Online-Nachricht - Mittwoch, 27.07.2016

Schenkungsteuer | Freibetragsregelung trotz Optionsmöglichkeit unionsrechtswidrig (FG)

Eine in Großbritannien lebende Schenkerin, die hinsichtlich eines in Deutschland belegenen Grundstücks (beschränkt) schenkungsteuerpflichtig ist, hat Anspruch auf denselben Freibetrag wie ein Schenker, der in Deutschland wohnt und deshalb unbeschränkt steuerpflichtig ist. Das gilt ungeachtet der Möglichkeit, zur unbeschränkten Steuerpflicht zu optieren (; Revision nicht zugelassen).

Hintergrund: Auf Antrag des Erwerbers wird ein Vermögensanfall, zu dem Inlandsvermögen gehört, insgesamt als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Staat hat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist (§ 2 Abs. 3 S. 1 ErbStG).

Sachverhalt und Verfahrensverlauf: Die Klägerin und ihre Töchter sind deutsche Staatsangehörige, die in Großbritannien leben. Die Klägerin war hälftige Miteigentümerin eines in Düsseldorf belegenen Grundstücks. 2011 übertrug sie ihren Miteigentumsanteil auf ihre Töchter. Im Schenkungsvertrag verpflichtete sie sich, die anfallende Schenkungsteuer zu übernehmen. Eine Behandlung der Schenkung als unbeschränkt steuerpflichtig war nicht beantragt worden. Das FA setzte gegen die Klägerin Schenkungsteuer fest. Dabei berücksichtigte es einen Freibetrag von jeweils 2.000 €, der nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz für beschränkt Steuerpflichtige gilt. Bei unbeschränkter Steuerpflicht ist für Schenkungen an Kinder ein Freibetrag von jeweils 400.000 € vorgesehen.

Der EuGH hatte bereits in der Vergangenheit entschieden, dass die gesetzlich vorgesehene Ungleichbehandlung von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen nicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit zu vereinbaren ist. Daraufhin hat der Gesetzgeber ein Recht geschaffen, die Behandlung des Erwerbs als unbeschränkt steuerpflichtig zu beantragen. Das FG Düsseldorf legte sodann dem EuGH die Frage vor, ob der Verstoß gegen das Unionsrecht durch diese Optionsregelung beseitigt worden ist. Dies hat der EuGH verneint (). Aufgrund dieser Entscheidung hat das FG Düsseldorf der Klage stattgegeben.

Hierzu führten die Richter des FG Düsseldorf weiter aus:

  • Das beklagte FA hat die Steuer zu Unrecht ohne Berücksichtigung jeweils eines persönlichen Freibetrags von 400.000 € festgesetzt.

  • Die vorliegenden Schenkungen unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) sind jeweils in Höhe von 400.000 € steuerfrei. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bleibt der Erwerb der Kinder i. S. der Steuerklasse I in Höhe von 400.000 € steuerfrei.

  • Obgleich dies nach dem Wortlaut der Bestimmung nur in den Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) gelten soll, kann die Klägerin nicht nur auf den Freibetrag des § 16 Abs. 2 ErbStG von 2.000 € verwiesen werden. Dem steht das Urteil des EuGH entgegen. Nach diesem Urteil kann die einschränkende Regelung des § 16 Abs. 2 ErbStG im Streitfall nicht angewendet werden.

Quelle: FG Düsseldorf, Pressemitteilung v. 26.07.2016 (Sc)

Den Volltext des Urteils finden Sie in der Rechtsprechungsdatenbank des FG Düsseldorf. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Fundstelle(n):
NWB RAAAF-78761