Online-Nachricht - Mittwoch, 09.03.2016

Umsatzsteuer | Unterbringung und Verpflegung der Begleitpersonen von Patienten (BFH)

Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die als gesetzlicher Träger der Sozialversicherung im Rahmen der von ihr betriebenen Rehabilitationskliniken ohne medizinische Notwendigkeit Begleitpersonen von Patienten gegen privatrechtlich vereinbartes gesondertes Entgelt unterbringt und verpflegt sowie an ihre Mitarbeiter entgeltliche Verpflegungsleistungen erbringt, ist insoweit unternehmerisch tätig und führt steuerbare und steuerpflichtige Umsätze aus, wenn die genannten Leistungen für die Tätigkeiten in den Rehabilitationskliniken nicht unerlässlich sind oder dazu bestimmt sind, den Rehabilitationskliniken zusätzliche Einnahmen zu verschaffen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 15 Buchst. b Satz 1 UStG u.a. die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung an die Versicherten. Das gilt nicht für die Abgabe von Brillen und Brillenteilen einschließlich der Reparaturarbeiten durch Selbstabgabestellen der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung (§ 4 Nr. 15 Buchst. b Satz 2 UStG).

Sachverhalt: Die Klägerin ist ein gesetzlicher Träger der Sozialversicherung und betreibt mehrere Reha-Kliniken. Sie bietet auch Begleitpersonen ihrer Patienten die entgeltliche Unterbringung und Verpflegung in den Kliniken an. Das Finanzamt behandelte diese Leistungen als umsatzsteuerpflichtig, soweit es sich nicht um Begleitpersonen von Kindern unter 14 Jahren oder von Schwerstbehinderten handelte. Die Klägerin war demgegenüber der Auffassung, dass sie insoweit eine hoheitliche Tätigkeit ausübe, die Leistungen aber jedenfalls umsatzsteuerfrei seien. Die dahin gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG erstreckt sich weder auf die Unterbringung und Verpflegung von Begleitpersonen der Patienten noch auf die Mitarbeiterverpflegung.

  • § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG, wonach (nur) die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen steuerfrei sind.

  • Von dieser Steuerbefreiung sind Dienstleistungen und Lieferungen ausgeschlossen, wenn sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind.

  • Vorliegend sind die streitigen Leistungen für die Tätigkeiten in den Rehabilitationskliniken nicht unerlässlich. Denn die Klägerin könnte auch ohne Unterbringung und Verpflegung von Begleitpersonen der Patienten bzw. die Mitarbeiterverpflegung ihre medizinischen Leistungen zur Rehabilitation auf demselben Niveau und mit der gleichen Qualität erbringen.

  • Auch waren die streitbefangenen Leistungen im Wesentlichen dazu bestimmt, der Klägerin i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 134 Buchst. b MwStSystRL zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden Unternehmern durchgeführt worden sind.

Quelle: NWB Datenbank

Fundstelle(n):
NWB PAAAF-68644