 30 % (oder sogar 45 %) ihres Jahresumsatzes vor Steuern nicht übersteigt.

Ferner erlaubt dieselbe Regelung den Mitgliedern des Zusammenschlusses, die dem Zusammenschluss in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer für Gegenstände oder Dienstleistungen, die nicht an die Mitglieder, sondern an den Zusammenschluss selbst geliefert bzw. erbracht wurden, abzuziehen. Schließlich sieht die luxemburgische Regelung vor, dass von einem Mitglied im eigenen Namen aber für Rechnung des Zusammenschlusses getätigte Umsätze nicht der Mehrwertsteuer für den Zusammenschluss unterliegen.

Hierzu führt der EuGH weiter aus:

  • Nach dem eindeutigen Wortlaut der Mehrwertsteuerrichtlinie können nur die Dienstleistungen eines Zusammenschlusses für unmittelbare Zwecke der Ausübung steuerbefreiter Tätigkeiten seiner Mitglieder von der Mehrwertsteuer befreit sein.

  • Mit der Regelung, dass die Dienstleistungen eines Zusammenschlusses an seine Mitglieder von der Mehrwertsteuer befreit sind, wenn der Anteil der steuerbaren Tätigkeiten der Mitglieder 30 % (oder sogar 45 %) ihres Jahresumsatzes nicht übersteigt, hat Luxemburg daher die Mehrwertsteuerrichtlinie fehlerhaft umgesetzt.

  • Darüber hinaus weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Zusammenschluss ein selbständiger Steuerpflichtiger ist, der Dienstleistungen selbständig an seine Mitglieder erbringt, die von ihm verschieden sind.

  • Angesichts der Selbständigkeit des Zusammenschlusses gegenüber seinen Mitgliedern können diese, anders, als es das luxemburgische Recht erlaubt, vom Betrag der von ihnen geschuldeten Mehrwertsteuer nicht die Mehrwertsteuer abziehen, die für an den Zusammenschluss (und nicht unmittelbar an die Mitglieder) gelieferte Gegenstände oder erbrachte Dienstleistungen geschuldet wird oder entrichtet worden ist. Folglich hat Luxemburg auch in diesem Punkt die Mehrwertsteuerrichtlinie nicht richtig umgesetzt.

  • Zuletzt stellt der Gerichtshof fest, dass wegen der Selbständigkeit des Zusammenschlusses gegenüber seinen Mitgliedern jeder Umsatz zwischen dem Zusammenschluss und einem seiner Mitglieder als Umsatz zwischen zwei Steuerpflichtigen zu betrachten ist und somit in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fällt. Demnach hat Luxemburg auch insoweit die Mehrwertsteuerrichtlinie fehlerhaft umgesetzt, indem es vorgesehen hat, dass Umsätze, die ein Mitglied im eigenen Namen aber für Rechnung des Zusammenschlusses tätigt, von der Mehrwertsteuer für den Zusammenschluss befreit sein können.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom (il)

Fundstelle(n):
NWB BAAAG-44346