Online-Nachricht - Freitag, 13.05.2016

Urheberrecht | Haftung des Anschlussinhabers beim Filesharing (BGH)

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH hat sich in zwei Fällen mit der Haftung des Anschlussinhabers wegen der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen befasst ( und I ZR 86/15).

Sachverhalt 1: Die Klägerinnen im Verfahren I ZR 48/15 sind führende deutsche Tonträgerherstellerinnen. Sie nehmen den Beklagten als Inhaber eines Internetanschlusses wegen der angeblichen öffentlichen Zugänglichmachung von 809 Audiodateien auf Schadensersatz sowie auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Der Beklagte bestritt u.a. seine Täterschaft. Er verwies darauf, dass auch seine Ehefrau und seine damals 15 und 17 Jahre alten Kinder Zugriff auf die beiden im Haushalt genutzten Computer mit Internetzugang gehabt hätten.

Der BGH folgte dem nicht:

  • Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte für die öffentliche Zugänglichmachung der Musikaufnahmen über seinen Internetanschluss haftet.

  • Es hat nach Durchführung der Beweisaufnahme zu Recht angenommen, die Ehefrau des Beklagten scheide als Täterin aus.

  • Ferner hat der Beklagte nicht hinreichend konkret dazu vorgetragen, dass seine Kinder ernsthaft als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.

Sachverhalt 2: Die Klägerin im Verfahren I ZR 86/15 ist Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an dem Film "Silver Linings Playbook". Sie hat von der Beklagten als Inhaberin eines Internetanschlusses wegen der unerlaubten öffentlichen Zugänglichmachung des Werks den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 755,80 € verlangt. Die Beklagte hat eingewandt, ihre in Australien lebende Nichte und deren Lebensgefährte hätten anlässlich eines Besuchs mithilfe des ihnen überlassenen Passworts für den WLAN-Router die Verletzungshandlung begangen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Der Bundesgerichtshof hat das die Klage abweisende Urteil des Amtsgerichts wiederhergestellt:

  • Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts haftet die Beklagte nicht als Störer wegen von ihrer Nichte und deren Lebensgefährten begangener Urheberrechtsverletzungen auf Unterlassung.

  • Als Grund für die Haftung kam vorliegend nur in Betracht, dass die Beklagte ihre Nichte und deren Lebensgefährten nicht über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen belehrt hat.

  • Der Beklagten war eine entsprechende Belehrung ohne konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses nicht zumutbar.

  • Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, trifft keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht

Quelle: BGH, Pressemitteilung v. 12.5.2016 (il)

Mit mehreren weiteren Urteilen vom selben Tag hat der BGH zur Bemessung der Abmahnkosten wegen der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen befasst. Lesen Sie hierzu unsere News v. 13.5.2016.

Fundstelle(n):
NWB AAAAF-73220