Online-Nachricht - Donnerstag, 11.08.2016

Arbeitsrecht | Befristete Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit (BAG)

Die befristete Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit zur Erprobung stellt nicht unbedingt eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar (, veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Beklagte, ein Unternehmen des Textileinzelhandels, stellte die Klägerin als Verkäuferin ein. Laut Anstellungsvertrag umfasst das Aufgabengebiet der Klägerin Verkauf sowie Kassierertätigkeit. Die Klägerin wurde in die Gehaltsgruppe 2a gemäß Lohn- und Gehaltstarifvertrag des Einzelhandels Hamburg eingruppiert. Mit einem schriftlichen Vertrag vom vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin vom bis als Kassiererin beschäftigt und tarifgerecht nach Gehaltsgruppe 3 vergütet wird. Am vereinbarten die Parteien, die Positionsveränderung bis zum zu verlängern. Die Klägerin vertrat die Auffassung, die Tätigkeit als Kassiererin sei dauerhafter Vertragsinhalt geworden, da die Befristung der Tätigkeitsübertragung unwirksam sei. Die Befristungsabrede vom verstoße gegen das Schriftformgebot, da sie erst nach der Fortsetzung der Tätigkeit im Verlängerungszeitraum unterzeichnet worden sei. Zudem benachteilige die Befristung sie unangemessen. Es treffe nicht zu, dass die Tätigkeit als Kassiererin in der Zeit ab dem ihrer Erprobung am im Herbst neu eingeführten Kassensystem dienen sollte. Eine weitere Erprobung sei nicht erforderlich gewesen.

Das AG wies die Klage ab. Das LAG wies die Berufung der Klägerin zurück. Das BAG hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das LAG zurück.

Hierzu führten die Richter des BAG weiter aus:

  • Die Befristung der Übertragung der Tätigkeit einer Kassiererin unterliegt einer Vertragsinhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB. Die Vertragsinhaltskontrolle erstreckt sich - wie das LAG zutreffend erkannt hat - nur auf die letzte, am vereinbarte befristete Übertragung der Tätigkeit einer Kassiererin. Das LAG durfte aufgrund der von ihm bislang festgestellten Tatsachen nicht annehmen, die zum vereinbarte Befristung der Übertragung der Tätigkeit als Kassiererin an die Klägerin halte der Vertragsinhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand.

  • Bei der letzten Befristungsabrede vom handelt es sich um eine von der Beklagten vorformulierte Vertragsbestimmung, auf deren Inhalt die Klägerin keinen Einfluss nehmen konnte. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB ist nicht nach § 307 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

  • Während die Befristung des gesamten Arbeitsvertrags daraufhin zu überprüfen ist, ob sie durch einen sachlichen Grund gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt ist, unterliegt die Befristung einzelner Vertragsbedingungen nach § 307 Abs. 1 BGB einer Angemessenheitskontrolle, die anhand einer Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen beider Vertragsparteien vorzunehmen ist. Auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen kann nicht angenommen werden, dass der Befristung ein Sachverhalt zugrunde liegt, der die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt mit dem Sachgrund der Erprobung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG rechtfertigen könnte.

  • Es kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Befristung der Übertragung der Tätigkeit als Kassiererin der gebotenen Vertragsinhaltskontrolle standhält. Zur Wirksamkeit der Befristung bedarf es zwar keiner Umstände, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würden. Die Beklagte hat sich jedoch ausschließlich darauf berufen, dass die Befristung zur Erprobung am neuen Kassensystem erfolgt sei. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten an der nur befristeten Übertragung der Tätigkeit kann der Beklagten jedoch ebenfalls nur für einen zur Erprobung angemessenen Zeitraum zugebilligt werden.

  • Der Wirksamkeit der Befristung steht nicht entgegen, dass sie erst nach Beginn des Verlängerungszeitraums schriftlich niedergelegt wurde.

  • Auf Grundlage der bislang getroffenen Tatsachenfeststellungen kann nicht abschließend entschieden werden, ob die Befristung der Übertragung der Tätigkeit als Kassiererin an die Klägerin wirksam ist. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LAG.

Quelle: NWB Datenbank (Sc)

Fundstelle(n):
NWB IAAAF-79723