Online-Nachricht - Freitag, 28.04.2017

Einkommensteuer | Erstattungsüberhang aus Kirchensteuern (FG)

Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens ist der Verlustabzug gemäß § 10d Abs. 2 EStG nicht von dem um den Erstattungsüberhang aus Kirchensteuern erhöhten Gesamtbetrag der Einkünfte vorzunehmen (; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Die verheirateten Kläger wurden im Streitjahr 2012 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger gehört der römisch-katholischen, die Klägerin der evangelischen Kirche an. Aufgrund von geänderten Einkommensteuerbescheiden der Vorjahre hatten die Kläger im Jahr 2012 einen Erstattungsüberhang aus Kirchensteuern erhalten, den sie in ihrer Einkommensteuererklärung als Einnahmen erklärten.

Diesen Betrag berücksichtigte das FA bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens. Die von den Klägern neben der Kirchensteuererstattung erklärten Einkünfte hatten sich beim Gesamtbetrag der Einkünfte nicht ausgewirkt, weil sie durch einen Verlustvortrag neutralisiert wurden. Die Kläger machten geltend, dass auch ihre Kirchensteuererstattung den Gesamtbetrag ihrer Einkünfte erhöhe, durch einen entsprechend erhöhten Verlustabzug aber keine Einkommensteuer anfalle.

Hierzu führte das FG Baden-Württemberg weiter aus:

  • Die Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte wird durch die Hinzurechnung des Erstattungsüberhangs nicht beeinflusst.

  • Der Gesetzgeber hat in § 10 Abs. 4b EStG die Behandlung von erstatteten Sonderausgaben mit Wirkung ab dem erstmals geregelt. Danach sind Erstattungsüberhänge bei den Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG (Kirchensteuern) dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen (§ 10 Abs. 4b Satz 3 EStG). Diese Hinzurechnung bewirkt aber nicht, dass sich der Gesamtbetrag der Einkünfte durch die Hinzurechnung mit steuerlichen Folgen für den Verlustabzug erhöht.

  • Der Gesetzgeber hat den Verlustabzug in § 10d Abs. 1 und 2 EStG so geregelt, dass nicht ausgeglichene negative Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen sind. Dies hat zur der Folge, dass sich diese Abzugsbeträge im Falle eines Verlustabzugs nicht mehr steuermindernd auswirken.

  • Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Erstattungsüberhangs dies ändern wollte. Zwar erscheint im Streitfall das Ergebnis der Hinzurechnung des Erstattungsüberhangs, dass nämlich Einkommensteuer nicht auf Einkünfte, sondern auf Kirchensteuererstattungen erhoben wird, die sich bei den Klägern im Zahlungsjahr nicht steuermindernd im Sonderausgabenabzug ausgewirkt haben, angesichts der Gesetzesmaterialien fragwürdig. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift im Sinne einer Beschränkung der Hinzurechnung auf solche Fälle, in denen sich die Erstattungsbeträge im Jahr der Zahlung tatsächlich steuermindernd ausgewirkt haben, ist jedoch nicht zulässig.

Hinweise:

Das FG hat die Revision zugelassen, weil die Frage der Auslegung von § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG von Teilen der Literatur und der Verwaltung unterschiedlich beurteilt wird und bislang noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung war.

Der Volltext des Urteils ist in der Rechtsprechungsdatenbank des FG Baden-Württemberg verfügbar. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Newsletter 2/2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB IAAAG-43765