Online-Nachricht - Montag, 22.08.2016

Umsatzsteuer | Gefährdungshaftung bei nicht ausgeführten Leistungen (FG)

Wer zulässt oder daran mitwirkt, dass ein Dritter Scheingutschriften an ihn ausstellt, die die Gefahr begründen, dass der Aussteller den Vorsteuerabzug hieraus geltend macht, kann sich der Inanspruchnahme durch § 14 Abs. 3 UStG a. F. bzw. § 14c Abs. 2 UStG nicht entziehen. Schuldner der in diesen Gutschriften unberechtigt ausgewiesenen Steuerbeträge ist gem. § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG a.F. nur der Empfänger, nicht hingegen auch der Aussteller der Gutschrift (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt (§ 14 Abs. 3 S. 1 und 2 UStG a. F.; entspricht dem jetzigen § 14c Abs. 2 S. 1 und 2 UStG), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Als Rechnung gilt auch eine Gutschrift, mit der ein Unternehmer über eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet, die an ihn ausgeführt wird (§ 14 Abs. 5 UStG a.F.).

Sachverhalt: Der Kläger betreibt einen Schrotthandel. Neben tatsächlich durchgeführten Schrotthandelsgeschäften erhielt der Kläger von verschiedenen Schrotthandelsfirmen Schecks für Lieferungen, die tatsächlich nicht stattfanden. Der Kläger löste die Schecks ein, hob das Geld bar ab und gab es abzüglich einer „Provision” inklusive Umsatzsteuer an den Inhaber der Schrotthandelsfirmen zurück. Vereinzelt erhielt der Kläger von den Firmen mit den Schecks entsprechende Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis. Aufgrund der Selbstanzeige des Klägers setzte das FA die Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der Scheinlieferungen fest. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.

Hierzu führten die Richter des FG München weiter aus:

  • Der Kläger schuldet die in den streitigen Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 Satz 2, Abs. 5 UStG a. F.

  • Wer zulässt oder sogar einverständlich daran mitwirkt, dass ein Dritter Scheingutschriften an ihn ausstellt, die die Gefahr begründen, dass der Aussteller den Vorsteuerabzug hieraus geltend macht, kann sich der Inanspruchnahme durch § 14 Abs. 3 UStG a. F. bzw. § 14c Abs. 2 UStG nicht entziehen.

  • Der Kläger hat die Existenz der Gutschriften nicht nur akzeptiert, sondern den Anschein einer zu Recht mit Gutschrift abgerechneten entgeltlichen Leistung sogar bekräftigt, indem er die Schecks entgegennahm und einlöste. Damit hat der Kläger zu erkennen gegeben, dass er der jeweiligen unberechtigten Gutschrift zustimmt. Sie sind ihm deshalb zuzurechnen.

  • Für das FA bestand bei der Inanspruchnahme des Klägers auch kein Auswahlermessen, da zwischen dem Kläger und den Gutschriftenausstellern kein Gesamtschuldverhältnis im Sinne von § 44 Abs. 1 AO vorlag. Die Gutschriftenaussteller sind nicht Schuldner der in den Gutschriften unberechtigt ausgewiesenen Steuerbeträge. Diese werden nach § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG a. F. nur vom Kläger geschuldet.

Quelle: NWB Datenbank (Sc)

Hinweis

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen abweichender Finanzgerichtsentscheidung in Bezug auf § 14 Abs. 3 UStG a.F. zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zugelassen.

Fundstelle(n):
NWB AAAAF-80335