Online-Nachricht - Mittwoch, 29.03.2017

Mietrecht | Anforderungen an Vermieterbedarf (BGH)

Der BGH hat sich zu den Anforderungen an die tatrichterliche Würdigung des Parteivortrags und des Ergebnisses der Beweisaufnahme geäußert, wenn der Mieter Schadensersatz wegen vorgetäuschten (Eigen-)Bedarfs begehrt, weil der Vermieter den in seiner Kündigung geltend gemachten Bedarf nach dem Auszug des Mieters nicht verwirklicht ().

Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Kläger hatte im Jahr 2008 vom Rechtsvorgänger des Beklagten eine 4-Zimmer-Wohnung gemietet. Der Beklagte kündigte das Mietverhältnis im Jahr 2010 mit der - vom Kläger durchgängig bestrittenen - Begründung, die Wohnung werde für einen neuen Hausmeister benötigt. Nach einer Räumungsklage des Beklagten schlossen die Parteien im Vorprozess einen Vergleich, in dem sich der Kläger verpflichtete, die Wohnung bis spätestens Ende 2011 zu räumen. Im Anschluss an den Auszug des Klägers zog allerdings nicht der angekündigte neue Hausmeister, sondern eine - nicht mit Hausmeisterdiensten betraute - Familie in die Wohnung ein. Im vorliegenden Prozess begehrt der Kläger wegen des seiner Auffassung nach nur vorgetäuschten Bedarfs unter anderem Ersatz der Umzugskosten sowie der Mehrkosten, die ihm durch die höhere Miete für die neue Wohnung entstehen.

Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Der BGH hab das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das LG zurück, damit die erforderlichen Feststellungen unter Beachtung seiner Rechtsauffassung getroffen werden.

Hierzu führte der BGH weiter aus:

  • Durch eine schuldhafte unberechtigte Kündigung - insbesondere im Falle des Vortäuschens eines in Wahrheit nicht bestehenden Selbstnutzungswillens - kann sich ein Vermieter schadensersatzpflichtig machen, wenn der Mieter daraufhin auszieht und infolgedessen Vermögenseinbußen erleidet. Dabei trifft den Vermieter in Fällen, in denen er den zur Grundlage der Kündigung gemachten Bedarf nach dem Auszug des Mieters nicht realisiert, eine besondere („sekundäre“) Darlegungslast zum nachträglichen Wegfall des Bedarfs.

  • Setzt der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters nicht um, liegt nämlich der Verdacht nahe, dass der Bedarf nur vorgeschoben gewesen ist. Unter diesen Umständen ist es dem Vermieter zuzumuten, substantiiert und plausibel darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Bedarf nachträglich entfallen sein soll.

  • Diesen strengen Anforderungen ist der Beklagte hier nicht gerecht geworden. Bei einer tatsächlich bestehenden Bedarfslage wäre zu erwarten gewesen, dass er mit dem neuen Hausmeister jedenfalls nach Abschluss des Räumungsvergleichs alsbald einen Mietvertrag abschließen oder sich zumindest über den voraussichtlichen Mietbeginn und die genaue Miethöhe verständigen würde.

  • Hierzu hat der Beklagte jedoch nichts vorgetragen, sondern ausgeführt, der Hausmeister habe sich erst in der ersten Novemberwoche überlegt und ihm mitgeteilt, dass er die im dritten Obergeschoss liegende Wohnung wegen seiner - seit längerem andauernden - Kniebeschwerden nunmehr doch nicht anmieten wolle. Diese Darstellung erscheint jedoch nicht plausibel.

  • Kommt der Vermieter seiner besonderen Darlegungslast in derartigen Fällen nicht nach, ist die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung - hier das Vortäuschen eines nicht bestehenden Bedarfs an der Wohnung - als unstreitig zu behandeln.

Quelle: BGH, Pressemitteilung 42/17 vom 29.03.2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB QAAAG-41548