Online-Nachricht - Montag, 20.03.2017

Umsatzsteuer | Steuerbefreiung einer Fahrschule (FG)

Umsätze einer Fahrschule können nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL steuerfrei sein. Dies hat das FG Baden-Württemberg in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden ().

Hintergrund: Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL befreit „den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht” von der Umsatzsteuer.

Sachverhalt: Die Antragstellerin ist eine GmbH. Der Alleingesellschafter der GmbH ist einziger Geschäftsführer und Fahrlehrer der Antragstellerin. Die Ausbildung umfasst die Fahrerlaubnisklassen A (Krafträder) und B (PKW). Der Unterricht wird überwiegend in der Fahrerlaubnisklasse B erteilt. Seit dem berechnet die Antragstellerin keine Umsatzsteuer mehr. Das FA dagegen behandelte die Fahrschulumsätze als steuerpflichtig.

Hierzu führten die Richter des FG Baden-Württemberg weiter aus:

  • Der Aussetzungsantrag der Antragstellerin ist zulässig und begründet.

  • Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Fahrschulunterricht der Antragstellerin steuerbefreit ist. Die Steuerfreiheit ergibt sich zwar nicht aus § 4 Nr. 21 UStG. Die Antragstellerin könnte sich aber auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL berufen.

  • Der EuGH hat die Befreiungsvorschrift weit ausgelegt. Denn eine besonders enge Auslegung des Begriffs „Schul- und Hochschulunterricht” würde die Gefahr einer unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuerrechts in den Mitgliedstaaten hervorrufen (, Haderer und vom C-473/08, Eulitz).

  • Die Steuerfreiheit der streitigen Fahrschulleistungen hängt demnach nicht davon ab, dass die angebotenen Kurse Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung oder Berufsfortbildung sind oder auf einen bestimmten Beruf vorbereiten.

  • Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht (vgl. , BStBl II 2008, 323; vom - V R 52/06, "Sofortmaßnahmen am Unfallort"; vom - V R 3/05, BStBl II 2012, 267 "Balletschule"; "Fahrsicherheitstraining"; , BStBl II 2013, 879 "Kampfsportschule" und vom - V R 19/13 "Schwimmunterricht").

  • Zudem hat der EuGH entschieden, Schul- oder Hochschulunterricht werde "von Privatlehrern erteilt", wenn die Lehrer dabei für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln (u.a. , Haderer).

  • Danach ist es bei summarischer Prüfung möglich, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL erfüllt.

  • Die Antragstellerin erbringt ihre Fahrschulleistungen auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung. Sie könnte daher ein Privatlehrer sein, der seinen Schülern die für das Führen eines Kraftrads oder PKW notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, die nicht Bestandteil einer Berufsausbildung sein müssen.

  • Der Erwerb eines Führerscheins - jedenfalls in der Fahrerlaubnisklasse B - ist auch nicht zweifelsfrei als bloße Freizeitgestaltung anzusehen, sondern kann möglicherweise ein Gemeinwohlinteresse begründen, wie es für den Schwimmunterricht vom BFH für die Steuerbefreiung als möglicherweise ausreichend angesehen wurde ().

Hinweis:

Die Frage der Umsatzsteuerbefreiung einer Fahrschule wird in der FG-Rechtsprechung uneinheitlich beurteilt: Während das entschieden hat, dass die Umsätze einer Fahrschule auch unter Berücksichtigung des Unionsrechts umsatzsteuerpflichtig sind (Revisions-Az. V R 38/16; s. hierzu auch Meurer, ), ist das FG Berlin-Brandenburg nach summarischer Prüfung der Auffassung, dass die Erteilung von Fahrschulunterricht durch einen Privatlehrer der Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der Mehrwertsteuersystemrichtlinie unterfällt ().

Quelle: NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB RAAAG-40460