BGH Beschluss v. - 5 ARs 47/16

Gesetze: § 253 StGB, § 263 StGB

Instanzenzug: nachgehend Az: 2 StR 335/15 Urteil

Gründe

11. Der 2. Strafsenat hat über Revisionen von Angeklagten zu entscheiden, die unter anderem wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung bzw. wegen Beteiligung hieran verurteilt worden sind, weil sie die Herausgabe von Heroin erzwungen hatten. Er hält die mit der Sachrüge geführten Revisionen insoweit für begründet und beabsichtigt zu entscheiden:

„Die Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln richtet sich nicht gegen das Vermögen des Genötigten und erfüllt daher nicht den Tatbestand der Erpressung.“

2Der 2. Strafsenat hat daher gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei den anderen Strafsenaten angefragt, ob sie dem zustimmen oder an etwa entgegenstehender Rechtsprechung festhalten.

32. Der beabsichtigten Entscheidung des 2. Strafsenats steht Rechtsprechung des 5. Strafsenats etwa in jüngeren Beschlüssen entgegen, in denen die Revisionen nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen worden sind (z. B. BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 577/16; vom - 5 StR 504/16; vom - 5 StR 225/14). Hier hat der Senat vorausgesetzt, dass Betäubungsmittel zu dem nach §§ 253 ff. StGB geschützten Vermögen gehören, und zwar auch dann, wenn sie - wie in der Regel - in strafbarer Weise besessen werden.

4Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest. Bei seiner Entscheidung hat er auch die Rechtsauffassung der nicht an der Entscheidung beteiligten Richter des Senats bedacht. In der Begründung tritt er den Ausführungen des 4. Strafsenats in dessen Beschluss vom (4 ARs 17/16) bei und bemerkt ergänzend:

5Die beabsichtigte Entscheidung führt - wie der anfragende Senat nicht verkannt hat (, NStZ 2016, 596, 599 mit Anmerkung G. Schäfer, JR 2017, 81) - zu Wertungswidersprüchen. Bei der in diesen Fällen vorzunehmenden Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung, für die das äußere Erscheinungsbild des Tatgeschehens von ausschlaggebender Bedeutung ist (vgl. , BGHSt 7, 252; Beschluss vom - 4 StR 186/13; MüKo-StGB/Sander, 2. Aufl., § 249 Rn. 7, § 253 Rn. 21), würde es vielfach von Zufälligkeiten der Tatausführung abhängen, ob für Verhaltensweisen, die sich im Unrechtsgehalt nicht unterscheiden, die Strafrahmen der §§ 249 ff. StGB zur Anwendung kommen oder die Strafe den weitaus milderen Strafrahmen etwa des § 240 Abs. 1 StGB oder des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Variante 10 BtMG zu entnehmen ist. Denn auch Betäubungsmittel, deren Erwerb oder Besitz verboten ist, sind nach ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum taugliche Tatobjekte von Eigentumsdelikten (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 92/15, NStZ 2015, 571; vom - 3 StR 295/05, NJW 2006, 72, jeweils mwN; vgl. auch LK-StGB/Vogel, 12. Aufl., § 242 Rn. 31 mwN). Den strafrechtlichen Eigentumsschutz in Fällen unbestreitbar bestehender Eigentumsposition und ungeachtet gegebenen Strafbedürfnisses (vgl. aaO S. 73) unter Hinweis auf den Gedanken einer „ultima ratio“ versagen zu wollen, vermag schwerlich zu überzeugen.

63. Der Senat lässt dahinstehen, ob die mit Beschluss des 2. Strafsenats vom (2 StR 335/15, NStZ 2016, 596) formulierte Anfrage dadurch Erledigung gefunden hat, dass der anfragende Senat mit Urteilen vom (2 StR 27/16, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) und vom (2 StR 522/15) zu seiner früheren Rechtsauffassung zurückgekehrt ist (vgl. Mosbacher, JuS 2017, 127, 129 ff.).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:070217B5ARS47.16.0

Fundstelle(n):
wistra 2017 S. 3 Nr. 4
CAAAG-38810