Online-Nachricht - Dienstag, 24.01.2017

Umsatzsteuer | Differenzbesteuerung beim Verkauf von Autoteilen (EuGH)

Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie ist dahin auszulegen, dass gebrauchte Teile, die aus Altfahrzeugen, die ein Autoverwertungsunternehmen von einer Privatperson erworben hat, stammen und als Ersatzteile verkauft werden sollen, "Gebrauchtgegenstände" im Sinne dieser Bestimmung sind. Folglich unterliegt die Lieferung solcher Teile durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer der Differenzbesteuerung (; "Sjelle Autogenbrug I/S").

Sachverhalt und Verfahrensgang: Es handelt sich um ein Verfahren zum dänischen Steuerrecht. Die Klägerin ist ein dänischer Fahrzeugverwerter und handelt im Wesentlichen mit gebrauchten Autoteilen aus Altfahrzeugen. Die Altfahrzeuge werden von Privatpersonen und Versicherungsgesellschaften erworben. Die Klägerin wies zunächst die Mehrwertsteuer aus den Verkäufen nach den allgemeinen Vorschriften aus. Sie beantragte eine verbindliche Auskunft darüber, ob die Steuerregelung für Gebrauchtgegenstände auf den Wiederverkauf der gebrauchten Autoteile Anwendung findet.

In diesem Zusammenhang vertrat die dänische Finanzbehörde die Auffassung, dass die Regelung der Differenzbesteuerung nicht zur Anwendung kommt, da die fraglichen Autoteile nicht vom Begriff "Gebrauchtgegenstände“ umfasst sind. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Das Berufungsgericht setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass gebrauchte Teile, die aus Altfahrzeugen, die ein Autoverwertungsunternehmen von einer Privatperson erworben hat, stammen und als Ersatzteile verkauft werden sollen, "Gebrauchtgegenstände“ im Sinne dieser Bestimmung sind, mit der Folge, dass Lieferungen solcher Teile durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer der Differenzbesteuerung unterliegen.

Hierzu führten die Richter des EuGH weiter aus:

  • Nach dem Wortlaut von Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112 sind "Gebrauchtgegenstände“ "bewegliche körperliche Gegenstände, die in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung erneut verwendbar sind“.

  • Der Wortlaut der Vorschrift schließt nicht aus, dass die Gegenstände von einem anderen Gegenstand stammen, dessen Bestandteile sie waren.

  • Dass ein gebrauchter Gegenstand, der Bestandteil eines anderen Gegenstands ist, von diesem getrennt wird, stellt nämlich die Einstufung des entnommenen Gegenstands als "Gebrauchtgegenstand“ nicht in Frage, sofern er "in seinem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung“ erneut verwendbar ist.

  • Den Autoteilen, die aus einem Altfahrzeug entnommen werden, kommen unverändert die Funktionen zu, die sie im Neuzustand hatten. so dass sie zu denselben Zwecken erneut verwendbar sind.

  • Insofern sind Teile, die aus Altfahrzeugen stammen, als "Gebrauchtgegenstände“ anzusehen, mit der Folge, dass Lieferungen solcher Teile durch steuerpflichtige Wiederverkäufer der Differenzbesteuerung unterliegen.

  • Die Nichtanwendung dieser Regelung auf Ersatzteile, die aus von Privatpersonen angekauften Altfahrzeugen entnommen werden, liefe dem Ziel der Sonderregelung der Differenzbesteuerung zuwider, das darin besteht, auf dem Gebiet der Gebrauchtgegenstände Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen Steuerpflichtigen zu vermeiden.

Hinweis:

Die Konsequenzen der Entscheidung für die deutsche Praxis können Sie im Beitrag von Walkenhorst in der nachlesen. Das Urteil ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: EuGH online (il)

Fundstelle(n):
NWB IAAAG-35143