Online-Nachricht - Donnerstag, 22.09.2016

Arbeitsrecht | Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen im Baugewerbe (BAG)

Die Allgemeinverbindlicherklärungen des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom und sind mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 5 TVG a.F. unwirksam ().

Hintergrund: Die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge regeln das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe. Bei den Sozialkassen des Baugewerbes (SOKA-BAU) handelt es sich um gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes.

Zur Finanzierung ihrer Leistungen werden nach Maßgabe des VTV Beiträge von den Arbeitgebern erhoben. Durch die AVE gelten die Tarifverträge nicht nur für die tarifgebundenen Mitglieder der Tarifvertragsparteien, sondern auch für alle anderen Arbeitgeber der Branche. Sie sind hiernach zur Beitragszahlung verpflichtet. Sowohl die Arbeitgeber als auch ihre Beschäftigten erhalten Leistungen von den Sozialkassen.

Sachverhalt: Bei den Antragstellern handelt es sich überwiegend um Arbeitgeber, die nicht Mitglied einer Arbeitgebervereinigung sind und deshalb nur auf Grundlage der Allgemeinverbindlicherklärungen zu Beitragszahlungen herangezogen wurden. Sie vertreten die Auffassung, die gesetzlichen Voraussetzungen für die AVE hätten nicht vorgelegen.

Hierzu führten die Richter des BAG weiter aus:

  • Die Allgemeinverbindlicherklärungen vom und vom des VTV sind unwirksam.

  • Bei der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen handelt es sich um Normsetzung, die nach dem in Art. 20 GG verankerten Demokratieprinzip die Befassung des zuständigen Ministers für Arbeit und Soziales erfordert.

  • Eine solche Befassung ist jedoch durch die seinerzeit zuständigen Minister nicht erfolgt.

  • Darüber hinaus gibt es keine tragfähige Grundlage für die Annahme des BMAS, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der AVE VTV 2008 und 2010 in der Baubranche mindestens 50% der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt waren.

  • Insbesondere durfte, anders als vom BMAS angenommen, die in der jeweiligen AVE vorgenommene Einschränkung des betrieblichen Geltungsbereichs bei der Berechnung der 50%-Quote nicht berücksichtigt werden.

Hinweise

Ebenfalls mit Beschluss v. - 10 ABR 48/15 erklärten die Richter die AVE VTV 2014 für unwirksam nach § 5 TVG a.F. Zwar hatte sich hier die zuständige Ministerin für Arbeit und Soziales mit der Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) befasst, jedoch war die nach damaligem Rechtsstand erforderliche 50%-Quote nicht erreicht.

Die Feststellung der Unwirksamkeit wirkt für und gegen jedermann. Sie hat zur Folge, dass im maßgeblichen Zeitraum nur für tarifgebundene Arbeitgeber eine Beitragspflicht zu den Sozialkassen des Baugewerbes bestand. Andere Arbeitgeber der Baubranche sind nicht verpflichtet, für diesen Zeitraum Beiträge zu leisten.

Rechtskräftig abgeschlossene Klageverfahren über Beitragsansprüche werden von der Feststellung der Unwirksamkeit jedoch nicht berührt; eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist insoweit nicht möglich.

Quelle: BAG, Pressemitteilungen 50/16 sowie 51/16 v. (il)

Fundstelle(n):
NWB AAAAF-82477