Online-Nachricht - Donnerstag, 15.12.2016

Mietrecht | Eigenbedarfskündigungen durch eine GbR (BGH)

Der Bundesgerichtshof hat sich mit zwei grundlegenden und für die Praxis bedeutsamen Fragen im Zusammenhang mit Eigenbedarfskündigungen im Wohnraummietrecht beschäftigt ().

Sachverhalt: Die Beklagten mieteten von der Rechtsvorgänger der Klägerin eine 166 qm große 5-Zimmer-Wohnung im München für 1.374,52 €/Monat.

Die Klägerin ist eine im Jahr 1991 gegründete, aus vier Gesellschaftern bestehende GbR, die das Anwesen, in dem die streitige Wohnung liegt, im Gründungsjahr erworben hat. Nach dem Gesellschaftsvertrag besteht der Zweck der Gesellschaft in der "Instandsetzung, Modernisierung und dem Ausbau des Anwesens, dessen Vermietung sowie nach Möglichkeit der Aufteilung in Wohnungseigentum". Im Jahr 1994 begann die Klägerin mit der Sanierung des Anwesens und der Aufteilung der Wohnungen, wobei einige inzwischen verkauft wurden. Die Wohnung der Beklagten ist die letzte Wohnung, die noch nicht saniert ist.

Im September 2013 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis und begründete dies mit Eigenbedarf der Tochter eines der Gesellschafter. Die Beklagten sind der Kündigung entgegengetreten.

Hierzu führten die Richter des BGH weiter aus:

  • Der seinem Wortlaut nach auf natürliche Personen zugeschnittene Eingenbedarfs-Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist auf eine als Vermieter auftretende teilrechtsfähige (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts entsprechend anzuwenden.

  • Die vom Berufungsgericht angestellten Schutzzwecküberlegungen stehen einer analogen Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht entgegen: Unzutreffend ist bereits die Prämisse, der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB solle den Mieter vor einem Verdrängungsrisiko durch eine unüberschaubare Anzahl von Personen auf Vermieterseite schützen. Dieser Zweck kommt allein der Kündigungssperre in § 577a BGB zu.

  • Der Zweck der Kündigungsregelungen in § 573 BGB besteht dagegen darin, einerseits den vertragstreuen Mieter, für den die Wohnung einen Lebensmittelpunkt darstellt, vor willkürlichen Kündigungen zu schützen, andererseits aber auch dem Vermieter die Befugnis einzuräumen, sich bei Vorliegen eines triftigen Grundes aus dem Mietverhältnis lösen zu können.

  • Durch die Ausgestaltung der einzelnen Kündigungstatbestände sollen keineswegs nur (berechtigte) Mieterinteressen geschützt werden. Vielmehr soll hierdurch ein gerechter Interessenausgleich zwischen den Mietvertragsparteien ermöglicht werden.

  • Der Senat hat daher das Berufungsurteil aufgehoben und an das Landgericht zurückverwiesen, damit es die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen des geltend gemachten Eigenbedarfs und zu möglichen Härtegründen treffen kann.

  • Bezüglich der vom Berufungsgericht offen gelassenen Frage, ob die Eigenbedarfskündigung der Vermieterin durch die unterlassene Anbietung einer im selben Anwesen gelegenen Zweizimmerwohnung rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam geworden ist, hat der Senat in Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung ausgesprochen, dass dies nicht die Unwirksamkeit einer berechtigt ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung zur Folge hat.

  • Zwar ist ein Vermieter verpflichtet, die Folgen einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung für den Mieter so gering wie möglich zu halten, da der Wohnung als Mittelpunkt der persönlichen Existenz eines Menschen besondere Bedeutung von Verfassungsrang zukommt. Der Vermieter hat dem betroffenen Mieter deshalb eine andere, ihm während der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende Wohnung zur Anmietung anzubieten, sofern diese sich im selben Haus oder derselben Wohnanlage befindet.

  • Allerdings hält der Senat nicht länger daran fest, dass die Verletzung einer solchen Anbietpflicht durch den Vermieter die Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung zur Folge hat.

  • Denn hierdurch stellt sich eine - rechtswirksam - ausgesprochene Kündigung nicht nachträglich als unzulässige Rechtsausübung dar. Vielmehr zieht eine Verletzung der mietvertraglichen Rücksichtnahmepflichten des Vermieters – wie auch bei sonstigen Verstößen gegen Nebenpflichten – lediglich Schadensersatzansprüche nach sich.

  • Dem Mieter können daher allenfalls Ersatzansprüche in Geld für hierdurch entstandene Schäden (etwa Umzugs- und Maklerkosten) zustehen.

Hinweis:

Die vollständige Pressemitteilung zu der Entscheidung des BGH ist auf dessen Homepage veröffentlicht.

Quelle: BGH online (il)

Fundstelle(n):
NWB CAAAF-88473