Online-Nachricht - Montag, 13.02.2017

Beamtenrecht | Wartefrist im rheinland-pfälzischen Besoldungsrecht nichtig (BVerfG)

Die im Besoldungsrecht des Landes Rheinland-Pfalz vorgesehene „Wartefrist“, wonach ein Beamter oder Richter, dem ein Amt ab den Besoldungsgruppen B 2 oder R 3 übertragen wird, für die Dauer von zwei Jahren das Grundgehalt der nächstniedrigeren Besoldungsgruppe erhält, ist mit Artikel 33 Absatz 5 GG unvereinbar und nichtig ().

Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Kläger des Ausgangsverfahrens war im Jahr 2008 in Rheinland-Pfalz vom Vorsitzenden Richter am OLG (Besoldungsgruppe R 3) zum Vizepräsidenten des OLG (Besoldungsgruppe R 4) befördert worden. Sein Antrag auf Gewährung von Dienstbezügen nach R 4 schon vor Ende der in § 6d Landesbesoldungsgesetz Rheinland-Pfalz („LBesG“) geregelten „Wartefrist“ war erfolglos; das Verwaltungsgericht hat seine Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz das Verfahren ausgesetzt und dem BVerfG die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 6d LBesG zur Entscheidung vorgelegt.

Hierzu führte das BVerfG weiter aus:

  • Die im Besoldungsrecht des Landes Rheinland-Pfalz vorgesehene „Wartefrist“ (§ 6d Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 LBesG) ist mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar und nichtig.

  • Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten lebenslang einen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Dabei bestimmt sich die Amtsangemessenheit auch im Verhältnis zur Besoldung und Versorgung anderer Beamtengruppen.

  • Als eigenständige hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums hat das BVerfG angesehen, dass die Bezüge der Beamten entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind, und dass für gleiche und vergleichbare Ämter derselben Laufbahn gleiche Besoldung gewährt wird.

  • Die Vorschrift des Landesbesoldungsrechts Rheinland-Pfalz verstößt gegen die dargestellten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums. Dies gilt insbesondere für die Abstufung der Bezüge entsprechend der Wertigkeit der Ämter. Aufgrund der Implementierung der mit dem nächstniedrigeren Amt verbundenen Bezüge hebt sich ein höheres Amt (vorübergehend) besoldungsmäßig nicht von dem nächstniedrigeren ab.

  • Auch den Anforderungen des Alimentationsprinzips wird § 6d LBesG nicht gerecht. Nach einer Beförderung hat ein Beamter ein höherwertiges Amt als zuvor inne. Dieses höherwertige Amt muss nach dem Alimentationsprinzip Maßstab für seine Besoldung sein.

  • Die Einführung einer „Wartefrist“ hinsichtlich der Besoldung stellt eine dem einfachen Gesetzgeber verwehrte strukturelle Veränderung dar. Vor allem lässt sich eine Wartefrist im Besoldungsrecht nicht auf die im Versorgungsrecht tragenden Erwägungen stützen.

  • Die Regelung zur „Wartefrist“ lässt sich auch nicht mit dem Anliegen einer grundsätzlich zulässigen stärkeren Betonung des Leistungsprinzips rechtfertigen. Es ist schon nicht erkennbar, dass § 6d LBesG derartige konzeptionelle Erwägungen zugrunde liegen.

  • Im Übrigen ist es dem Gesetzgeber zwar nicht verwehrt, das Besoldungsgefüge anders zu strukturieren. Er muss jedoch aufgrund der dargelegten Grundsätze gewährleisten, dass mit einem höheren Amt höhere Bezüge einhergehen. Eine vermeintliche Einarbeitungszeit in einem höheren Amt rechtfertigt nicht, von einem Beförderungserfolg bereits bei Amtsverleihung (in Form eines Besoldungsanstiegs) abzusehen. Das Leistungsprinzip kann insoweit gerade nicht als Rechtfertigung dienen, da es selbst die Anerkennung des Beförderungserfolgs und damit einen Besoldungsanstieg fordert.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung Nr. 10/2017 vom 10.02.2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB HAAAG-37375