Online-Nachricht - Donnerstag, 18.08.2016

Bankrecht | Rückzahlung nach Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen (OLG)

Eine Widerrufsbelehrung in einem Verbraucherdarlehensvertrag, die hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist missverständlich ist, setzt den Beginn der Widerrufsfrist für diesen Vertrag nicht in Lauf. Der Darlehensnehmer kann daher selbst dann noch sein Widerrufsrecht ausüben, wenn er die Abnahme des Darlehens verweigert und eine Nichtabnahmeentschädigung bezahlt hat. Sein Anspruch auf Rückzahlung der Nichtabnahmeentschädigung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ausgeschlossen (; nicht rechtskräftig).

Hintergrund: Das Widerrufsrecht erlischt bei einer Dienstleistung, auch bei einer Finanzdienstleistung, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausgeübt hat (§ 312d Abs. 3 Nr. 1 BGB a.F.). Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§ 242 BGB).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Kläger hatte im Juli 2008 mit der Beklagten im Wege des Fernabsatzes zwei Bereitstellungsdarlehensverträge abgeschlossen, denen jeweils identische Widerrufsbelehrungen beigefügt waren. Im März 2011 vereinbarten die Parteien, dass der Kläger die Darlehen nicht abnimmt und eine Nichtabnahmeentschädigung zahlt. Unter dem widerrief er seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen. Die Klage auf Rückzahlung der im Jahre 2011 gezahlten Nichtabnahmeentschädigung hatte das LG abgewiesen. Das OLG Koblenz änderte das Urteil jedoch ab und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Nichtabnahmeentschädigung.

Hierzu führten die Richter des OLG Koblenz weiter aus:

  • Der Kläger konnte im September 2014 sein Widerrufsrecht noch ausüben, weil die Widerrufsbelehrungen in den Verträgen hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist missverständlich sind und deshalb die Widerrufsfrist für das Darlehen nicht in Lauf gesetzt haben.

  • Das Widerrufsrecht des Klägers war auch nicht nach der Sonderregelung bei Fernabsatzverträgen (§ 312d Abs. 3 Nr. 1 BGB a.F.) erloschen, da diese Regelung bei Verbraucherdarlehensverträgen keine Anwendung findet, bei denen dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditrecht (§§ 495, 499 bis 507, 355 BGB a.F.) zusteht.

  • Die Vereinbarung vom März 2011 hat das bestehende Widerrufsrecht des Klägers ebenfalls nicht beseitigt, da hierdurch der Vertrag nicht rückwirkend aufgelöst, sondern lediglich der ursprünglich vereinbarte Erfüllungszeitpunkt für das Darlehen vorverlagert wurde.

  • Der Kläger hat sein Widerrufsrecht auch weder verwirkt noch unzulässig ausgeübt (§ 242 BGB).

  • Die mit der nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile trägt nämlich grundsätzlich der Verwender. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Bank nicht in Anspruch nehmen, da sie den Schwebezustand selbst herbeigeführt und im Übrigen die Möglichkeit bestanden hat, den Kläger noch nach Vertragsabschluss ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht zu belehren.

Quelle: OLG Koblenz, Pressemitteilung v. 17.08.2016 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB XAAAF-80203