Online-Nachricht - Mittwoch, 27.07.2016

Verfahrensrecht | Aussetzungszinsen bei überlanger Verfahrensdauer (BFH)

Die überlange Dauer eines Einspruchs- oder Klageverfahrens steht der Festsetzung von Aussetzungszinsen für dieses Verfahren - auch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung - nicht entgegen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Fraglich ist, ob die überlange Dauer eines Einspruchs- und/oder Klageverfahrens der Festsetzung von Aussetzungszinsen in der gesetzlichen Höhe entgegensteht.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • In Bezug auf die Festsetzung von Zinsen gilt, dass der Grundsatz von Treu und Glauben der Festsetzung von Nachzahlungszinsen (§ 233a AO) trotz schuldhaft verzögerter Bearbeitung einer Steuererklärung durch das FA jedenfalls dann nicht entgegen steht, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich einen Zinsvorteil hatte, der nicht geringer war als die vom FA festgesetzten Zinsen.

  • Allein aus einer überlangen Dauer des außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens, das der Festsetzung von Aussetzungszinsen zugrunde liegt, folgt nicht, dass die Ablehnung eines Antrags auf Erlass der Aussetzungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen rechtsfehlerhaft wäre.

  • Eine Entschädigungsklage nach §§ 198 ff. GVG kann nicht auf die überlange Dauer eines vor einer Finanzbehörde anhängigen Verfahrens gestützt werden. Dem Steuerpflichtigen stehen mit dem Untätigkeitseinspruch bzw. der Untätigkeitsklage hinrei-chende präventive Rechtsbehelfe gegen eine Verfahrensverzögerung zur Verfügung.

  • Der Anwendungsbereich der in Art. 6 Abs. 1 EMRK enthaltenen Gewährleistungen beschränkt sich auf Streitigkeiten in Bezug auf zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine erhobene strafrechtliche Anklage. Steuerrechtliche Streiigkeiten im engeren Sinne werden von dieser Gewährleistung nicht erfasst.

Quelle: NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB MAAAF-78715