Online-Nachricht - Freitag, 05.08.2016

Kaufrecht | Rechtswahlklausel zu Lasten des Verbrauchers unwirksam (EuGH)

Ein Onlinehändler darf in seinen AGB keine Klausel verwenden, die dem Verbraucher suggeriert, auf den Vertrag sei nur das Recht des Mitgliedstaats anwendbar, in dem der Händler seinen Sitz hat, ohne ihn darüber zu unterrichten, dass er nach Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 593/2008 auch den Schutz des Rechts des Staates genießt, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat ().

Hintergrund: Gemäß Art. 6 der Verordnung Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht unterliegt ein Vertrag, den ein Verbraucher mit einem Unternehmer geschlossen hat, dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer a) seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in dem Staat ausübt, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder b) eine solche Tätigkeit auf irgendeine Weise auf diesen Staat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Die Parteien können allerdings das auf einen Vertrag anzuwendende Recht wählen. Die Rechtswahl darf jedoch nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf.

Sachverhalt und Verfahrensgang: Amazon EU Sàrl ist eine in Luxemburg ansässige Gesellschaft, die u.a. mit Verbrauchern in Österreich im elektronischen Geschäftsverkehr Verträge abschließt. Diesen Verträgen legte Amazon AGB zugrunde, die u.a. vorsahen, dass luxemburgisches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts gelte. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) erhob daraufhin gegen Amazon Klage auf Unterlassung der Verwendung sämtlicher Klauseln der AGB.

Das erstinstanzliche Gericht gab der Klage weitgehend statt, da die Rechtswahl nicht dazu führen dürfe, dass dem Verbraucher der ihm durch die Bestimmungen des Staates seines gewöhnlichen Aufenthalts gewährte Schutz entzogen werde. Das Gericht zweiter Instanz hob das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts auf und verwies die Rechtssache an dieses zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Der vom VKI angerufene Oberste Gerichtshof (Österreich) setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH u.a. folgende Frage zur Vorabentscheidung vor:

  • Ist eine in AGB enthaltene Klausel, wonach auf einen Vertrag, der im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen einem Verbraucher und einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmer geschlossen wird, das Recht des Sitzstaats dieses Unternehmers anzuwenden ist, missbräuchlich im Sinn von Art 3 Abs 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen?

Hierzu führten die Richter des EuGH weiter aus:

Eine in AGB eines Gewerbetreibenden enthaltene Klausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde und nach der auf einen auf elektronischem Weg mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrag das Recht des Mitgliedstaats anzuwenden ist, in dem der Gewerbetreibende seinen Sitz hat, ist missbräuchlich, sofern sie den Verbraucher in die Irre führt, indem sie ihm den Eindruck vermittelt, auf den Vertrag sei nur das Recht dieses Mitgliedstaats anwendbar, ohne ihn darüber zu unterrichten, dass er nach Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 593/2008 auch den Schutz der zwingenden Bestimmungen des Rechts genießt, das ohne diese Klausel anzuwenden wäre, nämlich das Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Quelle: EuGH online (Sc)

Hinweis

Der Volltext des Urteils ist in der Datenbank des EuGH einsehbar. Den vollständigen Wortlaut der Vorlagefragen finden Sie auf der Homepage des EuGH.

Fundstelle(n):
NWB YAAAF-79385